Gibt es eine Demokratie ohne Kapitalismus?

Ursprünglich in der praktischen Philosophie beheimatet sind Theorien der Gesellschaft heute weitgehend von der Soziologie aufgegriffen worden.
Tosa Inu
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So 28. Jan 2018, 17:43

herbert clemens hat geschrieben :
Fr 26. Jan 2018, 08:12
(Meine persönliche Utopie ist inzwischen übrigens Anarchismus. Jedes Individuum entscheidet über sein Leben nach seinen individuellen Maximen. Ich stehle ja nicht, weil es verboten ist, sondern weil es unvernünftig ist. Dafür fahre ich bei Rot über die Ampel, wenn es vernünftig ist.)
Auch wenn man sich nicht am Begriff aufhängt: Es muss dem Individuum auch ermöglicht werden sein Leben gemäß eigener, nicht nur egozentrischer Prämissen und zu leben und zu reflektieren. Viele tun das weniger, als man glauben sollte und vielleicht auch möchte. Und der je eigene Wunsch ist eben auch das, was knallharte Narzissten leitet.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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mariaboiler
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Mo 29. Jan 2018, 00:24

Tarvoc hat geschrieben :
Mi 8. Nov 2017, 19:14
Wenn wir beim Stichwort gesteigerter Lebenserwartung sind: Ich bin ja jetzt gelinde gesagt nicht unbedingt ein Freund von Mao tse-tung, aber zwischen 1958 und 1981 stieg die durchschnittliche Lebenserwartung in China innerhalb von 23 Jahren von 35 auf 68 Jahre (siehe z.B. http://www.phil-fak.uni-koeln.de/filead ... 1986-1.pdf). Einen solchen Sprung in so kurzer Zeit hat meines Wissens kein kapitalistisches Land jemals geschafft, noch nicht mal unter sehr viel günstigeren Ausgangsbedingungen. Das lässt Kapitalismus und Demokratie irgendwie ein wenig blass aussehen, wenn selbst ein totalitäres Drecksloch wie Maos China diesbezüglich schneller Fortschritte macht. (...)
Mit der Bitte um Verzeihung, falls es unüblich ist, dass ein Neuzugang mitten in eine Diskussion hineingrätscht. Noch dazu in einem Bereich, wo ich zu der eigentlichen Themenstellung selbst höchstens weitere Fragezeichen beitragen könnte. Aber dieser fraglos große Fortschritt lässt sich wohl leider auch dadurch erklären, dass in den Jahren 1958-1961 in China eine schreckliche Hungersnot (Stichwort: "Großer Sprung nach vorn") herrschte, welche die vorher höhere Lebenserwartung (Nach dem verlinkten Dokument, S. 20, betrug die Lebenserwartung 1958 bereits um die 44 Jahre.) dann wohl auf die erwähnten 35 Jahre drückte. So ist es aus meiner Sicht nicht unwahrscheinlich, dass das, was wie eine sensationell schnelle Verbesserung der Lebenserwartung aussieht, sich zumindest teilweise einer durch dieses traurige Ereignis verzerrten Statistik verdankt. Aber eine Steigerung von 44 Jahren 1958 auf 61 Jahre 1973 und 68 Jahre 1981 ist ja ebenfalls bemerkenswert.




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Jörn Budesheim
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Verzeihung ist nicht nötig... Beiträge von Neuzugängen sind sehr willkommen :l




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Tarvoc
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Di 30. Jan 2018, 02:37

novon hat geschrieben :
Sa 27. Jan 2018, 01:11
Sind denn rechtliche Bedingungen gegeben, die eine "undemokratische Kapitalstruktur" quasi oktroyieren?
Als ob rechtliche Bedingungen hier der einzige Hinderungsgrund wären. Aber ja, auch die rechtlichen Strukturen begünstigen kapitalistische Produktionsformen - kein Wunder, sind sie doch historisch Ausdruck und Ergebnis dieser.



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Tarvoc
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Di 30. Jan 2018, 02:38

Tosa Inu hat geschrieben :
So 28. Jan 2018, 17:38
Darum ging es mir nicht, geht es im Thread nicht
Es geht in diesem Thread nicht um politische Ökonomie? Warum steht dann das Wort "Kapitalismus" im Titel?



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Tarvoc
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Di 30. Jan 2018, 02:46

mariaboiler hat geschrieben :
Mo 29. Jan 2018, 00:24
Tarvoc hat geschrieben :
Mi 8. Nov 2017, 19:14
Wenn wir beim Stichwort gesteigerter Lebenserwartung sind: Ich bin ja jetzt gelinde gesagt nicht unbedingt ein Freund von Mao tse-tung, aber zwischen 1958 und 1981 stieg die durchschnittliche Lebenserwartung in China innerhalb von 23 Jahren von 35 auf 68 Jahre (siehe z.B. http://www.phil-fak.uni-koeln.de/filead ... 1986-1.pdf). Einen solchen Sprung in so kurzer Zeit hat meines Wissens kein kapitalistisches Land jemals geschafft, noch nicht mal unter sehr viel günstigeren Ausgangsbedingungen. Das lässt Kapitalismus und Demokratie irgendwie ein wenig blass aussehen, wenn selbst ein totalitäres Drecksloch wie Maos China diesbezüglich schneller Fortschritte macht. (...)
Mit der Bitte um Verzeihung, falls es unüblich ist, dass ein Neuzugang mitten in eine Diskussion hineingrätscht. Noch dazu in einem Bereich, wo ich zu der eigentlichen Themenstellung selbst höchstens weitere Fragezeichen beitragen könnte. Aber dieser fraglos große Fortschritt lässt sich wohl leider auch dadurch erklären, dass in den Jahren 1958-1961 in China eine schreckliche Hungersnot (Stichwort: "Großer Sprung nach vorn") herrschte, welche die vorher höhere Lebenserwartung (Nach dem verlinkten Dokument, S. 20, betrug die Lebenserwartung 1958 bereits um die 44 Jahre.) dann wohl auf die erwähnten 35 Jahre drückte. So ist es aus meiner Sicht nicht unwahrscheinlich, dass das, was wie eine sensationell schnelle Verbesserung der Lebenserwartung aussieht, sich zumindest teilweise einer durch dieses traurige Ereignis verzerrten Statistik verdankt. Aber eine Steigerung von 44 Jahren 1958 auf 61 Jahre 1973 und 68 Jahre 1981 ist ja ebenfalls bemerkenswert.
Mh, das dürfte wohl eine Rolle gespielt haben. Einige der Daten in dem von mir verlinkten Paper reichen allerdings weiter zurück, und die bestätigen deine Deutung nur teilweise.



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herbert clemens
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Di 30. Jan 2018, 08:43

novon hat geschrieben :
Sa 27. Jan 2018, 01:11
herbert clemens hat geschrieben :
Fr 26. Jan 2018, 08:12
Ist es möglich, durch rechtliche Rahmenbedingungen die undemokratische Kapitalstruktur zu bändigen?
In Betrieben flachere Hierarchien, Arbeiterselbstverwaltung, Genossenschaften?
Warum sollte es nötig sein, die "undemokratische Kapitalstruktur" durch "rechtliche Rahmenbedingungen" "zu bändigen"? Sind denn rechtliche Bedingungen gegeben, die eine "undemokratische Kapitalstruktur" quasi oktroyieren? Soweit ich weiß, kann sich jeder - unter gewissen Voraussetzungen - in Selbstverwaltung mit anderen zusammentun und eine Genossenschaft gründen. Dann einfach noch wirtschaftlich hinkommen, so dass alle ein angenehmes Auskommen haben und die Sache wäre geritzt...?
Es gibt tatsächlich funktionierende Genossenschaften. Es gibt auch soziale Unternehmer.
In den dominierenden Großbetrieben und Konzernen sieht dies anders aus, also bei 99,9%. „ Dann einfach noch wirtschaftlich hinkommen“ ist aufgrund der wirtschaftlichen Machtballung wohl nicht so einfach möglich.
Im Binnenverhältnis sind kapitalistische Produktionsstätten in der Regel undemokratisch (Auf dieser Ebene betrachtet, wäre die Antwort auf die Ausgangsfrage: Kapitalismus und Demokratie schließen sich gegenseitig aus.)
Im Marktverhältnis zueinander setzen sie sich gegenseitig in Freiheit und sind auf rechtlich gleiche Rahmenbedingungen angewiesen, um zu funktionieren.
Ein gewisses Maß an Freiheit und Gleichheit sind tatsächlich marktkonform.
Rechtsnormen sind notwendig, um den Warenverkehr zu sichern und die nicht vorgesehene „Geschwisterlichkeit“ auf wenigstens minimale Weise zu gewährleisten.
Es ist sehr unterschiedlich wie „demokratisch“ die Rechte zustande kommen und gesichert werden.
Meines Erachtens ergeben sich aber auch dadurch Möglichkeiten, im Sinne von ethischen Normen im Spannungsfeld von persönlicher Freiheit und „Geschwisterlichkeit“/Solidarität/“Liebe“ Einfluss zu nehmen.
Wäre es da nicht sinnvoll, von demokratisch (?) regierten Gemeinwesen (Staaten/Staatenbünden) den undemokratisch verfassten Betrieben demokratische Regeln für die Binnenstruktur an die Hand zu geben?
Wäre es da nicht sinnvoll, für gemeinsame Konsumgüter(hier nur als Beispiel) wie die gute Luft (Klima) Rahmenregeln durchzusetzen, an die sich alle Marktteinehmer zu halten hätten?
(Ob Ampelregelungen im Sinne von Tosa Inu eine Möglichkeit darstellen, könnte dabei diskutiert werden.)




Tosa Inu
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Di 30. Jan 2018, 11:34

herbert clemens hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 08:43
Es gibt tatsächlich funktionierende Genossenschaften. Es gibt auch soziale Unternehmer.
In den dominierenden Großbetrieben und Konzernen sieht dies anders aus, also bei 99,9%. „ Dann einfach noch wirtschaftlich hinkommen“ ist aufgrund der wirtschaftlichen Machtballung wohl nicht so einfach möglich.
Im Binnenverhältnis sind kapitalistische Produktionsstätten in der Regel undemokratisch (Auf dieser Ebene betrachtet, wäre die Antwort auf die Ausgangsfrage: Kapitalismus und Demokratie schließen sich gegenseitig aus.)
Im Marktverhältnis zueinander setzen sie sich gegenseitig in Freiheit und sind auf rechtlich gleiche Rahmenbedingungen angewiesen, um zu funktionieren.
Ein gewisses Maß an Freiheit und Gleichheit sind tatsächlich marktkonform.
Ich glaube nicht mal, dass sich beide Formen absolut ausschleißen. Den Bioladen an der Ecke kann man anders führen, als ein großes Klinikum oder einen Stahlkonzern.
herbert clemens hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 08:43
Wäre es da nicht sinnvoll, von demokratisch (?) regierten Gemeinwesen (Staaten/Staatenbünden) den undemokratisch verfassten Betrieben demokratische Regeln für die Binnenstruktur an die Hand zu geben?
Wie sollten die aussehen?
Oft ist ja nicht nur das Einkommen, sondern auch die Verantwortung ungleich verteilt.
Management ist ja ein dehnbahrer Begriff der Chef im Mittelstand ist oft eine ganz andere Figur als der eine oder andere CEO/Aufsichtsrat.
herbert clemens hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 08:43
Wäre es da nicht sinnvoll, für gemeinsame Konsumgüter(hier nur als Beispiel) wie die gute Luft (Klima) Rahmenregeln durchzusetzen, an die sich alle Marktteinehmer zu halten hätten?
Ja.
Wir müssen bestimmte Bereiche schützen, auch vor wahnsinnigen Privatisierungen, zugleich muss man ein Bewusstsein dafür schaffen, dass wir bestimmte Bereiche nicht komplett dem Faktor Wirtschaftlichkeit unterordnen dürfen, als Beispiel seien das Gesundheitswesen und die Kranken- und Altenpflege genannt. Was wir hier brauchen sind moralische Eckpfeiler, also genau das, was wir in den letzten Jahrzehten zu leichtfertig über Bord geworfen haben, weil wir dachten, das sei altbackener Kram, alle waren heiß auf Freiheit und Befreiung. Ist auch gut und wichtig, nur dass die Rückseite dieser Münze eben Verantwortung (und auch, man verzeihe mir das graussame Wort: Eigenverantwortung) bedeutet, das wollte dann niemand mehr hören. Freiheit ohne Verantwortung ist philosophsich Willkür, psychologisch Narzissmus und gesellschaftspoltisch ein Hang zur Pluralismus und Werterelativismus.

Dass gerade auch auf diesem Boden der Neoliberalismus trefflich gedeiht, wird selten im und als Zusammenhang gesehen. Wobei der Neoliberalismus/Kapitalismus ein Problem, aber nicht das Problem ist.



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novon
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Mi 31. Jan 2018, 22:15

Tarvoc hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 02:37
novon hat geschrieben :
Sa 27. Jan 2018, 01:11
Sind denn rechtliche Bedingungen gegeben, die eine "undemokratische Kapitalstruktur" quasi oktroyieren?
Als ob rechtliche Bedingungen hier der einzige Hinderungsgrund wären. Aber ja, auch die rechtlichen Strukturen begünstigen kapitalistische Produktionsformen - kein Wunder, sind sie doch historisch Ausdruck und Ergebnis dieser.
Na ja... Im von mir kommentierten Post wurde ja gefordert, das "durch rechtliche Rahmenbedingungen die undemokratische Kapitalstruktur" durch "flachere Hierarchien, Arbeiterselbstverwaltung, Genossenschaften" zu bändigen. Das zumindest flache Hierarchien besonders und Genossenschaften häufig anzutreffen sind, bliebe die Frage, welche Form von rechtlichen Rahmenbedingungen denn angefragt wären, wenn doch alles angeführte gegenwärtig bereits fester Bestandteil der Wirtschaft ist und zwei Drittel davon sogar ziemlich häufig anzutreffen sind. "Undemokratische Kapitalstruktur" scheint mir nun auch ziemlich vage, und in meiner Interpretation würde ich darin eher historisch gewachsene Strukturen sehen, als solche, die durch aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen, zumindest hierzulande, tatsächlich aktiv befördert würden. Wenn überhaupt, wäre vielleicht eher nach kreativer Phantasie im Wirtschaften zu rufen, als nach rechtlichen Rahmenbedingungen. Besonders kreuz und quer geht es da ja nicht im Bereich (nationalen) Rechts zu, sondern eher in der Grauzone (fehlender, unzureichender) internationaler Abkommen. Kreativer Phantasie genügte vielfach vielleicht schon mal so einiges Hergekommene zu überkommen. (Ich bin übrigens pro globale Finanztransaktionssteuern und so...)




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novon
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Mi 31. Jan 2018, 22:40

herbert clemens hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 08:43
novon hat geschrieben :
Sa 27. Jan 2018, 01:11
herbert clemens hat geschrieben :
Fr 26. Jan 2018, 08:12
Ist es möglich, durch rechtliche Rahmenbedingungen die undemokratische Kapitalstruktur zu bändigen?
In Betrieben flachere Hierarchien, Arbeiterselbstverwaltung, Genossenschaften?
Warum sollte es nötig sein, die "undemokratische Kapitalstruktur" durch "rechtliche Rahmenbedingungen" "zu bändigen"? Sind denn rechtliche Bedingungen gegeben, die eine "undemokratische Kapitalstruktur" quasi oktroyieren? Soweit ich weiß, kann sich jeder - unter gewissen Voraussetzungen - in Selbstverwaltung mit anderen zusammentun und eine Genossenschaft gründen. Dann einfach noch wirtschaftlich hinkommen, so dass alle ein angenehmes Auskommen haben und die Sache wäre geritzt...?
Es gibt tatsächlich funktionierende Genossenschaften. Es gibt auch soziale Unternehmer.
In den dominierenden Großbetrieben und Konzernen sieht dies anders aus, also bei 99,9%. „ Dann einfach noch wirtschaftlich hinkommen“ ist aufgrund der wirtschaftlichen Machtballung wohl nicht so einfach möglich.
Wie sind denn Apple, Microsoft, SAP, Google, Amazon etc. gestartet? Kinderzimmer Wohnzimmer, Garage... Die haben sich alle innerhalb einiger Jahrzehnte vom Bauchladen zu dem gemausert, was sie heute sind. Und auch heute sind Leute aktiv, die in einigen Jahrzehnten prägend für die Landschaft sein werden. Klar, mit Stahl oder Gummi wärst du heute knapp ein Jahrhundert hinterher, wenn du nicht gerade vielleicht an Stahl-3D-Druck frickeln würdest, oder so. Das sind doch alles historische Entwicklungen. Nimm alleine mal das Vermögen der katholischen Kirche. Die hatte nun gut 2000 Jahre Zeit zu akkumulieren. Dagegen sehen wohl sämtliche anderen Konzerne heute ziemlich alt aus.

Genossenschaften und Selbstverwaltungen sind zumeist an gleichmäßiger Teilhabe der Beteiligten orientiert. Wenn investiert werden soll (zumeist wohl eher dringend muss), lassen sich die Beteiligten vielleicht, unter Umständen, eventuell, aber auch nur, wenn es nicht zu teuer wird breitschlagen, notgedrungen ihren Beitrag zu leisten. Ist zumeist wohl eher auf Bestandserhaltung ausgelegt, denn auf Zukunftsperspektive. Eine AG kommt da zumeist mit ihren Teilhabern besser hin und scheint mir auch eher zwangsweise (gesetzliche Rahmenbedingungen) demokratisch. Wobei: Klar stellt sich Kapitalkonzentration in dieser Beziehung teils problematisch dar. Das hielte ich aber trotzdem für historischen Ballast und nicht per se für ein Problem rechtlicher Rahmenbedingungen. Zwei, drei Generationen weiter, kann sich das durch Zersplitterung des Erbes schon wieder erledigt haben.




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novon
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Mi 31. Jan 2018, 22:50

herbert clemens hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 08:43
Wäre es da nicht sinnvoll, von demokratisch (?) regierten Gemeinwesen (Staaten/Staatenbünden) den undemokratisch verfassten Betrieben demokratische Regeln für die Binnenstruktur an die Hand zu geben?
Gibt es nicht...?!?
herbert clemens hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 08:43
Wäre es da nicht sinnvoll, für gemeinsame Konsumgüter(hier nur als Beispiel) wie die gute Luft (Klima) Rahmenregeln durchzusetzen, an die sich alle Marktteinehmer zu halten hätten?
(Ob Ampelregelungen im Sinne von Tosa Inu eine Möglichkeit darstellen, könnte dabei diskutiert werden.)
Na ja... Anderes Thema, oder. Schema Ampel finde ich so nicht verkehrt. Wer genauere Infos möchte, sollte aber nicht leer ausgehen. Und wenn du alles Grün übermäßig futterst, wirst du auch nicht gesünder, sondern auch nur fetter... ;)

Ich bin übrigens für Wasserstoffwirtschaft/Brennstoffzelle (Luft/Klima). Konnte bislang aber noch niemand was überzeugendes anbringen. Ich wäre dafür, dass das staatlich gefördert würde. Da gäbe es hoffentlich dann auch nicht solche Probleme, wie mit der Förderung der Windenergie... Aber: Wer weiß schon, was dann käme...




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Tarvoc
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Do 1. Feb 2018, 05:55

novon hat geschrieben :
Mi 31. Jan 2018, 22:15
"Undemokratische Kapitalstruktur" scheint mir nun auch ziemlich vage, und in meiner Interpretation würde ich darin eher historisch gewachsene Strukturen sehen, als solche, die durch aktuelle rechtliche Rahmenbedingungen, zumindest hierzulande, tatsächlich aktiv befördert würden. Wenn überhaupt, wäre vielleicht eher nach kreativer Phantasie im Wirtschaften zu rufen, als nach rechtlichen Rahmenbedingungen. Besonders kreuz und quer geht es da ja nicht im Bereich (nationalen) Rechts zu, sondern eher in der Grauzone (fehlender, unzureichender) internationaler Abkommen. Kreativer Phantasie genügte vielfach vielleicht schon mal so einiges Hergekommene zu überkommen. (Ich bin übrigens pro globale Finanztransaktionssteuern und so...)
Ich bin der Ansicht, dass das Recht und z.B. die in ihm kodifizierten Eigentums- und Körperschaftsformen durchaus eine Rolle spielen, aber ansonsten kann ich deiner Analyse einiges abgewinnen. Das Recht ist nicht der primäre Schauplatz ökonomischer Auseinandersetzungen, sondern ein sekundärer. Das wird heute gerne vergessen. Selbst in den wirtschaftswissenschaftlichen Fächern an den Universitäten wird ja heute immer mehr Wirtschaftsrecht und immer weniger eigentliche Wirtschaftstheorie gemacht.



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herbert clemens
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Do 1. Feb 2018, 08:24

Tosa Inu hat geschrieben :
Di 30. Jan 2018, 08:43
Wäre es da nicht sinnvoll, von demokratisch (?) regierten Gemeinwesen (Staaten/Staatenbünden) den undemokratisch verfassten Betrieben demokratische Regeln für die Binnenstruktur an die Hand zu geben?
Tosa Inu: "Wie sollten die aussehen?
Oft ist ja nicht nur das Einkommen, sondern auch die Verantwortung ungleich verteilt.
Management ist ja ein dehnbahrer Begriff der Chef im Mittelstand ist oft eine ganz andere Figur als der eine oder andere CEO/Aufsichtsrat."

Besonders mitdem Schlussabschnitt deines letzten Beitrages stimme ich im Wesentlichen überein.Denn: Im Interesse von gemeinsamen Werten sollen auch gemeinschaftliche Regelsetzungen eingesetzt werden. (Warum du immer wieder auf die „Linken“ einschlägst, erschließt sich mir übrigens nicht. Aus dem Spektrum Linke/Grüne … kommen doch praktikable Vorschläge.)
So gehe ich nur kurz auf den zitierten Zusammenhang ein.
Eine wichtige und nicht einfach zu beantwortende Fragestellung. (Ob Tarvoc dazu aufgrund weiterreichender Beschäftigungen Vorschläge hat?)
Tatsächlich sind die Verhältnisse in den Betrieben sehr unterschiedlich.
Ob durch äußere Regeln eine mitmenschliche „demokratische“ Gesprächskultur in den Produktionsstätten zu gestalten wäre? Das ist fraglich.
Um selber noch Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, gebe ich hier einen von mir noch nicht gelesenen Link zur Gemeinwohlökonomie weiter: https://www.ecogood.org/de/
Und verweise auf meinen Lieblingsbetrieb, von der ich z.B. meine Sommer- und Winterschuhe vor 4 Jahren (und sie sehen immer noch gut aus) gekauft habe. Bei ihm stimmen ethische Werte, Binnenklima, Verantwortung und globale Orientierung in vorbildlicher Weise überein: https://gea-waldviertler.at/.
(Das habe ich gestern Abend schon aufgeschrieben, die interessanten Nachtgedanken von novon und tarvoc muss ich noch demnächst durchkauen. Vielleicht sind meine Gedanken erst einmal auch weiterführend.)




Tosa Inu
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Do 1. Feb 2018, 10:57

herbert clemens hat geschrieben :
Do 1. Feb 2018, 08:24
Besonders mitdem Schlussabschnitt deines letzten Beitrages stimme ich im Wesentlichen überein.Denn: Im Interesse von gemeinsamen Werten sollen auch gemeinschaftliche Regelsetzungen eingesetzt werden. (Warum du immer wieder auf die „Linken“ einschlägst, erschließt sich mir übrigens nicht. Aus dem Spektrum Linke/Grüne … kommen doch praktikable Vorschläge.)
Für Linke sind Grüne inzwischen Rechte, das habe ich mir nicht aus den Fingern gesogen, sondern mir durch Lektüre und Diskussion in linken Medien beibringen lassen. Aber tatsächlich kann ich mit vielen Details und Forderungen Linker dennoch etwas anfangen, nur die Gesamtlinie, die Basics finde ich falsch, aber das hatten wir ja schon kurz angerissen, Deiner und auch Tarvocs Meinung nach habe ich die linke Grundposition falsch verstanden. Ich bin, sollte ich mich politisch verorten, vermutlich am ehesten grün.
herbert clemens hat geschrieben :
Do 1. Feb 2018, 08:24
So gehe ich nur kurz auf den zitierten Zusammenhang ein.
Eine wichtige und nicht einfach zu beantwortende Fragestellung. (Ob Tarvoc dazu aufgrund weiterreichender Beschäftigungen Vorschläge hat?)
Tatsächlich sind die Verhältnisse in den Betrieben sehr unterschiedlich.
Ob durch äußere Regeln eine mitmenschliche „demokratische“ Gesprächskultur in den Produktionsstätten zu gestalten wäre? Das ist fraglich.
Um selber noch Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, gebe ich hier einen von mir noch nicht gelesenen Link zur Gemeinwohlökonomie weiter: https://www.ecogood.org/de/
Und verweise auf meinen Lieblingsbetrieb, von der ich z.B. meine Sommer- und Winterschuhe vor 4 Jahren (und sie sehen immer noch gut aus) gekauft habe. Bei ihm stimmen ethische Werte, Binnenklima, Verantwortung und globale Orientierung in vorbildlicher Weise überein: https://gea-waldviertler.at/.
(Das habe ich gestern Abend schon aufgeschrieben, die interessanten Nachtgedanken von novon und tarvoc muss ich noch demnächst durchkauen. Vielleicht sind meine Gedanken erst einmal auch weiterführend.)
Das ist genau meine Linie und ich bin vollkommen einverstanden damit. Die Idee, dass vieles kleiner und dezentraler organisiert sein sollte, finde ich prinzipiell sehr gut, vielversprechende Modelle die nicht nur wirre Ideen sind, gibt es schon genug dazu. Leider steht die Politik vereint mit der Großindustrie/-wirtschaft (z.B. Energiewirtschaft) da ziemlich auf der Bremse und nur regionale Inseln sind vermutlich auch nicht die Lösung, bei übergeordneten Fragen. Immer wieder gerne von mir verlinkt, weil Augen öffnend und lohnend:



Ich würde mich aber z.B. nur ungern auf die Idee einlassen, dass, wenn wir nur lieb zu allen sind, diese auch automatisch lieb zu uns sind. Im Zeitalter von Autokraten und erstmaligem Terror mir territorialen Ansprüchen, könnte das ins Auge gehen, aber das führt uns vom Thema weg, rein dezentral geht es also auch nicht, die Lösung hieße einfach beides zugleich: dezentraler/regionaler und globaler, das muss kein Widerspruch sein.

Ich finde man sollte mit der Industrie und Wirtschaft direkt kooperieren, dann kann sich die Politik auf ihre Kernkompetenzen beschränken. Wo sie korrumpierbarer Bremsklotz ist, ist sie unnötig. Bei der grünen Betonung von regio und Nachhaltigkeit (wenn das mal mehr als ein Modewort ist) kann man m.E. auch viele der Rechten ins Boot holen, denn die betonen diese Aspekte ja auch. Bisher sind Kooperationen nur im vereinten Hass möglich, beim Querfront Phänomen oder bei etwas skurrilen Ansätzen wie dem hier, bei dem man sich die Augen reibt und schmunzeln muss. Im hinteren Teil des Artikels wird eine Analyse versucht, die nicht schlecht ist, aber zu kurz springt. Es geht viel mehr darum, eine geistige Heimat zu haben und der grassiende Narzissmus unserer Zeit meint, das bräuchten wir alles nicht.

Wenn wir das verstehen, können wir auch wieder anfangen Gedanken von Demokratie und regio besser zu entwickeln, plus mehr Bürgerbeteiligung, da gibt es tolle Ansätze von Leggewie. M.E. müssen wir zunächst verstehen, an welcher Stelle die Geschichte schief gelaufen ist, dann können wir auch Modelle entwickeln, in denen viele Stränge konstrutiv zusammenlaufen. Das wäre so diie ganz große Idee, aber um die geht es ja hier auch.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

herbert clemens
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Di 6. Feb 2018, 08:17

Ich möchte noch einmal generell auf die Ausgangsfrage eingehen. Kapitalismus bedeutet in der Regel Orientierung am quantitativen Gewinn und bedeutet keine Demokratie in den Produktionsstätten , Ausbeutung von Mensch und Natur. (in diesem Zusammenhang eine Nebenfrage: Wieso sind Aktiengesellschaften demokratisch?)
Sind die heutigen Ausformungen „parlamentarischer Demokratien“ demokratisch?
Weder Kapitalismus noch Demokratie in ihren derzeitigen Ausformungen bieten eine Lösung für die Zukunft der Menschen.
Die Freiheit eines selbstbestimmten Lebens ist ein hoher Wert.
Ohne Liebe würde kein selbstbestimmtes Individuum aufwachsen.
Diese polaren Grundwahrheiten auszugleichen, ist Aufgabe des Menschen.
Ein „sozialer Anarchismus“ ist die Perspektive.
Auch die von meiner persönlichen Meinung unabhängigen großen Wahrheiten sind doch nur im je individuellen Bewusstsein erfahrbar.
Das individuelle Unternehmertum, das aufgrund von zukunftsträchtigen Ideen und Erfindungen den Menschen ein angenehmeres Leben gibt, ist weiterhin erhaltenswert.
Warum sollte aber dies Kapital mit besonderem Geld-Profit belohnt werden? Einem maßlosen Geldprofit?
Ich möchte gesunde schmackhafte Nahrung nach meinem persönlichen Geschmack zu mir nehmen. Die Dinge, die ich dafür brauche, können nach meinem bisherigen Denkhorizont nicht durch einen regulierten gemeinsamen Plan mir zugeteilt werden. Eine Marktwirtschaft scheint dafür viel zu bieten.
Ist eine soziale regulierte Marktwirtschaft eine Perspektive?
Ist freiwillige Umverteilung von Extraprofiten, die sich aus den Verkauf von die Massen überzeugenden Waren ergeben, möglich, erstrebenswert? Geht es um die Bewusstseinsbildung der Kapitaleigner?
In meinem alltäglichem Verhalten halte ich mich nicht an Regeln. Ich sorge dafür, dass es mir gut geht, und bin tolerant gegenüber dem Wohl aller anderen.
Alles zu regulieren, widerstrebt mir.
Der Kreisverkehr ist in der „Regel“ (?) der Ampel vorzuziehen.
Die Ampel ist für den bewussten Menschen (nicht nur um Mitternacht) nicht mehr als ein Warnsignal.
Ich gehe oder fahre, um zu meinem Ziel zu kommen und ermögliche dies den anderen Verkehrsteilnehmern, ohne sie zu gefährden.




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herbert clemens hat geschrieben :
Di 6. Feb 2018, 08:17
Demokratie [bietet] in ihren derzeitigen Ausformungen [keine] Lösung für die Zukunft der Menschen.
Die Idee der Souveränität des Volkes ist nicht auf bestimmte Fragen oder Lösungen zugeschnitten, sondern auf bestimmte Arten und Weisen, wie man überhaupt entscheidet. Warum sollte der Umstand, dass eine Entscheidung demokratisch zustande kommt, dazu führen, dass sie keine Lösung für die Zukunft der Menschen sein kann?
herbert clemens hat geschrieben :
Di 6. Feb 2018, 08:17
Ich möchte noch einmal generell auf die Ausgangsfrage eingehen.
Die Ausgangsfrage lautet: Gibt es eine Demokratie ohne Kapitalismus? Das fragt nicht danach, ob Unternehmen demokratisch struktuiert sind oder sein sollten. Die Frage ist, ob es eine Demokratie ohne Kapitalismus überhaupt geben kann. Oder anders: Schafft man die Demokratie automatisch mit ab, wenn man den Kapitalismus abschafft.




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herbert clemens hat geschrieben :
Di 6. Feb 2018, 08:17
Sind die heutigen Ausformungen „parlamentarischer Demokratien“ demokratisch?
Ich meine schon. Warum zweifelst du daran?




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Di 6. Feb 2018, 22:06

herbert clemens hat geschrieben :
Di 6. Feb 2018, 08:17
Kapitalismus bedeutet in der Regel Orientierung am quantitativen Gewinn und bedeutet keine Demokratie in den Produktionsstätten , Ausbeutung von Mensch und Natur.
Wiki tut sich - aus guten Gründen womöglich? - schwer mit einer eindeutigen Definition:
"Die zentralen Merkmale sind in Anbetracht des historischen Wandels und der zahlreichen Kapitalismusdefinitionen sowie ideologischer Unterschiede umstritten. Allgemein wird unter Kapitalismus eine Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden, die auf Privateigentum an den Produktionsmitteln und einer [ausschließlichen] Steuerung von Produktion und Konsum über den Markt beruht. Als weitere konstitutive Merkmale werden genannt: die Akkumulation, für manche das „Herzstück“, Hauptmerkmal und Leitprinzip des Kapitalismus, und das „Streben nach Gewinn im kontinuierlichen, rationalen kapitalistischen Betrieb“."
Man unterscheidet (u. A.) zwischen Kapitalismus und Marktwirtschaft (wobei letztere als Oberbegriff daherkommt). Beiden ist gemein, dass ein Markt gegeben ist, an dem alle Protagonisten bemüht sind, Gewinn zu erzielen. Kapitalismus - jenseits des reinen Kampfbegriffs - zeichnet aus, dass alles ausschließlich über den Markt bestimmt (gesetzt) ist, also keinerlei andere Kriterien - staatliche Gesetzgebung, Ethik, sonstwas... - Relevanz hätten. Der Markt wird als das einzige relevantes Regularium gesetzt. Eine Marktwirtschaft könnte imo also nur als kapitalistisch bezeichnet werden, sofern ein solches unbedingtes Diktum des Marktes vollständig realisiert wäre. Alles andere - entsprechender Nachweis, dass, könnte nicht erbracht werden - ginge mir als ideologisch intendiert unten durch.
herbert clemens hat geschrieben :
Di 6. Feb 2018, 08:17
Wieso sind Aktiengesellschaften demokratisch?
Weil du die mit jeder Aktie die du erwirbst Anteile an der entsprechenden AG aneignest und damit (proportional) Stimmrecht in der Aktionärsversammlung, die u. A., durch Wahlen, den Aufsichtsrat - dadurch mittelbar auch andere Entscheidungen - bestimmt.




herbert clemens
Beiträge: 343
Registriert: Di 22. Aug 2017, 14:06

Mi 7. Feb 2018, 08:26

Ich habe heute keine Zeit weiter schriftlich nachzudenken, möchte einen ergänzenden Gedankengang aus perspektive dayly Euch nichtvorenthalten:
"Wenn es schon bei diesen Themen Jahre dauert, bis sich was ändert: Wie soll die Menschheit ein Problem wie den Klimawandel überhaupt schnell genug in den Griff bekommen? Ist die Demokratie da noch das geeignete politische System?
Maja Göpel: Was wir, glaube ich, ganz dringend vermeiden müssen, ist, Demokratie mit einer bestimmten Form von Parteien-Repräsentanz gleichzusetzen. Die Idee, dass Bürger ihre Gesellschaft selbst mitgestalten, lässt sich auf verschiedene Arten und Weisen regeln. Was die repräsentativen Parteien derzeit an Geschwindigkeit und Legitimität hervorbringen, steht in allem dem hintenan, was die dynamischen Märkte kreieren können.
Da liegt durch die Digitalisierung und die Finanzialisierung so eine Gestaltungsmacht in den Händen einiger konzentriert, die überhaupt keine öffentliche Rechtfertigung ablegen müssen – solange die Zahlen stimmen.
Was macht die Wirtschaft so gefährlich?
Maja Göpel: Die müssen keine Partizipation und keinen Interessensausgleich anbieten, sondern dürfen unter dem Mantel der Disruption Dinge über den Haufen werfen, für die wir 50, 60 Jahre demokratische Prozesse gebraucht haben, um sie zu installieren.
Für mich ist dieses Missverhältnis bei der Gestaltungsmacht zwischen dem privaten und öffentlichen Raum die größte Herausforderung für die Politik. Das Schlimmste, was wir jetzt machen können, ist deshalb, das demokratische System als obsolet zu betrachten."
Das ganze Interview: https://perspective-daily.de/article/459/fYg94HTg




herbert clemens
Beiträge: 343
Registriert: Di 22. Aug 2017, 14:06

Do 8. Feb 2018, 09:10

Jörn hat geschrieben :
herbert clemens hat geschrieben :
Di 6. Feb 2018, 08:17
Ich möchte noch einmal generell auf die Ausgangsfrage eingehen.
Die Ausgangsfrage lautet: Gibt es eine Demokratie ohne Kapitalismus? Das fragt nicht danach, ob Unternehmen demokratisch struktuiert sind oder sein sollten. Die Frage ist, ob es eine Demokratie ohne Kapitalismus überhaupt geben kann. Oder anders: Schafft man die Demokratie automatisch mit ab, wenn man den Kapitalismus abschafft.
Ich habe noch nicht die Zeit gefunden auf alle Fragen einzugehen. Und gehe erst einmal auf den Hauptstrang ein: Wenn in der bedeutsamen Lebenszeit eines jeden Menschen in der Arbeitswelt keine Demokratie gegeben ist, so ist deine Frage entgegen deiner vorgefassten Meinung dennoch beantwortet: Kapitalismus ermöglicht keine Demokratie in wesentlichen Lebensbereichen.
Ich weiß, dass Du die Frage anders stellst, aber auf diese gesellschaftliche Realität, die Du als Voraussetzung deiner Fragestellung nicht thematisieren möchtest, wollte ich eingehen.
In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf die These von Novon eingehen: Aktiengesellschaften wären demokratisch. Sie sind für die Menschen demokratisch, die viel Besitz angehäuft haben, und denen es nicht um Gebrauchswerte geht, sondern darum, dass der Gewinn steigt. Für den im Betrieb Arbeitenden sind sie das Gegenteil von demokratisch. (Es gibt Minderheiten von kritischen Aktionären, die in geringem Maße öffentlichkeitswirksam aktiv werden, aber von Demokratie kann man nicht reden.)
Im Einklang mit Wikipedia würde ich zwischen Marktwirtschaft und Kapitalismus unterscheiden.
Ich stimme tarvoc zu, dass rechtliche Absicherungen sekundär sind. Es gibt allerdings viele Modifikationen des Marktes aufgrund von gesetzlichen Auflagen, die man von neoliberaler wie auch kapitalismuskritischer Seite je nach Auflage beklagt. Es gibt keine Rückkehr zu einem Marktnaturzustand, sondern nur Einfluss aufgrund von historischen Gegenheiten. Dazu habe ich versucht, erst einmal zur allgemeinen Bewusstseinsbildung einen Beitrag liefern, der nicht in das Raster links-rechts passt.




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