Soziales Looping und Kognitive Disruption

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
Jörn Budesheim

Do 26. Jun 2025, 08:35

Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 07:39
Quk hat geschrieben :
Mi 25. Jun 2025, 20:32
Weshalb gibt es Interessenskonflikte? Wegen der Evolution.
Ja, bestimmt.
"Evolution" erklärt halt relativ wenig, was genau passiert.
Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 07:39
"Wir passen uns an"
Evolution? Ich hab gerade mal danach "gegoogelt", ich war mir nicht sicher, welche Rolle die Evolution heute beim Menschen noch spielt: Die moderne Medizin verändert zwar die Bedingungen der natürlichen Auslese, hat die menschliche Evolution jedoch nicht gestoppt. Tatsächlich ist die Entwicklung des Menschen nicht abgeschlossen, sondern auch heute noch ein fortlaufender Prozess. Ein Beispiel dafür sind anatomische Veränderungen wie das vermehrte Auftreten einer zusätzlichen Arterie im Unterarm (Arteria mediana). Heute besitzen etwa 30 Prozent der Menschen diese Arterie – dreimal so viele wie noch vor 100 Jahren.

Aber Anpassung? Ein Beispiel: Der Lebensstil der Menschen hat sich in den letzten Generationen stark verändert, etwa durch Bewegungsmangel und Überfluss an Nahrung. Eine schnelle körperliche Anpassung an diese neuen Lebensumstände ist jedoch unwahrscheinlich, da viele sogenannte Zivilisationskrankheiten erst nach dem fortpflanzungsfähigen Alter auftreten und somit nur geringen Einfluss auf die biologische Entwicklung haben.

Auch Partnerwahl, kulturelle Ideale spielen eine Rolle bei der Weitergabe von Genen. Krankheiten und Parasiten – etwa Malaria oder das Coronavirus – wirken weiterhin als einflussreiche Faktoren auf die menschliche Entwicklung und können sie mitbestimmen. Quelle

Wegen einer zusätzlichen Arterie gibt es wohl kaum Interessenkonflikte, oder? Und auf Anpassung können wir auch nicht generell hoffen (siehe oben). Könnt ihr mich aufklären, wie ihr jetzt plötzlich auf Evolution kommt?
Quk hat geschrieben :
Mi 25. Jun 2025, 20:32
Weshalb gibt es Interessenskonflikte? Wegen der Evolution. Das Interesse, im Supermarkt in Ruhe Artikel auszuwählen, und das Interesse, im Supermarkt laut zu telefonieren, sind zwei Interessen, die unvereinbar sind; entweder setzt sich das eine Interesse durch, oder es kommt zu einem Kompromiss. Langfristig sind diejenigen Interessensvertreter erfolgreich, welche die größere Macht haben ...
Was hat das mit Evolution zu tun??
Quk hat geschrieben :
Mi 25. Jun 2025, 20:32
Langfristig sind diejenigen Interessensvertreter erfolgreich, welche die größere Macht haben ...
Das scheint mir empirisch nicht haltbar. Im Großen und Ganzen – wenn auch mit Rückschlägen, Schwankungen und Unwägbarkeiten – setzt sich auf lange Sicht das durch, was moralisch richtig ist. Zwar nicht überall und nicht gleichzeitig, aber doch deutlich erkennbar in der Tendenz. Im Forum wurde das neulich im Zusammenhang mit Hübl diskutiert, der besonders auf die enormen Fortschritte der letzten 70 Jahre hingewiesen hat. Auch andere Quellen kommen zu ähnlichen Einschätzungen.




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Do 26. Jun 2025, 10:13

@Jörn

Du bist ja Künstler, wie ich mitbekommen habe.
Und du kennst bestimmt dieses Phänomen, dass wir in der Lage sind unsere Begriffe zu verbessern.
So wie ich mit Hilfe von ChatGPT die Begriffe "Soziales Looping" statt Trivialität genommen habe, weil der Begriff "Trivialität" zu aufgeladen ist.
Und mit der Evolutionstheorie lässt sich ein solches Phänomen, warum wir Menschen in der Lage sind, Begriffe zu verbessern', nicht erklären.

Auch stellt sich die Frage, inwiefern die Evolutionstheorie unsere Kunst und unsere Art, Kunst zu begreifen, erklären könnte.

Da sind wir dann am Ende 'nur' bei Freud's Kulturbegriff, also "Sublimierung", etc.
Und da müsste man Dich mal fragen, inwiefern das ausreicht, als Erklärung.



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Jörn Budesheim

Do 26. Jun 2025, 10:24

Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 10:13
Und mit der Evolutionstheorie lässt sich ein solches Phänomen, warum wir Menschen in der Lage sind, Begriffe zu verbessern', nicht erklären.
Ja, natürlich nicht.
Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 10:13
Auch stellt sich die Frage, inwiefern die Evolutionstheorie unsere Kunst und unsere Art, Kunst zu begreifen, erklären könnte.

Da sind wir dann am Ende 'nur' bei Freud's Kulturbegriff, also "Sublimierung", etc.
Und da müsste man Dich mal fragen, inwiefern das ausreicht, als Erklärung.
Es gibt – soweit ich weiß – tatsächlich Versuche, Ästhetik und Kunst auch evolutionär zu deuten. Ich bezweifle allerdings, dass sich damit Duchamps Pissoir, Magritts Pfeife oder aktuelle „artivistische“ Strömungen angemessen erfassen lassen.

Ich glaube vielmehr, dass es umgekehrt ist: Solche Kunst lässt sich nicht sinnvoll allein aus der Biologie des Menschen heraus erklären – vielmehr versteht man den Menschen nur, wenn man solche Kunst als anthropologische Konstante betrachtet. Hier fragt der Mensch nach sich selbst bzw. macht sich Bilder von sich selbst – und er hört nicht auf, sich selbst die verschiedensten Antworten zu geben, bzw. Bilder auszumalen. Weil er eben jenes Tier ist, das nach sich selbst und seinem Platz in der Wirklichkeit fragt. Mit anderen Worten: Wer die Geistigkeit des Menschen nicht in den Blick nimmt – die natürlich eng mit seiner biologischen Realität verwoben ist –, bekommt den Untersuchungsgegenstand gar nicht erst in den Blick.




Quk

Do 26. Jun 2025, 13:33

Moralische Macht ist auch eine Macht.




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Do 26. Jun 2025, 14:45

Ich denke, wir müssen hier noch eine Differenzierung ins Spiel bringen:

bei Zizek/Lacan gibt es eine Unterscheidung zwischen der Realität und dem Realen.

Die Realität ist die Nachricht über ein Hochwasser und das Bild im Fernsehen
und das Reale ist dieses Extra, was wir beim Anblick der Bilder bemerken, was die Bilder nicht einfassen können.

Mir ist schon klar, dass Quk mit dem allgemeinen Begriff "Evolution" schon versucht hat, genau das Thema auch einzufangen.
Und es ist auch klar, dass wir bzw. ich mit dieser Theorie versuchen will eben in jenen Bereich des "Extras" mit vorzudringen und dort
durch Methoden
Operanten ausfindig zu machen.

Hierzu will ich noch etwas ausholen:

Es heißt, dass es eine narzisstische Haltung von uns ist, wenn wir uns im Nachhinein für einer unserer Taten schämen, da wir dann annehmen, wir könnten durch unsere Tat die Vergangenheit verändern. Nun, und es ist, während ich diese Zeilen schreibe, klar:
das narzisstische daran ist die Annahme, die Vergangenheit sei ein abgeschlossenes Kapitel, das keinen Einfluss mehr erlaubt.

'Wenn ich jetzt, der Verallgemeinerung halber, die Geopolitik zum Beispiel mache:
Im Dezember 2021 galt ich als "verrückt", als ich wegen der Bilder der russischen Armee an der Grenze von "Krieg" sprach, wo die Nachbarn diese Nachrichten und den Aussagen der Amerikaner deshalb als "Hetze gegen Putin" bezeichneten. Auch Journalisten sprachen davon "Putin wird das nicht machen".
Ich war verrückt! Ich nahm etwas vorweg, wofür wir noch nicht bereit gewesen sind und dieses nicht bereit sein damals war ein notwendiger Schritt zum bereit machen heute. Der Schock über das Unerwartete ist eine politische Notwendigkeit.

Hier erkennen wir, dass das Soziale Looping berechtigte Erwartungen, die sogar richtig sind, untergräbt um sich als Looping adäquat anzupassen.



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Jörn Budesheim

Do 26. Jun 2025, 15:14

Quk hat geschrieben :
Mi 25. Jun 2025, 20:32
Langfristig sind diejenigen Interessensvertreter erfolgreich, welche die größere Macht haben ...
Quk hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 13:33
Moralische Macht ist auch eine Macht.
Inwiefern?




Quk

Do 26. Jun 2025, 16:12

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 15:14
Inwiefern?
Das Risiko, bei sachlicher Argumentation der Unverschämtheit und der Beleidigung bezichtigt zu werden, werde ich nicht mehr eingehen. Also: Keine weitere Erläuterung.




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Forbitten
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Do 26. Jun 2025, 21:11

Quk hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 16:12
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 15:14
Inwiefern?
Das Risiko, bei sachlicher Argumentation der Unverschämtheit und der Beleidigung bezichtigt zu werden, werde ich nicht mehr eingehen. Also: Keine weitere Erläuterung.
Schade, also ich fand es eine gute Diskussion bis hierher.



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Forbitten
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Do 26. Jun 2025, 22:11

Gedanke zur Kognitiven Disruption:

Wenn das Kleinkind eine Trennungsangst durchlebt
z.B. die Mutter geht kurz vor die Tür eine Zigarette rauchen
und der Vater nimmt das Kleinkind und trägt es zum Fenster, wo es die Mami sehen kann
so sagt das Kleinkind erst "Mami!". Der Vater öffnet das Fenster und sie sprechen miteinander.
Dann schließt der Vater das Fenster wieder und bei gucken raus, durch die Spiegelung der Fensterscheiben sieht das Kleinkind nun sich selbst und nun sagt es seinen eigenen Namen.
Dies ist das "Spiegelstadium" nach Lacan.

Wie ist also die Kognitive Disruption aufgebaut?
Sie fungiert wie ein solcher Spiegel, durch den man hindurch sehen kann und die "Mutter (Natur)" erkennt. Im Hintergrund hat man "den Vater".
Diese beiden Elternteile sind das erste Spiel des Sozialen Loopings. Die Mutter wiederholt das eine, der Vater spricht zum Kind etwas anderes.

Diese Scheibe, durch die man hindurch sehen und zugleich sich selbst sieht, also die eigene Bubble, beschreibt den Zustand der Kognitiven Disruption.



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Timberlake
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Fr 27. Jun 2025, 00:48

Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 22:11


Diese Scheibe, durch die man hindurch sehen und zugleich sich selbst sieht, also die eigene Bubble, beschreibt den Zustand der Kognitiven Disruption.
Einspruch!

Man sieht nicht zugleich durch die Scheibe und sich selbst, sondern man sieht stets abwechselnd durch die Scheibe und das Spiegelbild von sich selbst.

"Immer erfordert Beobachten in diesem sehr allgemeinen Sinn ein Herausgreifen von etwas im Unterschied zu anderem. Also die Benutzung einer Unterscheidung, die aber nur auf der einen (der bezeichneten) und nicht auf der anderen Seite zur Anknüpfung weiterer Operationen verwendet werden kann.Beobachten ist somit zwangsläufig eine Operation mit eine gebauter Asymmetrie. Die Forderung, beide Seiten der jeweils beobachtungsleitenden Unterscheidung zugleich zu bezeichnen, läuft deshalb auf die Paradoxie einer einseitigen und zweiseitigen Aktualisierung hinaus"
Niklas Luhmann ... Die Paradoxie des Entscheidens


Niklas Luhmann spricht dabei übrigens von einer Operation mit eine gebauter Asymmetrie. DIe Annahme, zugleich sich selbst in der Scheibe und durch die Scheibe zu sehen und somit der von dir beschriebene Zustand der Kognitiven Disruption, läuft deshalb auf die Paradoxie einer einseitigen und zweiseitigen Aktualisierung hinaus.
Friederike hat geschrieben :
Mi 25. Jun 2025, 15:46
Wenn die Moral ein eigenes Kommunikationssystem ist, das mit dem der Wirtschaft und dem des Rechtes nicht kompatibel ist, wo findet das Moral-Kommunikationssystem dann statt? Schwebt es in der Luft? (oder in den Seminarräumen der philosophischen Disziplin? In privaten Beziehungen?) Ich meine diese Frage ernst, denn ich habe von Luhmann nichts gelesen. Vielleicht geht es kurz zu beantworten und vielleicht auch so, daß Forbittens Anliegen berücksichtigt bleibt.
Übrigens Frederike dürfte damit zugleich deine Frage beantwortet sein.




Quk

Fr 27. Jun 2025, 04:11

Timberlake hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 00:48
Man sieht nicht zugleich durch die Scheibe und sich selbst, sondern man sieht stets abwechselnd durch die Scheibe und das Spiegelbild von sich selbst.
Wieder ein Haar in der Suppe gefunden?

Wie schnell muss der mentale Fokus wechseln zwischen Objekt A und B, damit man in einem Kontext wie diesem hier von "Gleichzeitigkeit" sprechen darf?

3 Hz?
10 GHz?

Und warum sei diese Angelegenheit für diesen Faden hier relevant?

Ab wie vielen Haaren spricht man von einer Frisur?
Ab wie vielen Bäumen spricht man von einem Wald?




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Friederike
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Fr 27. Jun 2025, 09:03

Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 22:11
[...] Wie ist also die Kognitive Disruption aufgebaut? Sie fungiert wie ein solcher Spiegel, durch den man hindurch sehen kann und die "Mutter (Natur)" erkennt. Im Hintergrund hat man "den Vater".
Diese beiden Elternteile sind das erste Spiel des Sozialen Loopings. Die Mutter wiederholt das eine, der Vater spricht zum Kind etwas anderes. Diese Scheibe, durch die man hindurch sehen und zugleich sich selbst sieht, also die eigene Bubble, beschreibt den Zustand der Kognitiven Disruption.
Könnte ich für die "kognitive Disruption" auch den in der Psychologie verwendeten Begriff "kognitive Dissonanz" einsetzen?

Den Vorgang, den Du beschrieben hast, könnte man den auch als "Verinnerlichung" bezeichnen? Das Kind sieht durch eine Scheibe die Mutter (oder den Vater) und sieht sein Bild zugleich wie in einem Spiegel, d.h. es erkennt sich als ein von den Anderen Unterschiedenes. Da dieses Erkennen aber die Anwesenheit der Mutter oder des Vaters hinter der Scheibe erfordert, wird das, was die Mutter sagt, mit dem Sich-Erkennen notwendig verknüpft. Hm, was aber ist die Funktion des Vaters, also der Person, die nicht hinter der Scheibe steht? Der Vater "spricht etwas anderes" als die Mutter, daraus folgt ja die Dissonanz. Inwiefern ist die zweite Person aber am Erkennen als einer eigenen Person denn beteiligt? Das verstehe ich noch nicht richtig.




Jörn Budesheim

Fr 27. Jun 2025, 09:16

"Soziales Looping und Kognitive Disruption"

Eine kognitive Disruption scheint mir eine Art "geistige Unterbrechung" der alltäglichen "Abläufe" (Loops) zu sein, die jedoch nicht folgenlos bleibt. Eine Störung, die zu etwas Neuem führen kann. In der Kunst entspricht das der "Verfremdung". Das Gewöhnliche (Loop) wird "verfremdet" (Disruption), was dazu führen kann, die Dinge neu zu sehen.




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Friederike
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Fr 27. Jun 2025, 09:17

Forbitten, falls Du es möchtest, dann kannst Du hier im "Hübl"-Thread die Gesprächssequenz nachlesen, auf die Quk sich in seiner Antwort an Jörn bezogen hat.




Jörn Budesheim

Fr 27. Jun 2025, 11:12

Friederike hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 09:03
"kognitive Dissonanz"
Ist das folgende ein Beispiel für "kognitive Dissonanz": Ein Student, der sich für intelligent hält, aber schlechte Noten bekommt, erklärt sich die Noten mit ungerechten Umständen anstatt an seiner Selbstwahrnehmung zu zweifeln. Ist es aber auch ein Beispiel für "kognitive Disruption"?




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Forbitten
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Fr 27. Jun 2025, 11:37

Friederike hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 09:03
Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 22:11
[...] Wie ist also die Kognitive Disruption aufgebaut? Sie fungiert wie ein solcher Spiegel, durch den man hindurch sehen kann und die "Mutter (Natur)" erkennt. Im Hintergrund hat man "den Vater".
Diese beiden Elternteile sind das erste Spiel des Sozialen Loopings. Die Mutter wiederholt das eine, der Vater spricht zum Kind etwas anderes. Diese Scheibe, durch die man hindurch sehen und zugleich sich selbst sieht, also die eigene Bubble, beschreibt den Zustand der Kognitiven Disruption.
Könnte ich für die "kognitive Disruption" auch den in der Psychologie verwendeten Begriff "kognitive Dissonanz" einsetzen?
Es ist so, dass ich ursprünglich allgemein den Begriff "Neurose" verwendet hatte.
Welchen Unterschied jetzt "Disruption" oder "Dissonanz" macht - ich denke, Disruption ist noch etwas wertfreier.
Den Vorgang, den Du beschrieben hast, könnte man den auch als "Verinnerlichung" bezeichnen?
Ich gehe hier davon aus, dass die menschliche Entwicklung schon parallelen hat, also dieses Spiegelstadium ist eben im Erwachsenen verändert verinnerlicht, ja.
Das Kind sieht durch eine Scheibe die Mutter (oder den Vater) und sieht sein Bild zugleich wie in einem Spiegel, d.h. es erkennt sich als ein von den Anderen Unterschiedenes. Da dieses Erkennen aber die Anwesenheit der Mutter oder des Vaters hinter der Scheibe erfordert, wird das, was die Mutter sagt, mit dem Sich-Erkennen notwendig verknüpft.
Korrekt.
Hm, was aber ist die Funktion des Vaters, also der Person, die nicht hinter der Scheibe steht? Der Vater "spricht etwas anderes" als die Mutter, daraus folgt ja die Dissonanz. Inwiefern ist die zweite Person aber am Erkennen als einer eigenen Person denn beteiligt? Das verstehe ich noch nicht richtig.
Naja das sind dann später im Superego (auch Über-ICH genannt) unterschiedliche Ideologien.
Die Mutter ist der verwöhnende, der Vater der fordernde Aspekt - grob vereinfacht gesagt.

Jedenfalls bleibt dies im Dasein des Menschen nicht in dieser Form vereinheitlicht, wir erleben später dann die Disruption aufgrund
... sagen wir "unterschiedlicher Väter" der unterschiedlichen Akteure innerhalb eines sozialen Gefüges.

Ich danke dir vielmals für dein Feedback, das hilft mir sehr.
Ist der Beitrag so leserlich gemacht?



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Fr 27. Jun 2025, 11:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 11:12
Friederike hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 09:03
"kognitive Dissonanz"
Ist das folgende ein Beispiel für "kognitive Dissonanz": Ein Student, der sich für intelligent hält, aber schlechte Noten bekommt, erklärt sich die Noten mit ungerechten Umständen anstatt an seiner Selbstwahrnehmung zu zweifeln. Ist es aber auch ein Beispiel für "kognitive Disruption"?
Ja, genau...
Dissonanz ist eher ein Missverständnis der Realität.
Die Disruption ist neutral das, was passiert.

Es kann ja sein, dass einem eine Institution benachteiligt.



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Fr 27. Jun 2025, 11:55

Timberlake hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 00:48
Forbitten hat geschrieben :
Do 26. Jun 2025, 22:11


Diese Scheibe, durch die man hindurch sehen und zugleich sich selbst sieht, also die eigene Bubble, beschreibt den Zustand der Kognitiven Disruption.
Einspruch!

Man sieht nicht zugleich durch die Scheibe und sich selbst, sondern man sieht stets abwechselnd durch die Scheibe und das Spiegelbild von sich selbst.

"Immer erfordert Beobachten in diesem sehr allgemeinen Sinn ein Herausgreifen von etwas im Unterschied zu anderem. Also die Benutzung einer Unterscheidung, die aber nur auf der einen (der bezeichneten) und nicht auf der anderen Seite zur Anknüpfung weiterer Operationen verwendet werden kann.Beobachten ist somit zwangsläufig eine Operation mit eine gebauter Asymmetrie. Die Forderung, beide Seiten der jeweils beobachtungsleitenden Unterscheidung zugleich zu bezeichnen, läuft deshalb auf die Paradoxie einer einseitigen und zweiseitigen Aktualisierung hinaus"
Niklas Luhmann ... Die Paradoxie des Entscheidens


Niklas Luhmann spricht dabei übrigens von einer Operation mit eine gebauter Asymmetrie. DIe Annahme, zugleich sich selbst in der Scheibe und durch die Scheibe zu sehen und somit der von dir beschriebene Zustand der Kognitiven Disruption, läuft deshalb auf die Paradoxie einer einseitigen und zweiseitigen Aktualisierung hinaus.
Friederike hat geschrieben :
Mi 25. Jun 2025, 15:46
Wenn die Moral ein eigenes Kommunikationssystem ist, das mit dem der Wirtschaft und dem des Rechtes nicht kompatibel ist, wo findet das Moral-Kommunikationssystem dann statt? Schwebt es in der Luft? (oder in den Seminarräumen der philosophischen Disziplin? In privaten Beziehungen?) Ich meine diese Frage ernst, denn ich habe von Luhmann nichts gelesen. Vielleicht geht es kurz zu beantworten und vielleicht auch so, daß Forbittens Anliegen berücksichtigt bleibt.
Übrigens Frederike dürfte damit zugleich deine Frage beantwortet sein.
Da ich hier versuche über das unbewusste zu schreiben,
also genau dem, welches sich der Simbolisierung entzieht!

Bin ich gezwungen
mich mit dem SYMTOM zu beschäftigen.

Daher ist der Einspruch berechtigt.

Natürlich passiert das nicht gleichzeitig, wobei wir aus dem Augenwinkel schon unser Spiegelbild wahrnehmen, während wir die Mutter betrachten, als Kleinkind.

Wenn die Mutter jetzt, was sie nicht kann, das soziale Looping einer Institution als Beispiel repräsentiert
erklärt dies unsere zeitverzögerte Disruption im Umgang mit
z.B. einer Schulklasse.



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Timberlake
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Fr 27. Jun 2025, 12:56

Quk hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 04:11
Timberlake hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 00:48
Man sieht nicht zugleich durch die Scheibe und sich selbst, sondern man sieht stets abwechselnd durch die Scheibe und das Spiegelbild von sich selbst.
Wieder ein Haar in der Suppe gefunden?

Wie schnell muss der mentale Fokus wechseln zwischen Objekt A und B, damit man in einem Kontext wie diesem hier von "Gleichzeitigkeit" sprechen darf?

3 Hz?
10 GHz?

Und warum sei diese Angelegenheit für diesen Faden hier relevant?

Gute Frage!

Ganz einfach. Diese Angelegenheit ist als Metapher, um nicht sogar zu sagen als Analogie für diesen Faden relevant.

Forbitten hat geschrieben :
So 22. Jun 2025, 13:47


Wenn ich von Sozialem Looping spreche – nicht länger „Trivialität“ im landläufigen Sinn –, dann meine ich jenes repetitive Grundrauschen des Alltags, jene vorgefertigten Sprechakte, Rollenbilder und Wahrheiten, die unsere Kommunikation durchziehen wie ein Sample, das nie aussetzt. Es ist die tonale Unterströmung des Sozialen, in der wir uns bewegen wie Instrumente in einer schlecht gestimmten Partitur: synchronisiert, aber nicht gestimmt.

So wie ein Dreiklang-Popsong verlässlich die Charts dominiert, so bestimmt auch eine „richtige“ Wahrheit das Klassenzimmer:
Der Lehrer fragt: „Was haben wir letzte Woche gemacht?“
Die Schüler antworten wahrheitsgemäß: „Gechattet.“ – „Laura verarscht.“ – „Nachrichten gelesen.“
Und doch sind es die „falschen“ Wahrheiten. Denn die Schule verlangt nicht Wahrheit, sondern Anerkennung: Die einzig gültige Antwort soll das Unterrichtsgeschehen sein. Alles andere ist Störgeräusch. Oder, mit Luhmann: überflüssige Komplexität – rauszufiltern.

Um auf dieses Zitat zurück zukommen, mit dem dieser Faden von Forbidden eröffnet wurde, frage ich dich: "Was siehst du im Spiegelbild des Fensterglases". Du antwortest wahrheitsgemäß: "Die Mutter". Und doch ist es die „falsche“ Wahrheit. Denn ich verlange nicht die Wahrheit, sondern Anerkennung: Die einzig gültige Antwort soll das sein, was sich im Fensterglas spiegelt. Alles andere, die Mutter , die du hinter dem Fensterglas siehst, ist Störgeräusch. Oder, mit Luhmann: überflüssige Komplexität – rauszufiltern.
Quk hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 04:11


Wie schnell muss der mentale Fokus wechseln zwischen Objekt A und B, damit man in einem Kontext wie diesem hier von "Gleichzeitigkeit" sprechen darf?

3 Hz?
10 GHz?

Übrigens auch diese Frage und infolge dessen die Antwort darauf würde ich als Störgeräusch ansehen, die es als überflüssige Komplexität heraus zufiltern gilt. Deshalb werde ich darauf auch nicht antworten. Um dazu noch mal auf die die Analogie zurück zu kommen, wende ich mal diese Frage auf das Beispiel von Forbidden in diesem Faden an ..


"Wie schnell muss der mentale Fokus wechseln zwischen Objekt A ( Lehrer fragt „Was haben wir letzte Woche gemacht?“) und B ( „Gechattet.“ – „Laura verarscht.“ – „Nachrichten gelesen.“), damit man in einem Kontext wie diesem hier von "Gleichzeitigkeit" sprechen darf?"
Zuletzt geändert von Timberlake am Fr 27. Jun 2025, 13:11, insgesamt 2-mal geändert.




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Fr 27. Jun 2025, 13:05

Timberlake hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 12:56
Quk hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 04:11
Timberlake hat geschrieben :
Fr 27. Jun 2025, 00:48
Man sieht nicht zugleich durch die Scheibe und sich selbst, sondern man sieht stets abwechselnd durch die Scheibe und das Spiegelbild von sich selbst.
Wieder ein Haar in der Suppe gefunden?

Wie schnell muss der mentale Fokus wechseln zwischen Objekt A und B, damit man in einem Kontext wie diesem hier von "Gleichzeitigkeit" sprechen darf?

3 Hz?
10 GHz?

Und warum sei diese Angelegenheit für diesen Faden hier relevant?

Gute Frage!

Ganz einfach. Diese Angelegenheit ist als Metapher, um nicht sogar zu sagen als Analogie für diesen Faden relevant.

Forbitten hat geschrieben :
So 22. Jun 2025, 13:47


Wenn ich von Sozialem Looping spreche – nicht länger „Trivialität“ im landläufigen Sinn –, dann meine ich jenes repetitive Grundrauschen des Alltags, jene vorgefertigten Sprechakte, Rollenbilder und Wahrheiten, die unsere Kommunikation durchziehen wie ein Sample, das nie aussetzt. Es ist die tonale Unterströmung des Sozialen, in der wir uns bewegen wie Instrumente in einer schlecht gestimmten Partitur: synchronisiert, aber nicht gestimmt.

So wie ein Dreiklang-Popsong verlässlich die Charts dominiert, so bestimmt auch eine „richtige“ Wahrheit das Klassenzimmer:
Der Lehrer fragt: „Was haben wir letzte Woche gemacht?“
Die Schüler antworten wahrheitsgemäß: „Gechattet.“ – „Laura verarscht.“ – „Nachrichten gelesen.“
Und doch sind es die „falschen“ Wahrheiten. Denn die Schule verlangt nicht Wahrheit, sondern Anerkennung: Die einzig gültige Antwort soll das Unterrichtsgeschehen sein. Alles andere ist Störgeräusch. Oder, mit Luhmann: überflüssige Komplexität – rauszufiltern.

Um auf dieses Zitat zurück zukommen, mit dem dieser Faden von Forbidden eröffnet wurde, frage ich dich: "Was siehst du im Spiegelbild des Fensterglases". Du antwortest wahrheitsgemäß: "Die Mutter". Und doch ist es die „falsche“ Wahrheit. Denn ich verlange nicht die Wahrheit, sondern Anerkennung: Die einzig gültige Antwort soll das sein, was sich im Fensterglas spiegelt. Alles andere, die Mutter , die du hinter dem Fensterglas siehst, ist Störgeräusch. Oder, mit Luhmann: überflüssige Komplexität – rauszufiltern.
Mmm ne,
diese Metapher zeigt die Bubble der Disruption.
Also in diesem Stadium ist ja nichts gültig
Wobei es schon so ist
Wie das Symtom zeugt,
Dass wir IN der Disruption
Nur die Anerkennung
Also quasi das Spiegelbild
Akzeptieren

Wobei
Wenn unser Spiegelbild dann tatsächlich akzeptiert wird
Sind wir enttäzscht
Weil dann der Zustand der Disruption als Illusion auffliegt.


Oder?



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