Grenzen, offene Grenzen, keine Grenzen

Ursprünglich in der praktischen Philosophie beheimatet sind Theorien der Gesellschaft heute weitgehend von der Soziologie aufgegriffen worden.
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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 10:02

Pragmatix hat geschrieben :
Fr 31. Jan 2025, 19:35
Zum Durchspielen gehört der Gedanke, wer dann regiert und wohin man emigrieren kann.
Wer dann regiert, kann ich dir nicht sagen, das hängt davon ab, wer gewählt wird.

Das Recht auf Ausreise ist eine Folge des Rechts auf Freizügigkeit. Das universelle Menschenrecht auf Freizügigkeit ist die Basis. Solange es mehrere Staaten gibt, nennt man das Emigration. Wenn die Freizügigkeit vollständig realisiert wäre, könnten einfach alle leben, wo sie möchten. In einer Staaten-Gemeinschaft mit offenen Grenzen, in jedem Staat. Wenn Staaten verschwinden, einfach an jedem Ort der Welt. Ohne Staaten gibt es in dieser Vision keine Einwanderung, keine Auswanderung, aber vollständige Freiheit der Wahl des Ortes für jeden Mensch. Mit anderen Worten: das Recht auf Freizügigkeit wird keineswegs durch das Recht auf Freizügigkeit eingeschränkt.




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 10:14

Quk hat geschrieben :
Fr 31. Jan 2025, 22:45
Meine Frage der Kulturgesetze und des kulturell-variablen Raumbedarfs wurde in der Diskussion noch nicht weiter behandelt.
Was Kulturgesetze oder kulturell variabler Raumbedarf sind, weiß ich nicht. Falls es so etwas wie Kulturen gibt, wird ihr Raumbedarf doch nicht durch den Wegfall nationaler Grenzen eingeschränkt, oder?




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Quk
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Sa 1. Feb 2025, 10:55

Zum Beispiel. In den USA darf man sonntag morgens im Mehrfamilienhaus mit dem Schlagbohrer loslegen. In Deutschland hat man am Sonntag leise zu sein. Viele Ausländer finden diese sonntägliche Ruhekultur spießig.

Oder: Sollen die Bürger auf Hawaii mitbestimmen, wie die Hausdächer in Tibet auszusehen haben? Oder sollen die Tibeter darüber selber abstimmen? Wenn ja, betrachte ich Tibet als einen speziellen Raum mit einer speziellen Kultur mit einem eigenen Parlament, das seinen Raum selber kulturell gestaltet. Zum Beispiel.

Wie viele Köpfe soll die Weltregierung haben? Einen? Zehn? Und die bestimmen jedes Detail aller 9 Milliarden Menschen?

Was meinst Du eigentlich mit "Grenze"? Meinst Du damit nur die Reisekontrolle?




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 11:03

Bestimmt in Deutschland die Regierung jedes Detail aller 80 Millionen Einwohner?




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 11:04

Quk hat geschrieben :
Mo 27. Jan 2025, 21:13
Ich fand die Idee auch schon immer schön.
Aber mittlerweile nicht mehr?




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Quk
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Sa 1. Feb 2025, 11:20

Bestimmt in Deutschland die Regierung jedes Detail aller 80 Millionen Einwohner?
Nein. Die Länder bestimmen die kulturellen Dinge.

Jede Regierung braucht einen definierten Raum, in dem sie das Sagen hat. Die hessische Landesregierung hat einen klar umgrenzten Zuständigkeitsraum. Ebenso hat Luxemburg einen. Nur heißt das da "Nation", in Hessen heißt das "Land". Soll Hessen seine Grenzen behalten, Luxemburg aber nicht? Was meinst Du mit "Wegfall der Grenzen"? Meinst Du damit nur den "Wegfall der Durchreisekontrolle"? Oder ebenso den Wegfall der regionalen Grenzen und somit auch deren regionale Regierbarkeit?

Ich finde die Idee der offenen Grenzen schön. Das Thema interessiert mich. Deshalb würde ich gerne in die Details gehen und die Probleme analysieren. Die Vision haben wir ja schon mal auf dem Tisch. Aber wie geht das Konzept weiter? Die Probleme muss man doch ansehen und erörtern.




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 12:40

Quk hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 11:20
Die Länder bestimmen die kulturellen Dinge.
In meiner Vision nicht. In meiner Vorstellung haben staatliche Institutionen die Aufgabe, kulturelle Dinge möglich zu machen, die Rahmenbedingungen zu sichern und die Vielfalt der Kultur zu fördern und ähnliches. Die Kultur bestimmen die Menschen, die sie hervorbringen.
Quk hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 11:20
das Sagen
Der Staat hat auch nicht das Sagen. Die Aufgabe des Staates besteht vielmehr darin, die Menschenrechte umzusetzen und zu garantieren und zwar im Einklang mit der Natur, also nachhaltig. Der Staat ist für mich das, was mein Leben in Freiheit und natürlich das Leben aller anderen garantiert und ermöglicht.




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 12:47

15-jährige Schülerin hat geschrieben : In einer Zukunft ohne Landesgrenzen lebt die Menschheit als globale Gemeinschaft, in der nationale Interessen durch ein gemeinsames Ziel ersetzt werden: eine friedliche, gerechte und nachhaltige Welt.
Ich bin mir nicht ganz sicher bisher, ob ich das Zitat der Schülerin oder die folgende Version unterschreibe:
  • In einer Zukunft mit offenen Landesgrenzen lebt die Menschheit als globale Gemeinschaft, in der nationale Interessen durch ein gemeinsames Ziel geleitet werden: eine friedliche, gerechte und nachhaltige Welt.
Eine Weltregierung wäre in dieser zweiten Version nicht nötig, aber möglich. Ich glaube, in einer globalisierten Welt ist sie aber erforderlich. Ägypten, China, Frankreich, El Salvador, Kolumbien und Fidschi blieben aber bestehen, ebenso Hessen und Kassel.




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 15:43

Volker M. Heins, Offene Grenzen für alle, Eine notwendige Utopie

Man kann nicht behaupten, dass die gegenwärtige Ordnung globaler Migrationskontrollen und Einreisebeschränkungen vernünftig ist. Es ist verrückt, dass ein kleiner Teil der Menschheit fast überallhin reisen und sich überall niederlassen kann, während der andere, viel größere Teil zur Sesshaftigkeit verdammt ist. Wer das normal und gerecht findet, kann nicht gleichzeitig das Hohelied auf die Prinzipien der Demokratie und der Menschenrechte singen. Aber auch wenn man bereit ist, diese Prinzipien aufzugeben, ist es naiv zu glauben, man könnte im historischen Westen durch Zäune aus Stahl und biometrischen Daten dauerhaft eine »weiße« Parallelgesellschaft aufrechterhalten oder wiederherstellen – eine Parallelgesellschaft, die sich von der übrigen Menschheit abschottet. Über kurz oder lang führt kein Weg daran vorbei, die Durchlässigkeit der Grenzen von Staaten für Migrationswillige in alle Himmelsrichtungen zu erhöhen. Damit meine ich die »großen« territorialen Grenzen zwischen Staaten, aber auch die »kleinen« Grenzen zwischen den Neuankömmlingen und den Einheimischen innerhalb von Staaten.




Pragmatix
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Sa 1. Feb 2025, 17:04

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 10:02
Pragmatix hat geschrieben :
Fr 31. Jan 2025, 19:35
Zum Durchspielen gehört der Gedanke, wer dann regiert und wohin man emigrieren kann.
Wer dann regiert, kann ich dir nicht sagen, das hängt davon ab, wer gewählt wird.

Das Recht auf Ausreise ist eine Folge des Rechts auf Freizügigkeit. Das universelle Menschenrecht auf Freizügigkeit ist die Basis. Solange es mehrere Staaten gibt, nennt man das Emigration. Wenn die Freizügigkeit vollständig realisiert wäre, könnten einfach alle leben, wo sie möchten. In einer Staaten-Gemeinschaft mit offenen Grenzen, in jedem Staat. Wenn Staaten verschwinden, einfach an jedem Ort der Welt. Ohne Staaten gibt es in dieser Vision keine Einwanderung, keine Auswanderung, aber vollständige Freiheit der Wahl des Ortes für jeden Mensch. Mit anderen Worten: das Recht auf Freizügigkeit wird keineswegs durch das Recht auf Freizügigkeit eingeschränkt.
Ich denke, Demandt hat die Lage unter einer Welteinheitsregierung gut beschrieben. Die vollständige Freiheit des Ortes ist eine Illusion. Es wird ihr in der Praxis materiell nichts entsprechen. Und die Frage, was diejenigen tun, die eine andere Politik wollen und/oder unterdrückt sind, bleibt unbeantwortet. Wohin fliehen die?

Eine Welt ohne Grenzen mit einer Regierung ist die ultimative Dystopie. Die Gewalt des Staates ist absolut und durch nichts mehr begrenzt. Ein Albtraum.




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 17:22

Ja genau Demokratie ist natürlich die schlimmste Dystopie, die man sich vorstellen kann.




Pragmatix
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Sa 1. Feb 2025, 17:48

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 17:22
Ja genau Demokratie ist natürlich die schlimmste Dystopie, die man sich vorstellen kann.
Da kann ich nun frei wählen: Illusion oder Strohmann.

Viel Spaß im Welteinheitsstaat.




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Jörn Budesheim
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Sa 1. Feb 2025, 21:10

Du kannst ja mal gucken, ob du einen Job in Wahrheitsministerium bekommst, mit deinen Slogans "Demokratie ist Dystopie" und "Freizügigkeit ist Beschränkung" hast du einen Job fast sicher.




Timberlake
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Sa 1. Feb 2025, 22:02

Ambivalenz von Grenzen
Was uns verbindet, indem es trennt

Grenzen gelten als Relikt des Nationalismus, Sinnbild der Provinzialität und der Rückständigkeit. Wer dagegen weltoffen und progressiv ist, will Grenzen überwinden. Aber so einfach ist es nicht: das Ziehen von Grenzen hat eine existentielle Bedeutung für Menschen – darauf weisen Philosophen hin.

Von Ingeborg Breuer | 15.11.2018

[...]

Ohne Grenzen wäre alles eins
„Kein Mensch braucht Grenzen“ ist in Köln als Graffiti auf eine Hauswand gesprüht. Diesem Satz würde der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann widersprechen. Er schrieb schon 2012 – gegen den Zeitgeist wie er selber meint – sein Buch „Lob der Grenze“. Philosophisch gesprochen, schrieb er da, sei eine Grenze die Voraussetzung, etwas wahrzunehmen und zu erkennen. Denn sonst wäre alles unterschiedslos eins. Wenn wir erkennen, ziehen wir permanent Grenzen: zwischen Pflanze und Tier, zwischen Katze und Hund, zwischen Pudel und Dackel. ...

[...]

Der Mensch als Weltbürger
Einer der mit philosophischen Argumenten für offene Grenzen plädiert, ist Andreas Cassee. Der Schweizer Philosoph begründet dies mit jener Idee, die mit der Aufklärung in Europa entstanden ist. Der Idee des Universalismus nämlich, die besagt, dass alle Menschen gleich geboren und deshalb gleich an Rechten sind. Politisch fand diese Idee in Verfassungen und Menschenrechtserklärungen ihren Niederschlag. Doch wenn alle Menschen „gleich an Würde und Rechten sind“, dann sind die Grenzen zwischen ihnen aufgehoben. Sie sind „Weltbürger“. Und das bedeutet für Andreas Cassee:
„Irgendwie leben wir Menschen alle auf der Oberfläche eines Planeten. Und mit welchem Recht kann da eine Gruppe von Menschen sagen, das hier ist unser Land, da darf niemand anderes rein. Also was rechtfertigt eigentlich diesen Zwang, der von Grenzwächtern ausgeht? ...

weiter lesen

Und so tue ich einmal genau das .. lese weiter! .. und lege damit einmal, weil hier bisher zum Thema dieses Threads bisher bestenfalls angedeutet, den Finger , wie ich meine, in die Wunde.
Ambivalenz von Grenzen

Was uns verbindet, indem es trennt

Grenzen gelten als Relikt des Nationalismus, Sinnbild der Provinzialität und der Rückständigkeit. Wer dagegen weltoffen und progressiv ist, will Grenzen überwinden. Aber so einfach ist es nicht: das Ziehen von Grenzen hat eine existentielle Bedeutung für Menschen – darauf weisen Philosophen hin.

Seit der Flüchtlingskrise hat die Debatte um Grenzen den akademischen Elfenbeinturm verlassen. Es wird handfest politisch um Grenzen gestritten. Doch auch hier beziehen Philosophen Position und stellen Grundsatzfragen:Muss Europa als offener Kontinent seine Grenzen für Einwanderungswillige öffnen, weil alle Menschen „gleich an Würde und Rechten sind“? Oder wäre das die Aufgabe Europas als politisches Projekt?
[...]
Wir haben eine Milliarde Menschen die unter allerextremster Not leiden. Die Vorstellung, dass man diesen Menschen helfen kann, indem wir die Grenzen öffnen ist geradezu absurd. Einfach deshalb, weil es viel zu viele sind. Und zum anderen weil die auch gar nicht die Mittel aufbringen, das kostet 7,9, 10000 Dollar um von Ägypten nach Lampedusa oder von Ghana nach Sizilien zu kommen. D.h. quantitativ und auch von der Art der Menschen die kommen, das sind Menschen, die für uns zu den Ärmsten gehören, die aber dort in den Herkunftsregionen nicht zu den Ärmsten gehören, sonst hätten sie nämlich die Mittel nicht.

Der Kosmopolitismus Nida Rümelins basiert darauf, die Welt durch eine gerechtere Verteilung der Ressourcen gleicher zu machen, aber nicht darauf, die Grenzen zu den reichen Ländern der Welt für mehr oder weniger alle zu öffnen. Denn dies würde zu derart massiven Bevölkerungsverschiebungen führen, dass staatliche Strukturen teilweise zerstört würden. Nationalstaatliche Strukturen, die aber funktionierende Grenzen voraussetzen.
Die Welt durch eine gerechtere Verteilung der Ressourcen gleicher zu machen, wäre sicherlich wünschenswert, um letzendlich nationale Grenzen überflüssig zu machen. Zum Beweis ! Das innerhalb der EU freizügig herrscht, wir es also innerhalb der EU , zur Abwendung einer Flüchtlingskrise , keine Grenzen ziehen müssen. verdanken wir auch dadurch, dass wir uns durch eine gerechtere Verteilung der Ressourcen gleicher gemacht haben. Übrigens ablesbar an dem Erdüberlastungstag. Da liegen die EU Länder in etwa auf gleiche Höhe. Jedenfalls kein Vergleich zu den Ländern, die für die Flüchtlingskrise verantwortlich sind.

Beispiel

Erdüberlastungstag: Ressourcen für 2022 verbraucht ... umweltbundesamt.de

Deutschland 4. Mai
Frankreich 5. Mai
[...]
Afghanistan .....

4. bzw. 5. Mai heißt, würden die Ressourcen der Erde zu gleichen Anteilen auf alle Länder gemäß der Zahl ihrer Einwohnerinnen und Einwohner verteilt, hätte Deutschland seinen Anteil im Jahr 2022 bereits Anfang Mai aufgebraucht. Womit sich der Kosmopolitismus Nida Rümelins schon mal in Frage stellt. Es sei denn, die gerechtere Verteilung der Ressourcen preist den Erdüberlastungstag in dem Sinne mit ein, dass er möglichst nah auf den 31 Dezember fällt. Was ich allerdings , aus naheliegenden Gründen, für hochprobematisch halte. Gelinde gesagt.


P.S.

An die Adminstration!

Weil möglicherweise "Off Topic" , bitte Beitrag nach Das Anthropozän verschieben.

Danke
Zuletzt geändert von Timberlake am Sa 1. Feb 2025, 22:58, insgesamt 15-mal geändert.




Pragmatix
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Sa 1. Feb 2025, 22:33

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 21:10
Du kannst ja mal gucken, ob du einen Job in Wahrheitsministerium bekommst, mit deinen Slogans "Demokratie ist Dystopie" und "Freizügigkeit ist Beschränkung" hast du einen Job fast sicher.
Die Propaganda kommt von dir. Sich einzubilden, dass europäische Moralisten die Form und Inhalte einer neuen Weltordnung bestimmen könnten, scheint mir reichlich absurd. Es würde genügen, wenn sich die Demokratie wenigstens in einigen europäischen Ländern noch ein paar Jahrzehnte hält. Die Welt hat keine guten Erfahrungen mit europäischer Vorherrschaft gemacht, entsprechend wird man nicht noch einmal am europäischen oder deutschen Wesen genesen wollen. Daher wäre eine Weltregierung vieles, aber ganz bestimmt keine Demokratie. Eine demokratische Weltherrschaft ist ein Oxymoron.




Timberlake
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So 2. Feb 2025, 01:04

Um darauf mal mit Kant zu antworten

  • "Am Menschen (als dem einzigen vernünftigen Geschöpf auf Erden) sollten sich diejenigen Naturanlagen, die auf den Gebrauch seiner Vernunft abgezielt sind, nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickeln. Die Vernunft in einem Geschöpfe ist ein Vermögen, die Regeln und Absichten des Gebrauchs aller seiner Kräfte weit über den Naturinstinct zu erweitern, und kennt keine Grenzen ihrer Entwürfe. Sie wirkt aber selbst nicht instinctmäßig, sondern bedarf Versuche, Übung und Unterricht, um von einer Stufe der Einsicht zur andern allmählig fortzuschreiten. Daher würde ein jeder Mensch unmäßig lange leben müssen, um zu lernen, wie er von allen seinen Naturanlagen einen vollständigen Gebrauch machen solle; oder wenn die Natur seine Lebensfrist nur kurz angesetzt hat (wie es wirklich geschehen ist), so bedarf sie einer vielleicht unabsehlichen Reihe von Zeugungen, deren eine der andern ihre Aufklärung überliefert, um endlich ihre Keime in unserer Gattung zu derjenigen Stufe der Entwicklung zu treiben, welche ihrer Absicht vollständig angemessen ist. Und dieser Zeitpunkt muß wenigstens in der Idee des Menschen das Ziel seiner Bestrebungen sein, weil sonst die Naturanlagen größtentheils als vergeblich und zwecklos angesehen werden müßten; welches alle praktischen Prinzipien aufheben und dadurch die Natur, deren Weisheit in Beurteilung aller übrigen Anstalten sonst zum Grundsatze dienen muß, am Menschen allein eines kindischen Spiels verdächtig machen würde."
    Kant ... Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht

Nach seiner Meinung liegt eine neue demokratische Weltordnung ohne nationale Grenzen durchaus im Ermessen des Menschen. Allerdings nur in der Gattung, bei der es dazu Versuche, Übung und Unterricht bedarf, um von einer Stufe der Einsicht zur andern allmählig fortzuschreiten. Ein Mensch würde dazu unmäßig lange leben müssen, um zu lernen, wie er von allen seinen Naturanlagen einen solchen, vollständigen Gebrauch machen zu können. Tatsächlich, und ich denke mal selbst @Pragmatix wird das wohl kaum ernsthaft bestreiten wollen, hat sich seit der Urgesellschaft diesbezüglich so einiges getan. Warum sollte dann nicht auch eine demokratische Weltordnung ohne nationale Grenzen, wenigstens in der Idee des Menschen das Ziel seiner Bestrebungen sein. Um es mal mit den Worten Kants zu formulieren.

Da gibt es nur ein Problem ...

nd-aktuell.de hat geschrieben :
Der Mensch ist aus krummem Holz...

Zum 200. Todestag von Immanuel Kant - die Anthropologie des Königsberger Philosophen

ND: Bereits die erste Buchpublikation von Immanuel Kants Anthropologie 1798 wurde »vergrämt und misslich« aufgenommen. Goethe las die Schrift mit Unbehagen, sie sei »unerquicklich«, sehe den Menschen »immer im pathologischen Zustande« und betrachte »das ganze Leben wie eine böse Krankheit«. Schiller äußerte sich ähnlich.
.. oder auch nicht , wenn der Mensch tatsächlich von seinen Naturanlagen (als dem einzigen vernünftigen Geschöpf auf Erden) im wahrsten Sinne des Wortes, einen vollständigen Gebrauch macht.
nd-aktuell.de hat geschrieben :
Der Mensch ist aus krummem Holz...

Zum 200. Todestag von Immanuel Kant - die Anthropologie des Königsberger Philosophen

Würden Sie sagen, dass Kants Anthropologie die Unveränderbarkeit der Natur des Menschen festschreibt?

Mit David Hume, Voltaire und den anderen großen Aufklärern ist Kant darin einig, dass die Natur des Menschen in ihren Grundzügen unveränderbar ist. In unserem Vermögen liegt es jedoch, die Umwelt, die gesellschaftlichen Bedingungen, die Rechtsverhältnisse und auch die Erziehung sowie den Stand der Aufklärung zu verbessern. Das heißt, die menschliche Natur in ihrer grundsätzlichen Beschaffenheit ist so, dass sie in einer Situation wie beispielsweise im heutigen Westeuropa, wo niemand vor Hunger auf der Straße stirbt, ihren wölfischen Part nicht offen legt. Das kann sich aber im Fall einer radikalen Verschärfung der sozialen Lage, eines brisanten ökologischen Notstandes oder gar eines Krieges unvermittelt ändern. Der Wolf lauert immer in uns.
Beispielsweise dadurch, dass man sich der vollständigkeitshalber einmal überlegt, ob sich denn vielleicht nicht doch die Natur des Menschen in ihren Grundzügen verändern lässt und somit diesen Wolf, der immer in uns lauert, den Garaus machen kann. Daran , dass in einer Situation wie beispielsweise im heutigen Westeuropa, wo niemand vor Hunger auf der Straße stirbt, sein wölfischer Part nicht offen legt, ist ja durchaus was dran. Obgleich davon noch weit entfernt , so kommt mir das Erstarken einer Partei , wie der AfD, schon so vor, als wolle da jemand, gleichsam den Wölfen , vehement seine "nationalen" Reviergrenzen verteidigen.




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Quk
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So 2. Feb 2025, 04:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 12:40
Quk hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 11:20
Die Länder bestimmen die kulturellen Dinge.
In meiner Vision nicht. In meiner Vorstellung haben staatliche Institutionen die Aufgabe, kulturelle Dinge möglich zu machen, die Rahmenbedingungen zu sichern und die Vielfalt der Kultur zu fördern und ähnliches. Die Kultur bestimmen die Menschen, die sie hervorbringen.
Quk hat geschrieben :
Sa 1. Feb 2025, 11:20
das Sagen
Der Staat hat auch nicht das Sagen. Die Aufgabe des Staates besteht vielmehr darin, die Menschenrechte umzusetzen und zu garantieren und zwar im Einklang mit der Natur, also nachhaltig. Der Staat ist für mich das, was mein Leben in Freiheit und natürlich das Leben aller anderen garantiert und ermöglicht.
Ich gehe davon aus, dass all dieses demokratische Möglichmachen auf einer Debattenkultur fußen wird. Alle sind eingeladen, mitzudiskutieren; sei es in Fragen der Kultur oder der Gesetzes-Durchsetzungsarten (Kontrollen, Strafmaße etc.). Letztendlich hat die demokratische Abstimmung das Sagen, wobei sicherlich einige gewählte Fachvertreter eine Wahlperiode lang zusätzliche, begrenzte Autorität haben, wie etwa die Polizei oder das Gericht oder das Finanzamt, sofern man das allgemeine Möglichmachen nicht anarchisieren will. -- Nun, die regionalen Debattenkulturen brauchen ebenfalls regionale Zuständigkeitsgrenzen; dem stimmst Du zu (Du nanntest Fidschi, Hessen etc.). Selbst im idealsten Idealfall trägt die Menschheit in sich sowohl homogene Interessen (Menschenrechte) als auch heterogene Interessen (Geschmäcker). Letzteres braucht meiner Vermutung nach geschmacksgerechte Zonen, so, wie jeder Schrebergärtner sein Fleckchen Erde braucht, jede Kunstrichtung ihre Galerie, jeder Musikstil seinen Übungsraum (Fidschi, Hessen etc.). Dieses Mosaik zu gestalten bedarf Diskussionen und Abstimmungen. Hierbei müssen wir, so denke ich, global festlegen, für welchen geografischen Bereich diese regionalen Diskussionen und Abstimmungen gelten. Bei diesem Vorgang müssen wir letztendlich Grenzen festlegen (Fidschi, Hessen etc.). Sie sind aber eher verwaltungstechnischer Art. Sie sollen nicht das Reisen blockieren. Was das Reisen betrifft, müssen wir hoffen, dass wachsende Ballungsgebiete sich selbst stabilisieren; eine zu große Ballung wirkt schließlich wiederum abstoßend. Poetisch gesagt, die Größe von Ballungen werden vielleicht pumpen wie ein Herz -- in Zeitlupe. Eine stabile Schwingung eben. Vakuum zieht an, Überdruck stößt ab. Zudem werden Reisen womöglich nicht mehr lebenswichtig sein, weil praktizierte Menschenrechte und gute Versorgung zukünftig weniger Anlass geben.




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Jörn Budesheim
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So 2. Feb 2025, 12:00

deutschlandfunk hat geschrieben : Skepsis gegenüber der Idee einer grenzenlosen Welt der globalen Freizügigkeit äußert auch der Münchener Philosoph Julian Nida Rümelin. Dabei versteht er sich selbst als Kosmopolit, als jemand also, der das Recht auf Freizügigkeit als Menschenrecht versteht.

„Ich vertrete kosmopolitische Positionen, bin trotzdem aber anders als die meisten, die sich als kosmopolitisch verstehen, gegen eine Politik und eine Praxis der offenen Grenzen. Das ist provozierend, ist aber wohl begründet.“

Zweifellos, so der Philosoph in seinem Buch „"Über Grenzen denken“ müsse Deutschland als Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge die Grenzen öffnen, um den Menschen Schutz zu geben. Aber eine generelle Willkommenskultur, die angesichts globaler Ungerechtigkeiten den westlichen Wohlstand auch mit sogenannten Armutsmigranten teilen möchte, hält Nida Rümelin zwar für sympathisch, jedoch vor allem für realitätsverkennend:
Wir haben eine Milliarde Menschen die unter allerextremster Not leiden. Die Vorstellung, dass man diesen Menschen helfen kann, indem wir die Grenzen öffnen ist geradezu absurd. Einfach deshalb, weil es viel zu viele sind. Und zum anderen weil die auch gar nicht die Mittel aufbringen, das kostet 7,9, 10000 Dollar um von Ägypten nach Lampedusa oder von Ghana nach Sizilien zu kommen. D.h. quantitativ und auch von der Art der Menschen die kommen, das sind Menschen, die für uns zu den Ärmsten gehören, die aber dort in den Herkunftsregionen nicht zu den Ärmsten gehören, sonst hätten sie nämlich die Mittel nicht.

Der Kosmopolitismus Nida Rümelins basiert darauf, die Welt durch eine gerechtere Verteilung der Ressourcen gleicher zu machen, aber nicht darauf, die Grenzen zu den reichen Ländern der Welt für mehr oder weniger alle zu öffnen. Denn dies würde zu derart massiven Bevölkerungsverschiebungen führen, dass staatliche Strukturen teilweise zerstört würden. Nationalstaatliche Strukturen, die aber funktionierende Grenzen voraussetzen.

„Ich glaube nicht, dass eine humane Gesellschaft sich organisieren lässt ohne Staatlichkeit und ohne politische Gestaltungskraft, ich glaube nicht, dass wir auf organisierte Staatlichkeit, Solidarität in Institutionen, auf sozialstaatlich garantierte individuelle Rechte verzichten können. Und solange wir die Nationalstaaten als den Hauptträger haben, solange dies so ist, bedarf es staatlicher funktionierender Grenzen. Ohne diese Grenzen funktionieren diese staatlichen Gebilde nicht mehr.“
An anderer Stelle schreibt er: "Der normative Grundkonsens der Demokratie hat seinen Ursprung in der wechselseitigen Anerkennung als Freie und Gleiche."

Diese wechselseitigen Anerkennung als Freie und Gleiche ist meines Erachtens ein moralisches, universelles Gebot. Dass einige wenige Freizügigkeit genießen, nahezu universell, die Mehrheit aber nicht, verstößt meines Erachtens direkt gegen dieses Gebot. Darauf basiert nach meiner Ansicht die Idee, alle Grenzen zu öffnen oder sogar abzuschaffen. Und nicht auf der Vorstellung, dass man diesen Menschen (z.b ökonomisch) helfen kann, indem wir die Grenzen öffnen.

Der folgende Gedanke von Nida Rümelin spricht meines Erachtens auch nicht gegen das Öffnen von Grenzen: „Ich glaube nicht, dass eine humane Gesellschaft sich organisieren lässt ohne Staatlichkeit und ohne politische Gestaltungskraft, ich glaube nicht, dass wir auf organisierte Staatlichkeit, Solidarität in Institutionen, auf sozialstaatlich garantierte individuelle Rechte verzichten können. Und solange wir die Nationalstaaten als den Hauptträger haben, solange dies so ist, bedarf es staatlicher funktionierender Grenzen. Ohne diese Grenzen funktionieren diese staatlichen Gebilde nicht mehr.“

Die entscheidende Einschränkung macht er ja am Schluss selbst, wir brauchen die Grenzen nur, solange es die Nationalstaaten sind, die unsere Freiheit garantieren und umsetzen. Die Gedanken von Nida Rümelin (soweit sie in dem Artikel wiedergegeben sind) sind meines Erachtens vollständig damit vereinbar, dass man offene Grenzen als Ziel anvisiert. Dieses Ziel wird sich sicherlich nicht kurzfristig umsetzen lassen, befürchte ich. Das heißt aber nicht dass man es nicht verfolgen sollte. Nida Rümelin glaubt nicht, dass eine humane Gesellschaft sich organisieren lässt ohne Staatlichkeit. Warum sollte ein freiheitlich organisierter demokratischer Weltstaat individuelle Rechte und Freiheit nicht ebenso garantieren können? Dafür sehe ich in den Zitaten keinen Grund.




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Consul
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Mo 3. Feb 2025, 03:47

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 28. Jan 2025, 13:25
Hier einige Argumente, die gegen nationale Grenzen sprechen
  1. Nationale Grenzen schränken die Freizügigkeit / Freiheit der Bewegung ein.
  2. Ungerechte Ungleichheiten hängen vom zufälligen Geburtsort ab.
  3. Sie fördern eine Abschottungsmentalität und Fremdenfeindlichkeit.
  4. Sie basieren in der Regel auf historischen Zufällen, Gewalt oder Kolonialismus.
  5. Sie widersprechen der Idee der Gleichwertigkeit aller Menschen.
  6. Sie schränken die globale Verantwortung und Solidarität ein.
  7. Sie schränken den freien Handel (und auch sonstigen) Austausch ein.
  8. Grenzen können Konflikte verschärfen, indem sie kulturelle und "ethnische" Gemeinschaften trennen.
  9. Sie behindern globale Zusammenarbeit bei grenzüberschreitenden Problemen wie Klimawandel oder Pandemien.
  10. Sie schaffen oft bürokratische und finanzielle Hürden, die Innovation und Fortschritt behindern.
  11. ...

Hier einige Argumente, die für nationale Grenzen sprechen
  1. Sie schützen kulturelle, sprachliche und nationale Identitäten.
  2. Gewährleistung der nationalen Sicherheit.
  3. Effiziente Verwaltung öffentlicher Güter.
  4. Nationale Grenzen ermöglichen politische Ordnung und Stabilität.
  5. Sie erleichtern die Verwaltung und Steuerung von Ressourcen.
  6. Grenzen fördern den Schutz wirtschaftlicher Interessen und nationaler Märkte.
  7. Sie ermöglichen Staaten, Steuersysteme und öffentliche Dienstleistungen gezielt zu gestalten.
  8. Sie können lokale Gemeinschaften vor globalen Einflüssen schützen, die ihre Autonomie bedrohen.
  9. Grenzen ermöglichen die Durchsetzung von Einwanderungspolitiken, die dem Wohlergehen der Bürger dienen sollen.
  10. Sie schaffen klar definierte Räume für internationale Verhandlungen und diplomatische Beziehungen.
  11. ...
(Ich habe allerdings bisher keine entsprechende philosophische Literatur zu Rate gezogen, das Ganze ist nicht sehr systematisch durch schnelle Recherche entstanden)
Ich empfehle dazu den guten und übersichtlichen SEP-Text zum Thema Einwanderung, worin Argumente für geschlossene Grenzen und Argumente für offene Grenzen aufgeführt sind:

* SEP: Immigration (englischer Originaltext)

* SEP: Einwanderung (deutsche Übersetzung von Google Translate)



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Jörn Budesheim
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Mo 3. Feb 2025, 11:07

Ich hab NotebookLM mit PDFs von academia.edu zum Thema gefüttert und zusätzlich mit dem Link zu Artikel bei plato.stanford.edu. Auf diesen Prompt "Fass mir die Hauptargumente für oder gegen geschlossene Grenzen stichwortartig zusammen" hat das Programm folgende Liste ausgegeben:
notebookLLM hat geschrieben :
Argumente für geschlossene Grenzen:
  • Kollektive Selbstbestimmung: Staaten haben ein Recht, über ihre zukünftige Einwohnerschaft zu entscheiden, basierend auf kultureller oder nationaler Identität. Dieses Recht wird manchmal als Analogie zur Vereinigungsfreiheit oder zum Eigentumsrecht an staatlichen Institutionen gesehen.
  • Erhalt der eigenen Kultur: Restriktionen können zum Schutz der eigenen Sprache oder Kultur gerechtfertigt sein.
  • Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung: Hohe Einwanderungsraten könnten die öffentliche Ordnung gefährden und Restriktionen erforderlich machen.
  • Assoziationsfreiheit: Staaten sollen wie Clubs betrachtet werden, bei denen die Mitglieder selbst entscheiden, wer aufgenommen wird.
  • Soziale Konflikte: Offene Grenzen könnten zu sozialen Konflikten führen, die man vermeiden möchte.
  • Schutz des Wohlstandes: Bestehende soziale und wirtschaftliche Standards sollen geschützt werden.
  • Landsmännische Parteilichkeit: Eine Bevorzugung der eigenen Bürger ist legitim, da sie die Voraussetzung für ein demokratisches Gemeinwesen schafft.
  • Notwendigkeit von Grenzen: Grenzen sind notwendig für die Identität einer Gemeinschaft und die Aufrechterhaltung von Ordnung.
  • Begrenzung des „Raubtierkapitalismus“: Eine Welt ohne Grenzen würde die Ausbreitung eines ungezügelten Kapitalismus fördern.
  • Staatliche Souveränität: Staaten haben das Recht, ihre Grenzen selbst zu kontrollieren.
  • Gefahr durch Migration: Migration wird oft als eine Bedrohung der bestehenden Ordnung gesehen.
  • Nicht-universelle Gerechtigkeitspflichten: Staaten haben keine globalen Gerechtigkeitspflichten oder können diese durch andere Mittel erfüllen.
  • Innere Bewegungsfreiheit ausreichend: Das Interesse an Bewegungsfreiheit ist durch die innerstaatliche Freiheit bereits hinreichend erfüllt.
  • Zusätzliche Pflichten für Bürger: Einwanderung auferlegt den Bürgern zusätzliche Pflichten, die sie ablehnen können.
Argumente gegen geschlossene Grenzen:
  • Individuelle Selbstbestimmung: Menschen haben ein moralisches Recht, ihren Aufenthaltsort selbst zu bestimmen. Dieses Recht auf globale Bewegungsfreiheit wird als grundlegendes Menschenrecht betrachtet.
  • Analogie zur innerstaatlichen Bewegungsfreiheit: Die gleichen Gründe, die für die Bewegungsfreiheit innerhalb eines Staates sprechen, gelten auch für die grenzüberschreitende Bewegungsfreiheit.
  • Kritik an der Standardansicht: Die Annahme, dass Staaten die Einwanderung nach Belieben beschränken dürfen, ist moralisch unhaltbar.
  • Globale Gerechtigkeit: Beschränkungen der Bewegungsfreiheit tragen zur globalen Ungleichheit bei.
  • Kosmopolitische Perspektive: Eine globale Perspektive der Gerechtigkeit, die nicht an nationalstaatliche Grenzen gebunden ist, fordert offene Grenzen.
  • Freiheit: Freiheit ist ein wichtiges Gut, und ihre Einschränkung bedarf einer Rechtfertigung.
  • Menschenrechte: Menschenrechte gelten universell und sollten nicht durch nationale Grenzen eingeschränkt werden.
  • Braindrain-Argument fragwürdig: Die Abwanderung qualifizierter Arbeitskräfte ist kein hinreichender Grund, um die Bewegungsfreiheit zu beschränken.
  • Unzulässiger Zwang: Staaten dürfen Einwanderung nicht mit Zwangsmitteln verhindern.
  • Demokratie: Die Beschränkung der Bewegungsfreiheit widerspricht dem liberalen Demokratieverständnis.
  • Grenzen als soziale Konstruktionen: Grenzen sind nicht naturgegeben, sondern das Ergebnis sozialer Prozesse und können verändert werden.
  • Widerspruch zu liberalen Werten: Die Vorstellung einer exklusiven Gemeinschaft ist unvereinbar mit dem Selbstverständnis liberaler Demokratien.
  • Grenzen als selektive Instrumente: Grenzen dienen oft nicht nur dem Ausschluss, sondern auch der differentiellen Inklusion, um bestimmte Arbeitskräfte auszubeuten.
  • Moralische Pflichten: Es gibt eine moralische Pflicht, Menschen in Not zu helfen.
  • Gleiche Würde aller Menschen: Jede Person sollte das Recht haben, ein erfülltes Leben zu führen.
Diese Argumente werden in den Quellen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, von philosophischen über ethische bis zu rechtlichen und politischen Überlegungen. Es wird auch deutlich, dass die Debatte oft sehr emotional und polarisierend geführt wird.




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