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Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
Burkart
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So 12. Feb 2023, 10:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 09:58
Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 09:02
Ich kenne Frege inhaltlich bisher nicht (groß), aber die Interview-Aussage, dass Frege meint, dass Zahlen (oder waren es mathematische Objekte?) nicht weiter auf etwas zurückführbar sind, intessant. Ich hoffe, dass spätere Philosophen weitergekommen sind ...
Du hast keine Ahnung, was er gesagt hat, du hast keine Ahnung, worum es geht, aber du weißt es besser.
Stelle es entweder richtig hinsichtlich der Aussage im Video, auf die ich mich nur bezogen habe, oder lass dein pauschales "du hast keine Ahnung...", weil du offensichtlich dann keine (bessere) Ahnung hast.
Warum soll ich keine Ahnung haben, wenn ich mir das Video angeschaut habe?? Ich kann höchstens etwas missverstanden haben, aber genau dafür sind Richtigstellungen da.



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Jörn Budesheim
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So 12. Feb 2023, 10:47

Ich schreibe im Grunde exakt das, was du selbst auch geschrieben hast nur in klaren und deutlichen Worten. Du kennst Frege nicht, aber hoffst, dass spätere Philosophen weitergekommen sind ... Mit anderen Worten, du hast keine Ahnung, worum es geht, aber immerhin weißt du schon mal, dass es falsch ist.




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Jörn Budesheim
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So 12. Feb 2023, 11:06

Laut der Philosophin Silvia Jonas, der Gesprächspartnerin von Michel Friedman, hat Frege die Ansicht vertreten, dass es einfache logische Aussagen gibt, hinter die wir nicht mehr zurückgehen können, wie sie sagt. Aussagen, die wir nicht mehr begründen können. Zuvor hatte sie erklärt, dass Frege der erste war, der zu zeigen versuchte, dass es in der Mathematik nur um logische Aussagen geht ... Ich verstehe das so, dass Frege gerade nicht meint, dass Zahlen nicht mehr auf etwas zurückgeführt werden können.

(Ein Beispiel - nicht aus dem Interview - an dass ich mich vage erinnere: wie groß ist die Menge der Objekte, die quadratische Kreise enthält?)




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So 12. Feb 2023, 11:55

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 11:06
Laut der Philosophin Silvia Jonas hat Frege die Ansicht vertreten, dass es einfache logische Aussagen gibt, hinter die wir nicht mehr zurückgehen können, wie sie sagt, die wir nicht mehr begründen können.
Erstmal danke, dass du nun doch noch sachlich auf den Inhalt eingegangen bist.

Bei Jonas' einfachen logischen Aussagen "hinter die wir nicht mehr zurückgehen können" frage ich mich nun, wie das genau zu verstehen ist.
Rein logisch kann man z.B. "a = b und c" nicht weiter reduzieren (vereinfachen), aber verstandesgemäß begründen vielleicht schon.
Oder hast du ein Beispiel, wo etwas nicht weiter begründbar sein kann?
Zuvor hatte sie erklärt, dass Frege der erste war, der zu zeigen versuchte, dass es in der Mathematik nur um logische Aussagen geht ...
So, nun habe ich Frege auch ein wenig nachgelesen. Deine Aussage mag hinkommen, wenn man "logische Aussage" nichtzu eng sieht (ist eine Zahl bzw. Menge eine Aussage oder nur ein Objekt?).
Sehr verständlich und informativ finde ich Wikipedias Satz zu Frege:
"Seine herausragende Leistung auf dem Gebiet der Logik besteht darin, als erster eine formale Sprache und, damit zusammenhängend, formale Beweise entwickelt zu haben."
Ich verstehe das so, dass Frege gerade nicht meint, dass Zahlen nicht mehr auf etwas zurückgeführt werden können.
Ok, dann habe ich das missverstanden, kann ja sein.
(Ein Beispiel - nicht aus dem Interview - an dass ich mich vage erinnere: wie groß ist die Menge der Objekte, die quadratische Kreise enthält?)
Mir würden auch schon "rosa Einhörner" reichen ;)
Hier geht es ja um nicht real existierende Objekte - ob man diese nun mal fiktiv annimmt oder nicht...
Oder was sagt dir dieses Beispiel?



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sybok
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So 12. Feb 2023, 12:10

Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 09:02
Also wenn wir hier weiter über das eine oder andere daraus diskutieren wollen, gerne.

Interessiert mich sehr, ich bin jedenfalls dabei :)


Folgendes soweit mir die Geschichte bekannt / wie sich mir das jetzt nach meinem derzeitigen Kenntnisstand präsentiert:

Angefangen hat es mit Euklid und dem Parallelenpostulat (ein allg. gutes Buch, dass u.A. die überragende Bedeutung dieses Postulats für die Mathematik illustriert: 5000 Jahre Geometrie, man kann es kaum überschätzen). Das war beinahe 2000 Jahre lang ein Treiber in der Mathematik und die "Entdeckung" der nichteuklidischen Geometrie durch Lobatschevsky, Gauss und Andere im 19. Jhdt. hat dann gewissermassen die Krise eröffnet. Nämlich durch die Erkenntnis - eben über die so Andersartigkeit nichteuklidischer Geometrie - dass es scheinbar nicht DIE Mathematik gebe, dass Axiome in dem Sinne nicht "natürlich" sind, sondern vielleicht willkürlich gewählt werden können, es ergeben sich dann einfach andere "Mathematiken".
Frege, Russell und Co. wollten das dann "retten", die Mathematik sauber und stringent auf Arithmetik, resp. Mengenlehre und Logik rückführbar machen und ein "natürliches", korrektes und konsistentes Set an Axiomen ausarbeiten. Das hat zu Problemen geführt, beispielsweise entdeckte man die Unabhängigkeit von einer Anzahl relativ bedeutender Aussagen/Axiome im naiv/natürlich vorherrschenden System, wie die berühmte Kontinuumshypothese, das Auswahlaxiom oder den Wohlordnungssatz. Und dann das "Platzen der Bombe", Gödel's Unvollständigkeitssätze, dass man ein beweisbar konsistentes System niemals hinkriegt, wenn es einigermassen Ausdrucksstärke besitzen soll - was dann den Logizismus begräbt (oder, naja, schwächer vielleicht: wenigstens nicht mehr als irgendwie ausgezeichnete Hintergrundphilosophie zulässt).

Deshalb sieht man dann den Formalismus als "Sieger" des Grundlagenstreits an, Mathematik ist demnach eine Sprache, ein Symbolmanipulationssystem. Es gibt keine "der Welt inhärente" resp. "natürliche" Axiomensysteme / Logiken, es gibt nur verschiedene formale Systeme. Statt Euklids unendlich grosses, in alle Richtungen ausgedehntes Blatt Papier kann ich in nichteuklidischer Weise einen unendlich weit entfernten "Fluchtpunkt" hinzunehmen und schwups schneiden sich auch parallele Geraden, es gibt keine "inhärente" Bewertung was "besser" oder "natürlicher" wäre und je tiefer man geht, desto komplizierter wird es.




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Jörn Budesheim
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So 12. Feb 2023, 12:25

Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 11:55
Mir würden auch schon "rosa Einhörner" reichen ;)
Hier geht es ja um nicht real existierende Objekte - ob man diese nun mal fiktiv annimmt oder nicht...
Oder was sagt dir dieses Beispiel?
Ein rosa Einhorn und ein rundes Quadrat unterscheiden sich wesentlich. Der Unterschied ist hoffentlich klar.

(Wenn du dir selbst laut Antwort auf die Frage gibst, viele Elemente die Menge der runden Quadrate enthält, dann weißt du vielleicht auch worum es geht.)




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Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 11:55
Ok, dann habe ich das missverstanden, kann ja sein.
Aber der entscheidende Punkt, wie ich finde, ist folgender: die Philosophin hat erläutert, dass Frege einer der wichtigsten Mathematiker der letzten 200 Jahre ist. Das ist aber für dich egal, du hast dich mit der Materie kaum bzw. gar nicht beschäftigt, weißt es aber dennoch besser.




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So 12. Feb 2023, 14:04

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 12:25
Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 11:55
Mir würden auch schon "rosa Einhörner" reichen ;)
Hier geht es ja um nicht real existierende Objekte - ob man diese nun mal fiktiv annimmt oder nicht...
Oder was sagt dir dieses Beispiel?
Ein rosa Einhorn und ein rundes Quadrat unterscheiden sich wesentlich. Der Unterschied ist hoffentlich klar.
Wieso rundes Quadrat? Ich denke, quadratischer Kreis? ;)
Ansonsten: Ja klar. Nur ob der Unterschied hier relevant ist...
(Wenn du dir selbst laut Antwort auf die Frage gibst, viele Elemente die Menge der runden Quadrate enthält, dann weißt du vielleicht auch worum es geht.)
Ich wollte nur wissen, was daran dich genau interessiert - ohne selbst deine Ideen/Gedanken erraten bzw. hineininterpretieren zu müssen.
Zuletzt geändert von Burkart am So 12. Feb 2023, 14:18, insgesamt 1-mal geändert.



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So 12. Feb 2023, 14:14

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 12:52
Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 11:55
Ok, dann habe ich das missverstanden, kann ja sein.
Aber der entscheidende Punkt, wie ich finde, ist folgender: die Philosophin hat erläutert, dass Frege einer der wichtigsten Mathematiker der letzten 200 Jahre ist. Das ist aber für dich egal, du hast dich mit der Materie kaum bzw. gar nicht beschäftigt, weißt es aber dennoch besser.
Du hast insofern recht, dass mir Namen und Historie nicht sehr viel bedeuten, mich interessieren vor allem Inhalte. Insofern hält sich mein Respekt (oder gar Heiligenschein-Betrachtung) für "wichtige Mathematiker" auch in Grenzen.
Allerdings habe ich mich mit der Materie schon beschäftigt, als Mathematik-Informatiker selbstverständlich (wir haben schon im Studium viel Theorie gehabt, gerade hinsichtlich formaler Beweise).
Auch in Jahrezehnte langen Überlegungen zu KI, in der ich Mathematik auch als interessante Domäne ansehe, spielt auch so etwas eine Rolle.
Also lass uns bitte inhaltlich bleiben; dieses häufige "kannst/weißt du nicht" kann wirklich auf'n Keks gehen. (Ok, dann schreibe ich halt nicht mehr, was ich nicht so genau weiß, vielleicht hilft das ja...)

PS: Ich bin vor allem (Durch-)Denker, nicht (historisch sehr) Wissender.



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Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 14:14
Namen
Frege gilt vermutlich nicht als einer der bedeutendsten Mathematiker (Logiker/Philosophen) weil er so einen schönen Namen hat. Die Philosophin hatte ihn in dem Gespräch zitiert, weil er in der Sache etwas wichtiges zu sagen hatte. Mein Punkt war folgender: du wusstest weder, worum es der Sache nach ging, noch was Frege genau gesagt hatte, aber du wusstest, dass er falsch lag. Wie kann das sein?




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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 14:04
Nur ob der Unterschied hier relevant ist...
Der Unterschied ist entscheidend. Rosa Einhörner gibt es nämlich bloß kontingenterweise nicht.




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So 12. Feb 2023, 14:57

sybok hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 12:10
Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 09:02
Also wenn wir hier weiter über das eine oder andere daraus diskutieren wollen, gerne.

Interessiert mich sehr, ich bin jedenfalls dabei :)


Folgendes soweit mir die Geschichte bekannt / wie sich mir das jetzt nach meinem derzeitigen Kenntnisstand präsentiert:

Angefangen hat es mit Euklid und dem Parallelenpostulat (ein allg. gutes Buch, dass u.A. die überragende Bedeutung dieses Postulats für die Mathematik illustriert: 5000 Jahre Geometrie, man kann es kaum überschätzen). Das war beinahe 2000 Jahre lang ein Treiber in der Mathematik und die "Entdeckung" der nichteuklidischen Geometrie durch Lobatschevsky, Gauss und Andere im 19. Jhdt. hat dann gewissermassen die Krise eröffnet. Nämlich durch die Erkenntnis - eben über die so Andersartigkeit nichteuklidischer Geometrie - dass es scheinbar nicht DIE Mathematik gebe, dass Axiome in dem Sinne nicht "natürlich" sind, sondern vielleicht willkürlich gewählt werden können, es ergeben sich dann einfach andere "Mathematiken".
Frege, Russell und Co. wollten das dann "retten", die Mathematik sauber und stringent auf Arithmetik, resp. Mengenlehre und Logik rückführbar machen und ein "natürliches", korrektes und konsistentes Set an Axiomen ausarbeiten. Das hat zu Problemen geführt, beispielsweise entdeckte man die Unabhängigkeit von einer Anzahl relativ bedeutender Aussagen/Axiome im naiv/natürlich vorherrschenden System, wie die berühmte Kontinuumshypothese, das Auswahlaxiom oder den Wohlordnungssatz. Und dann das "Platzen der Bombe", Gödel's Unvollständigkeitssätze, dass man ein beweisbar konsistentes System niemals hinkriegt, wenn es einigermassen Ausdrucksstärke besitzen soll - was dann den Logizismus begräbt (oder, naja, schwächer vielleicht: wenigstens nicht mehr als irgendwie ausgezeichnete Hintergrundphilosophie zulässt).

Deshalb sieht man dann den Formalismus als "Sieger" des Grundlagenstreits an, Mathematik ist demnach eine Sprache, ein Symbolmanipulationssystem. Es gibt keine "der Welt inhärente" resp. "natürliche" Axiomensysteme / Logiken, es gibt nur verschiedene formale Systeme. Statt Euklids unendlich grosses, in alle Richtungen ausgedehntes Blatt Papier kann ich in nichteuklidischer Weise einen unendlich weit entfernten "Fluchtpunkt" hinzunehmen und schwups schneiden sich auch parallele Geraden, es gibt keine "inhärente" Bewertung was "besser" oder "natürlicher" wäre und je tiefer man geht, desto komplizierter wird es.
Dank dir für den historischen Abriss.

Manchmal sind Konstrukte auch künstlich und machen z.B. nur abstrakt einen gewissen Sinn. Ich meine damit z.B. das Schneiden der parallen Geraden: Wenn sie immer einen konstanten Abstand > 0 haben, wird ihr Abstand nie 0 sein und damit die eigentliche Schnittbedingung nicht erfüllen können. Unendlich(keit) ist das aus meiner Sicht nur ein (für mich hier unpassendes) Hilfskonstrukt.
Dabei denke auch an etwas wie "Unendlich - unendlich = PI" und so'n (um Aufmerksamkeit heischender, in der Form eigentlicher) Blödsinn, wie auf youtube zu finden ist.

Ja, natürliche Axiomensysteme / Logiken gibt es nicht. Sie beruhen alle auf unseren Grundlagen, u.a. unsere Einschränkungen, z.B. hinsichtlich Dimension. 1+1=2 stimmt sozusagen nur im Eindimensionalen, zwei Wege (z.B. der Länge 1) im Zweidimensionalen sind zusammen oft kürzer als die Summe der Einzelwege.

Persönlich denke ich auch über das Entstehen einfacher Axiome nach wie (neben Zahlen als z.B. An-Zahl) die logischen Operation "und", "oder" und "nicht":
"Und" ist noch die einfachste Operation, sie besagt "nur", dass Eigenschaften A und B gemeinsam auftreten müssen.
"Oder" ist schon z.B. wegen aus- oder einschließendem Oder nicht mal ganz eindeutig in unserem Verständnis.
Und "Nicht" als Gegenteil kann leicht uneindeutig sein: Ist ein Nicht-weißer (Schach-)König nun schwarz oder die weiße Dame o.ä.?
So und ähnlich denke ich über mathematische Grundlagen nach.

Dass etwas wie "Mengen von Mengen, die sich nicht selbst enthalten" oder das Halteproblem durch Selbstreferenz scheitern, zeigt zwar jeweils die Unbeweisbarkeiten im Allgemeinen. Dafür werden aber beweisbare Untermengen aus meiner Sicht zu wenig betrachtet, die oft genug im Praktischen völlig ausreichen, ob nun bei Mengen oder doch beweisbar haltenden Programmen.
Das sehe ich insofern, als dass KI als quasi basierend auf einer Turingmaschine so leicht unterschätzt wird, weil man behauptet "das kann ja gar nicht gehen, siehe Gödel&Co". Dass Menschen aber letztlich den gleichen Restriktionen unterliegen, interessiert solche Kritiker nicht - bzw. das Gegenteil müssten sie erstmal (formal) beweisen und nicht mit "biologisch", "Leben" oder "Bewusstsein" u.ä. rumschwafeln.



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So 12. Feb 2023, 15:03

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 14:52
Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 14:14
Namen
Frege gilt vermutlich nicht als einer der bedeutendsten Mathematiker (Logiker/Philosophen) weil er so einen schönen Namen hat. Die Philosophin hatte ihn in dem Gespräch zitiert, weil er in der Sache etwas wichtiges zu sagen hatte. Mein Punkt war folgender: du wusstest weder, worum es der Sache nach ging, noch was Frege genau gesagt hatte, aber du wusstest, dass er falsch lag. Wie kann das sein?
Ich habe nirgends geschrieben, dass er falsch lag, oder siehst du das Wort bei meinem Beitrag dort? Mir ging es nur darum, dass sein Denkmodell u.U. erweitert werden könnte (in gewisser Hinsicht).
Etwas ähnlich ist Newton mit seiner Gravitation nicht falsch, nur weil Einstein die Relativitätstheorie entwickelt hat.



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So 12. Feb 2023, 15:15

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 14:56
Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 14:04
Nur ob der Unterschied hier relevant ist...
Der Unterschied ist entscheidend. Rosa Einhörner gibt es nämlich bloß kontingenterweise nicht.
Und wofür ist der Unterschied nun notwendig für "wie groß ist die Menge der Objekte, die quadratische Kreise enthält"? (Ich vermisse immer noch deine geschriebene Begründung.)
Weder rosa Einhörner noch quadratische Kreise machen in unserer Realität Sinn (wenn auch aus verschiedenen Gründen) und somit kann man einfach sagen: Die Menge der Objekte ist einfach leer und damit identisch.



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So 12. Feb 2023, 15:29

Frege soll gesagt haben: Logische Beziehungen existieren unabhängig vom menschlichen Denken.

Ich denke, Burkart, dass du mit dieser Aussage ein Problem haben wirst. Denn das würde ja heissen, dass die Logik nichts mit dem Menschen zu tun hat. Und das gibt es ja bei dir nicht.
Ich finde diese Aussage ein absoluter Knaller. Vor Frege hat man immer gemeinhin angenommen, die Mathematik sei ein Produkt des menschlichen Geistes.
Wenn aber Frege recht hat, dann hat die Mathematik mit der Psychologie des Menschen überhaupt nichts zu tun, sondern würde objektiv existieren.
In der Logik ginge es gar nicht mehr um "Denkgesetze" - Logik hat mit dem Denken überhaupt nichts zu tun. Das war Freges Idee.



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So 12. Feb 2023, 15:32

Interessant fand ich die Aussage der Philosophin Silvia Jonas, dass es Untersuchung darüber gibt, wie Mathematiker selbst zu der Frage stehen, ob Zahlen wirklich existieren. Eine Mehrheit der Mathematiker scheint der Ansicht zu sein, dass sie die Welt der Mathematik entdecken und erforschen, Zahlen also real sind.

Der deutsche Mathematiker Peter Scholze, der vor einiger Zeit mit der Fields-Medaille ausgezeichnet wurde, sieht das wohl ähnlich und sagt in einem Interview:

"Ich [Peter Scholze] denke tatsächlich, dass die Zahlen unabhängig von uns sind. In welchem Sinne sie „existieren“ ist vielleicht schwer zu sagen, sicherlich nicht als konkrete Objekte unserer Welt. Ich fühle mich aber wie ein Physiker, der die zugrundeliegenden Gesetze der Zahlen erforscht. So wie der Physiker die Welt ergründet, versuche ich einfach, die ganzen Zahlen zu erforschen. [...] Die Zahlen sind Teil von unserer Welt."

Hier ein weiteres Beispiel aus einer Einführung in die Philosophie der Mathematik:

"[Ich, Jörg Neunhäuserer bin] Anhänger eines platonischen Realismus in der Ontologie der Mathematik, eines Rationalismus in der Erkenntnistheorie der Mathematik und einer wissenschaftstheoretischen Abgrenzung der Mathematik von den anderen Wissenschaften. Das heißt, dass [ich der Überzeugung bin], dass die Gegenstände der Mathematik unabhängig von mentalen Vorgängen und jenseits der physikalischen Raum-Zeit existieren, dass wir mathematische Erkenntnisse durch unmittelbare rationale Einsicht und logische Deduktion gewinnen und dass die Mathematik durch ihre methodische Praxis klar von allen anderen Wissenschaften unterschieden ist. Diese Position ist nicht originell, eher konservativ und in der Philosophie der Mathematik umstritten. Vielleicht ist [meine] Perspektive typisch für einen Mathematiker, der sich mit der Philosophie der Mathematik beschäftigt."




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So 12. Feb 2023, 15:48

Allerdings, wenn man daran denkt, wie die Menschen zu den Zahlen gekommen sind, dann frage ich mich, ob Frege recht haben kann.
Am einfachsten geschah das so. Die Urmenschen sahen einmal ein Reh, ein anderes mal zwei, und dann eine ganze Gruppe von Rehen.
Jetzt wollten sie aus wichtigen Gründen den anderen mitteilen, was sie sahen. Manchmal war es wichtig, ob es zwei oder drei Rehe waren.
So ähnlich kamen wohl die Menschen zu den Zahlen. Auch ist fast sicher, dass wir ein Zehnersystem haben, weil die Urmenschen oft mit ihren zehn Fingern rechneten. Deshalb also die Grundzahl zehn und nicht neun oder elf.
Es scheint, dass der Zahlbegriff sogar also von materiellen Dingen her kommt, bzw. wie viele davon da waren.

Dann wäre aber der Zahlbegriff vom Menschen gemacht und nicht von ihm unabhängig.



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So 12. Feb 2023, 16:14

Besonders erstaunlich war der Moment, wo einem Urmenschen die Quadratwurzel aus einem Reh entgegensprang.




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So 12. Feb 2023, 16:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 12. Sep 2022, 20:37
Zu Beginn der Corona-Zeit gab es solche Rätsel bei Facebook nahezu täglich oder öfter. In der Regel haben die meisten es so gemacht wie "auf der Sonne", sie haben einfach ihre Lösung hingeschrieben ohne irgendeine Begründung.

Wenn viele mitgemacht haben, dann konnte man sich durch die Antworten scrollen und las dann eine Zahl nach der anderen. Gefühlt würde ich sagen, dass 99,9% keine Begründung für ihre Antwort gegeben haben oder den Lösungsweg, wie es jetzt Burkart gemacht hat, angegeben haben.

Ein oder zweimal habe ich mitgemacht, meine Lösung und den Lösungsweg angegeben, meistens sogar noch mit ein paar Worten ausgeschmückt. Nicht oft musste ich dann feststellen, dass behauptet wurde, dass sei falsch, dann wurde die vermeintlich richtige Lösung angegeben, natürlich ohne jede Begründung und ohne Lösungsweg :)

Mich hat es immer irgendwie fasziniert :)

Seiner Zeit , als ich noch zur Schule ging, legte mein Mathelehrer , während einer Mathearbeit , eben darauf und zwar den Lösungsweg , einen großen Wert. So konnte man unter der Voraussetzung, dass man sogar erforderliche Überschlagsrechnungen , infolge der Benutzung eines Rechenstabs , seine Zensur selbst dann verbessern, wenn das Ergebnis unterm Strich falsch war. Heute vermutlich undenkbar.

Das Vorzeigen von Lösungswegen , würde ich übrigens auch beim Verfassen von Beiträgen , hier im Forum , für essenziell halten.




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So 12. Feb 2023, 16:23

Burkart hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 15:15
Und wofür ist der Unterschied nun notwendig ...
Für einen (Durch-)Denker müsste das doch auf der Hand liegen, denn es ist doch nicht egal, ob etwas zufälligerweise oder notwendigerweise nicht existiert.




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