Friederike hat geschrieben : ↑ Fr 4. Mai 2018, 11:24
Aber das würde doch im konkreten Fall bedeuten zu sagen, daß ein Mensch, der gewaltsam zusammengeschlagen worden ist (ich versuche, ein möglichst wenig brisantes Beispiel zu nehmen) die Freiheit gehabt hätte, dies verhindern können? Ich setze ein Fragezeichen, weil ich noch nicht sicher bin, ob ich den Punkt, der unter Euch strittig ist, verstanden habe.
Das kommt auf das Weltbild an, aus dem heraus man antwortet.
Argumentiert man karmisch, würde die Antwort lauten, nein (eigentlich gibt es mehrere karmische Antwortversionen), aber man hätte es 'verdient'. Da gehören dann noch etliche Sätze der Erklärung hinterher, wenn man das ernst meint, aber im Angesicht der maximalen Drohkulisse das doch wohl nicht ernst meinen zu wollen und zu können, ist bereits sonnenklar, dass hier keine Erklärung gewünscht wird, sondern man bereuend in Sack und Asche kriechen sollte, was flechtlicht natürlich unschwer erkannte.
Hier könnte man elegant an epitox anknüpfen und tatsächlich mal kritisch fragen, ob unser "Tja, war eben Pech, einen muss es ja treffen, das warst jetzt du" in allen nur erdenklichen Fällen so großartig ist, wie es uns vorkommen mag.
Analog und abgeschwächter könnte die die Antwort vor einem psychoanalytischer Hintergrund lauten, dass man die Freiheit haben könnte, wenn es sich bspw. um einen unbewussten Wiederholungszwang handelt, der einen Situationen 'suchen' (aber eben unbewusst) lässt, in denen man Gewalt erfährt. Das gibt es, die Lösung wäre, das Muster bewusst zu machen. (Es gibt auch Versionen karmischer Sichtweisen, die das als Lösung anbieten.)
Unser aller Deutung, die man aber auch kennen muss, wenn man so argumentiert, es wäre naiv hier nicht mit Gegenwind zu rechnen, ist, dass man tatsächlich immer nur zufällig in solche Situationen gerät. Klar, wer mit dem BVB Trikot in den Schalker Fanblock rennt und "Tod allen Schalkern" brüllt, der trägt eine gewisse Mitschuld, aber Deutungen, die eine Affinität zum Unglück in eigenen Sosein angelegt sehen und mehr oder weniger für kurierbar halten oder in einen sehr viel größeren Kontext stellen, sind bei uns nicht gern gesehen, selbst wenn sie konsistent sind.
Pragmatisch könnte man sagen, da wir nicht wissen, welche Sicht nun die wirklich richige ist, wäre die zu bevorzugen, die dem Individuum im Einzelfall am besten in seinem Leid hilft. Für meinen Geschmack hilft ein achselzuckendes "Tja, selbst schuld, wirst du verdient haben, sonst wäre es dir nicht passiert" so wenig, wie ein "Tja Pech gehabt, sowas passiert nun mal dummerweise."
In beiden Fällen müssten da weitergehende Erläuterungen und Hilfen folgen.
Jemand prinzipiell erst mal die niedersten Motive zu unterstellen, halte ich aber in jedem Fall für verfehlt.