Gott ist nicht tot

Glaube und Wissen, Wesen und Formen von Religionen, ihre Bedeutung für das menschliche Leben, Grundfiguren religiösen Denkens u.ä. - Darauf wirft die Religionsphilosophie ihren Blick.
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Friederike
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Di 23. Jan 2018, 19:05

Ahja, Danke, @Alethos. Ich muß mir die Passagen aber nochmal gründlich durchlesen, weil mein erster Leseeindruck ist, daß Ihr @epitox und Du, einander mißversteht bzw. aneinander vorbeisprecht.




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Alethos
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Di 23. Jan 2018, 19:39

Das kann gut sein, vielleicht kannst du ja etwas Ordnung reinbringen?



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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epitox
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Di 23. Jan 2018, 21:26

Friederike hat geschrieben :
Di 23. Jan 2018, 19:05
Ahja, Danke, @Alethos. Ich muß mir die Passagen aber nochmal gründlich durchlesen, weil mein erster Leseeindruck ist, daß Ihr @epitox und Du, einander mißversteht bzw. aneinander vorbeisprecht.
Ja, du hast recht! Ich habe Teil 2 vergessen... :oops:
( in Kurzform)

NIETZSCHE

Nietzsche geht über Kant und Feuerbach hinaus (siehe auch Teil 1)
  • Die Anthropologie stellt das Ende der Gottesfrage dar (Feuerbach)
    Religion ist Prtodukt der Selbstentfremdung des Menschen - die Ressentiments der im Leben zu kurz gekommenen (Abwandlung der Projektionshypothese)
    Die Atheisten sind die Täter - sie sind allerdings die intellektuell zu kurz gekommenen, weil sie die Konsequenzen ihres Handelns weder überblicken noch verstanden haben.
Was ist der Gott?
  • Der christliche Gott ist (war) derjenige, der den Menschen von sich selbst abgehalten hat. Oder anders ausgedrückt:
    Der Mensch hat sich durch die Gottesrede von sich selbst entfremdet.
    Gott ist der Fluch aufs Leben - Gott als das lebensverachtende Prinzip schlechthin.
Konsequenzen: nach dem "Tod" Gottes:
  • der Mensch ist auf sich selbst zurückgeworfen.
    der Mensch ist zu allem fähig, aber er kann für nichts garantieren.
    die Konsequenz des Atheismus ist das Nichts (das was die Atheisten leider nicht begreifen - Nihilismus als die Nichtfestlegbarkeit des Menschen)
    Der Standort des Menschen wird dadurch fraglich
    Wir sind die Konsequenz unserer Herkunft
Den Menschen gibt es eigentlich nicht. Der Mensch ist die Projektion seiner eigenen Herkunft. Der Mensch selber ist eine Illusion - er ist nur ein gemachter! Der Mensch ist ein Gewordenes und immer wieder veränderbares Konstrukt.(das ICH ist eine funktionale Illusion - eine bloße Selbstkonstruktion)

Die Behauptung der Mensch sei ein vernunftbegabtes Wesen ist bloß eine regulative Idee (Kant) - also eine Spinnerei!

Der Mensch kann sich selber machen - er ist das Produkt seiner selbst (der Übermensch - eine variable Größe, nur Biomasse)

Theologische Würdigung:
  • Aus dem Geschöpf Mensch ist ein Selber-Macher geworden, der sein Menschsein selbst in die Hand nimmt.
    Aus dem Geschöpf wird ein Schöpfer mit seinen Allmachtsphantasien.
    Die Stelle Gottes ist nun endgültig frei geworden für den Übermenschen - den Selbstgemachten.
epitox




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epitox
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Alethos hat geschrieben :
Di 23. Jan 2018, 13:04
epitox hat geschrieben :
Mo 22. Jan 2018, 22:28
Alethos hat geschrieben :
Mo 22. Jan 2018, 21:52
Nietzsche hat doch keine Menschen getötet, wie kommst du auf so etwas?
Natürlich hat er keinen Menschen getötet! Er hat uns den Menschen getötet. Den Menschen, von dem das Christentum spricht: als dem Geschöpf Gottes und Abbild des Höchsten.
Wäre jedenfalls interessant zu erfahren, aufgrund welcher Textstellen du zu dieser Interpretation kommst.

Wenn Gott als Schöpfer von allem wegfällt, dann natürlich auch seine Geschöpfe. Das muss ja kein fatales Ereignis für den Menschen bedeuten.
Ich denke jetzt wird es klar was ich oben gemeint habe. "Den Menschen" gibt es bei Nietzsche nun nicht mehr. Es kann ihn gar nicht mehr geben. Er ist sowohl gleichzeitig Nichts, als auch irgendetwas Gemachtes -- selbst-gemachtes. Wenn Gott nun endlich fortgeschafft - ermordet - ist, dann fällt auch dieses lebensbehindernde Prinzip, "das Gott genannt wird, endgültig weg. Es gibt daher weder einen Schöpfer noch ein Geschöpf und der Mensch ist nun reine Natur -- als Spielball und Knetmasse in seinen eigenen Händen.

epitox




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Jörn Budesheim
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Mo 29. Jan 2018, 06:16





herbert clemens
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Di 27. Mär 2018, 15:51

Ich bin erst nach dem Ende (?) auf die Religionsphillosophie aufmerksam geworden. Anscheinend hat das Video eine Schlusspunkt gesetzt. Warum? Waren die Argumentationen von Holm Tetens für alle so überzeugend wie für mich? (Epitox hat auch einiges für mich Sinn machende in dieser Richtung gesagt.) Gott ist „natürlich“ nicht beweisbar. Aber eine sinnvolle Welt anzunehmen, scheint mir plausibel. In meinen Worten: Es gibt eine geistige Dimension in der Wirklichkeit, die gleichzeitig Basis für die kosmische Ordnung wie für die menschliche Freiheit ist. Oder schlichter: Die Rahmenanahme „Gott“ ist plausibel.
Wie kann ich ihn erfahren?




Tosa Inu
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Di 27. Mär 2018, 16:14

herbert clemens hat geschrieben :
Di 27. Mär 2018, 15:51
Die Rahmenanahme „Gott“ ist plausibel.
Sinnvoll könnte eine Welt auch ohne Gott sein, ich kann mir das zumindest vorstellen.
herbert clemens hat geschrieben :
Di 27. Mär 2018, 15:51
Wie kann ich ihn erfahren?
Vielleicht durch Offenbarungen? Vielleicht durch Meditation?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Di 27. Mär 2018, 16:23

Vielleicht ist die Idee "Gott" nichts anderes, als die Unfähigkeit, Wunder auszuhalten, weil man sogar dafür noch eine Erklärung möchte.




herbert clemens
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Do 29. Mär 2018, 09:39

Durch „Gott“ wird meine Fähigkeit verstärkt, Wunder zu erkennen, die ich sonst vielleicht nicht so wahrnehmen würde: das wunderbare sinnvolle Wirken der Naturgesetze, die Schönheiten der lebendigen Natur,..., aber auch das Wunder des sich in der Evolution entwickelnde menschliche Bewusstsein, mit der individuellen Freiheit, sich der Natur gegenüber zu stellen. Eine philosophische Deutung im Sinne von Holm Tetens ist mir deshalb plausibler als agnostische und atheistische Deutungen. Natürlich kann ich mir vorstellen, dass eine Welt ohne Gott auch sinnvoll ist. Mir erscheint die andere Annahme erst einmal plausibler. Und in der Freiheit des modernen Menschen entlassen, allein gelassen (?), stehe ich vor dem Problem, wie erfahre ich Gott.
Ich habe es schwer mit Meditationen.
Schon: Ein meditativer Gang durch die Natur kann mich froh stimmen.
Schon: Als Offenbarungen bezeichne ich die ins Bild gebrachten Meditationen früherer Weisheitslehrer, ob Bibel, Koran, oder … . Sie können mich bereichern, wenn ich sie lebendig verinnerliche.
Im Alltag bleibe ich trotzdem oft ratlos.




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Friederike
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Do 29. Mär 2018, 10:53

Das Video habe ich bisher nicht gesehen und gehört. Generell fällt mir zu Euren Überlegungen ein, daß der Zugang zu einem transzendenten Bereich wohl leichter ist, wenn man anstelle von "Gott" "Geist" einsetzt. E i n Geist, der die Welt und die Menschen durchdringt ("durchdringen" müßte noch expliziert werden). Die Gottesannahme beinhaltet die Personalität Gottes ... hm, das ist vielleicht zu christlich gedacht? Alle monotheistischen Religionen jedenfalls denken Gott als Person, was die leidige Existenzproblematik aufwirft. Es gibt allerdings ein spiritualisiertes Christentum, das natürlich auch nicht von der Vorstellung des persönlichen Gottes absieht, das aber zugleich ganz stark auf die Trinität ausgerichtet ist. Die Wirkungskraft des (Hl) Geistes tritt hier also in den Vordergrund. Affinitäten zu philosophischen Verständnis- und Betrachtungsweisen liegen nahe oder zumindest näher.




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Friederike
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Do 29. Mär 2018, 15:32

herbert clemens hat geschrieben :
Do 29. Mär 2018, 09:39
Durch „Gott“ wird meine Fähigkeit verstärkt, Wunder zu erkennen, die ich sonst vielleicht nicht so wahrnehmen würde: das wunderbare sinnvolle Wirken der Naturgesetze, die Schönheiten der lebendigen Natur,..., aber auch das Wunder des sich in der Evolution entwickelnde menschliche Bewusstsein, mit der individuellen Freiheit, sich der Natur gegenüber zu stellen.
Zuerst einmal stimme ich Dir (oder/und Tetens?) zu, gleich im Anschluß daran möchte ich widersprechen bzw. einhaken, weil mir die Reihenfolge verkehrt vorkommt. Für mich hört es sich an, als sei die Voraussetzung für die Wahrnehmung des Wunderbaren in der Weltordnung, an Gott zu glauben. Da wüßte ich allerdings nicht, wie das gehen soll. Entweder man glaubt oder man tut es nicht. Oder ist es nicht so? Ich kann mir nicht vorstellen, daß man über die Erfahrungen des Schönen zum Gottesglauben kommt. Hm, das ist vielleicht nicht klar genug formuliert. Also, daß die Erfahrung des Schönen und des Wunderbaren ursächlich dafür sind, daß man an Gott glaubt. Als einen Weg dorthin oder als einen Teil des Weges dorthin kann ich es mir schon vorstellen. Aber auch nur so.

Falls ich mit meinen Einlassungen daneben bin, weil mir der Hintergrund des Tetens-Videos fehlt, dann sagt es mir bitte ganz direkt.




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Jörn Budesheim
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Do 29. Mär 2018, 15:45

Dass Gott dafür herhalten soll, das Unerklärliche zu erklären, ist auf meinem Mist gewachsen, dafür kann man niemandem aus dem Video haftbar machen :-)




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Jörn Budesheim
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Fr 30. Mär 2018, 06:20

Ich habe mir mal eine Leseprobe aus dem Reclam Buch von Tetens besorgt. Dort erläutert er 5 Grundsätze der rationalen Theologie, so wie er sie versteht. Ich gebe sie in meinen eigenen Worten und hoffentlich richtig wieder.
  1. die Erfahrungswelt ist im Großen und Ganzen, davon geht er aus, so wie die Naturwissenschaften sie beschreiben und erklären. Rationale Theologie, so wie er sie versteht, steht nicht im Widerspruch zu den anerkannten Ergebnissen der Wissenschaften.
  2. Punkt 2 ergibt sich meines Erachtens direkt aus Punkt 1. Tetens geht nicht davon aus, dass Gott Wunder in einem traditionellen Sinne bewirkt und sich durch diese Wunder in der Welt offenbart.
  3. Die fundamentalen Prinzipien des vernünftigen Denkens dürfen nicht außer Kraft gesetzt werden, Widersprüche z.b. sind zu verwerfen.
  4. Gott soll nicht einfach als eine logische Möglichkeit erwiesen werden. An das was logisch möglich ist zu glauben ist viel zu oft abstrus.
  5. Es gibt keine gültigen Gottesbeweise. Und wenn ich richtig verstanden habe, kann es sie auch nicht geben.
Sein Vorgehen nennt er dialektisch. Damit ist gemeint, dass die Probleme des Naturalismus für ihn Hinweise auf die Stärken seiner eigenen Position sind: "Der Vergleich mit dem Naturalismus ist entscheidend, ist doch der Naturalismus heutzutage der gewichtigste Widersacher eines Gottesglaubens. Deshalb tut man gut daran, Argumente zugunsten des Theismus wesentlich dialektisch anzulegen: Schwierigkeiten des Naturalismus sind in Stärken des Theismus umzumünzen." (Tetens)

In dem Video hat seinen Gesprächspartner Hübl die Schwächen des Naturalismus eingeräumt, jedoch bestritten dass diese sich im Stärken des Theismus ummünzen lassen. Die Antwort von Tetens auf diesen gewichtige Einwand ist mir nicht klar geworden und ich weiß natürlich auch nicht, wie er in seinem Buch darauf antwortet.




herbert clemens
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Sa 31. Mär 2018, 13:53

Danke für die schriftliche Zusammenfassung. Mir ist auch zu zeitraubend und umständlich, das Video auf ein passendes Zitat von Tetens hin zu untersuchen. Ich versuche deshalb in wenigen Worten mir (und euch) deutlich zu machen, dass das Reden von Gott eine Option ist, die mir plausibler als andere Optionen erscheint. Mit Friederike stimme ich überein, dass „ E i n Geist, der die Welt und die Menschen durchdringt“ eine sinnvolle Ausgangsbetrachtung ist. (Und habe weiter oben davon geredet, dass für mich eine geistige Dimension in der Wirklichkeit plausibel ist, ich würde sogar sagen evident ist.) Freiheit ist für mich eine offensichtliche Realität menschlichen Lebens. Ohne sie scheint mir alles Reden vom Menschen sinnlos zu sein. (Natürlich wird diese Kategorie im ausgefalteten Sinn im Alltagshandeln oft verfehlt, dennoch ist sie den Menschen konstituierend.) Naturgesetze kennen keine Freiheit. Freiheit ist die göttlich-geistige Dimension der Wirklichkeit, wenn sie im Menschen sich selbst-bewusst wird.
Paradoxerweise weist die Freiheit auf eine göttlich-geistige Dimension hin. Zugleich ist sie Basis für die Ferne einer unmittelbaren Erfahrung geistiger Dimensionen der Wirklichkeit.
Mit deinen Überlegungen zu Wunder, Friederike, stimme ich überein. Ich habe ja nicht von Voraussetzung geschrieben, sondern davon, dass„ meine Fähigkeit verstärkt(wird), Wunder zu erkennen“.
Ein Vormittag mit meinem Enkel. Strahlend geht er auf mich und die Welt zu. Im Erleben seiner Lebensfreude und meiner Liebe zu ihm wird mein Herz weit. Göttlich. Ausgangspunkt seiner Handlungen sind seine situativen Bedürfnisse. Auf seine individuelle Art geht er auf die Welt zu. Er ist auf Freiheit hin angelegt. Zugleich ist sein Handeln Selbst- wie Weltliebe ungeschieden. Ethik/Moral sind ihm fremd. Der selbstbewusste Erwachsene kann in Freiheit sich nach Normen richten, in sich die Liebe als Traggrund lebendig machen. Beim Kind ist sie einfach da. ….




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Jörn Budesheim
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Sa 31. Mär 2018, 13:58

Hier ergibt sich das Problem, das auch Hübl moniert: Daraus, dass wir zugestehen, dass es Geist gibt, folgt einfach nichts für die Hypothese, dass es Gott gibt.




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Friederike
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Sa 31. Mär 2018, 15:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 31. Mär 2018, 13:58
Hier ergibt sich das Problem, das auch Hübl moniert: Daraus, dass wir zugestehen, dass es Geist gibt, folgt einfach nichts für die Hypothese, dass es Gott gibt.
Vermutlich steht dieser Einwand von Hübl in unmittelbarem Zusammenhang mit folgendem Sachverhalt:
M/S hat geschrieben : Tetens konzentriert sich auf die Gegenüberstellung von Naturalismus und Theismus. Was aber ist mit dem atheistischen Anti-Naturalismus?

Quelle: Tetens, Holm, "Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie", 4. Aufl. Stuttgart 2015. Rezensiert von Daniel Minkin und Björn Sydow (Philipps-Universität Marburg), in: Zeitschrift für philosophische Literatur, Bd. 5, 2017/2.

Die Rezension ist zwar auch nur ein behelfsmäßiger Ersatz fürs Original. Sie folgt allerdings sehr detailliert Tetens Argumentationsschritten und setzt sich mit der Plausibilität seiner jeweiligen Begründungen auseinander. Der obige Punkt scheint, sofern ich es richtig verstehe, zu einer der entscheidenden Schwachstellen in Tetens Ansatz zu gehören.

Allerdings könnte es auch sein, daß das Zitat, in dem Du wohl eher meine oder/und Herbert's Äußerungen aufgreifst, eine unzulässige Verkürzung von Tetens darstellt (meinerseits eine Verkürzung).




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Jörn Budesheim
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Sa 31. Mär 2018, 16:21

Friederike hat geschrieben :
Sa 31. Mär 2018, 15:43
Quelle: Tetens, Holm, "Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie", 4. Aufl. Stuttgart 2015. Rezensiert von Daniel Minkin und Björn Sydow (Philipps-Universität Marburg), in: Zeitschrift für philosophische Literatur, Bd. 5, 2017/2.
Gutes Fundstück, ich hoffe ich komme über Ostern dazu, es zu lesen!




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Jörn Budesheim
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Di 3. Apr 2018, 10:14

Hier für herbert clemens die kompletten Quellenangaben >

Kritik Holm Tetens: "Gott denken. Ein Versuch über rationale Theologie", Philipp Reclam jun. Verlag, Ditzingen 2015, 96 Seiten, 5 Euro

https://www.zfphl.de/index.php/zfphl/ar ... ew/148/264




herbert clemens
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Mi 4. Apr 2018, 11:42

Im Folgenden gehe ich unsystematisch auf Gedanken der Rezension ein (Danke Jörn)
Zur Vorbemerkung: Wenn ich die Alternative hätte: „Wir Menschen sind Geschöpfe des gerechten und gnädigen Gottes, der vorbehaltlos unser Heil will“ oder „Wir Menschen sind nichts anderes als ein Stück hochkompliziert organisierter Materie in einer rein materiellen Welt“, würde ich auf jeden Fall der ersten These als plausibler zustimmen. Auf jeden Fall scheint mir eine geistige Dimension der Wirklichkeit wahrscheinlicher als die naturalistische Position.
Zu 1.: Zwar gibt es gegen die kritische Behauptung der Rezension „Eine Naturalistin kann zum Beispiel einen eliminativistischen Standpunkt einnehmen und die Ich-Perspektive für verzichtbar erklären.“ bei Tetens keine Argumentation. (Ich glaube den Rezensenten.) Dennoch ist der e. Standpunkt nicht so plausibel.
Zu 2.: Mit dem atheistischen Anti-Naturalismus in „Thomas Nagels Buch Mind & Cosmos, in dem für diese Position argumentiert wird,“ sollte ich mich auseinandersetzen. Zur Zeit sehe ich dafür keine Zeit. Ob jemand eine Kurzfassung bereit ist, zu verfassen? (Ich erinnere mich, dass er in einem schmalen neueren Büchlein (Titel entfallen) sich offen für eine göttliche Möglichkeit in der Welt zeigt.)
Zu 3.: „Mit dem kosmologischen Argument löst Tetens den Anspruch ein, den Theismus dialektisch als Überwindung der Schwächen des Naturalismus deutlich werden zu lassen. … Es schließt nicht ein, dass endliche Vernunftsubjekte sich nur von Gott her denken können.“ Das ist richtig, Tetens hält ja zurecht einen Gottesbeweis nicht für möglich. Der „Glaube“ erweist sich aus kosmologischer Perspektive nur als rational und als wenigstens so plausibel wie andere Standpunkte.

So weit für heute.




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Friederike
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Fr 6. Apr 2018, 10:35

herbert clemens hat geschrieben :
Mi 4. Apr 2018, 11:42
Der „Glaube“ erweist sich aus kosmologischer Perspektive nur als rational und als wenigstens so plausibel wie andere Standpunkte.
Wenn Tetens den Beweis seiner These lückenlos und fehlerfrei führen könnte, dann wäre dies wohl ein Meilenstein in der langen Streitgeschichte zwischen der Philosophie und der Theologie, oder ist das zu dramatisch ausgedrückt? Abgesehen davon, daß Tetens dies, folge ich der kritischen Rezension, offenbar nicht gelingt, weil er den entscheidenden Schritt zwischen Geist und Gott außer Acht läßt (d.h. die auch von Dir aufgegriffene Position des atheistischen Anti-Naturalismus), dann wäre es eine Aufgabe für die Zukunft, "nur" noch die letzte Begründungslücke zu schließen. Was mich an dieser Stelle lediglich interessiert, ob ich die Tragweite von Tetens' Versuch richtig einschätze? Dazu hätte ich gerne Eure Antwort.




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