Nein nein..es geht schon um einen Draufblick der sowohl Religion/Wissenschaft als auch Glaube/Wissen zusammenhängend versucht zu .. naja, analysieren wäre wohl zu umfangreich.. begutachten, was es damit eigentlich auf sich hat.
Gott ist nicht tot
Der Satz >Gott ist tot> sollte ja mal erst verstanden werden. Von was redet Nietzsche hier denn? Meint er etwa, dass was ich oben geschrieben habe? Soll also - nach Nietzsche - das falsche Vorverständnis von >Gott< sterben, um einem richtigen Verständnis den Weg zu öffnen? Das wäre gut und dringend nötig!
epitox
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Nein, natürlich nicht!
Das Wort >Gott< ist ursprünglich nicht Eigenname, sondern steht als (Gattungs-)Begriff dafür, was einzelnen Menschen letzte Lebensorientierung ist. Das werde ich allerdings noch genauer ausführen müssen. Siehe auch den Begriff >Allah< unten:
... Dies gilt offenbar auch für das arabische Wort >allah<,denn: "wenn das Wort allah... als... >Eigenname< verstanden... wird ... wird der eigentliche Sinn dieses arabischen Wortes mißverstanden" und "Wer... behauptet, der Gott der Muslime heiße >Allah<, ja dies sei gleichsam der >Eigenname< des islamischen Gottes, verkennt... die sprachlichen Tatsachen" (H. BOBZIN, >Allah< oder >Gott<? Über einige terminologische Probleme im Spiegel rezenter islamischer Koranübersetzungen ins Deutsche, in: MThZ 52 (2001) 16-25, 22 u. 23).
epitox
Ja, so in etwa! Die Frage nach Gott ist die Frage nach den Hintergründen des Menschlichen und von den Bedingungen unseres Daseins in der Welt.
Philosophische Momente daraus: (1) die Suche nach Sinn führt zur Frage nach Gott, (2) Urvertrauen und Gottesglaube, (3) Gott als das >absolute< Sein, (4) die unsinnige Frage nach einer bzw. der >Existenz< Gottes. (das wäre die phil. Gliederung des Themas, wie sie mir vorschwebt)
epitox
Wenn man sich eine Vorstellung über die Bedeutung des Gottesbegriffs für das Denken überhaupt machen will, dann kann man bei Parmenides anfangen (der über das unveränderliche Sein nachdachte), weiter bei Platon suchen (der sich gemessen am Einfluss auf die späteren Perioden als sehr prägend erweisen sollte), dann natürlich weiter bei Augustin forschen (und bei der Patristik im Allgemeinen anfragen), um dann in der Scholastik das neoplatonische Konzept mit seiner Fülle an verschiedenen Beschreibungen analysieren.
Gott ist, aus dieser denkhistorischen Perspektive, viel weniger ein Eigenname, als die Grundkonstante der Metaphysik, und über weite Strecken unserer Zeitrechnung die Grundkonstante der Philosophie überhaupt. Theologie und Philosophie, das war über Jahrhunderte bis weit ins 15. Jahrhundert eine Einheit, die man gar nicht getrennt denken konnte.
Gott stand in allen theologischen Ausprägungen stets für das Höchste, für das Eine. Er war der Begriff, durch den sich die Einheit von Allem irgendwie denken liess: die Perspektive, von der aus Alles erblickt werden kann. Er wurde in diesem Sinne auch als das höchste intelligible Wesen gedeutet, dessen Intellekt die Ideen als vollkommenste Wesenheiten der Dinge denkt. Wenn man es so sagen will, war Gott ein Gefäss, in den sich der Überschuss an euphorischer Ganzheitsdeutungen ergiessen konnte.
Mit der Dämmerung eines neuen, empirischen (Bacon, Hume) und rationalistischen (Descartes, Kant) Zeitalters haben sich die Gewichte zu verschieben begonnen. Die Metaphysik als ein Denken des Grossen und Nochgrösseren im Unsagbaren hat an Bedeutung verloren, und mit ihm hat auch Gott als der "erste und letzte Grund" an Bedeutung verloren zugunsten von logischen Begründungspraktiken oder von empirischen Beweisfetischismen
Ist Gott daher tot? In diesem Sinne eines dramatischen Bedeutungsverlust für das Denken überhaupt: Ja.
Aber als Konzept eines übergeordneten Sinns, nach dem Menschen das individuelle und disparate Sein als diesem hingeordnet betrachten können, hat er überlebt.
Gott ist, aus dieser denkhistorischen Perspektive, viel weniger ein Eigenname, als die Grundkonstante der Metaphysik, und über weite Strecken unserer Zeitrechnung die Grundkonstante der Philosophie überhaupt. Theologie und Philosophie, das war über Jahrhunderte bis weit ins 15. Jahrhundert eine Einheit, die man gar nicht getrennt denken konnte.
Gott stand in allen theologischen Ausprägungen stets für das Höchste, für das Eine. Er war der Begriff, durch den sich die Einheit von Allem irgendwie denken liess: die Perspektive, von der aus Alles erblickt werden kann. Er wurde in diesem Sinne auch als das höchste intelligible Wesen gedeutet, dessen Intellekt die Ideen als vollkommenste Wesenheiten der Dinge denkt. Wenn man es so sagen will, war Gott ein Gefäss, in den sich der Überschuss an euphorischer Ganzheitsdeutungen ergiessen konnte.
Mit der Dämmerung eines neuen, empirischen (Bacon, Hume) und rationalistischen (Descartes, Kant) Zeitalters haben sich die Gewichte zu verschieben begonnen. Die Metaphysik als ein Denken des Grossen und Nochgrösseren im Unsagbaren hat an Bedeutung verloren, und mit ihm hat auch Gott als der "erste und letzte Grund" an Bedeutung verloren zugunsten von logischen Begründungspraktiken oder von empirischen Beweisfetischismen
Ist Gott daher tot? In diesem Sinne eines dramatischen Bedeutungsverlust für das Denken überhaupt: Ja.
Aber als Konzept eines übergeordneten Sinns, nach dem Menschen das individuelle und disparate Sein als diesem hingeordnet betrachten können, hat er überlebt.
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Alle lächeln in derselben Sprache.
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Da hann isch wat vöör üch.epitox hat geschrieben : ↑So 7. Jan 2018, 17:34Der Satz >Gott ist tot> sollte ja mal erst verstanden werden. Von was redet Nietzsche hier denn? Meint er etwa, dass was ich oben geschrieben habe? Soll also - nach Nietzsche - das falsche Vorverständnis von >Gott< sterben, um einem richtigen Verständnis den Weg zu öffnen? Das wäre gut und dringend nötig!
„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)
Aber spätestens hier sollte einem klar werden wie stark ein solcher - rein philosophischer Gottesbegriff - das christliche Gottesbild verfehlt und unterschreitet:
- Der philosophische Gott ist wesentlich nur selbstbezogen, rein sich selbst beschauendes Denken
- Der philosophische Gott ist reines Denken; ihm liegt die Vorstellung zugrunde: Denken und nur Denken ist göttlich.
epitox
Du meinst also damit, dass der religiöse (hier also christliche) Gott (schon als Begriffsverständnis) auch so etwas wie Gefühle impliziert? Und beides zusammen (?) dann eine Art Gewissheit schafft, über die wir nicht hinausgehen können?
- Jörn Budesheim
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Ich verstehe mich als Atheist. Aber wenn ich lese, dass gar nicht klar ist, was "Gott" eigentlich heißt ... wie weiß ich denn dann, ob ich wirklich Atheist bin?
Das ist eine schwierige Frage!Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 8. Jan 2018, 08:27Ich verstehe mich als Atheist. Aber wenn ich lese, dass gar nicht klar ist, was "Gott" eigentlich heißt ... wie weiß ich denn dann, ob ich wirklich Atheist bin?
Menschen erklären sich üblicherweise zu Atheisten, weil sie ihre Gottesvorstellung ablehnen. Aber das macht sie nicht automatisch zu Atheisten, denn möglicherweise sind ihre Vorstellungen von Gott eben so abstoßend, falsch, naiv oder durchgeknallt, dass man sie guten Gewissens auch nur ablehnen kann. Aber das Feld Atheismus ist weit und der Begriff selbst unscharf. Es bedürfte eines eigenen threads, um in diesem Thema mehr Tiefgang hineinzubringen...
epitox
Meinst du dass der christliche Gott allein ein religiöser ist? Wir haben ihn doch bisher nur als Gott der Philosophen kennengelernt! Jetzt mutiert er plötzlich zum religiösen Gott? (Frage ist ein bisschen tricky, ich weiß...)
Aber ich komme später darauf zurück!
epitox
Vielleicht glaubst Du ja an Gott ohne es zu wissen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 8. Jan 2018, 08:27Ich verstehe mich als Atheist. Aber wenn ich lese, dass gar nicht klar ist, was "Gott" eigentlich heißt ... wie weiß ich denn dann, ob ich wirklich Atheist bin?
Hm.. sowas in der Art wollte ich eigentlich gern vermeiden. Denn der Ansatz hier im Thread würde schon in etwa so lauten. Es sollte erst mal erkannt werden, dass der Satz auf vielerlei Weise verstanden werden kann.
- Jörn Budesheim
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Ja, vielleicht ist "Gott" eine Chiffre für das Staunen, dass es überhaupt etwas gibt, was sicher nicht nur mich ab und zu überfällt.
Ja das Staunen ist sicherlich ein Thema, was in Richtung Religion/Spiritualität zu diffundieren scheint. Ich höre gerade mal wiederJörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 8. Jan 2018, 19:14Ja, vielleicht ist "Gott" eine Chiffre für das Staunen, dass es überhaupt etwas gibt, was sicher nicht nur mich ab und zu überfällt.
und bin jedes mal überwältigt, dass es scheinbar doch ganz andere Welten gibt.. sie werden einem nur so selten gezeigt.
Ein paar Wortansätze, die mir eine mögliche Mitte im Verstehen zu offerieren scheinen.. sagt man nicht auch am Anfang war das Wort?
Mögest du auf Gottes Wegen wandeln. <-> Lebe mit und nicht gegen die Natur.
Gott sei mit Dir, er wird dich vor allem Bösen beschützen. <-> Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. (oder auch: Hör auf dein Herz, es wird dir den rechten Weg zeigen.)
Das weiß nur Gott allein. <-> Die Welt ist zu komplex, als dass wir sagen könnten, was morgen passieren wird.
Mögest du auf Gottes Wegen wandeln. <-> Lebe mit und nicht gegen die Natur.
Gott sei mit Dir, er wird dich vor allem Bösen beschützen. <-> Edel sei der Mensch, hilfreich und gut. (oder auch: Hör auf dein Herz, es wird dir den rechten Weg zeigen.)
Das weiß nur Gott allein. <-> Die Welt ist zu komplex, als dass wir sagen könnten, was morgen passieren wird.
Ich staune über die Entwicklung all dessen, was es gibt. Dass Wasserstoff mal philosophiert und sich auf virtueller Grundlage mit anderen und irgendwie natürlich sich selbst austauscht ...Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 8. Jan 2018, 19:14Ja, vielleicht ist "Gott" eine Chiffre für das Staunen, dass es überhaupt etwas gibt, was sicher nicht nur mich ab und zu überfällt.
„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)
Nun ja, diese "ganz anderen Welten" werden den Christen immerfort gezeigt!
Genauer gesagt sind das aber nicht explizit andere Welten, sondern Zugänge zu ein und derselben Welt, aber vermittelt durch eine neue Perspektive eben auf diese eine Welt. Sie erschließt sich aber voll nur den Glaubenden. Aus dieser Perspektive des Glaubens finden wir eine neue Verbindung zur Natur (oder der geschaffenen Welt) und zu unseren Mitmenschen und damit zu Gott. Sie stellt die anderen Zugänge zur Welt (z.b. durch die Naturwissenschaften) nicht in Abrede, aber relativiert sie, ordnet sie anders und verbindet sie neu mit uns. Mit anderen Worten: sie bewegt uns, sie ist schöpferisch und sie bewirkt etwas in uns. All das vermag sie allein aus sich heraus. Umschrieben wird diese machtvolle Perspektive mit Begriffen wie "Wort", "Kraft", schöpferisches Wort". Wenn sie etwas in uns bewegt, dann sagt man sie bewegt unser "Herz" (hebräische Ausdrucksweise). D.h. sie berührt uns im Mittelpunkt unserer Existenz. Die alten Griechen sprechen da lieber von dem "göttlichen logos", der unser Denken lenkt und es auf Gott ausrichtet, denn bei ihnen ist unser existentieller Mittelpunkt eher im Denken angesiedelt.
epitox
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob wir wirklich von der selben Sache sprechen. Ruft man das Video von dem Konzert (m.E. eines der wenigen, die tatsächlich Gefühlswelten erzeugen, die man nicht mehr beschreiben kann) direkt bei youtube auf, findet man gleich oben einen Kommentarepitox hat geschrieben : ↑Di 9. Jan 2018, 22:47Nun ja, diese "ganz anderen Welten" werden den Christen immerfort gezeigt!
Genauer gesagt sind das aber nicht explizit andere Welten, sondern Zugänge zu ein und derselben Welt, aber vermittelt durch eine neue Perspektive eben auf diese eine Welt. Sie erschließt sich aber voll nur den Glaubenden. Aus dieser Perspektive des Glaubens finden wir eine neue Verbindung zur Natur (oder der geschaffenen Welt) und zu unseren Mitmenschen und damit zu Gott. Sie stellt die anderen Zugänge zur Welt (z.b. durch die Naturwissenschaften) nicht in Abrede, aber relativiert sie, ordnet sie anders und verbindet sie neu mit uns. Mit anderen Worten: sie bewegt uns, sie ist schöpferisch und sie bewirkt etwas in uns. All das vermag sie allein aus sich heraus. Umschrieben wird diese machtvolle Perspektive mit Begriffen wie "Wort", "Kraft", schöpferisches Wort". Wenn sie etwas in uns bewegt, dann sagt man sie bewegt unser "Herz" (hebräische Ausdrucksweise). D.h. sie berührt uns im Mittelpunkt unserer Existenz. Die alten Griechen sprechen da lieber von dem "göttlichen logos", der unser Denken lenkt und es auf Gott ausrichtet, denn bei ihnen ist unser existentieller Mittelpunkt eher im Denken angesiedelt.
epitox
Einmal in eine solche Welt entrissen, kommt der Gedanke, man müsse etwas in seinem Leben ändern. Ohne dass man selbst eine Antwort darauf hätte, was daran und wie man es ändern müsste. Es versetzt doch gerade deswegen ins Staunen, dass man es nicht mit Bisherigem in Verbindung zu setzen vermag oder vielleicht auch gerade in diesem Moment weiß, wenn man es in Verbindung setzt.. diese andere Welt aufhört zu existieren.Antonio vor 2 Jahren
WOW! They really know how to put you in a completely different universe.
Ich glaube, dass sowohl Wissenschaft als auch Religion dieses Bestaunenswerte durch die jeweils eigene "argumentative Einverleibung" kaputt macht. Ich sehe also solche Welten oder generell das Bestaunenswerte als Medium, welches uns klar machen könnte, dass da noch viel mehr ist als wir glauben und wissen.