


Das kANN ich nicht ernst nehmen.
Wie muss ich mir die Analogie ausmalen. Wo darin trage ich Weinstein, sein System und seine Übergriffe ein, wo die hunderte betroffenen Frauen ein?
Steht es nach deiner Einschätzung in einem angemessenen Verhältnis zu dem, was Weinstein und vielen, vielen anderen zur Last gelegt wird, dass wir die letzten 10 bis 20 Seiten im wesentlich darüber streiten, welche Mitschuld möglicherweise manche der Opfer auf sich geladen haben? Ich finde das völlig verquer und verdreht, weil plötzlich alle Opfer in Verdacht stehen Täter zu sein.Alethos hat geschrieben : ↑Sa 27. Jan 2018, 16:45... eine kritische Würdigung des Verhaltens derer, die sich zum Zweck der eigenen Karriereförderung auf ein Machtspiel einlassen, und im Nachhinein so tun, als wären sie reine Opfer eines Systems, dabei aber ausblenden, dass sie Teil dieses Systems waren.
Ganz sicher ist es so, dass wir sozusagen betriebsblind geboren werden für die Umstände, durch die wir diejenigen sind, die wir sind. Diese unsichtbaren Grenzen zu durchdringen ist nicht ganz einfach, da man sich ihrer überhaupt erst einmal bewusst werden braucht, bevor man sie transzendieren kann.
Spiegel hat geschrieben : #MeToo-Debatte
Hexen, überall Hexen?
Viele sprechen heute von einer "Hexenjagd", um Männer vor Anschuldigen wegen sexueller Übergriffe zu schützen. Das ist klassische Täter-Opfer-Umkehr - und auf die schlimmste Art geschichtsvergessen.
Kolumne
Auf nahezu magische Art kommen alle, die eine passende Metapher suchen, um zu zeigen, dass Männer die eigentlichen Leidtragenden der #MeToo-Debatte sind, auf den Begriff der Hexenjagd. Es scheint zurzeit eine akute Hexenjagdsaison zu sein: Schauspielstar Liam Neeson sprach davon, dass die Debatte über #MeToo eine Hexenjagd sei. Die "Augsburger Allgemeine" warnte: "#MeToo darf nicht zur Hexenjagd werden". Der Bürgermeister von Bad Hersfeld hat den Regisseur Dieter Wedel verteidigt: "Im Zusammenhang mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen fühle ich mich an eine Hexenjagd erinnert", sagte er. Der Mitarbeiter eines AfD-Abgeordneten, der wegen Vergewaltigung angezeigt worden war, sprach in diesem Kontext von Hexenjagd. In der "Welt" und in Markus Lanz' Sendung wurde der Hexenjagd-Vergleich ebenfalls gezogen. ...
Quelle: http://www.spiegel.de/kultur/gesellscha ... 89301.html
Nein, das steht in keinem Verhältnis. Aber es steht genauso in keinem Verhältnis, wenn wir die Welt einteilen in Hexen und Hexenjäger. Nicht jeder Täter ist ein Weinstein und nicht jede Tat lief gleich ab. Es gibt Umstände, die gewisse Taten begünstigen, und diese müssen thematisiert werden, wenn das Problem gelöst werden soll.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 27. Jan 2018, 17:27Steht es nach deiner Einschätzung in einem angemessenen Verhältnis zu dem, was Weinstein und vielen, vielen anderen zur Last gelegt wird, dass wir die letzten 10 bis 20 Seiten im wesentlich darüber streiten, welche Mitschuld möglicherweise manche der Opfer auf sich geladen haben?
Wenn man jedoch im Wesentlichen "diese Schwierigkeiten" einblendet, dann wird man der Komplexität des Problems gerecht?
#MeToo: Der Mann und die Frau und die Machtfrage
Byung-Chul Han - in "Was ist Macht?" - hat geschrieben : Hinsichtlich des Machtbegriff herrscht immer noch ein theoretisches Chaos. Der Selbstverständlichkeit des Phänomens steht eine totale Unklarheit des Begriffs gegenüber. Für den einen bedeutet sie Unterdrückung. Für den anderen ist sie ein konstruktives Element der Kommunikation. Die juristische, die politische und die soziologische Vorstellung von der Macht stehen einander unversöhnt gegenüber. Die Macht wird bald mit der Freiheit, bald mit dem Zwang in Verbindung gebracht. Für die einen beruht die Macht auf dem gemeinsamen Handeln. Für die anderen steht sie mit dem Kampf eine Beziehung. Die einen grenzen die Macht von der Gewalt scharf ab. Für die anderen ist die Gewalt nichts anderes als in eine intensivierte Form der Macht. Die Macht wird bald mit dem Recht, bald mit der Willkür assoziiert.
Byung-Chul Han - in "Was ist Macht?" - hat geschrieben :
Logik der Macht
Unter Macht versteht man gewöhnlich die folgende Kausalrelation: Die Macht von Ego ist die Ursache, die bei Alter gegen dessen Willen ein bestimmtes Verhalten bewirkt. Sie befähigt Ego dazu, seine Entscheidungen, ohne auf Alter Rücksicht nehmen zu müssen, durchzusetzen. So beschränkt Egos Macht Alters Freiheit. Alter erleidet den Willen Egos als etwas ihm Fremdes. Diese gewöhnliche Vorstellung von der Macht wird deren Komplexität nicht gerecht. Das Geschehen der Macht erschöpft sich nicht in dem Versuch, Widerstand zu brechen oder Gehorsam zu erzwingen. Die Macht muß nicht die Form eines Zwanges annehmen. Daß sich überhaupt ein gegenläufiger Wille bildet und dem Machthaber entgegenschlägt, zeugt gerade von der Schwäche seiner Macht. Je mächtiger die Macht ist, desto stiller wirkt sie. Wo sie eigens auf sich hinweisen muß, ist sie bereits geschwächt.
Je mächtiger die Macht ist, desto stiller und untergründiger wirkt sie, meint Han. Widerstand, der erst noch zu brechen wäre, ist nicht in Sicht und Gehorsam wird nicht erzwungen, sondern ist oft vorauseilend und kommt als Selbstverständlichkeit oder Folgsamkeit daher. Vielleicht fühlt sie sich für die davon betroffenen sogar als Freiheit an? Was ist Macht? Was ist Freiheit? Wie erkennen wir sie? Woran erkennt der Fisch das Wasser? Ulrich Beck schreib dazu: "Selbstverständlichkeit, Vergessen und Größe der Macht korrelieren positiv. Man kann geradezu sagen: Wo niemand über Macht spricht, ist sie fraglos da, in ihrer Fragwürdigkeit zugleich sicher und groß. Wo macht Thema wird, beginnt ihr Zerfall."Byung-Chul Han - in "Was ist Macht?" - hat geschrieben : [...] es ist nämlich das Zeichen einer höheren Macht, dass der Machtunterworfene von sich aus gerade das, was der Machthaber will, ausdrücklich will, dass der Machtunterworfene dem Willen des Machthabers wie seinem eigenen Willen folgt oder sogar vorgereift [...]
Das Zwangsmodell wird der Komplexität der Macht nicht gerecht. Die Macht als Zwang besteht darin, eigene Entscheidung gegen den Willen des anderen durchzusetzen. So weist sie einen sehr geringeren Vermittlungsgrad auf. Ego und Alter verhalten sich zueinander antagonistisch. Ego findet keine Aufnahme in Alters Seele. Mehr Vermittlung enthält dagegen jene Macht, die nicht gegen den Handlungsentwurf des Anderen, sondern aus ihm heraus auswirkt. Eine höhere Macht nämlich die, die die Zukunft des Anderen bildet, und nicht die, die sie blockiert. Statt gegen eine bestimmte Handlung Alters vorzugehen, beeinflusst oder bearbeitet sie das Handlungsfeld oder -vorfeld Alters so, dass sich Alter freiwillig, auch ohne negative Sanktionen, für das entscheidet, was Egos Willen entspricht. Ohne jede Gewaltausübung nimmt der Machthaber Platz in der Seele des Anderen.
[Aber Rosita, das ändert doch nichts daran, dass es dein Recht ist "NEIN" zu sagen.
Es ist Dein Recht "verklemmt" und "nicht locker genug" zu sein, ganz egal ob das nun stimmt oder nicht.
Und es ist auch das recht der Anderen das so zu sehen, ganz egal ob das nun stimmt oder nicht.
Ja denkst Du denn, das ginge nicht uns allen so? Was meinst Du wie oft ich mich irgendwo als Spielverderber hinstellen lassen muss nur weil ich eben laut und deutlich sage dass ich etwas nicht will.]
Und genau da gehen unsere Meinungen diametral auseinander. Du gehst davon aus ein Recht zu haben, Dich Frauen in einer Art zu nähern sie sie nicht möchten. Wohlgemerkt, ich beziehe mich immer hauptsächlich auf den beruflichen Bereich. Privat ist das wieder etwas anderes, da kann man gehen wenn man das nicht möchte, ohne dass es Nachwirkungen hat.Aber ich finde ich kann darauf keine Rücksicht nehmen und ich nehme auch keine Rücksicht darauf.
Weil Alles andere ja bedeuten würde, dass ich mich ständig nur dem Willen der Anderen unterordne, sobald diese mein Verhalten kritisieren.
Byung-Chul Han - in "Was ist Macht?" hat geschrieben : [...] Die Macht unterdrückt die Natur, die Instinkte, eine Klasse, die Individuen; und ist im zeitgenössischen Diskurs diese hundertmal wiederholte Definition der Macht als einer unterdrückenden zu finden, so hat sie nicht der zeitgenössische Diskurs erfunden: Hegel hatte es als erster gesagt, dann Freud, dann Reich. Wie dem auch sei: >Organ der Unterdrückung< ist im gegenwärtigen Vokabular die quasi automatische Benennung der Macht.«
In Wirklichkeit stellt die Unterdrückung nur eine bestimmte, nämlich eine vermittlungsarme oder vermittlungslose Form der Macht dar. Die Macht aber beruht nicht auf der Repression. Immer wieder distanziert sich Foucault von dieser negativen Konzeption der Macht: »Man muß aufhören, die Wirkungen der Macht immer negativ zu beschreiben, als ob sie nur >ausschließen<, >unterdrücken<, >verdrängen<, >zensieren<, >abstrahieren<, >maskieren<, >verschleiern< würde.
In Wirklichkeit ist die Macht produktiv; und sie produziert Wirkliches.« Sie ist »dazu bestimmt, Kräfte hervorzubringen, wachsen zu lassen und zu ordnen, anstatt sie zu hemmen, zu beugen oder zu vernichten«. Zu dem Zusammenhang zwischen Körper und Macht schreibt Foucault: »Der Grund dafür, daß die Macht herrscht, daß man sie akzeptiert, liegt ganz einfach darin, daß sie nicht nur als neinsagende Gewalt auf uns lastet, sondern in Wirklichkeit die Körper durchdringt, Dinge produziert, Lust verursacht, Wissen hervorbringt, Diskurse produziert; man muß sie als ein produktives Netz auffassen, das den ganzen sozialen Körper überzieht und nicht so sehr als negative Instanz, deren Funktion in der Unterdrückung besteht.
Foucaults Hinweise zur Produktivität der Macht werden selten zur Kenntnis genommen. Dazu hat Foucault [selbst beigetragen ...]
psyheu hat geschrieben : Was ist Macht überhaupt? Nach einer klassischen Studie von John R.P. French Jr. und Robert Alan Dahl ist Macht „die Fähigkeit von Akteur A einen Akteur B zu einer Handlung zu bewegen, etwas zu tun, was Akteur A von ihm verlangt, abzüglich der Wahrscheinlichkeit, dass der Akteur B die von Akteur A gewollte Handlung auch ohne den Einfluss von Akteur A getan hätte.“[1]
Gemäß Max Weber ist Macht, „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“[2]
Breiter fasst die Sozialwissenschaft Macht, nämlich als „die Fähigkeit einer Person oder Interessengruppe, auf das Verhalten und Denken einzelner Personen, sozialer Gruppen oder Bevölkerungsteile einzuwirken.“[3]
Macht ist also der Einfluss, die Fähigkeit, das Verhalten oder Denken anderer zu steuern.
Es gibt viele offene Formen der Macht und vermutlich noch mehr versteckte.
(Quelle)