Ich kenne das aus meiner philosophischen Lektüre. Ich erinnere mich auch noch sehr vage an eine entsprechende Vorlesung, das ist natürlich schon einige Jahre her. In beiden Fällen ist die Begriffsgeschichte** natürlich noch lebendig oder schwingt zumindest mit. Die Formulierung, die ich verwendet habe, habe ich mir zu eigen gemacht, weil ich sie prägnant und völlig überzeugend finde. Ich habe überlegt, woher ich sie habe, aber ich kann die Quelle nicht nennen. Vielleicht kann ich sie nachreichen.
**Holzschnittartig ausgedrückt: In dieser Geschichte (sagen wir im 17. oder 18. Jahrhundert) ist Geschmack ein "subjektives Vermögen" und zugleich eine objektive Instanz, nämlich die Fähigkeit, bestimmte Dinge (z.B. Kunst) so zu sehen, wie sie an sich sind. Geschmack wird durch Übung erworben, kann aber nicht vollständig auf Regeln zurückgeführt werden (ein wichtiger Punkt, wie ich finde, ich hab weiter oben schon darauf hingewiesen). "Subjektiv" hat hier noch einen ganz anderen Klang als heute üblich. Subjektiv ist nicht gleichbedeutend mit "bloß subjektiv" und bedeutet auch nicht "rein individuell". Geschmack ist ein wirkliches Vermögen - was man tut, kann scheitern oder gelingen - und deshalb muss man es erst lernen, sich durch Übung aneignen. Subjektiv bedeutet hier auch, dass man eigenverantwortlich urteilt, ohne Anleitung, also frei, aber nicht willkürlich, denn Geschmack ist, wie gesagt, in dieser Tradition die Fähigkeit, die fraglichen Gegenstände so zu sehen, wie sie an sich sind. Das freie Subjekt urteilt über die Sache selbst.