Kann man Künstler und Werk trennen?

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Jörn Budesheim
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Sa 1. Jun 2019, 21:27

Dass der Künstler von der Jahresausstellung ausgeschlossen wurde und dass der Galerist sich von ihm getrennt hat, das finde ich beides vollkommen okay. Das liegt einfach im privaten Ermessen der entsprechenden Personen. Ich selbst würde in den diversen ehrenamtlichen Tätigkeiten, die ich mache, auch nicht mit AFDlern zusammenarbeiten wollen.

Aber für unsere Frage, ob man Künstler und Werk trennen kann, bringt das leider nicht sehr viel... ich kenne die Bilder des Künstlers nur oberflächlich, sie wirken auf jeden Fall auf den ersten Blick nicht rechtslastig oder etwas in der Art. Soweit ich erkennen kann, sind die Bilder nicht zu beanstanden - das basiert allerdings nicht auf einer eingehenden Prüfung.




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Stefanie
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Mo 3. Jun 2019, 11:22

Bei privaten Ermessen sehe ich das auch so.

Was ist aber, wenn es sich um ein staatliches Museum handeln würde?
Noch ist die AfD nicht als verfassungsfeindlich verboten.
Wie wäre der Fall, wenn sagen wir mal die "Neue Galerie" Kunstwerke eines AfD Anhängers ablehnen würde, und das Hessische Landesmuseum die Kunst eines aktiven DKP Mitgliedes, in beiden Fällen mit Verweis auf die politische Meinung des Künstlers?



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Jörn Budesheim
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Mo 3. Jun 2019, 11:39

Stefanie hat geschrieben :
Mo 3. Jun 2019, 11:22
Noch ist die AfD nicht als verfassungsfeindlich verboten.
Wie wäre der Fall, wenn sagen wir mal die "Neue Galerie" Kunstwerke eines AfD Anhängers ablehnen würde...
Yepp, das ist die rechtliche Seite - da muss man wohl "stillhalten" schätze ich, da wäre Abweisen eher nicht möglich. Aber entscheidend für ein Philoforum ist ja eigentlich die ethisch/philosophische Seite - und da tappe ich nach wie vor im Dunkeln, leider :-( Nach meinem Gefühl muss das Werk im Zentrum stehen. Und wenn das "ohne Beanstandung" ist, dann muss man sich wahrscheinlich mit der "dunklen Seite" des Künstlers abfinden, auch wenn es schwer fällt. Sicher bin ich da jedoch keineswegs.




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Stefanie
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Mo 3. Jun 2019, 19:40

Ist es möglich, alles das auszublenden, was man von einem Künstler oder Künstlerin weiß, wenn man sich das Kunstwerk anschaut? Ich tendiere dazu, dass dies nicht funktioniert. Dann kommt es darauf, um was es geht. Hier muss wohl jeder für sich entscheiden, welche Grundsätze ihm oder ihr wichtig sind. Denke ich mal.
Picasso war - naja ich sage es mal so - nicht immer ein netter Zeitgenosse. Spielt nicht wirklich eine Rolle.
Bei Michael Jackson laufen bei mir zumindest die nicht bewiesenen Vorwürfe mit, solange bis sich ein Lied doch durchsetzt. Ich bin kein so großer Fan von ihm, aber wenn Beat it im Autoradio läuft, hat sich bei mir das Lied durchgesetzt.

Zu Emil Nolde hatte ich noch gelernt, dass er der Künstler war, der von den Nazis verfolgt wurde, nicht malen und verkaufen durfte. Nolde stand für verfolgte Künstler. Er stand stellvertretend für alle, deren Werke als entartet bezeichnet wurden. Bevor jetzt die umfangreiche Berichterstattung erfolgte, sah ich im Fernsehen einen Bericht über ihn und konnte erst nicht glauben, was ich sah und hörte. Es ist nicht nur, dass er Antisemit war, für die Nazis sympathisierte, sondern dass er selber eine falsche Geschichte nicht korrigierte, sie sogar forcierte, und dass er sogar Bilder mit von den Nazis bevorzugten Motiven malte, nur um ihnen zu gefallen. Er hat sich nicht davon distanziert. Er hat betrogen, und die Kunst, für die er stand, verraten. Hier ist es mir unmöglich, den Künstler vom Werk zu trennen. Trotzdem gehören die Werke gezeigt, um genau dies und die Hintergründe diskutieren zu können. Sie wegzusperren ist nicht die Lösung.



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Jörn Budesheim
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Mo 3. Jun 2019, 19:55

Unsere Tochter, auch eine Künstlerin, lebt und arbeitet in Leipzig. Sie findet es richtig, dass Krause ausgeschlossen wurde. Ich bin irgendwie zerteilt. Vom Herzen her begrüße ich es, aber der Verstand meldet Zweifel an. Ein- und Ausschluss müssten über die Bilder begründet sein. Aber das ist, wie du oben gut darstellst, leichter gesagt als getan.




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Stefanie
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Mo 3. Jun 2019, 20:14

Von Axel Krause habe ich mir Bilder angesehen, die im Internet zu finden sind. Tja, obwohl ich mir gesagt haben, schau sie an, ohne an die AfD zu denken, denk daran, wo er aufgewachsen ist, wo er studiert hat....hat nicht funktioniert. Irgendwie habe ich doch geschaut, ob die politische Richtung zu erkennen ist. Ich fand mich irgendwie unfair.



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Jörn Budesheim
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Di 4. Jun 2019, 13:01

Ich lese gerade etwas bei Stefan Matuschek über die ästhetische Erziehung des Menschen von Friedrich Schiller. Dort heißt es, für Kant gilt: "Nur der gute Mensch findet auch Geschmack am Schönen. Schiller dreht dieses Verhältnis um: Nur der Geschmack am Schönen findet, kann ein guter, das heißt zur politischen Freiheit mündiger Mensch werden."

Vielleicht ist es diese (vermutete, erhoffte) Verbindung von Schönheit und Sittlichkeit, die uns so kirre macht bei dem Problem...? Die Vorstellung, dass schlechte Menschen gute Kunst machen könne, ist irgendwie beunruhigend.




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Stefanie
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Di 4. Jun 2019, 16:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 4. Jun 2019, 13:01
Ich lese gerade etwas bei Stefan Matuschek über die ästhetische Erziehung des Menschen von Friedrich Schiller. Dort heißt es, für Kant gilt: "Nur der gute Mensch findet auch Geschmack am Schönen. Schiller dreht dieses Verhältnis um: Nur der Geschmack am Schönen findet, kann ein guter, das heißt zur politischen Freiheit mündiger Mensch werden."

Vielleicht ist es diese (vermutete, erhoffte) Verbindung von Schönheit und Sittlichkeit, die uns so kirre macht bei dem Problem...? Die Vorstellung, dass schlechte Menschen gute Kunst machen könne, ist irgendwie beunruhigend.
Da ist was dran.
"Schlechte Menschen" ist mir etwas zu grob. Wann ist jemand ein schlechter Mensch, wenn er Anhänger der AfD ist, oder wenn er jemanden umgebracht hat, und es nicht bereut, oder ...lügt, betrügt, hintergeht oder? In letzteren war Picasso wohl auch ein Meister, aber trotzdem ist es bei seiner Kunst nicht relevant.

Es heißt bei Schiller zur politischen Freiheit mündiger Mensch werden". Freiheit und politische Freiheit sind meiner Meinung ein Merkmal von Kunst. Sie steht für Freiheit, in vielerlei Hinsicht. Politische Freiheit im Gegensatz zu einer Diktatur, Pluralität von Meinungen, Richtungen, Stilrichtungen auf die Kunst bezogen usw.
Wir kann man als Kunstschaffender eine politische Richtung - sei es links oder rechts - vertreten und zustimmen, die genau diese Freiheit zu verhindern versucht? Das macht mich kirre und finde ich beunruhigend.



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Jörn Budesheim
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Di 4. Jun 2019, 17:34

Ja, genau. AFD-nahe zu sein und Künstler zu sein, das ist ein innerer Widerspruch, sollte man meinen, aber dennoch scheint es möglich zu sein.




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Jörn Budesheim
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Di 4. Jun 2019, 17:52

Stefanie hat geschrieben :
Di 4. Jun 2019, 16:51
"Schlechte Menschen" ist mir etwas zu grob.
In Kassel ist gerade der Regierungspräsident ermordet worden. Wenn du im Internet einige Kommentare der Rechten dazu liest, dann weißt du, was der Ausdruck schlechter Mensch heißt.




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TsukiHana
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 4. Jun 2019, 17:34
AFD-nahe zu sein und Künstler zu sein, das ist ein innerer Widerspruch, sollte man meinen, aber dennoch scheint es möglich zu sein.
Eigentlich war ich bisher auch der Meinung, dass ein Künstler heute gar nicht unpolitisch sein kann, jedoch verträgt sich das für mich in keiner Weise mit einer AfD-Nähe.



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Stefanie
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Di 4. Jun 2019, 21:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 4. Jun 2019, 17:52
Stefanie hat geschrieben :
Di 4. Jun 2019, 16:51
"Schlechte Menschen" ist mir etwas zu grob.
In Kassel ist gerade der Regierungspräsident ermordet worden. Wenn du im Internet einige Kommentare der Rechten dazu liest, dann weißt du, was der Ausdruck schlechter Mensch heißt.
Was sind denn die Menschen, oder der Mensch, die den Mann getötet haben, wenn schon die Menschen, die hetzen, schlecht sind?
Was ist die Steigerung von schlechte Menschen?



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Stefanie
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Di 4. Jun 2019, 21:42

Liest man diverse Texte zu Thema AfD und Kunst und Kultur, kann doch keine kunstschaffenden Person für die AfD sein. Oder es wird verdrängt, dass diese Partei massiv versucht, alles was ihr nicht passt, zu verbieten, versucht Geldmittel zu streichen usw. Sie fordert in ihrem Parteiprogramm keine politische Kunst, und versucht permanent die Kunst in ihrem politischen Sinne umzubauen. Das kann doch ein Kunstschaffender nicht ignorieren, es sei denn, man teilt die Ansichten.

https://www.daserste.de/information/wis ... ik100.html



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Stefanie
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Sa 3. Aug 2019, 22:46

Das Thema beschäftigt mich nach wie vor. Ein Zwischenstand der Beschäftigung mit der Frage, ob es Kriterien gibt, um die Frage klären.
Ich denke, dass jeder Fall einzeln zu betrachten ist. Die Frage ist, gibt es aber allgemeine Kriterien, die auch bei einer individuellen Betrachtung heranzuziehen sind. Diese wären aber wieder ein Maßstab, der eventuell der individuellen Betrachtung im Weg steht.
Ich erweitere mal die Beispiele. Heinz Rühmann und Heinrich George. Heinrich George war unbestritten ein genialer Schauspieler, der eine unglaubliche körperliche Präsenz auf der Bühne gehabt haben soll. Er starb in einem sowjetischen Lager, Sachsenhausen, nach dem Krieg. Er konnte sich nicht zu seiner Rolle in dieser Zeit nicht wirklich äussern. Heinrich George hat sich den nazis insofern angedient, in dem er u.a. in den berüchtigten Filmen von veit Harlan mitspielte und gleichzeitig als Intendant des Schiller Theaters so gut es ging sich dem System verweigerte. Seine sterblichen Überreste liegen heute in einem Ehrengrab der Stadt Berlin. Er war der Vater von Götz George.
Heinz Rühmann, einer der heute noch beliebtesten Schauspieler der Deutschen. Die Feuerzangenbowle ein Filmklassiker. Mit einem Makel. Rühmann hatte gute Kontakte zu Goebbels, für dessen Geburtstag er einen kleinen Film mit dessen Kindern gedreht hatte. Goebbels wollte die feuerzangenboule nicht frei geben, er war ihm zu lustig für die Kriegssituation. Also ging Rühmann zu Hitler, der gab der Film frei. Dieser Film ist eine Komödie, aber auch zur Ablenkung der Deutschen vom Krieg, für die gute Stimmung an der Heimatfront, gedreht worden. Quax der Bruchpilot ist ein propangada film für die Luftwaffe, die als Komödie rüberkommt. Über die Verstrickungen von Rühmann wird so gut wie nie gesprochen, heute auch noch nicht. Es wird ignoriert. Er selber hat sich dazu nie wirklich geäußert.
Als ein allgemeines Kriterium lässt sich fragen, ob sich in dem Werk die Vorwürfe zeigen oder nicht, und spricht das Werk unabhängig für sich oder nicht. Wird in das Werk beider die Gesinnung der Nazis transportiert oder nicht. Letzteres allgemeiner formuliert, transportiert das Werk Sachverhalte oder Gesinnungen oder Taten, die Menschen herabsetzen.
Da komme ich bei beiden aber doch arg ins Schleudern. Die Schauspielkunst von George gerade auf der Bühne spricht für sich alleine, reine Theaterkunst. Bei diesen NS Filmen ist das anders. Die Feuerzangenboule ist wegen seiner Geschichte nicht mehr so leicht daher kommend. Kann man über diesen Film noch lachen?
Die beiden Fälle habe ich für mich noch nicht gelöst, deshalb erwähne ich sie. Bei Nolde tue ich mich auch noch schwer.
Weiter Kriterien können sein die Zeit, die Umstände, die Größe des Künstlers, die Bedeutung, das Gesamtwerk, der Einfluss auf die jeweilige Kunst, die Art der Kunst.



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Stefanie
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Sa 3. Aug 2019, 23:07

Bei Emil Nolde finde ich es auch sehr kompliziert. Schaut man sich sein Werk an, transportiert der Hauptteil seiner Bilder nicht seine Gesinnung. Also eine Trennung von Künstler und Werk bei diesen Bildern ist durchaus richtig. Diese Werke stehen für sich selbst. Nur, er hat halt auch Bilder gemalt, um den nazis zu gefallen, und diese sind beeinflusst und stehen nicht für sich selbst und er hat hinsichtlich seiner malverbotes schlicht gelogen.

Picasso als Gegenbeispiel. Um es freundlich zu formulieren, Picasso war kein netter Mensch. Sein Werk ist davon völlig unabhängig, und ob er ein netter Mensch war oder nicht, tritt völlig hinter die Werke zurück. Trennung des Künstlers in seiner Rolle als Privatmensch und seinem Werk. Für mich bleibt er einer der genialsten Maler, Künstler aller Zeiten. Auch wenn er ein..... war.



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Jörn Budesheim
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Mich beschäftigt das Thema auch sehr. Aber ich bin keinen Schritt weiter :(




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So 4. Aug 2019, 17:05

Mit dem Thema haven sich natürlich schon viele beschäftigt, wie die Google so gezeigt > https://www.google.com/search?q=künstle ... rk+trennen :)




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Stefanie hat geschrieben :
Sa 3. Aug 2019, 22:46
Ich denke, dass jeder Fall einzeln zu betrachten ist.
Ja, das denke ich auch. Von der Tendenz her, denke ich, dass man versuchen sollte, Werk und Künstler zu trennen, insbesondere wenn das Werk nicht "kontaminiert" ist, so wie du es herauszuarbeiten versuchst.

Aber nehmen wir ein Beispiel: Michael Jackson. Wie soll man hier zwischen Werk und Künstler trennen, wo er doch selbst, wie viele andere Künstler auch, versucht hat sein eigenes Leben als Kunstwerk zu inszenieren - für das öffentliches Leben und Werk im Grunde eine Einheit bilden. Man könnte man einwenden, dass es neben der Kunstfigur Michael Jackson noch eine Privat-Figur Michael Jackson geben könnte. Aber erstens stellt sich die Frage, ob diese Trennung sinnvoll bzw überhaupt möglich ist und zweitens fragt sich natürlich auch, ob Jackson die Taten nicht als Kunstfigur Jackson begangen hat? Dann wären die Songs sogar Teile der Taten, weil er sich mit ihnen (dank des Erfolgs) den Zugang zu seinen Opfern verschafft hat.




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Stefanie
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Mo 5. Aug 2019, 00:29

Tja, Michael Jackson. Für mich habe ich das klar. Ich grübel allerdings noch etwas über das mit der Kunstfigur nach.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/mi ... _id=452109

https://www.musikexpress.de/michael-jac ... n-1302615/

Die Dimension des musikalischen Nachlaß, der Bekanntheitsgrad dieses Menschen, zu Lebzeiten, aber auch nach dem Tod bewirkt auch noch folgendes: Es ist ein kollektives Gedächtnis entstanden, sowohl bei Jackson Fans, wie auch bei denen, die ihn nicht mögen. Irgendwo las ich den Ausspruch, er hatte sie alle, und hat sie noch, dies meint, alle soziale Schichten, nahezu jede Altersschicht, Nationen übergreifend, Frauen und die Männer, und Ethnien übergreifend. Bei keinem der hier im Thread genannten Fälle und Personen ist das so.
In einem solchen Fall das Werk nur noch ausschließlich zu Diskussionszwecken zu zeigen, oder zu spielen, und ansonsten zu ignorieren, ist aufgrund der Dimension und auch wegen dem Einfluss auf nachfolgende, auch heutige MusikerInnen schlicht nicht möglich. Viele heutige Pop Musiker und MusikerInnen sind von ihm geprägt. So ganz drin bin ich nicht, wer heute so angesagt ist, und habe ich mich schlau gemacht. Ein Bruno Mars ist ganz eindeutig von Michael Jackson beeinflusst, Beyonce übrigens auch. Um mal die erfolgreichsten zu nennen. Die möglicherweise stimmenden Vorwürfe auf das künstlerische Werk zu übertragen, und dieses wie den Privatmensch aus dem Gedächtnis, auch aus dem kollektiven Gedächtnis zu verbannen, wird nicht möglich sein.

Letztes Jahr bin ich bei meiner Suche nach Videos für meinen Mail Adventskalender fürs Büro über einen liveauftritt von "billie jean" gestolpert, weil ich mir "We are the World" anschaute. Billie Jean gehört zu meinem Teil des kollektiven Gedächtnis, war es als Lied schon, das erste video und Lied, welches ich von ihm sah/hörte, von der konzertversion war ich fasziniert. Daran wird sich auch nichts ändern, ob nun die Vorwürfe jemals bewiesen werden, oder nicht. Das Lied steht für sich selbst.



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Stefanie
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Mo 5. Aug 2019, 09:27

Nehmen wir mal an, ein/e bildender/bildende Künstler/Künstlerin, noch lebend, aus der Liste der sagen wir mal 20 einflussreichsten, bedeutenden KünstlerInnen derzeit, begeht einen klassischen Mord als Beziehungstat, und wird zu lebenslänglich verurteilt.
Was passiert denn dann mit den Kunstwerken, die als herausragend etc. eingestuft worden sind, und es auch sind? Werden diese aus den Museen entfernt, und verschwinden in den hintersten Ecken des Archivs?
Wohl kaum, denke ich mal.

Was ist, wenn diese Tat deshalb Aufmerksamkeit erhält, weil es sich um eine Berühmtheit handelt, oder gar, dass die Tat mit dem Status als Berühmtheit irgendwie zu tun hat, ?
Sind dann die vorher so hoch gelobten Werke auf einmal infiltriert und Teil der Tat?
Nicht wirklich, meiner Meinung nach.



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