Kein Gott nirgendwo

Glaube und Wissen, Wesen und Formen von Religionen, ihre Bedeutung für das menschliche Leben, Grundfiguren religiösen Denkens u.ä. - Darauf wirft die Religionsphilosophie ihren Blick.
123
Beiträge: 23
Registriert: Sa 23. Dez 2023, 13:54

So 24. Dez 2023, 17:48

Es existiert nur, was existiert. Das Sein hat kein Aussen.
Gott als Konzept muss mindestens teilweise über das hinausgehen und ausserhalb dessen existieren, was ist, weil halt Gott und so.
In Anlehnung an Wolfgang Pauli könnte man sagen: Die Existenz eines Gottes zu behaupten ist nicht nur nicht richtig, es ist noch nicht einmal falsch.




Benutzeravatar
AufDerSonne
Beiträge: 1294
Registriert: Do 1. Sep 2022, 19:44

So 24. Dez 2023, 22:54

123 hat geschrieben :
So 24. Dez 2023, 17:48
Es existiert nur, was existiert. Das Sein hat kein Aussen.
Gott als Konzept muss mindestens teilweise über das hinausgehen und ausserhalb dessen existieren, was ist, weil halt Gott und so.
In Anlehnung an Wolfgang Pauli könnte man sagen: Die Existenz eines Gottes zu behaupten ist nicht nur nicht richtig, es ist noch nicht einmal falsch.
Hallo 123. Mach es kürzer. Gott gibt es nicht.



Ohne Gehirn kein Geist!

Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mi 27. Dez 2023, 16:22

... und das kannst du doch sicherlich auch beweisen.




Quasarkarotte
Beiträge: 84
Registriert: Di 24. Okt 2023, 19:28

Fr 29. Dez 2023, 14:33

123 hat geschrieben :
So 24. Dez 2023, 17:48
Es existiert nur, was existiert. Das Sein hat kein Aussen.
Gott als Konzept muss mindestens teilweise über das hinausgehen und ausserhalb dessen existieren, was ist, weil halt Gott und so.
In Anlehnung an Wolfgang Pauli könnte man sagen: Die Existenz eines Gottes zu behaupten ist nicht nur nicht richtig, es ist noch nicht einmal falsch.
Ein Embryo könnte, wenn es denn dazu in der Lage wäre, auch zu dem Schluss kommen, dass es außerhalb seiner "Welt" kein Sein gäbe. Von daher verstehe ich deine Argumentation nicht.




123
Beiträge: 23
Registriert: Sa 23. Dez 2023, 13:54

Fr 29. Dez 2023, 17:42

Der Vergleich ist schief, denn ich gehe stark davon aus, dass das Universum nach Regeln funktioniert, die meine Vorstellungsvermögen bei weitem übersteigen.
"Mein" Argument funktioniert anders. Das Sein an sich hat kein Aussen. Die kleine Nische des Seins, die mir zugänglich ist, hat mehr "Aussen", als "Innen".
Es ist ein bisschen plump, weil Imaginäre Zahlen gewissermassen zwar nur symbolisch existieren, aber trotzdem Teil von Berechnungen sein können.
Wenn man akzeptiert, dass Dinge gleichzeitig sowohl existieren, als auch nicht existieren können, ist das Argument, als Argument für die Unmöglichkeit Gottes, schwach.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23559
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Dez 2023, 18:00

123 hat geschrieben :
So 24. Dez 2023, 17:48
Es existiert nur, was existiert. Das Sein hat kein Aussen.
Gott als Konzept muss mindestens teilweise über das hinausgehen und ausserhalb dessen existieren, was ist, weil halt Gott und so.
Der erste Satz scheint mir einfach eine Tautologie zu sein, daraus lässt sich kein argumentativer Funke schlagen.

"Das Sein hat kein Außen." Ich finde diesen Satz schwer verständlich. Ist das Sein ein Ding, ein räumliches Etwas, das ein Innen hat, aber kein Außen? Oder wie soll man sich das vorstellen? Aber: Wenn Gott als das verstanden wird, was alles übersteigt, dann ist damit sicher keine räumliche Unterscheidung gemeint. Hier scheint mir eine Äquivokation vorzuliegen, in der der Ausdruck Außen in verschiedenen Bedeutungen verwendet wird.

Außerdem trifft das Argument sicher nicht auf alle Gottesvorstellungen zu, im Pantheismus sind Gott und Sein wohl eins, wenn ich recht sehe.




123
Beiträge: 23
Registriert: Sa 23. Dez 2023, 13:54

Fr 29. Dez 2023, 18:37

"Arthur Schopenhauer (1788–1860) kritisierte Pantheismus als „Euphemie für Atheismus“: „Ein unpersönlicher Gott ist gar kein Gott, sondern bloß ein missbrauchtes Wort.“ (Wikipedia)

"Gott" muss nicht alles übersteigen, braucht aber ein Element, das in dualistischer Art unabhängig von Sein handeln kann, aber das wäre dann wieder etwas, das ist und somit nicht göttlich. Es ist billig, nur schon die Set-Theorie von Bertrand Russel überwindet diese simplistische Denke.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23559
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Dez 2023, 18:43

Verstehe kein Wort. (Oder bezog sich der Beitrag gar nicht auf den vorhergehenden Beitrag von mir?)




123
Beiträge: 23
Registriert: Sa 23. Dez 2023, 13:54

Fr 29. Dez 2023, 19:27

Doch, doch.
Sein ist die Gesamtheit dessen, was ist. Es gibt nichts, das nicht ist, weil es sonst etwas wäre, das ist. Das meinte ich damit, dass es kein Aussen gibt.
Und dann haben ich mich im Gedanken verheddert, dass die Grenze nicht klar definiert werden kann.
Aber jetzt finde ich wieder, dass die Grundüberlegung trifft trotzdem zu.

Neue Idee:
Wenn überhaupt, sind denkende Wesen Gott, weil sie so etwas unsinniges wie die Idee Gott erfinden und dann deswegen Tempel bauen und sich gegenseitig wegen Nebensätzen die Köpfe einschlagen können, also etwas das nicht ist reale Konsequenzen haben lassen können.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23559
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Dez 2023, 20:00

Das ist eine Frage an die Meontologie, die Lehre vom "Nichtsein".

In der physikalischen Welt gibt es beispielsweise keine Kriege, weil es die entsprechenden Kategorien gar nicht gibt, aber wir wissen dass sie in unserer Lebenswelt leider völlig real sind. Um entscheiden zu können, ob etwas existiert oder nicht, muss man nach dem Bereich fragen, in dem es existiert oder nicht. Etwas kann also durchaus in einem Bereich, sagen wir der physikalischen Natur, nicht existieren, aber in anderen Bereichen, z.B. der Politik schon.

Btw: Ich für meinen Teil bin ein sehr überzeugter Atheist, mir fehlt schon die Kraft zum Agnostiker. Aber ich habe dennoch kein Talent für Religionsbashing und auch keinen Spaß daran.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 3002
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12

Fr 29. Dez 2023, 20:34

123 hat geschrieben :
Fr 29. Dez 2023, 17:42

Das Sein an sich hat kein Aussen. Die kleine Nische des Seins, die mir zugänglich ist, hat mehr "Aussen", als "Innen".
"Extra te igitur, Dominus, nihil esse potest." (Nikolaus von Kues, De visione Dei; XII) - "Deshalb kann außerhalb von dir, Herr, nichts existieren."

Gott sieht alles. Alles gleichzeitig. Auch alles Vergangene und alles Zukünftige. Und zu dem, was er sieht, gehört auch, daß er sieht, was er sieht. Sein Beobachten erfolgt unterscheidungslos - ohne Außen/Innen. Er ist gleichsam eine Zweitausfertigung der Welt; denn Beobachtungen über die Welt gibt es nach menschlichem Ermessen nur in der Welt, sie kommen in dem, was sie beobachten selbst wieder vor. Der unterscheidungsfrei beobachtende Gott, die coincitentia oppositorum (Nikolaus von Kues) stand für die Spätscholastik des Mittelalters im Verdacht der Häresie, denn aus ihr ergab sich:

"Man kann weder sagen, dass Gott ist, noch kann man sagen, dass Gott nicht ist. Denn Gott ist ja der Grund allen Seins und des Nichtseins. Er hat kein Gegenüber, gegen das man ihn abgrenzen kann. Gott ist alles, was er sein kann. Er ist die Einheit, der nichts gegenübersteht." (Hervorhebung von mir)

Die Scholastik hat die sich anbahnende Paradoxie invisibilisiert, indem sie Gott auf zwei Instanzen verteilte: den Schöpfergott und den Erlösergott. Mit der Offenbarung des Johannes wurde die Paradoxie gewissermassen absorbiert, indem eschatologische Erwartungen eingebaut wurden - in Form von Überraschungen. ;)

Nikolaus von Kues - der erste Systemtheoretiker der alteuropäischen Tradition. :o




1+1=3
Beiträge: 577
Registriert: Di 22. Jun 2021, 00:50

Fr 29. Dez 2023, 21:52

Hat das mit Pantheismus zu tun?




Quasarkarotte
Beiträge: 84
Registriert: Di 24. Okt 2023, 19:28

Sa 30. Dez 2023, 10:34

Angenommen die Entstehung des Universums ist auf Geist zurückzuführen (siehe Faden Urminus-These), dann wäre alles Sein im Universum Bestandteil dieses Urgeistes. Meine Existenz, mein Geist wäre in diesem Fall in die Entfaltung des Urgeistes eingebettet.
Dass diese Konstellation im Bereich des Möglichen ist, beweist die Mutter-Embryo-Beziehung. Der Embryo ist Teil der Mutter, doch der Geist des Embryos ist nicht der Geist der Mutter.
(Am Rande: Ich glaube, diese Konstellation zeigt eher in den Panentheismus)




123
Beiträge: 23
Registriert: Sa 23. Dez 2023, 13:54

Sa 30. Dez 2023, 16:15

Vielleicht billig:
Ein Panpsychismus, der allem eine zusätzliche Dimension verleiht.
Bildlich existieren wir zweidimensional, das Göttliche macht allem eine dritte Dimension, Geist. Dadurch wird das Zweidimensionale zu einer materiellen Grenze.




123
Beiträge: 23
Registriert: Sa 23. Dez 2023, 13:54

Sa 30. Dez 2023, 16:28

noch billiger:
Das Gehirn als Zeitdimensionsapparat.

noch viel billiger:
Simulationshypothese von Bostrom. Indiz: Planck-Länge als harte Grenze.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 3002
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12

Sa 30. Dez 2023, 17:54

1+1=3 hat geschrieben :
Fr 29. Dez 2023, 21:52
Hat das mit Pantheismus zu tun?
In gewisser Weise hat es mit dem Pantheismus zu tun, wobei die eigentliche Intention des Pantheismus ja eine religionsphilosophische ist. Ich hatte den beobachtungstheoretischen Duktus dieser Denkfigur im Sinn: Gott beobachtet, ohne dafür eine Unterscheidung beanspruchen zu müssen. Seine Beobachtungen sind deswegen göttlich, weil sie keinen blinden Fleck haben; sie genießen das Privileg der unbefleckten Erkenntnis.

Nikolaus von Kues, den die Philosophiegeschichten gerne dem Mittelalter zuschlagen, ist eigentlich ein moderner Denker (im Gegensatz zu Descartes, der traditionell als Türsteher des neuzeitlichen Philosophie gilt). Er hat einen Sinn für Paradoxien (docta ignorantia - belehrte Unwissenheit) und hat sie zum Verdruss der Scholastik auch theologisch normiert. Während Descartes' universaler Zweifel in einen ontologischen Gottesbeweis mündet, hat Cusanus einen Sinn für die erkenntnistheoretische Schwierigkeit entwickelt, die sich aus dem Denken der Einheit Gottes ergibt, die der Mensch nicht erfassen kann, weil sein Verstand "differenztheoretisch" (coincitentia oppositorum) formatiert ist. Der Mensch als Weltbeobachter kann Gott nicht beobachten; er kann also letztlich nicht erkennen, ob es Gott gibt oder nicht. In der Systemtheorie kommt hier der spektakuläre Auftritt des Teufels. Der Teufel ist von Gott "abgefallen", er unterscheidet sich von Gott und er weiß um diese Unterscheidung. Überhaupt ist ja die Schöpfunggeschichte des Alten Testaments eine Geschichte der Einführung von Unterscheidungen: Licht und Finsternis, Erde und Himmel, Feuchtes und Trockenes, großes Licht und kleines Licht usw. Vorher war alles "wüst und leer", doch jetzt werden Unterscheidungen gemacht; Schöpfung als Differenzmanagement.




Benutzeravatar
AufDerSonne
Beiträge: 1294
Registriert: Do 1. Sep 2022, 19:44

Sa 30. Dez 2023, 18:04

Nauplios hat geschrieben :
Sa 30. Dez 2023, 17:54
Der Mensch als Weltbeobachter kann Gott nicht beobachten; er kann also letztlich nicht erkennen, ob es Gott gibt oder nicht.
Man kann letztlich auch nicht erkennen, ob es materielle Gegenstände gibt oder nicht. Also soviel ich weiss. Aber man kann wenigstens vermuten, dass es sie geben muss. Und das tue ich.
Während dem ich bei einem Gott vermute, dass es ihn nicht geben kann. Ausgehend von diesen Vermutungen kann man versuchen Argumente oder sogar Beweise zu finden für das, was man denkt.
Immer wieder werde ich in meinen Meinungen über materielle Gegenstände und Gott bestätigt. So werden die Vermutungen immer sicherer. Mit ein wenig Glück, finde ich vielleicht einmal die Wahrheit zu diesen Themen.

Was noch wichtig ist. Ob wir von einem persönlichen Gott oder einem unpersönlichen reden. Ist mir noch in den Sinn gekommen.



Ohne Gehirn kein Geist!

Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 3002
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12

Sa 30. Dez 2023, 19:40

AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 30. Dez 2023, 18:04

Man kann letztlich auch nicht erkennen, ob es materielle Gegenstände gibt oder nicht. (...)
Während dem ich bei einem Gott vermute, dass es ihn nicht geben kann. (...) Argumente oder Beweise ...
In der Frage "was es alles gibt" und ob wir das Gegebene erkennen können oder nicht, darf man zuversichtlich sein, AufDerSonne. Mir ist schon klar, daß sich auf den Schlachtfeldern der Epistemologie die Bataillone des Realismus und des Konstruktivismus eingegraben haben und sich von ihren Begriffsoffensiven Geländegewinne versprechen. Solche Gefechtsverläufe lassen sich auch mit dem Playmobil der Argumente und Beweise nachspielen - keine Frage. Hat sich nicht derweil der Pulverdampf so weit verzogen, daß alte Demarkationslinien inzwischen verwittert sind?

Können wir materielle Gegenstände erkennen? Vielleicht auch nicht-materielle? Gibt es Gott (welchen auch immer)? Gibt es ihn nicht? - Das interessiert doch keinen Dachs. ;) Nicht ob Gott existiert ist von Belang, sondern die analytische Stelle, die er in der Architektur der Theorie besetzt! - Was würde sich an der Beobachtungsdisposition des Systems (in Gottes Namen: des Menschen) überhaupt ändern, wenn es ihn gäbe? :?

Was ist das für eine traurige Wissenschaft, die an der Nichtbeweisbarkeit ihrer Erkenntnisgegenstände leidet?




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23559
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 30. Dez 2023, 20:03

Nauplios hat geschrieben :
Sa 30. Dez 2023, 19:40
Nichtbeweisbarkeit
Deswegen nennt man es auch Glauben.

Menschen, die glauben, erleben diese "Nichtbeweisbarkeit" oft auch als eine Form der Prüfung, ja sie danken Gott sogar für die Kraft, die er ihnen in solchen Momenten des Zweifels gibt. Ich habe vor einigen Jahren einmal eine Predigt gehört, als eine Künstlerin in einer Kirche eine Ausstellung hatte. Ich war sehr überrascht über die Intensität des eigenen Zweifels, die der Pfarrer bei der Predigt zum Ausdruck brachte.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 3002
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12

Sa 30. Dez 2023, 20:10

Ich stelle den Antrag, daß die Frage nach der Existenz Gottes der Glaubenskongregation entzogen wird zugunsten eines Trinkgelages. ;)




Antworten