Davon, die Perspektive eines anderen Menschen auf mich zu übernehmen, habe ich nichts gesagt. Die Perspektive eines anderen Menschen -auf mich- versuchen einzunehmen, das habe ich gesagt. Und von "jedes Mal" war auch nicht die Rede.Stefanie hat geschrieben : ↑Do 25. Apr 2019, 19:03Um das geht es doch:Das ist doch Vernunft. Die goldene Regel anwenden, und den anderen verstehen zu wollen, zu wissen, wie seine Situation ist und dementsprechend reagieren. Was auch mal schief geht.Wenn Du Dein eigenes Verhalten reflektierst, dann meinst Du damit doch, daß Du eine Verhaltensweise z.B. in einer bestimmten Situation be-denkst? Das heißt, zum Zeitpunkt X denkst Du über ein Verhalten zu einem früheren Zeitpunkt Y nach. Möglicherweise bewertest Du Dein Verhalten auch. "Das war unklug" oder "das war richtig".
Aber die Perspektive eines anderen auf mich zu übernehmen, nein. Wenn ich das jedes mal machen würde, mir die Perspektiven von Menschen, die eine völlig andere Lebenswirklichkeit haben als ich, die Entscheidungen treffen, die ich nie treffen würde usw. auf mich zu übernehmen, dann würde ich kirre. Nicht mehr ich wäre ich dann.
Und das "Distanz zu sich selbst", bleibt mir ein Rätsel.
Trotzdem, irgendwie bewegt mich Deine renitente (das Wort fiel mir zuerst ein, als ich Deinen Beitrag las) Beharrlichkeit auf einmal dazu, Deinen Einwänden nicht nur meine Auffassung entgegenzusetzen, sondern Deine Einwände für beachtens-wert zu halten.
Im Grunde wirfst Du ja die ganze Problematik der Subjektphilosophie auf (Selbstbewußtsein, innere Vorstellung, Bewußtsein, Ich, Selbst), d.h. die Zersplitterung der Person in Instanzen, wo man eigentlich ganz einfach sagen könnte, ich denke einen Gedanken und dann denke ich einen weiteren Gedanken über den eben gedachten Gedanken usw.usf., oder ich denke über ein Verhalten von mir nach, oder ich bedenke die Situation eines anderen Menschen. Das heißt, genaugenommen bin immer ich es, die denkt. Die Perspektive eines anderen Menschen einzunehmen, das geht bei Lichte besehen überhaupt nicht, weil ich niemals mit den Augen des Anderen werde sehen können. Wenn ich also sage, ich versuche die Perspektive eines anderen Menschen auf mich einzunehmen, dann bedeutet das "lediglich", daß ich anders auf mich sehe. Wobei "sehen" in diesem Fall, genauso wie "reflektieren", auch zu dem Instanzen-Konzept vom Menschen gehört.
Ich muß dazu nochmal bei Tugendhat nachlesen. Mir ist so, als stünde diese ganze Redeweise von "Distanznahme", Unterscheidung in Selbst und Ich (@Herbert) bei ihm in heftigster Kritik.