#MeToo: Der Mann und die Frau und die Machtfrage

Dieser Teil des Forums befaßt sich mit politischen, sozialen und historischen Aspekten der aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten.
Rosita
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Mi 17. Jan 2018, 19:35

Tommy, das ist unterirdisch. :ugeek:



Jeder Mensch hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten!

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Stefanie
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Mi 17. Jan 2018, 19:47

Tommy es geht hier nicht um seine Angebetete, es geht um Menschen, die nur Kollegen sind.
Und in diesen Zusammenhang muss ich mir als Frau gefallen lassen, angetascht zu werden, und darf erst danach nein sagen?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Alethos
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Mi 17. Jan 2018, 21:05

Tommy hat geschrieben :
Mi 17. Jan 2018, 20:05
Du sollst VORHER nein sagen. Du sollst Deine Einstellung den Männern gegenüber klar kommunizieren
Ich denke, ich weiss, was du meinst. Es ist nur sehr schwierig, das klarzumachen, ohne dass man in einen Topf geworfen wird.

Wenn ich dich richtig verstehe, sagst du, dass es auch willkommene Po-Klapser gibt und dass Frau auch anerkennen soll, dass es das gibt. Nicht jeder Annäherungsversuch ist unwillkommen, denn es gibt ja auch gegenseitige Anziehung, die auch durch die Frau kommuniziert wird. Man solle, so in etwa das Argument, nicht alle Formen körperlicher Annäherung vorbelasten mit dem Verdacht der Belästigung, des Missbrauchs oder des Übergriffs. Denn wie gesagt, es gibt auch Frauen, die das suchen, schätzen und herausforden. Ist das so in etwa der Kern deines Arguments?

Nun, falls ja, dann stimmt das mit meiner Erfahrung überein. Es gibt in der Tat solche Momente, wo man klare Signale erhält, die man auch nutzen kann und darf. Eine Schulter zu berühren oder einen Nacken zu streicheln, das ist nicht per se eine übergriffige Geste, sie ist zunächst, was die moralische oder rechtliche Bewertung angeht, neutral.

Nun ändert sich dieser Status aber schnell, wenn man z.B. Vorgesetzter ist. Man darf zu keinem Zeitpunkt solche Situationen entstehen lassen, wo solche Gesten Platz haben, und erst recht nicht nutzen. Das gebietet die hierarchische Ordnung, durch die bereits eine Art Abhängigkeit entsteht. In solchen Situationen muss als vorausgesetzt gelten, dass der Chef / die Chefin missbräuchlich handelt. Der Untergeordnete könnte sich ja Vorteile daraus erhoffen, z.B. eine bessere Bewertung oder mehr Lohn. Der Chef/die Chefin ist der/die Mächtige, und dann kann der Machtmissbrauch nicht ausgeschlossen werden.

Man darf auch nicht von einer Frau erwarten, dass sie dies stets vorher klar macht, dass sie das nicht will, nur damit dem Mann keine Unklarheiten entstehen? Soll jede Frau mit einem Schild am Rücken am Kopiergerät stehen, auf welchem steht: 'Bitte keine Poklapser!'? Jeder Mann, ob Vorgesetzter oder gleichrangiger Arbeitskollege muss grundsätzlich davon ausgehen, dass Frau so etwas nicht will.
Das Apriori des Neins muss uns Männern klar sein, alles andere wäre schlicht respektlos.

Nur durch ein sehr klares, affirmatives Gebahren der Frau kann deutlich werden, dass da was geht. Aber es gilt der Grundsatz: 'Sie will nicht.'



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Alethos
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Mi 17. Jan 2018, 22:14

Tommy hat geschrieben :
Mi 17. Jan 2018, 22:05
Wie viele Frauen hast Du, bevor Du sie das erste Mal geküsst hast um Erlaubnis gebeten?
Natürlich jede, die ich geküsst habe, und zwar durch entsprechende Annäherung und durch das Interpretieren ihrer Körpersprache. Und ja, ich ging bei jeder Frau zunächst von einem Nein aus, bis sie es verwandelte in ein 'Ja, du darfst.'

Dass zwei Erwachsene Menschen sich sexy finden und neckisch sind, das ist absolut kein Problem. Darum geht es ja nicht. Es geht doch darum, dass wir einander respektieren, indem wir z.B. anerkennen, dass nicht die Frau eine Bringschuld für ihr 'Nein' hat, sondern der Mann eine Holschuld für ihr 'Ja'. Die Begehrte hat das primäre Recht, gefragt zu werden, bevor sie physisch mit dem Begehrtwerden durch den anderen konfrontiert wird.
Zuletzt geändert von Alethos am Mi 17. Jan 2018, 22:25, insgesamt 1-mal geändert.



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Mi 17. Jan 2018, 22:29

Tommy hat geschrieben :
Mi 17. Jan 2018, 22:23
Das ist kein Fragen oder Bitten, sondern das ist DEUTEN! Das ist nicht das selbe.
Und siehste: genau das behaupten die "Missbraucher" nämlich auch: "Ihre Körpersprache hat mir das gezeigt."
In Deinem Falle lagst Du richtig, weil du eben die Körpersprache deiner Angebeteten richtig gedeutet hast.
In den anderen Fällen ist genau das schiefgelaufen.
Trotzdem: Findest Du nun Du hast Dich falsch verhalten, weil es Männer gibt die zu dumm (oder sonst wie unfähig) sind die Situation richtig einzuschätzen?
Ich hatte meinen Beitrag noch etwas präzisiert, als du deine Antwort formuliert hast: Natürlich gehört die vorsichtige Annäherung dazu, das ist ja eine Art Frage an die Frau, und die Antworten sind eindeutig, wenn man sie denn sehen will.

Und wenn man diese Grenze überschreitet, wird man übergriffig, das ist relativ klar. Es ist zwar nicht immer eine eindeutige Grenze, es gibt Graubereiche, ja. Aber wenn die Grenze klar ist, dann ist der Übergriff auch klar.



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Mi 17. Jan 2018, 22:43

Tommy hat geschrieben :
Mi 17. Jan 2018, 22:23
Und hey: Ich meine damit ausdrücklich nicht die Situation in der Männer die ABSICHT hegen eine Frau zu missbrauchen, sie also VORSÄTZLICH handeln. Das ist ein anderer Fall!
Ich weiss, dass du das so meinst, darum habe ich dein Argument hervorgehoben.

Und ich denke auch, dass die meisten physischen Kontakte völlig einvernehmlich und unproblematisch sind. Lustvoll und gut. Aber um diese geht es bei #metoo ja gerade nicht, sondern um die ekligen, widerwärtigen, ungewollten und die Würde verletzdenden.

Deine Argumente sind sozusagen die richtigen, aber im falschen Kontext :) In diesem Kontext wirken sie schuldrelativierend. Und ich weiss, dass das nicht deine Absicht ist, sondern ich verstehe, dass du differenzieren möchtest. Und ja, es gibt Nuancen und Differenzierungsmöglichkeiten.



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Mi 17. Jan 2018, 22:55

Tommy hat geschrieben :
Mi 17. Jan 2018, 22:37
wir reden über den Fall wo die nonverbale Kommunikation schief läuft. Und was soll daran nun so ungeheuerlich sein, wenn man nun in einen solchen Fall auch von der Frau verlangt in ihren Aussagen direkter und präziser zu werden? Wieso soll das ein Problem sein?
Wenn Frauen ausdrücklich Nein sagen oder dieses auch nur subtil durch eine freundliche abweisende Geste mitteilen, dann müsste das im Normalfall ausreichen. Sie können ihr Nein natürlich auch auf die sich vergreifende Hand tackern, das ist dann unmissverständlich genug?

Weisst du, was ich meine? Wer Einlass begehrt, muss anklopfen. Das ist einfach respektvoll. Die Eindeutigkeit des Neins darf man von einer Frau verlangen, klar. Man muss ja wissen, woran man ist.
Aber die Pflicht dieses Nein zu deuten und gelten zu lassen, liegt beim Mann.
Die Frau steht in der Verantwortung, dass sie klar Nein sagt, wo sie die Notwendigkeit eines Neins sieht. Aber was ist, wenn eine Frau nicht mal auf die Idee kommt, dass sie jetzt besser Nein sagen müsste, weil sie nicht kommen sieht, dass ihr Kollege sonst bald die Hand an ihren Busen oder ihren Hintern legt? Weisst du, was ich sagen will?
Die Grenze ist gesetzt, die Frau muss ausdrücklich einwilligen und nicht ausdrücklich ablehnen.
Zuletzt geändert von Alethos am Mi 17. Jan 2018, 23:03, insgesamt 1-mal geändert.



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Mi 17. Jan 2018, 23:09

In Schweden ist das bald wohl Realität, dass alle expliziten Entscheide schriftlich eindeutig vereinbart werden müssen, auch die Frage: zu dir oder zu mir? :)



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Alethos
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Mi 17. Jan 2018, 23:15

Tommy hat geschrieben :
Mi 17. Jan 2018, 23:11
Alethos hat geschrieben :
Mi 17. Jan 2018, 23:09
In Schweden ist das bald wohl Realität, dass alle expliziten Entscheide schriftlich eindeutig vereinbart werden, auch die Frage: zu dir oder zu mir? :)
Ja, ich habe davon gelesen. Aber ob das dann der Weisheit letzter Schluß ist? Ich weiß es nicht.
Nein, das ist es nicht, bin ich überzeugt. Das fördert nicht das Knistern und die schöne Spannung. Es geht auch gegen die Vernunft freier und eigenverantwortlicher Menschen.

Aber es ist eine Form des Schutzes für die schwächere Partei und zeigt, dass es in gewissen Situationen Klärungsbedarf gibt. Dass man diese Klärung jeweils situativ anders herbeiführen kann, z.B. durch klare Signale, sollte unter normalen Erwachsenen selbstverständlich sein, dass es aber offenbar nicht nur normale Erwachsene gibt, sondern übergriffige und respektlose, ist ja der Grund, warum es überhaupt diese #metoo-Debatten gibt.



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Jörn Budesheim
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Do 18. Jan 2018, 14:48

Fast jeden Tag melden sich weitere Stimme zu #MeToo. Lesestoff, der kaum noch zu bewältigen ist. Heute und Gestern meldeten sich Iris Berben und Brigitte Bardot, deren Ansichten offenbar "etwas" differieren ... Schon etwas älter ist der Beitrag vom Deutschlandfunk (30.12.2017) dafür kommt dort - für uns passenderweise:-) - ein Philosophin zu Wort. Spannendes Interview als Podcast. Unter anderem wird der Frage nachgegangen, wieso es jetzt zu dieser Revolution überhaupt kommt. Interessant die These, dass Weinstein eine Art "Blitzableiter" für Trump ist.
ZEIT ONLINE hat geschrieben :
#MeToo-Debatte
Iris Berben berichtet von Schikane durch Dieter Wedel

Bild

Die Schauspielerin wirft Dieter Wedel im Gespräch mit der ZEIT vor, sie am Set gedemütigt zu haben. Sie bewundere die Frauen, die den Regisseur öffentlich beschuldigen.

http://www.zeit.de/kultur/film/2018-01/ ... eter-wedel
FAZ hat geschrieben : #MeToo-Debatte
Brigitte Bardot wirft Schauspielerinnen Scheinheiligkeit vor

Bild

In der Debatte um sexuelle Belästigung schlägt Brigitte Bardot scharfe Töne an. Sie wirft einigen Schauspielerinnen vor, mit Produzenten zu flirten, um Rollen zu bekommen.

http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft ... 04491.html
deutschlandfunkkultur.de hat geschrieben : #MeToo-Debatte
#MeToo bedeutet eine moralische Revolution"

Bild

Als Susan Neimans Teenager-Töchter sich bei ihr über sexuelle Belästigungen beschwerten, sagte sie: "Damit müsst ihr leben". Heute, zehn Jahre später, schämt sich Neiman dafür: Die #MeToo-Debatte ist für sie eine moralische Revolution und ein Fortschritt, den es zu verteidigen gilt.

http://www.deutschlandfunkkultur.de/phi ... _id=407170




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Jörn Budesheim
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Sa 20. Jan 2018, 06:51

"Me Too"-Debatte
Zeit, über Sex zu reden

Bislang ging es in der "Me Too"-Debatte um sexuelle Gewalt. Der Fall des preisgekrönten Comedian Aziz Ansari gibt ihr eine neue Dimension.

Der Fall des Comedian Ansari zeigt, wie komplex die Kommunikation zwischen Menschen ist, die sich nahe kommen. Und wie verletzend, wenn die Beteiligten es nicht schaffen, sich aus ihrer Sprachlosigkeit zu befreien.

Essay von Julian Dörr

https://www.google.de/amp/www.sueddeuts ... -1.3832700




Tosa Inu
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Sa 20. Jan 2018, 10:42

Zeit, über Sex zu reden
Nachdem man Freud diesbezüglich Besessenheit unterstellte und meinte, alles sei klar und natürlich vollkommen anders, als Freud dachte, wäre das in der Tat eine gute bis sehr gute Idee. Die übliche Lesart war, abzuwinken, dass alles als alten Kram zu bezeichnen, zu betonen, dass heute alles ganz anders und viel liberaler sei, das kein öffentliches Thema, sondern einzig und allein eine Frage privater Absprache sei, könnte gravierend falsch sein.



Die Zahl der konsumierten Filme ist, seit man nicht mehr verdruckst in die einschlägigen Bereiche irgendwelcher Videotheken gehen muss, um, Achtung, das 700-fache gestiegen. Kann die leichte Verfügbarkeit und dauerhafte Präsenz ohne Auswirkungen bleiben?

Die Psychotherapeutin Heike Melzer behandelt Menschen mit Porno- und Sexsucht und schreibt dazu:
Pornosucht und Sexsucht - Wenn die Freiheit zum Gefängnis wird

Und Altmeister Oswald Kolle sagt in einen Spiegel Interwiew, schon 2002:
"Wir steuern auf eine Masturbationsgesellschaft zu"



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

Tosa Inu
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Sa 20. Jan 2018, 12:31

Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
Ich weiß nicht. Ich finde nicht, dass das gravierend falsch ist.
Dass zwei Menschen das vorwiegend untereinander regeln sollen (dürfen) finde ich nach wie vor richtig.
Das finde ich prinzipiell auch. Die Thematik der sexuellen Übergriffe oder dem, was man dafür hält, hat aber ganz wesentlich zum Thema, dass es Situationen gibt, in denen dieses Prinzip durch diverse Formen der Asymmetrie durchbrochen ist. Oder anders: Ab wann ist Freiwilligkeit keine Freiwilligkeit mehr? Ab wann sind lockere Sprüche eben das nicht mehr? Auch im nichtsexuellen Kontext, ist es ja so, dass man in diversen Situatuionen z.B. wenn man als Lehrling irgendwo arbeitet, einer Gruppe beitritt ein Stück weit 'getestet' wird. Was kann man wechseln, was nicht? Ist das alles schon Übergriff?
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
Allerdings - und da bin ich auf der Seite der hier zitierten Psychologen - muss vielleicht mehr öffentlich darüber geredet werden was Frauen und Männer wollen, damit man den anderen versteht.
Und da kommt dann noch hinzu, dass man das ja oft selbst nicht weiß und es mehr oder minder ausgedehnte Formen der Pathologie gibt, bei denen eine solide Doppeldeutigkeit in Wort und Verhalten zu dieser gehört, darunter der Formenkreis den man früher hysterisch und heute histrionisch nennt, die manchmal auch narzisstisch sein können. Das betrifft z.B. Frauen, die ihr Hemd bis zum Bauchnabel aufgeknüpft haben und sich gleichzeitig darüber beschweren, dass Männer immer so gierig und sexfixiert sind. Das betrifft aber auch Spielarten von Männern, die im Machoismus oder Don Juanismus eine pseudo oder tatsächliche Hypersexualität an den Tag legen, bei einer gleichzeitigen sexuellen Hemmunng. Und natürlich gibt es diverse weitere Formen merkwürdigster Spielarten.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
Wenn zwei Menschen sich finden, die ähnlich oder gleich ticken, gibt es in der Regel überhaupt kein Problem.
Was, wenn jemand in einer ungesunden Weise abhängig von dem anderen ist, jeder das sieht, nur der oder die Betroffene nicht?Auch hier fielen mir reichlich Problemzonen ein, die jetzt gar nicht alle durchkauen will, weil es m.E. darum nicht geht.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
Das Problem tritt auf wenn Menschen, die völlig andere Vorstellen, Bedürfnisse und Gefühle haben, aufeinander treffen.
Und dann sitzt am Ende auch nicht nur einer "weinend im Taxi" sondern dann sind schlußendlich beide frustriert.
Kommunikation ist wichtig. Klare, deutliche Worte. Und ob die nun öffentlich ausgesprochen werden, oder im privaten Rahmen ist dabei völlig egal.
Das ist beides der Sache dienlich.
Viele Menschen sind es nicht gewohnt offen über Sex zu sprechen und kennen ihre Bedürfnisse häufig selbst nicht, weil das Thema eher kollektiv verdrängt ist und es häufig zum guten Ton gehört es zu verdrängen.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
Es MUSS schief gehen, wenn ein Mann vom "Jäger-Typus" auf eine Frau trifft, die vorsichtig erobert werden will.
Das heißt aber nicht, dass da einer was falsch gemacht hat.
Es heißt einfach, dass sich die Partner vorher nicht darüber verständigt haben wie sie die Dinge sehen und wie es ablaufen soll.
Wie denn auch, wenn sie noch keine Partner sind?
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
Dann hätte man nämlich festgestellt, dass der andere eigentlich gar nicht zu einem passt.
Was allerdings blöd ist, wenn man verliebt ist, das soll es ja auch noch geben.
Es ist ja auch nicht so, dass Sexualität nicht auch lernend praktiziert werden kann. Wieso sollten sich Menschen da nicht auch ändern oder ihr Repertoire spielerisch erweitern können?
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
An der Stelle kann dann auch die öffentliche Debatte hilfreich sein: Welche Typen gibt es? Wie gehe ich mit ihnen um?
Das ist wichtig zu wissen. Deshalb ja: Mehr über Sex und Beziehungen zu reden kann nicht schaden.
Wie gesagt, viele kennen ihre eigenen Neigungen nicht, versuchen sie zu unterdrücken, verdrängen, haben Angst und Scham, dass sie nicht richtig sind, pervers sind und so weiter und so fort. Die können das gar nicht erfüllen.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01
Und ich sage es hier nochmal der Vorsicht halber: Alle Typen sind mehr oder weniger erlaubt (und sollen es nach einem Verständnis auch bleiben), bis eben auf jene Typen die Missbrauch vorsätzlich begehen. Das sollten wir nicht hinnehmen.
Es sind durchaus nicht alle Arten erlaubt, aber auch aus den bestehenden gesellschaftlichen Tabus kann man einiges lernen.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

Tosa Inu
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Sa 20. Jan 2018, 14:13

Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 13:16
...
Aber wie auch immer man es macht: wichtig ist, dass man dem anderen die Grenzen aufzeigt. Denn woher soll der die kennen?
...
Nein, genau so funktioniert das. Wenn Menschen sich kennenlernen müssen sie sich erstmal kennenlernen.
Da ist sicher was dran, aber viele kennen sich nicht, in Sinne der Unerfahrenheit oder Pathologie. Gerade die könnten aber bevorzugt Opfer werden und das sind tragische Biographien, wie etwa die angesprochene Ingrid Steeger.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 13:16
Ich denke dass es auch zur Freiheit eines jeden Meschen gehört sich von anderen Menschen abhängig zu machen, auch wenn das zuerst wie ein Widerspruch klingt. Als Freund kann man da eigentlich nur versuchen der betroffenen Person einen mehr neutraleren Blick zu vermitteln.
Ja.
Das ist aber nicht immer die Sicht der selbsternannten 'Sittenwächter' mit ihrem Missbrauchsradar, die - ihr tiefer Schatten - ganz genau zu wissen meinen, wie ein gelungener Mensch zu sein habe. Auf der Ebene fusionieren dann m.E. auch die Sex und Trump Themen, die beide ihre Berechtigung haben und die man auch dann kritisch diskutieren kann, wenn das nicht auf dem AfD Niveau passiert.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 12:01

Wieso müssen sie schon Partner sein um über Sex und ihre Bedürfnisse reden zu können?
Das ist ja das, was ich meinte.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 13:16
Ich habe mit vielen Frauen die ich kennengelernt habe oft wochenlang über diese Dinge gesprochen bevor es dann "ernst" wurde.
Das hat was ungemein Befreiendes: Wenn man nämlich schon vorher ungefähr weiß wie der andere tickt, dann tritt man viel sicherer auf.
So läuft es, wenn es gut läuft und m.E. auch in aller Regel.

Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 13:16
Was ist denn besser? Hinterher heulend im Taxi zu sitzen oder sich vorher zu sagen: Das hat keinen Sinn!?
[Besser ist, das Leben mit seinen vielen Facetten und Brüchen zu erleben. Die vorherige Liste, heute gerne per Internet, bei der man sich die Partner schon passgenau aussucht ... nicht so meins.
Verschlimmert genau die Problematik, die man angeblich lösen will, weil es die Illusion des allzeit vergügbaren, perfekten Lebens nährt.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 13:16
Dann liegt es in ihrer Verantwortung diese zu ergründen.
...
Ängste kann man bekämpfen. Zum Beispiel auch in dem die anderen öffentlich darüber reden. Es mag schon den einen oder anderen gegeben haben, der durch Unterhaltungen Anderer festgestellt hat: Hm, so pervers bin ich gar nicht. Die anderen machen das auch.
Das muss aber auch hier keine öffentliche Debatte sein. Ein Gespräch unter Freunden kann die selbe Wirkung haben.
Ich bin da in vielem bei Dir, irgendwann braucht man denn Tritt, keine Watteverpackung.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 13:16
Welche, ausser jene, die den Willen und die Selbstbestimmung des anderen missachten, sind denn nicht erlaubt?
Die hier.
Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 13:16

Zum Beispiel was?
Man lernt was über das Regelwerk der Gesellschaft.
Zum Beispiel was als gesellschaftliche Normalität in Leben und Sexualität gilt.
Weiß man das, kann man die Regeln reflektieren und diese, sich und den Zeitgeist prüfen.



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Rosita
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Sa 20. Jan 2018, 14:50

Ich glaube, das grundlegende Missverständnis liegt darin, dass Tommy immer von kennenlernen und flirten redet. Nach meinem Empfinden ist das eher ein Machogehabe.

Grundsätzlich ist es niemand gestattet sich, vor allem im beruflichen Bereich, auf diese Weise jemand anzunähern.
Wenn man das doch möchte, dann muss derjenige der sich annähern möchte, sich versichern, dass es willkommen ist und nicht umgekehrt..

Aber auch das finde ich nicht wirklich in Ordnung. Denn ich erinnere mich noch gut daran, wie unangenehm es war, ständig Männer Rede und Antwort zu stehen, warum man keine Annäherung möchte. Sprüche wie: "Bist du frigide"? waren an der Tagesordnung.

Berufliche Beziehungen sollten einfach nicht zum ständigen dating werden.

Sollten sich doch zwei Personen scheinbar gegenseitig anziehen, dann kann man sich zu einem Kaffee ausserhalb verabreden und es aber auch akzeptieren, wenn er ein NEIN kassiert.

Aber Frauen sollten nicht gezwungen sein, schon im Vorfeld immer NEIN sagen zu müssen.



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Jörn Budesheim
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Sa 20. Jan 2018, 16:50

Rosita hat geschrieben : Sprüche wie: "Bist du frigide"? waren an der Tagesordnung.
Tommy hat geschrieben : Ich verstehe. Du möchtest also, dass Frauen sich nicht mehr erklären müssen sollen.
Und Du möchtest, dass Frauen (am Arbeitsplatz) keinen Annäherungsversuchen mehr ausgesetzt werden.
Meinst DU das sehen alle Frauen so?
Meines Erachtens antwortest und fragst du völlig an dem, was Rosita (und andere) tatsächlich sagen vorbei. Du verdrehst es, meines Erachtens. Ich finde, so kommen wir in der Diskussion nicht voran. Warum müssen wir darüber diskutieren, dass es nicht richtig ist, dass wir in einem Klima leben, wo Frauen auf ein Nein mit "Bist du frigide?" rechnen müssen. Was gibt es da zu diskutieren?




Tosa Inu
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Sa 20. Jan 2018, 17:24

Ich glaube, dass es sexuell übergriffige Männer gibt, die auch eine Machtposition ausnutzen, ebenso Männer, die das nicht tun und alles dazwischen.
Ich glaube, dass es Frauen gibt, die auf Männer attraktiv und auch sexuell attraktiv wirken wollen (was ich auch normal finden, die wollen halt nur nicht jeden Mann), sowie Frauen, die das nicht wollen und alles dazwischen.

Deshalb glaube ich, dass es schon rein logisch nicht die eine starre Grenze geben kann, bei der das, was gesagt oder getan wird, als missbrauchend interpretiert werden kann, außer vielleicht, wenn jemand etwas ausdrücklich nicht will. Im Wort steckt schon, dass man das aber auch ausdrücken muss. Ich persönlich finde es nun auch sexuell eher abtörnend, wenn jemand sexuell keine Lust hat, als dass mich das anmachen würde und ich glaube auch, dass Sexualität als Machtdemonstration zu missbrauchen eine eher seltene Spielart ist, ich kann mich aber täuschen.

Wolfgang Herles brachte die skurrile Diskurssituation auf den prägnanten Satz: "Immer geht es um Sex, außer beim Sex, da geht es um Macht."



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Jörn Budesheim
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Sa 20. Jan 2018, 17:27

Tommy hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 16:59
Auch Frauen haben an der Situation zum Teil mitschuld.
Meines Erachtens geht deine Sichtweise am Kern vorbei. Es geht um das allgemeine Klima dauernder sexueller Belästigung und dem fraglos vorhanden Machtgefällen. Es ist sinnlos zu leugnen, dass es im Großen und Ganzen (und natürlich nicht in jedem einzelnen Fall) genau so war und noch ist. Es geht weder um allgemeines Männerbashing noch darum, wie Frauen, die bisher "damit leben mussten" (Susan Neiman) sich im Einzelfall verhalten haben. Dass vielleicht manche Frauen im falschen Moment mit den Wimpern geklimpert haben, weil das ein Verhalten ist, welches von diesem Klima begünstigt wird, ändert nichts daran, dass die Atmosphäre übers Ganze betrachtet die falsche ist. Es geht also darum, dass die Großwetterlage die völlig falsche ist und seit langem war und jetzt geändert werden muss und kann.




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Sa 20. Jan 2018, 17:35

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 20. Jan 2018, 17:27
Es geht um das allgemeine Klima dauernder sexueller Belästigung und dem fraglos vorhanden Machtgefällen. Es ist sinnlos zu leugnen, dass es im Großen und Ganzen genau so war und noch ist.
Auch wenn jeder echte Missbrauch einer zu viel ist, kann ich diese allgemeine Einschätzung so nicht teilen.



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Sa 20. Jan 2018, 17:43

Susan Neiman hat geschrieben : Solche Belästigungen passieren jeder Frau, die ich kenne, wirklich jeder Frau. Und alle Frauen, die ich kenne, reden darüber – aus allen Gruppen. Ich habe bis jetzt nur eine Person gefunden, die sagte, mir ist so was nie passiert.




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