AufDerSonne hat geschrieben : ↑ Fr 30. Sep 2022, 18:54
Ich denke, wenn man Distanz gewinnt zu einer Sache, passiert viel mehr. Geometrische gesehen, tritt man ein paar Schritte zurück vom betrachteten Objekt. Dann sieht man etwa den Wald und nicht nur ein Baum.
Geometrisch gesehen müsste man den Wald verlassen und ihn von oben , wie ein Vogel oder von einer Anhöhe betrachten , um den Wald als Ganzes zu sehen. Es reicht nicht, nur einfach in eine Lichtung hinaus zu treten. Gehört doch diese Lichtung auch zum Wald. So in etwa stelle ich mir jene Distanz vor , die es einem ermöglicht, die Menschheit als Ganzes zu sehen. Jenseits dessen , was Philosophen gelegentlich als "Lichtung" ansehen . Wenn gleich diese Distanz , in etwa so schwierig zu erreichen ist , wie das ein Baum dazu in der Lage wäre , aus einem Wald heraus zu treten , um selbigen als Ganzes sehen zu können. Zu fest verwurzelt ist auch der Mensch , in der Menschheit , als das er die Menschheit als Ganzes sehen könnte.
- Wenn der große Denker die Menschen verachtet, so verachtet er ihre Faulheit: denn ihrethalben erscheinen sie als Fabrikware, als gleichgültig, des Verkehrs und der Belehrung unwürdig. Der Mensch, welcher nicht zur Masse gehören will, braucht nur aufzuhören, gegen sich bequem zu sein; er folge seinem Gewissen, welches ihm zuruft: »sei du selbst! Das bist du alles nicht, was du jetzt tust, meinst, begehrst.«
Friedrich Nietzsche .. Unzeitgemäße Betrachtungen
Wenn man Nietzsche glauben schenken darf , so müsste man sich eigentlich nur , um aus der Masse heraus zu treten, dazu befleißigen. Beispielsweise dadurch , dass man sich ehrlich, vor sich selbst macht, auch wenn es unbequem ist.
- Jener Reisende, der viel Länder und Völker und mehrere Erdteile gesehen hatte und gefragt wurde, welche Eigenschaft der Menschen er überall wiedergefunden habe, sagte: sie haben einen Hang zur Faulheit. Manchen wird es dünken, er hätte richtiger und gültiger gesagt: sie sind alle furchtsam. Sie verstecken sich unter Sitten und Meinungen.
Friedrich Nietzsche .. Unzeitgemäße Betrachtungen
Ist es doch zu bequem , sich hinter den Sitten und Meinungen der Masse zu verstecken oder richtiger und gültiger gesagt , muss man doch befürchten von der Masse verstoßen zu werden , wenn man das alles in Wirklichkeit nicht ist.
Aber eben dieses Verstoßenwerden schafft genau die Distanz , die Notwendig ist , um die Menschheit als Ganzes sehen zu können.!
Das ist wenn man so will ein Dilemma ..
Lucian Wing hat geschrieben : ↑ Do 6. Okt 2022, 20:32
Ich weiß nicht, ob man dich als Mensch überhaupt noch erreichen kann: Es gibt Momente, da dein Auftritt einfach nur monströs ist.
Obwohl du immer die "Menschheit" thematisierst, sind solche Beiträge in solchen Momenten Anlass, dass ich mich frage, ob eigentlich dein Begriff "Menschheit" nur eine Metapher ist für ein völlig ochsenfroschmäßig überdehntes Ego. Mir scheint, es geht immer nur um dich. Die Erkenntnis, dass du letztlich in beiden Foren, in denen wir miteinander geschrieben haben, gescheitert bist, ist dir vermutlich noch nie auch nur ansatzweise gekommen.
Ein Dilemma , das "Lucian Wing hier , mich betreffend , sicherlich ungewollt , sehr schön auf den Punkt gebracht hat. "Bequem" ist das alles für mich sicherlich nicht , ganz im Gegenteil. Wenn ich es denn
bequem haben will , sollte ich solche Beiträge wie Nauplios posten. Der muss ganz sicher nicht befürchten verstoßen zu werden. Übrigens .. wenn es tatsächlich nur um mich ginge , dann würde ich mich ja wohl kaum mit "monströsen Auftritten" unbeliebt machen bzw. das Risiko eingehen , zu scheitern.
Nur mal zum Vergleich , was Kant zur Faulheit und Feigheit bzw. zur Bequemlichkeit geschrieben hat ..
- "Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, u.s.w.: so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen."
Immanuel Kant .. Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
Wenn Nietzsche sagt "Sei du selbst" , so macht das einen insofern mündig , dass man erkennt , wie unmündig man im Grunde SELBST! ist.
Wir reden hier also von einer Faulheit und Feigheit vor der Selbst! - erkenntnis.
"weil die Natur ihn längst von fremder Leitung freigesprochen hat" , geht Kant davon aus , dass der Mensch , in jedem Falle mündig ist. Er will nur gerne zeitlebens unmündig bleiben, weil es so bequem ist. Diese , von Hause aus , vorausgesetzte Mündigkeit, das unterscheidet Kant von Nietzsche.