Schlösser, die im Monde liegen

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
Timberlake
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So 18. Feb 2024, 17:59

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 18. Feb 2024, 07:46
Die-Un-SICHTBARE hat geschrieben :
Sa 17. Feb 2024, 20:06
Wahrscheinlich hätte keiner von allen teilnehmenden hier, in der Realität, dem wahren Leben, über die Themen hier gesprochen...
Wie kommst du darauf? Ich bin seit vielen, vielen Jahren in philosophischen Foren unterwegs und spreche auch im "wahren Leben" mit anderen über solche Themen, wie sie hier diskutiert werden.
.. du glücklicher. Wenn ich mir im Vergleich dazu mein reales Umfeld vergegenwärtige, so bietet mir sich da eigentlich nur mit der Inhaberin eines Bioladens im Nachbardorf die Möglichkeit , den Einkauf mit solchen Diskussionen zu verknüpfen. Dieses Umfeld erfuhr im Grunde genommen nur in den wenigen Jahren als Student eine signifikante Veränderung und selbst in dieser Zeit konnte man aus naheliegenden , "real“ sozialistischen Gründen, von einer solchen Themenvielfalt, wie man sie hier zur Gesicht bekommt , nur träumen. So bin ich übrigens erst mit den philosophischen Foren nach der s.g. Wende 1989 überhaupt erst auf Nietzsches Vermächtnis gestoßen. Ein Vermächtnis , dass ich noch nicht einmal .. als solches!. mit der besagten Inhaberin des Bioladens diskutieren kann. Geschweigen denn im "wahren Leben" mit den anderen , mir unmittelbar . bekannten Menschen. Insofern ich ganz sicher zu jenen teilnehmenden hier gehöre , von dem in dem Zitat vom @ Die-Un-SICHTBARE die Rede ist.




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Nauplios
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Di 20. Feb 2024, 20:06

Ist die Welt sinnlos und ist ihr Sinn lediglich ein vom Menschen beigelegter? - Das Mittelalter hat diese Frage auf elegante Weise entschärft, indem es die Unterscheidung von Mensch und Welt auf ein Niveau herunterdimmt, das die Trennung zwischen beiden tarnt. Existentialistisches Dasein, wie es in der Moderne möglich wird, kennt das Mittelalter in dieser Form nicht. Die Welt hält ausreichend Sinn vor, so daß das Dasein von der Sinnfrage gar nicht erst beunruhigt wird. Welt und Mensch teilen sich dasselbe Bedeutungssystem. "Alles voller Sinn", der darauf wartet, entziffert zu werden, was seine Lesbarkeit voraussetzt. Die Weisheit des Menschen ist die Weisheit der Welt.

Und das macht die Physik zu einer Wissenschaft, die es nicht nur mit seelenloser Materie zu tun hat, sondern die zur Weisheit beiträgt, indem sie die kosmische Ordnung als Sinngefüge vorstellt. Das Gute ist in der mittelalterlichen Kosmologie kein abstraktes Prinzip. Man kann es sehen, durch Himmelsbeobachtungen.




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AufDerSonne
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Di 20. Feb 2024, 21:03

Welt und Mensch. Es ist interessant, dass man sich die Welt als sinnlos vorstellen kann. Die Idee, dass die Welt sinnlos sein könnte, finde ich interessant. Was ist, wenn die Welt erst Sinn hat, wenn es Menschen bzw. Leben gibt?
Vielleicht ist ein Universum ohne Menschen sinnlos, aber ein Universum mit Menschen sinnvoll? Nur so eine Idee.

Ich denke, die kosmische Ordnung lässt jeden Menschen ehrfürchtig werden. Die kosmische Ordnung ist es, die wir spüren, wenn wir in der Nacht den Sternenhimmel betrachten. Wir können nur staunen über so etwas Vollkommenes. Die Physik kann uns eine Ahnung von dieser überwältigenden Ordnung geben, die in der Natur herrscht.
Ich frage mich, ob es auch eine solche Ordnung in der Welt des Gedankens gibt. Vielleicht sogar im Leben. Wir erleben das Leben zwar als eher chaotisch, aber das muss ja nicht heissen, dass es keine "Lebensordnung" gibt.



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AndreaH
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Mi 21. Feb 2024, 00:09

Nauplios hat geschrieben :
So 18. Feb 2024, 17:09
Stefanie hat geschrieben :
Sa 17. Feb 2024, 19:31

Das hier ist ein schöner Thread..und zwar genau so, wie er bisher gestaltet wurde und die Beiträge geschrieben wurden und andere darauf eingehen.
Danke für diesen wohlwollenden Anklang. - Mal sehen, was noch so alles in den Sternen steht und in Mondschlössern an Schätzen verborgen liegt.
Im chinesischen Mythos geht es um die Mondgöttin Changé und ihrem Mann dem Kriegsgott Hou Yi.
Die beiden lebten im Himmel.
Die Erde drohte zu verbrennen, als sich die 10 Söhne des Jadekaisers in Sonnen verwandelten.
Hou Yi versuchte die Menschen zu retten, doch die Söhne reagierten nicht auf seine Bitte.
Daher schoss er 9 von 10 Sonnen ab und rettete dadurch die Erde vor der Austrocknung.
Der Jadekaiser war über den Tod seiner 9 Söhne sehr unglücklich und verbannte Changé und Hou Yi auf die Erde.
Die Mondgöttin sehnte sich nach dem Himmel und der Unsterblichkeit.
Ihr Mann Hou Yi machte sich daraufhin auf den Weg zur Göttin Xiwangmu, die in der Lage war einen Trank für die Unsterblichkeit herzustellen.
Hou Yi versteckte den Trank, denn dieser reichte nur für eine Person.
Als Changé den Trank fand trank sie ihn und glitt sogleich auf den Mond empor.
Doch Hou Yi blieb zurück. Eine Einsamkeit fühlte sie seither als sie ohne ihren Mann auf dem Mond lebte.

Spannend an dem Mythos ist, Changé lebt auf dem Mond,
während in anderen Mythen sie der Mond selbst ist.




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Nauplios
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Mi 21. Feb 2024, 08:58

AufDerSonne hat geschrieben :
Di 20. Feb 2024, 21:03

Ich denke, die kosmische Ordnung lässt jeden Menschen ehrfürchtig werden. Die kosmische Ordnung ist es, die wir spüren, wenn wir in der Nacht den Sternenhimmel betrachten. Wir können nur staunen über so etwas Vollkommenes. Die Physik kann uns eine Ahnung von dieser überwältigenden Ordnung geben, die in der Natur herrscht.
In dieser "Ehrfurcht", von der Du sprichst, AufDerSonne, liegt ein Hinweis, nämlich daß die kosmische Ordnung ja einerseits beim Betrachter Verehrung auslöst, also eine säkulare Form der Anbetung, andererseits aber auch Furcht. Vergleichbar ist die Gottesfurcht, die auch diesen semantischen Doppeleffekt hat. Und in der frühen Neuzeit bekommt der zweite Aspekt, die Furcht, einen stärkeren Akzent. "Das ewige Schweigen dieser unendlichen Räume macht mich schaudern", schreibt der gottesfürchtige Mathematiker Pascal. Das hängt natürlich damit zusammen, daß im Zuge der neuzeitlichen Wissenschaften der Himmel neu vermessen wird und eine "Ahnung" von der Größe des Kosmos entsteht. Aus Ordnung wird Größenordnung. Die Räume werden "unendlich", das Schweigen wird "ewig". Die kosmischen Maßstäbe verlieren ihre anschauliche Relation zu den menschlichen. Die Schere zwischen Weltzeit und Lebenszeit geht auseinander.

In der Moderne wird der Pascal'sche Schauder zum wohligen Schauer. Der Kosmos wird romantisiert zur nächtlichen Kulisse. Der Mond wird zum diskreten Zuschauer von Leidenschaft und Sehnsucht, die Nacht zum konspirativen Hintergrund von Begierde und Verlangen. Das "Schweigen der unendlichen Räume" bietet den Verliebten dezente Zeugenschaft. Nur der Mond schaut zu.




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Nauplios
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Mi 21. Feb 2024, 09:37

AndreaH hat geschrieben :
Mi 21. Feb 2024, 00:09

Spannend an dem Mythos ist, Changé lebt auf dem Mond, während in anderen Mythen sie der Mond selbst ist.
Ja, das ist typisch für die Sprachmagie des Mythos. Die Sprache wird zur Erscheinungsform der Sache. Sie ist dann kein bloßes Zeichensystem als Mittel zur Verständigung über etwas, sondern es ist das Etwas, welches spricht.

"Alles, was der Mensch am Anfange hörte, mit Augen sah und seine Hände betasteten, war lebendiges Wort; denn Gott war das Wort. Mit diesem Worte im Munde und im Herzen war der Ursprung der Sprache so natürlich, so nahe und so leicht, wie ein Kinderspiel." (Johann Georg Hamann; Des Ritters von Rosencreutz letzte Willensmeynung über den göttlichen und menschlichen Ursprung. Aus einer Caricaturbilderurschrifft eilfertig übersetzt vom Handlanger des Hierophanten [1772] - Welch' ein wundervoller Titel)

Das ist die Selbstmitteilung der Dinge, die sich auch im Alten Testament und im Talmud findet. "Rede, daß ich dich sehe! - Dieser Wunsch wurde durch die Schöpfung erfüllt, die eine Rede an die Kreatur durch die Kreatur ist; denn ein Tag sagt´s dem andern, und eine Nacht thuts kund der andern." (J.G. Hamann, Sämtliche Werke, II, S. 198)




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Nauplios
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Mi 21. Feb 2024, 19:56

Wie lange möchten wir leben? - In aller Regel möglichst lange und oft nur mit Einschränkung, im Alter noch ein würdiges Leben zu haben. Nietzsches griechischer Pessimismus findet sich dagegen in seiner extremen Position im Mythos des Königs Midas, der den weisen Silen (ein guter Bekannter des Dionysos) durch Feld und Wald jagt, um ihm schließlich die Frage zu stellen, was eigentlich das Beste für den Menschen sei. Silen lacht hämisch und seine Antwort ist nicht erquicklich. Das Beste sei, erst gar nicht geboren zu werden, zumindest aber unverzüglich die Heimreise anzutreten und zu sterben.

Das ist natürlich eine deprimierende Auskunft. Wer will, kann ja darauf mal die Probe machen. Moderater ist dagegen Menander, vielleicht weil er Komödiendichter ist. Danach hat das Leben doch noch etwas zu bieten, worum sich die Teilnahme daran lohnt: "Der Mensch, den ich für den glücklichsten erkläre, ist jener, der bald dorthin zurückkehrt, woher er gekommen ist, aber nicht, ohne daß er unbeschwert die verehrungswürdigen Wesen geschaut hätte, die allen gemeinsame Sonne, die Sterne, das Wasser, die Wolken, das Feuer." (Menander; Hypobolimaios; in: Comicorum Atticorum Fragmenta, III, S. 138)

Einmal die Ordnung des Kosmos geschaut haben, dessen Ewigkeit sich nicht in einem immer wiederkehrenden offenbart, sondern schon im Augenblick. Den Kosmos sehen und sterben.

Wem würde das reichen?




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AndreaH
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Mi 21. Feb 2024, 22:27

Nauplios hat geschrieben :
Mi 21. Feb 2024, 19:56
Wie lange möchten wir leben? - In aller Regel möglichst lange und oft nur mit Einschränkung, im Alter noch ein würdiges Leben zu haben. Nietzsches griechischer Pessimismus findet sich dagegen in seiner extremen Position im Mythos des Königs Midas, der den weisen Silen (ein guter Bekannter des Dionysos) durch Feld und Wald jagt, um ihm schließlich die Frage zu stellen, was eigentlich das Beste für den Menschen sei. Silen lacht hämisch und seine Antwort ist nicht erquicklich. Das Beste sei, erst gar nicht geboren zu werden, zumindest aber unverzüglich die Heimreise anzutreten und zu sterben.

Das ist natürlich eine deprimierende Auskunft. Wer will, kann ja darauf mal die Probe machen. Moderater ist dagegen Menander, vielleicht weil er Komödiendichter ist. Danach hat das Leben doch noch etwas zu bieten, worum sich die Teilnahme daran lohnt: "Der Mensch, den ich für den glücklichsten erkläre, ist jener, der bald dorthin zurückkehrt, woher er gekommen ist, aber nicht, ohne daß er unbeschwert die verehrungswürdigen Wesen geschaut hätte, die allen gemeinsame Sonne, die Sterne, das Wasser, die Wolken, das Feuer." (Menander; Hypobolimaios; in: Comicorum Atticorum Fragmenta, III, S. 138)

Einmal die Ordnung des Kosmos geschaut haben, dessen Ewigkeit sich nicht in einem immer wiederkehrenden offenbart, sondern schon im Augenblick. Den Kosmos sehen und sterben.

Wem würde das reichen?

Mir fällt dazu dieses Gedicht von Hermann Hesse ein:

Welkes Blatt

Jede Blüte will zur Frucht,
jeder Morgen Abend werden.
Ewiges ist nicht auf Erden
Als der Wandel, als die Flucht.

Auch der schönste Sommer will
Einmal Herbst und Welke spüren.
Halte, Blatt, geduldig still,
Wenn der Wind dich will entführen.

Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
Laß es still geschehen.
Laß vom Winde, der dich bricht,
Dich nach Hause wehen.




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Nauplios
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Do 22. Feb 2024, 13:45

AndreaH hat geschrieben :
Mi 21. Feb 2024, 22:27

Mir fällt dazu dieses Gedicht von Hermann Hesse ein:

Welkes Blatt

Jede Blüte will zur Frucht,
jeder Morgen Abend werden.
Ewiges ist nicht auf Erden
Als der Wandel, als die Flucht.

Auch der schönste Sommer will
Einmal Herbst und Welke spüren.
Halte, Blatt, geduldig still,
Wenn der Wind dich will entführen.

Spiel dein Spiel und wehr dich nicht,
Laß es still geschehen.
Laß vom Winde, der dich bricht,
Dich nach Hause wehen.
Auch in diesem Gedicht von Hesse steckt das Zyklische ("Morgen" > "Abend" ... "Blüte" > "Welke" ... "nach Hause wehen" ...). Als mein Vater 2009 gestorben war, kamen meiner Schwester und mir am Bett des Toten ähnliche Gedanken: da schließt sich ein Lebenskreis, jemand kehrt zurück. "Wir haben hier keine bleibende Stadt" heißt es in Hebr. 13/14. Man findet dieses Gastmotiv in der Bibel an vielen Stellen.

Mir scheint eine Zeile von besonderer Bedeutung: "Laß es still geschehen." Die Einwilligung in den Tod, das stille Einvernehmen mit der Endlichkeit des Lebens ist wohl eine der großen Herausforderungen für die Philosophie. "Philosophieren heißt sterben lernen." (Montaigne)




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Nauplios
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Do 22. Feb 2024, 14:00

Eine Rückkehr steht auch in wenigen Stunden an: die Rückkehr zum Mond nach 50 Jahren. Kurz vor Mitternacht soll "Odysseus" den Mond betreten. "Odysseus" heißt die Landefähre, die in der Nähe des Südpols auf dem Mond aufsetzen soll. An Bord sind auch 125 Miniaturskulpturen des US-Künstlers Jeff Koons, die auf der Mondoberfläche abgelegt werden sollen. Sie tragen Namen wie "Platon" oder "Leonardo da Vinci".

Zum mythischen Odysseus gibt es allerdings einen Unterschied: der kehrte immerhin nach Ithaka zurück.




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Nauplios
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Fr 23. Feb 2024, 01:14

Vor wenigen Minuten ist "Odysseus" weich auf der Mondoberfläche gelandet. Rückkehr auf dem Mond nach 50 Jahren.

"... und ihr könnt sagen, ihr seid dabei gewesen." (Goethe)




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Fr 23. Feb 2024, 01:23

Nauplios hat geschrieben :
Do 22. Feb 2024, 14:00
Jeff Koons
Jeff Koons, für Mondpreise und knallbunte Kitschkunst bekanntes Lieblingskind des Kunstmarktes, hat mit einer Rakete von Elon Musk und der Sonde „Odysseus“ 125 Edelstahlskulpturen auf den Weg ins All geschickt.
https://ga.de/news/panorama/jeff-koons- ... -107582811

So kommt dann also zuguterletzt auch noch Kitsch(-Kunst) auf den Mond ... 😉




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Nauplios
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Fr 23. Feb 2024, 11:35

Kunst auf dem Mond - das gibt es nicht erst mit den Miniaturskulpturen von Jeff Koons. Seit 1971 liegt der "Fallen Astronaut" von Paul van Hoeydonck im Mondstaub, eine 8,5 Zentimeter große Skulptur aus Aluminium, die im Rahmen der Apollo-15-Mission dort zu Ehren verstorbener Astronauten niedergelegt wurde.

Warum überhaupt Kunst auf dem Mond? - Technisches Gerät, das Daten über Temperaturen u.ä. zur Erde funkt, das im Dienst der Wissenschaft dort hinterlegt wird, das ist sofort verständlich, aber Kunst? - Kunst für wen? Geht es dabei allein um den Raumgewinn, der für den Menschen damit verbunden ist, daß auch der Mond zum Ausstellungsort für Kunst wird?

Kunst auf dem Mond - damit ist noch etwas anderes verbunden. Für wen wird diese Kunst dort ausgestellt? Für Erdbewohner ist sie unsichtbar, für Mondbewohner und andere Kosmos-Reisende nicht. In der Mondkunst beschlossen sind ihre impliziten Betrachter - vorausgesetzt, daß deren Sinne die Skulpturen überhaupt wahrnehmen können und sie über ausreichend ästhetische Urteilskraft verfügen, um in den Skulpturen so etwas wie Kunst zu sehen. Immer noch ist der Mond ein Ort extraterrestrischer Phantasie.




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Jörn Budesheim
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Fr 23. Feb 2024, 11:44

Für mich erwächst daraus auch die Frage, ob Jeff Koons sich in dieser Weise selbst ein Denkmal setzen darf. Ich finde das anmaßend.




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Quk
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Fr 23. Feb 2024, 12:08

Ich vermute zwei Beweggründe: Die selbsterwünschte Unsterblichkeit zu vertiefen, indem persönliche Werke hinausbefördert werden, von der endlichen Erde hinaus in den unendlichen Weltraum. Oder es wird ein kultureller Kontakt mit Außerirdischen gesucht, vor allem deren Kontakt mit den persönlichen Werken, die auf dem Mond viel einzigartiger sind als in der Masse auf der Erde. Vielleicht geht es auch um eine Kombination aus beiden Beweggründen. Naja, mir ist das egal. Ich selber, wenn ich könnte, würde das nicht machen wollen. Wenn schon etwas hinaustragen, dann nicht meine eigenen Sachen, sondern etwas gemeinschaftliches aus der Menschheit stammendes, wie etwa die Pioneer-Plakette -- die fand ich spannend.




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Jörn Budesheim
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Quk hat geschrieben :
Fr 23. Feb 2024, 12:08
etwas gemeinschaftliches aus der Menschheit stammendes
Yepp




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Nauplios
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Fr 23. Feb 2024, 15:38

Quk hat geschrieben :
Fr 23. Feb 2024, 12:08
Wenn schon etwas hinaustragen, dann nicht meine eigenen Sachen, sondern etwas gemeinschaftliches aus der Menschheit stammendes ...
"Wer sich auf die Menschheit beruft, der steht sprachlich unter einem Besetzungszwang." (Reinhart Koselleck; Vergangene Zukunft. S. 246)

"So verkündete er in Vergangene Zukunft, es sei Schmitts 'wissenschaftliche Leistung' gewesen, mit seiner Freund-Feind-Unterscheidung eine 'Erkenntniskategorie' zur Verfügung gestellt zu haben, die es ermögliche, den aufklärerischen Begriff der ‚Menschheit‘ als das zu durchschauen, was er im Kern sei: eine moralisch verbrämte 'Manipulation', im Kern eine 'totalitäre Sprachfigur'". (Sidonie Kellerer; Rechte Metapolitik) :o




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Quk
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Fr 23. Feb 2024, 16:09

Was will mein Besetzungszwang besetzen?

Was bedeutet "sich berufen auf"?




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Jörn Budesheim
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Fr 23. Feb 2024, 16:32

Nauplios hat geschrieben :
Fr 23. Feb 2024, 15:38
Quk hat geschrieben :
Fr 23. Feb 2024, 12:08
Wenn schon etwas hinaustragen, dann nicht meine eigenen Sachen, sondern etwas gemeinschaftliches aus der Menschheit stammendes ...
"Wer sich auf die Menschheit beruft, der steht sprachlich unter einem Besetzungszwang." (Reinhart Koselleck; Vergangene Zukunft. S. 246)

"So verkündete er in Vergangene Zukunft, es sei Schmitts 'wissenschaftliche Leistung' gewesen, mit seiner Freund-Feind-Unterscheidung eine 'Erkenntniskategorie' zur Verfügung gestellt zu haben, die es ermögliche, den aufklärerischen Begriff der ‚Menschheit‘ als das zu durchschauen, was er im Kern sei: eine moralisch verbrämte 'Manipulation', im Kern eine 'totalitäre Sprachfigur'". (Sidonie Kellerer; Rechte Metapolitik) :o
Wofür oder wogegen möchtest du damit plädieren in Bezug Jeff Koons Kunstaktion?




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Nauplios
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Fr 23. Feb 2024, 18:39

Quk hat geschrieben :
Fr 23. Feb 2024, 16:09
Was will mein Besetzungszwang besetzen?

Was bedeutet "sich berufen auf"?
Die Menschheit ist ja kein Subjekt, sondern nur eine Referenzbestimmung. Man hat damit keinen handelnden Akteur, kein kunstgenerierendes Subjekt. Sie ist gewissermaßen ein unbemannter Flugkörper, der zwar von der Bodenstation der Philosophie, Geschichte und Kunst kontrolliert wird, aber an Bord keine Philosophen, Historiker oder Künstler hat.




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