Schrödingers Katze

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Rosita
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Di 27. Feb 2018, 16:17

Ich hoffe, das Thema ist nicht allzu durchgekaut.

Ich verstehe zwar, den Gedankengang, dass solange niemand nachsieht, die Katze entweder tot oder lebendig, folglich tot und lebendig ist. Aber was sagt mir das?
Bitte seid nachsichtig mit mir. :)



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Stefanie
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Di 27. Feb 2018, 17:40

Rosita, diese Katze verwirrt mich, seit dem ich das erste mal über sie gelesen habe. Schon ein paar Mal wurde es mir erklärt, aber so ein Stückchen zum vollem Verständnis fehlt mir immer noch.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Rosita
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Di 27. Feb 2018, 17:44

Hi Stefanie,

vielleicht gibts hier jemand der da nochmal gerne darüber reden will.



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Jörn Budesheim
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Mi 28. Feb 2018, 05:30



Falls jemand Schrödingers Katze noch nicht kennen sollte, hier ist ein kurzes Video dazu.

Meine laienhafte Frage dazu wäre, wie kann die Quantenwelt "unterscheiden", ob sie von einer Katze oder von einem Menschen beobachtet wird? Der Zweck des abgeschlossenen Behälters ist doch, dass niemand reinschauen kann. Aber wieso, das ist meine Frage, gilt die Katze selbst nicht als Beobachter? Was würde passieren, wenn man (natürlich bloß in Gedanken) statt der Katze ein Mensch in die Kiste tut?




Tosa Inu
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Mi 28. Feb 2018, 08:11

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 05:30
Meine laienhafte Frage dazu wäre, wie kann die Quantenwelt "unterscheiden", ob sie von einer Katze oder von einem Menschen beobachtet wird? Der Zweck des abgeschlossenen Behälters ist doch, dass niemand reinschauen kann. Aber wieso, das ist meine Frage, gilt die Katze selbst nicht als Beobachter?

Sehr richtig.
Früher hieß es Messvorgang, also, dass sich Quantenteilchen erst "entscheiden" wenn sie gemessen werden, aber da der Messvorgang gar keine besonderen Messgeräte brauchte, nannte man es Beobachtung. Letztlich ist Beobachtung aber auch nur eine Wechselwirkung, mit irgendwas. Die Katze wäre also genauso Beobachter und auch die Wände der Kiste würden

Ansonsten dürfte es ja auch Radioaktivität nur geben, wenn jemand sie misst oder hinschaut. Oder die Halbwertzeit eines radioaktiven Stoffes veränderte sich deutlich, wenn man ihn in ein vollbesetztes Stadion stellt.
Und so sagt ein Physiker:
Ähnlich wie in meinem vorgehenden Artikel zum Beobachter in der Relativitätstheorie, möchte ich auch hier mit der Anregung schließen, in populärwissenschaftlichen Darstellungen der Quantenmechanik den Beobachter aus dem Spiel zu lassen. Lasst uns besser die tatsächlich durchführbaren Experimente vorstellen. Die machen die Quantenmechanik erstaunlich genug ohne den falschen Eindruck zu erwecken, die Quantenmechanik sage irgendetwas zu einer Wechselwirkung zwischen menschlichem Bewusstsein und Außenwelt aus.
Quelle


In dem Video wurde übrigens an einer Stelle gesagt, es gäbe Naturgesetze einmal für die Mesowelt und einmal für die Mikrowelt. Das kann nicht sein.
Analog könnte man auch hier fragen: Woher wissen irgendwelche Teilchen, welchen Gesetzen sie folgen sollten?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:11
Das kann nicht sein.
Warum?




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Jörn Budesheim
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Mi 28. Feb 2018, 08:26

Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:11
Letztlich ist Beobachtung aber auch nur eine Wechselwirkung, mit irgendwas.
Bei der vorletzten documenta (!) gab es einen Versuchsaufbau des Physikers Anton Zeilinger. Gelegentlich war Zeilinger selbst vor Ort. Wenn er aber keine Zeit hatte, dann war zumindest ein Assistent von ihm da. Mit so einem Assistenten hab ich mich über das fragliche Problem mal unterhalten. Und wenn ich mich recht entsinne und ich ihn richtig verstanden habe, dann ist ein Beobachter gar nicht von Nöten, jeder mittelgroße Gegenstand tut es auch. Ob das das letzte Wort in der Physik zu der Frage ist, weiß ich natürlich nicht.




Tosa Inu
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Mi 28. Feb 2018, 08:34

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:19
Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:11
Das kann nicht sein.
Warum?
Weil die Naturgestze dann keine Naturgesetze mehr wären.
Naturgesetze nach der Vorstellung der Physik zeichnen sich ja gerade dadurch aus, dass sie alles erfassen.
Man kann nicht sagen, dass die Schwerkraft, an Feiertagen Pause macht, oder inn einen Hochhaus in Braunschweig der Magnetismus nicht wirkt.



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Mi 28. Feb 2018, 08:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:26
Und wenn ich mich recht entsinne und ich ihn richtig verstanden habe, dann ist ein Beobachter gar nicht von Nöten, jeder mittelgroße Gegenstand tut es auch. Ob das das letzte Wort in der Physik zu der Frage ist, weiß ich natürlich nicht.
Genau.
Beobachtung oder Messung kann nur Interaktion heißen und mit Quanten kann eben alles interagieren.



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Jörn Budesheim
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Mi 28. Feb 2018, 08:40

Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:36
Beobachtung oder Messung kann nur Interaktion heißen und mit Quanten kann eben alles interagieren.
Ich bin kein Physiker. Nach meiner Erinnerung hat der junge Assistent jedoch nicht von "allem" gesprochen, sondern von [zumindest] mittelgroßen Dingen gesprochen, also Gegenständen der Mesowelt/Makrowelt.




Tosa Inu
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Mi 28. Feb 2018, 08:47

Hier noch ein sehr interessanter Beitrag, des oben zitierten Joachim Schulz zu der Arbeit der Philosophin Karen Barad, die die Problematiken, Zusammenhänge und philosophischen, wie physikalischen Aspekte, rund um den Messvorgang abhandelt.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Mi 28. Feb 2018, 08:52

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:40
Ich bin kein Physiker. Nach meiner Erinnerung hat der junge Assistent jedoch nicht von "allem" gesprochen, sondern von [zumindest] mittelgroßen Dingen gesprochen, also Gegenständen der Mesowelt/Makrowelt.
Aber diese Grenze gibt es nicht, sie ist künstlich eingeführt. (Sie dazu der eben verlinkte Artikel.)
Wo beginnt Leben, Dummheit, wann geht der Abend in die Nacht über?
Andererseits können wir nicht immer (oder egentlich nie) alles betrachten. In der Physik arbeitet man daher dauernd mit sogenannten Idealisierungen, d.h. mit Dingen und Modellen von denen man weiß, dass es sie so eigentlich nicht gibt oder geben kann. Sie gilt dennoch als exakte Wissenschaft.



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Jörn Budesheim
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Mi 28. Feb 2018, 09:11

Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 08:52
Aber diese Grenze gibt es nicht, sie ist künstlich eingeführt.
Dazu scheint es verschiedene Ansichten zu geben, sieh dazu einen anderen Artikel, den du selbst verlinkt hast.
Spektrum.de hat geschrieben : Ist die Realität mehr als die Summe ihrer Teile?

Einer neuen mathematischen Theorie zufolge könnten Lebewesen mit Bewusstsein und viele andere makroskopische Systeme die Zukunft stärker beeinflussen als all ihre mikroskopischen Bausteine zusammen.

Quelle und weiterlesen © Olena Shmahalo/Quanta Magazine (Ausschnitt)




Tosa Inu
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Mi 28. Feb 2018, 10:32

Ja, aber das zerfasert einem dann wieder an anderen Stellen.
Man kann immer mit guten Gründen bestimmte Grenzen ziehen, man muss sie nur definieren.
Aber mit Sicherheit wird es jemanden geben, der auch diese Grenze in Zweifel zieht.
Es hat schon Gründe, warum man bis heute nicht weiß, wo Bewusstsein beginnt, wo Leben beginnt und was das eigentlich ist und wie ich kürzlich erst hörte, weiß man auch nicht, was Energie eigentlich ist. Ist man an der Stelle, ist man bei Heidegger, der der Wissenschaft pauschal vorwirft, nicht zu denken, genau aus dem Grund, weil sie einfach losmarschiert, ohne ihre Begriffe geklärt zu haben.

Andererseits, das muss die Wissenschaft auch nicht, sie alles Recht der Welt, einfach etwas als dies oder das zu definieren und dann damit zu rechnen und exakt das ist heute das Vorgehen. Nur, jetzt kommt die abermalige Wende, es kommt irgendwann der Punkt, an dem dann doch wieder geklärt werden muss, was denn nun Existenz, Energie, Leben, Bewusstsein ... in einem fundamentaleren Sinne ist, da es eben jeder etwas anders versteht und die Grenzpflöcke an anderer Stelle einhaut.

Denn, die Idee die dahinter ist, ist eine Poppersche. Grob gesagt: Es gibt eine Gesamtsumme der wahren Verhältnisse der Welt, der wir immer näher kommen, wenn wir die Wirklichkeit erforschen. Wenn wir uns klug irren, wissen wir wenigstens, was weg kann, am Ende bleibt, aus welcher Perspektive auch immer ein wahres Verständnis von Welt und ihren Zusammenhängen übrig.

Really?



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Jörn Budesheim
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Mi 28. Feb 2018, 11:04

Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 10:32
Man kann immer mit guten Gründen bestimmte Grenzen ziehen, man muss sie nur definieren.
Es geht in dem Artikel aber nicht um "Grenzen", die man "bloß" definiert hat. Es geht dort um an sich selbst bestehende "Grenzen". Aber damit sind wir nicht mehr bei Schrödingers Katze.




Tosa Inu
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Mi 28. Feb 2018, 11:20

Was heißt denn "an sich" bestehend?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Mi 28. Feb 2018, 18:51



Dauert (anders als angezeigt) nur ein viertel Stündchen, weil die Sendung in dem Video gleich zweimal gezeigt wird. Vermutlich einmal für die tote und einmal für die lebende Katze. Aber für die Katz ist es trotzdem nicht.




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novon
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Mi 28. Feb 2018, 22:02

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 28. Feb 2018, 18:51

Dauert (anders als angezeigt) nur ein viertel Stündchen, weil die Sendung in dem Video gleich zweimal gezeigt wird. Vermutlich einmal für die tote und einmal für die lebende Katze. Aber für die Katz ist es trotzdem nicht.
Genaugenommen müsste das Gedankenexperiment wohl auch 'Schrödingers Katzenkarton' genannt werden, denn der Inhalt der Kiste insgesamt wird als Quantensystem betrachtet, also auch Detektor und Hammer... Glaub ich... *g




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Stefanie
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Sa 3. Mär 2018, 20:04

Mir geht es ähnlich wie Rosita.
Es ist ein Gedankenexperiment, dass ich s was sagen soll, und nicht nur eine physikalische Situation beschreibt.
Und diesen Schritt, die Übertragung auf unsere Lebenswelt, das ist mir nicht klar.
Soll uns das Experiment sagen, wir sollten nicht Welten vermischen, die nicht zusammenpassen? Oder das die Wirklichkeit immer davon abhängt, wer sie beobachtet?
Wofür ist dieses Gedankenexperiment gut?



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Goethe

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Stefanie
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Sa 3. Mär 2018, 23:18

Danke Tommy für die Darstellung. Das Problem was sich ergibt kann doch - wenn überhaupt- nur die Naturwissenschaften lösen.
Aber was für philosophische Schlüsse und Überlegungen ergeben sich daraus. Das ist mir immer noch nicht klar.



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Goethe

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