Wachsende AfD kann die Demokratie abschaffen

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Jörn Budesheim
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Sa 11. Nov 2023, 06:57

Mir sagt der Name gar nichts.




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Stefanie
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Sa 11. Nov 2023, 07:46

Mir auch nicht. Selbst als ich nachgelesen hatte, machte es nicht klick. Talkshows gucke ich nicht oder höre ich nicht und die Spiegelbestsellerliste nehme ich nur am Rande war. Vielleicht ist sie mir deshalb " durchgegangen".



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Jörn Budesheim
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Sa 11. Nov 2023, 10:41

BpB hat geschrieben : 1933 leben ca. 500.000 Juden im Deutschen Reich = 0,77% der Gesamtbevölkerung




Burkart
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Sa 11. Nov 2023, 11:07

1+1=3 hat geschrieben :
Do 9. Nov 2023, 21:41
Burkart hat geschrieben :
Do 9. Nov 2023, 18:48
... um Menschen- bzw. Bürgerrechte der hier lebenden Menschen ...
Es geht also um Menschen erster und zweiter Garnitur ...?
Nein.
Es geht um u.a. um unsere Werte, so wie es überall auf der Welt Werte gibt, wobei keine von sich aus schlechter oder besser seien (also nichts von wegen "erster und zweiter Garnitur").
Aber Werte können sich widersprechen, also in Konkurrenz zueinander stehen bzw. treten. Insofern wäre es nur fair, wenn jeder seine beibehalten dürfte und die Werte nicht von anderen unerwünscht verändert würden.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

1+1=3
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Sa 11. Nov 2023, 12:19

Burkart hat geschrieben :
Sa 11. Nov 2023, 11:07
1+1=3 hat geschrieben :
Do 9. Nov 2023, 21:41
Burkart hat geschrieben :
Do 9. Nov 2023, 18:48
... um Menschen- bzw. Bürgerrechte der hier lebenden Menschen ...
Es geht also um Menschen erster und zweiter Garnitur ...?
Nein.
Es geht um u.a. um unsere Werte, so wie es überall auf der Welt Werte gibt, wobei keine von sich aus schlechter oder besser seien (also nichts von wegen "erster und zweiter Garnitur").
Aber Werte können sich widersprechen, also in Konkurrenz zueinander stehen bzw. treten. Insofern wäre es nur fair, wenn jeder seine beibehalten dürfte und die Werte nicht von anderen unerwünscht verändert würden.
Das mit den Werten ist klar. Ich würde auch kein "Mittelalter" mit "Ehrenmorden" tolerieren wollen. Und keinerlei "Parallel-Gesetze" wie z.B. im Falle der Scharia. Etc. Bei mir war der Satz mit den "hier lebenden Menschen" anders angekommen. Als eine Art "Gegeneinanderausspielen von wir und die". Und so etwas kann ich nicht verknusen.




Timberlake
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Sa 11. Nov 2023, 21:32

Nauplios hat geschrieben :
Fr 10. Nov 2023, 21:08
Maja Göpel im Gespräch mit Peter Sloterdijk
  • "Göpels Credo: "Nachhaltige Zukünfte entstehen durch gemeinschaftliche Lernprozesse, verbindliche Regeln und vertrauensvolle Zusammenarbeit. […] Gerade in Transformationszeiten wie heute helfen der Blick für das Wesentliche und mutige Menschlichkeit. Die haben wir alle in uns."
Dazu nur mal .. "nochmal" ... zum Vergleich ...
Wikipedia hat geschrieben :
Du mußt dein Leben ändern ( Peter Sloterdijk)

In seinem bei Suhrkamp veröffentlichten Essay „Du mußt dein Leben ändern“ entwickelt Sloterdijk ein anthropologisches Modell des Menschen als Übender. Unter Übung versteht Sloterdijk „jede Operation, durch welche die Qualifikation des Handelnden zur nächsten Ausführung der gleichen Operation erhalten oder verbessert wird, sei sie als Übung deklariert oder nicht.“ Die „immunitäre Verfassung des Menschenwesens“ meint, dass der Mensch bestrebt ist, sich zu perfektionieren, und zwar biologisch, sozio-kulturell (juristisch, militärisch, politisch) und symbolisch (Religion, Kunst). Das Werk ist auch ein weiteres Plädoyer für diese anerkannte stete Arbeit des Menschen an sich selbst – zur Verbesserung des Individuums wie der Welt

Wenn Sloterdijk ein anthropologisches Modell des Menschen als Übender entwickelt hat , dann doch wohl auch auf Grundlage . so Göpel .. gemeinschaftlicher Lernprozesse. Womit sich zumindest für mich , um auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen , die Frage stellt , warum dennoch eine wachsende AfD die Demokratie abschaffen kann. Offenbar scheint es mit der „immunitären Verfassung des Menschenwesens“ in Folge dieser Übungen bzw. infolge dieser gemeinschaftlichen Lernprozesse nicht zum Besten bestellt zu sein.

Übrigens schon Kant wusste sich zu von diesen , von unserer Gattung so eingebildeten Vorzügen , kein Begriff zu machen ..

  • "Da die Menschen in ihren Bestrebungen nicht bloß instinctmäßig wie Thiere und doch auch nicht wie vernünftige Weltbürger nach einem verabredeten Plane im Ganzen verfahren: so scheint auch keine planmäßige Geschichte (wie etwa von den Bienen oder den Bibern) von ihnen möglich zu sein. Man kann sich eines gewissen Unwillens nicht erwehren, wenn man ihr Thun und Lassen auf der großen Weltbühne aufgestellt sieht und bei hin und wieder anscheinender Weisheit im Einzelnen doch endlich alles im Großen aus Thorheit, kindischer Eitelkeit, oft auch aus kindischer Bosheit und Zerstörungssucht zusammengewebt findet: wobei man am Ende nicht weiß, was man sich von unserer auf ihre Vorzüge so eingebildeten Gattung für einen Begriff machen soll"
    Immanuel Kant ... Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht




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Stefanie
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So 3. Mär 2024, 20:18

Im Zusammenhang mit den Stimmengewinnen der AfD wird oft davon gesprochen, dass es sich dabei um eine große Anzahl von sog. Protestwählern handelt. Also Menschen, die mit den anderen Parteien und deren Politik nicht einverstanden sind und sich von diesen nicht ernst genommen fühlen.
Irgendwie hatte ich immer so ein leichtes Unwohlsein, wenn ich das hörte und las. Nur weil sich jemand von den anderen Parteien nicht direkt angesprochen fühlt, wählt er und sie eine antidemokratischen Partei?

Dazu Michel Friedmann in " Judenhass 7.Oktober 2023 " Berlin Verlag, 1. Auflage 2024, Seite 71/72
"Die demokratischen Parteien wissen und formulieren nach außen, dass sie sich von der AfD maximal distanzieren wollen. Sie wissen, dass die AfD programmatischrechtsextrem ist - komplett, nicht nur »in Teilen«." Und trotzdem signalisieren sie den Millionen Bürgerinnen und Bürgern, die die AfD gewählt haben: Ihr seid nicht alle rechtsextrem. Viele von euch sind Protestwähler. Diese Anbiederung hat fatale Folgen. Sie weicht die Auseinandersetzung mit den Wählerinnen und Wählern auf. Sie er-
leichtert es den demokratischen Parteien sowie den AfD)- Wählern, sich nicht allzu unwohl zu fühlen.
Unser Grundgesetz geht von mündigen Wählerinnen und Wähler aus. Jede Partei beansprucht ihre eigene Kernkompetenz, für die Wählerinnen und Wähler sie wählen. Nur bei den Anhängern der AfD verzichtet man auf dieses Kernprinzip, um zu sie von dem Vorwurf zu exkulpieren, eine rassistische Hasspartei gewählt und gewusst zu haben, was sie taten."

Und in einem Interview: https://www.augsburger-allgemeine.de/po ... 88666.html
"Vielen Parteien, auch Ihre, die CDU, packen AfD-Wähler in Watte und sagen: Die sind nicht alle rechtsextrem, das sind Protestwähler. Ist das – allerspätestens nach dem Treffen von Potsdam – überhaupt noch akzeptabel? 

Friedman: Es gibt eine Sehnsucht, sich nicht einzugestehen, dass man in Deutschland strukturell zwischen 10 und 15 Prozent der Bevölkerung hat, die antidemokratisch und im Rahmen des Antidemokratischen rassistisch sind. Der Begriff des Protestwählers hat ein, zwei Jahre gewirkt, um nichts zu tun. Das war ja das Spannende: Ein Protestwähler käme ja zurück, wenn der Grund seines Protestes, also bessere Politik, stattfinden würde. Nun zeigt sich, dass die Anzahl der "Protestwähler" dramatisch wächst. Trotzdem halte ich es für falsch, das immer nur und primär mit der schlechten Politik dieser Regierung und dieser Opposition zu begründen. Wer bei der AfD sein Kreuz macht, weiß, dass er mit seiner Stimme der Partei des Hasses und des Antidemokratischen politische Macht gibt. Allein dafür habe ich sie verantwortlich zu machen. Es ist mir völlig egal, ob sie aus Protest wählen oder nicht."

Ich finde er hat Recht.
Es sind keine Protestwähler*innen mehr.
Die Regierung geht ja noch weiter. Die neuen Regelungen bzgl. Flüchtlingen ist doch ganz klar den Stimmengewinnen der AfD geschuldet. Aber warum die Kopien wählen, wenn die AfD noch mehr schlimmeres will?



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Lucian Wing
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Mo 4. Mär 2024, 08:41

Wer sich über "Demokratie" Gedanken macht, ist mit Veith Selks Buch besser bedient als mit den subjektiven Behauptungen Friedmanns:

https://www.suhrkamp.de/buch/veith-selk ... 3518300176

Er dröselt ihren Zustand von A bis Z auf.

Der zweite Kopf wäre Philip Manow, der auch in der ZEIT vor zwei Wochen Klartext geredet hat.

https://www.merkur-zeitschrift.de/phili ... eres-volk/

Um nur mal zwei Köpfe zu nennen, die im Gegensatz zu Friedmann sach- und faktenorientiert und weniger emotionsorientiert arbeiten.



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Stefanie
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Mo 4. Mär 2024, 09:02

Mir war schon klar, dass Herr Friedman durchaus unterschiedlich ankommt. Er polarisiert eben. Hat hier auch geklappt.
Das Buch gelesen?
Ich finde die 10% bis 15 %, die in dem Interview genannt werden, noch zu niedrig angesetzt. Befürchte ich.

Michel Friedman ist aufgrund seiner Geschichte und die Geschichte seiner Familie einer der Betroffenen des Antisemitismus und damit auch Zeitzeuge.

Die AfD ist keine populistische Partei, sie ist eine antidemokratische, rassistische und antisemitische Partei. Da gibt es nichts zu verharmlosen.



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Lucian Wing
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Mo 4. Mär 2024, 09:43

Stefanie hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 09:02
Mir war schon klar, dass Herr Friedman durchaus unterschiedlich ankommt. Er polarisiert eben. Hat hier auch geklappt.
Das Buch gelesen?
Ich habe nix gegen Friedmann, im Gegenteil. Aber nicht seine persönliche Geschichte macht seine Thesen ggf. wahr, sondern die Wirklichkeit. Was er hier sagt, kenne ich aus einem großen Gespräch in der ZEIT mit ihm. Aber es ist halt subjektive Betrachtung, während die beiden genannten Herren ihre Thesen und Ausführungen schon mit Fakten füttern. Meine subjektive Wahrnehmung unterscheidet sich von der Friedmanns insofern, als ich die Rate von 10 - 15 % locker verdreifachen würde. Mindestens. Aber eine Studie dazu könnte ich wie Friedmann nicht vorlegen, ist also auch nur subjektiv.

Was die Wahrnehmung der Alternativdeutschen angeht, oder besser den Umgang mit ihnen, hat Manow das vor drei Wochen in der ZEIT sehr gut ausgedrückt:


https://www.zeit.de/2024/08/philip-mano ... ettansicht

Manow sagt, der Glaube, bei uns könne aus historischen Gründen anders als im Rest Europas eine solche Bewegung nicht entstehen, sei eine Illusion gewesen. Auf die Frage, warum das so sei, entgegnet er:
Unter anderem weil das – so mein Eindruck – wie eine selbst gewählte politische Unmündigkeit wirkt. Wir haben eine Behörde, die für uns die Verfassung schützt. Klingt sehr, sehr deutsch und ist auch tatsächlich sehr, sehr deutsch, wenn man das vergleichend betrachtet. Die Art, wie wir unsere Verfassung durch Beobachtung und Verurteilung verteidigen, ist einmalig: ein Sonderweg als Reaktion auf den deutschen Sonderweg. Nach meinem Eindruck wirkt das eher problemverschärfend. Denn damit korrespondierend bekommen wir einen Demos, der zunehmend Angst hat, für nicht demokratisch erklärt zu werden. Das alles ist völlig toxisch.
Auf die Frage, wie er das meine, sagt Manow, dass hierzulande die politische Debatte zu sehr durch eine juristische ersetzt würde. Die AfD sei der Ausdruck des Misstrauens gegen die etablierten Parteien. Wenn man dem nun überwiegend mit juristischen Mitteln begegne, dann würde dieses Misstrauen auch die Institutionen erfassen. Damit würde dann aber wiederum die wehrhafte Demokratie Teil der Radikalisierung, die man bekämpfen möchte.

Die ständigen Debatten darüber, was nun völkisch oder noch rechts sei, meint Manow, lade geradezu ein, ständig entlang dieser Grenzen zu agieren. Es sei das Geschäftsmodell, das auch Trump so erfolgreich praktiziere.
Und ja, wir führen nur noch Debatten über das Sagbare, aber nicht über das Machbare oder das, was wir mehrheitlich wollen. Die Debatten, welche Teilorganisation der AfD nun ein Beobachtungsfall oder ein Prüffall oder ein Verdachtsfall ist, gesichert, nicht gesichert, was rechts, nationalkonservativ, völkisch, rechtsradikal, rechtsextrem ist, gleiten ehrlich gesagt zunehmend ins Absurde. Im Osten, so scheint mir, wirken die Einstufungen des Verfassungsschutzes, wenn überhaupt, nur noch in die entgegengesetzte Richtung. Dort wird er von vielen als neue Stasi wahrgenommen, und das "gesichert rechtsextrem" ist dann ein Gütesiegel. Man sollte sich doch lieber mit der Frage beschäftigen, warum radikal frei flottierende Brandstifter Erfolg haben.
Man sollte wegkommen von der Fixierung auf Irre, und Manow sagt dann, es gebe ein Zitat, das laute: Man muss sparsam mit seiner Verachtung sein in Zeiten, in der so viele sie verdienen.

Zum Schluss noch ein wenig kürzere Zitate aus dem langen Interview:
Man kann immer sagen, die Rechtspopulisten würden ja nur Parolen und keine Lösungen anbieten. Aber man könnte auch spitz erwidern: Die anderen Parteien bieten halt nur keine Lösungen. Zumindest scheint das eine Wahrnehmung vieler zu sein.

Die Vorstellung, falls eine Mehrheit etwas "Falsches" will, müsse man halt korrigierend eingreifen, vorzugsweise per Recht, führt ins Abseits. Denn Demokratie- und Rechtszerstörung gehen im Zweifelsfall Hand in Hand – das sieht man gerade in den USA. Wenn überhaupt, rettet die Demokratie den Rechtsstaat, nicht umgekehrt.
Das entspricht so ziemlich dem, was ich auch denke in der Sache. Wobei ich Manow insofern widersprechen würde, als er in seinen Abhandlungen die kulturelle Seite eigentlich völlig ausschließt. Da bin ich aber bei Didier Eribon, der in der letzten ZEIT noch einmal mit Blick auf den Rechtspopulismus (und die Geschichte seiner Familie und Frankreich) sagte, dass man eben diejenigen (gemeint sind die Wähler der RN) "ökonomisch und kulturell enteignet" hat. Da ist zumindest etwas dran.

Sagen wir so: Friedmann bedient halt die Gefühlslage, bei Selk und Manow lernt man ungeheuer viel. 2011 gab's mal einen Bestseller, der hieß "Empört Euch!" (Stéphane Hessel). Genau das ist dann passiert - allerdings völlig anders, als er sich das vorgestellt hatte. Und ob Empörung, Gegenempörung, Wiederempörung usw. eine Lösung sind, habe ich schon seinerzeit bezweifelt. Mein Bestseller hieße: "Mehr Nüchternheit wagen."



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Quk
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Mo 4. Mär 2024, 12:06

Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 09:43
Aber es ist halt subjektive Betrachtung, während die beiden genannten Herren ihre Thesen und Ausführungen schon mit Fakten füttern.
Die täglich zu vernehmenden antidemokratischen und rassistischen Äußerungen aus AfD-Kreisen sind also keine Fakten, sondern ... fiktive Hörspiele?

Du wirfst Deinen Kritikern immer nur Moralisierung oder Emotionalisierung vor. Damit versuchst Du, deren sachliche Argumente unkenntlich zu machen. Veith Selk scheint Dich mit diesen Begriffen sehr inspiriert zu haben, aber Du verwendest sie halt immer nur als rhetorischen Baseballschläger.
https://www.politikwissenschaft.tu-darmstadt.de/institut/personen_pw/selk_veith/index.de.jsp hat geschrieben : Veith Selk ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Moralisierung, Emotionalisierung, Polarisierung. [...]"




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Lucian Wing
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Mo 4. Mär 2024, 12:36

Quk hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 12:06
Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 09:43
Aber es ist halt subjektive Betrachtung, während die beiden genannten Herren ihre Thesen und Ausführungen schon mit Fakten füttern.
Die täglich zu vernehmenden antidemokratischen und rassistischen Äußerungen aus AfD-Kreisen sind also keine Fakten, sondern ... fiktive Hörspiele?

Du wirfst Deinen Kritikern immer nur Moralisierung oder Emotionalisierung vor. Damit versuchst Du, deren sachliche Argumente unkenntlich zu machen. Veith Selk scheint Dich mit diesen Begriffen sehr inspiriert zu haben, aber Du verwendest sie halt immer nur als rhetorischen Baseballschläger.
https://www.politikwissenschaft.tu-darmstadt.de/institut/personen_pw/selk_veith/index.de.jsp hat geschrieben : Veith Selk ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt „Moralisierung, Emotionalisierung, Polarisierung. [...]"
Wo spreche ich denn von "Moralisierung"? Magst du das mal zitieren?

Ich würde sagen: du ziehst das Thema gerade wieder auf die subjektivistische Ebene, indem du nicht Inhalte thematisierst, sondern mich hier persönlich angehst und zu den Inhalten, die ich zitiert hatte, schweigst. Selk spricht in seinem Buch auch nicht von Moralisierung, sondern einer seiner vier Punkte des Prozesses der Devolutionisierung der Demokratie ist die "Politisierung", die sich aus dem gesellschaftlichen Differenzierungsprozess relativ "logisch" ergibt. Und Manow beschränkt sich sogar ausschließlich auf ökonomische Sichtweisen. Also auch hier: Fehlanzeige bei der Moralisierung.

Übrigens solltest du dir mal Wählerwanderungen anschauen. Der Blick lohnt sich. Ein Großteil der Alternativler kommt von den anderen Parteien, die sie auch gerne wieder zurückgewinnen würden. Wenn die alle so gräuslich sind, die Wähler, müssten die anderen Parteien ja froh sein, wenn sie sie los sind, und zurückhaben sollten sie sie dann ja auch nicht wollen.



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Quk
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Mo 4. Mär 2024, 13:05

Moralisierung oder Emotionalisierung.

Ich habe ein Argument gebracht. Du hast es wieder ignoriert. Nein, ich habe Dich nicht persönlich angegriffen. Damit ziehst Du abermals ein Argument aus seiner Sachlichkeit.

Nochmal meine rhetorische Frage:
Die täglich zu vernehmenden antidemokratischen und rassistischen Äußerungen aus AfD-Kreisen sind also keine Fakten, sondern ... fiktive Hörspiele?




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Lucian Wing
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Mo 4. Mär 2024, 13:16

Quk hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 13:05
Moralisierung oder Emotionalisierung.

Ich habe ein Argument gebracht. Du hast es wieder ignoriert. Nein, ich habe Dich nicht persönlich angegriffen. Damit ziehst Du abermals ein Argument aus seiner Sachlichkeit.

Nochmal meine rhetorische Frage:
Die täglich zu vernehmenden antidemokratischen und rassistischen Äußerungen aus AfD-Kreisen sind also keine Fakten, sondern ... fiktive Hörspiele?
Auf rhetorische Fragen müsste man ja nicht antworten.

Mich interessiert, warum das so ist. Also Gründe. Wie Manow sagt: Man sollte sich doch lieber mit der Frage beschäftigen, warum radikal frei flottierende Brandstifter Erfolg haben.

Die Populisten, wie man bei Selk nachlesen kann, sind ja nur eines der Symptome, an denen die Demokratie(theorie) insgesamt laboriert.



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Stefanie
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Mo 4. Mär 2024, 13:16

Den Zeitartikel kann ich nicht lesen, er ist hinter einer Bezahlschranke.

"Rechtspopulisten.

Die AfD sei der Ausdruck des Misstrauens gegen die etablierten Parteien.

Man kann immer sagen, die Rechtspopulisten würden ja nur Parolen und keine Lösungen anbieten. Aber man könnte auch spitz erwidern: Die anderen Parteien bieten halt nur keine Lösungen. Zumindest scheint das eine Wahrnehmung vieler zu sein."

Es geht hier aber schon längst nicht mehr um Rechtspopulismus, oder um Protest, oder Misstrauen gegenüber den etablierten Parteien. Oder wer vermeintlichen Lösungen liefert. Die AfD wird "schön geredet". Die "Schuld" wird auch den demokratischen Parteien zugeschoben, auch dass nur über juristische Möglichkeiten geredet wird.

Das im Grunde genau das, was Friedman kritisiert. Die Wortwahl, verniedlichend. Selten dass, ein Politiker die AfD nennt, was sie ist.

Die AfD ist eine antidemokratische, rassistische, antisemitische, und von mir ergänzt: antieuropäische, frauenfeindliche, queerfeindliche Partei.
Nur will das kaum einer wahrhaben, und stattdessen rum eiert, wie man diese Partei nur nennen soll.



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Lucian Wing
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Mo 4. Mär 2024, 13:22

Stefanie hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 13:16

Die AfD ist eine antidemokratische, rassistische, antisemitische, und von mir ergänzt: antieuropäische, frauenfeindliche, queerfeindliche Partei.
Ja, und jetzt wieder die gleiche Frage nach Manow: Warum haben "radikal frei flottierende Brandstifter Erfolg"? Im Merkur-Artikel steht ja ein bisschen von ihm darüber zu lesen, bei Selk ganz viel. Also weniger über die Motive der Wähler, als über das Phänomen des Populismus und seine Strategien überhaupt.



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Stefanie
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Mo 4. Mär 2024, 13:51

Und schon wieder das Wort "Populismus".

Es gibt jede Menge Alltagsrassismus, ebenso Antisemitismus, ganz zu schweigen von allen anderen Vorurteilen, wie gegen Schwule, Lesben, Queere usw., Frauen.
Was die AfD sagt, fällt auf fruchtbaren Boden. Das will nur keiner hören.

Wer sagt in deutlicher Weise, was die AfD ist? Kaum einer tut es.



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Mo 4. Mär 2024, 13:55

Da stimme ich Friedman auch zu.
Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 13:16
Wie Manow sagt: Man sollte sich doch lieber mit der Frage beschäftigen, warum radikal frei flottierende Brandstifter Erfolg haben.

Die Populisten, wie man bei Selk nachlesen kann, sind ja nur eines der Symptome, an denen die Demokratie(theorie) insgesamt laboriert.
Die Demokratie-Unzufriedenheit kann maximal nur ein paralleles Problem sein; sie stellt meines Erachtens keine Monokausalität zum Rassismus her.

Es gibt einige Menschen, die ein mehr oder weniger fremdenfeindlich-konservatives Temperament haben, das vom gesellschaftlichen Umfeld kaum beeinflusst werden kann. Solche Leute möchten mit Hilfe demokratischer Mittel ihren Rassismus durchsetzen. Wenn ich jetzt das demokratische System dahingehend "verbessere", dass fremdenfeindliche Temperamente mehr Mitbestimmungsmacht bekommen, dann wird dadurch keineswegs die Wurzel des Problems behoben.

Manche Soziologen lehnen eine solche Temperament-These ab, weil sie meinen, dass jeder Mensch 100% formbar sei durch die soziale Umwelt, also Politik etc., und weil alle Menschen das gleiche Temperament, also das gleiche Persönlichkeits-Potenzial besäßen. Man müsse nur an Stellschrauben der politischen Struktur drehen, und schon würde die Fremdenfeindlichkeit verschwinden. Das halte ich für absurd. Das sind Vorstellungen wie aus dem Maschinenbau, als wären Menschen wirklich alle gleich und zudem ausschließlich von der Umwelt prägbar. Dass das nicht der Fall ist, sieht man nicht nur mit den eigenen Augen; es gibt dazu auch etliche empirische Untersuchungen, weltweit. Philipp Hübl kann da weiterhelfen.

Mit Fremdenfeindlichkeit meine ich hier alles, was fremd ist: Gegen Ausländer, dunkle Hautfarbe, Queer, starke Frauen etc.




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Lucian Wing
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Mo 4. Mär 2024, 14:00

Stefanie hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 13:51

Was die AfD sagt, fällt auf fruchtbaren Boden. Das will nur keiner hören.
Ich höre und lese es den ganz Tag rauf und runter, wenn ich Zeitung lese oder Nachrichten höre.
Meine Frage im Anschluss an Manow war ja: Warum fällt es auf fruchtbaren Boden?
(Nebenbei: die Wähler sind nicht vom Himmel gefallen und rekrutieren sich auch nicht mehrheitlich aus ehemaligen Nichtwählern).



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Lucian Wing
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Mo 4. Mär 2024, 14:10

Stefanie hat geschrieben :
Mo 4. Mär 2024, 13:51
Und schon wieder das Wort "Populismus".
??

Was sonst? Es wird halt sein wie beim Faschismus. Den haben die Deutschen auch nicht erfunden, aber sie waren seine Klassiker (ist nicht von mir, stammt von Christa Wolf). Den Rechtspopulismus auch nicht, aber die AfD wirkt jetzt schon wie sein Klassiker. Es scheint halt eine deutsche Tugend zu sein, alles besonders "gut" machen zu wollen. (Wie Manow auch mit Blick auf die deutsche Art des Demokratieschützens durch den Verfassungsschutz bemerkt).



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