Kaffeestübchen

[Nauplios]

Menschen haben nicht automatisch recht, nur weil sie alt sind.

Wer wollte dem widersprechen?

Vielleicht entwickeln sie im Alter einen gewissen Spürsinn für's latent Komische. Die Perspektive der Traurigen Wissenschaft, welche die Diskussionen hier durchweg bestimmt, verstellt den Blick auf das Komische als Inkubationskammer für die Philosophie.

"Voltaire sagte, der Himmel habe uns zum Gegengewicht gegen die vielen Mühseligkeiten des Lebens zwei Dinge gegeben: die Hoffnung und den Schlaf. Er hätte noch das Lachen dazu rechnen können." (Kant; Kritik der Urteilskraft; Paragraph 54)

[Jörn Budesheim]

Wer wollte dem widersprechen?

Ich!

Aber mir fällt nicht ein, wie :)

[Nauplios]

Schaut man sich das Curriculum totale an, das (im Nachbarthread) den Schulkindern künftig verabreicht werden soll, werden die Alten bald alt aussehen. Wer dann noch lacht, hat nichts zu lachen.

[Jörn Budesheim]

Meinst du, musische Fächer und Philosophie sollten nicht gelehrt werden?

[Nauplios]

Meinst du, musische Fächer und Philosophie sollten nicht gelehrt werden?

Ich dachte jetzt nicht in erster Linie an musische Fächer und an Philosophie, sondern an Stefanies Vorschläge.

Damit es jetzt nicht über Bande läuft, antworte ich etwas ausführlicher im Thread "Wahlrecht für Kinder und Jugendliche".

[NaWennDuMeinst]

Menschen haben nicht automatisch recht, nur weil sie alt sind.

Wer wollte dem widersprechen?

Vielleicht entwickeln sie im Alter einen gewissen Spürsinn für's latent Komische.

Entweder das, oder sie sind schlicht überfordert und lachen über die eigene Unzulänglichkeit.
Es bleibt einem ja dann irgendwann auch nichts mehr übrig.
Das Kreuz knackt, im Hirn rieselt der Kalk. Da kann man drüber jammern, aber es ändert ja nichts. Was bleibt ist Humor. Das macht es vielleicht einfacher zu ertragen.

(Das ist übrigens auch Humor. Schwarzer.)

[AufDerSonne]

Aber es gibt doch immer Trost für die Alten: Wer früher stirbt ist länger tot.
Das ist doch schon was.

[Nauplios]

Aber es gibt doch immer Trost für die Alten: Wer früher stirbt ist länger tot.
Das ist doch schon was.

Es tut mir leid für dich, daß ich zur Zeit noch ungetröstet bin, AufDerSonne. Es bleibt dir aber die Hoffnung, daß mein nächster Herzinfarkt einen tödlichen Ausgang nimmt.

[AufDerSonne]

Aber es gibt doch immer Trost für die Alten: Wer früher stirbt ist länger tot.
Das ist doch schon was.

Es tut mir leid für dich, daß ich zur Zeit noch ungetröstet bin, AufDerSonne. Es bleibt dir aber die Hoffnung, daß mein nächster Herzinfarkt einen tödlichen Ausgang nimmt.

Das war nur ein Witz. Ich bin ja selbst auch nicht mehr der Jüngste. Ich finde den Spruch nur lustig.
Thomas Hobbes: "Ich trete jetzt meine letzte Reise an - es ist ein großer Sprung ins Ungewisse." Soll er kurz vor seinem Tod gesagt haben. Finde ich noch schön.
Trotzdem finde ich, man muss ja nicht wegen jedem kleinen Witz emotional werden.
Ich hätte nichts dagegen, wenn wir wieder einmal über den Tod philosophieren würden. Ist nämlich ein interessantes Thema.
Zum Beispiel hat einmal jemand gesagt, dass wir jemanden nur vermissen, der gestorben ist, wenn wir noch etwas mit ihm/ihr erleben wollten.
Ich finde das hat was. Irgendwie ist man also nicht im Reinen mit jemandem, wenn man zu viel Mühe hat, wenn er stirbt.

[Nauplios]

Ich hätte nichts dagegen, wenn wir wieder einmal über den Tod philosophieren würden.

Laß' mich dabei aus dem Spiel. Delektiere dich an deinem eigenen Tod.

[Henk]

Was ganz anderes:
Zurzeit befindet sich die belarussusiche Aktivistin Kolesnikowa auf einer Intensivstation.
Das Regime weigert sich Angaben zu den Gründen und der Ursache für eine Intensivbehandlung zu machen.
Niemand darf sie sehen, weder der Vater noch der Rechtsanwalt.
Im September des vergangenen Jahres war Frau Kolesnikowa wegen des Vorwurfs der Verschwörung gegen den Staat zu elf Jahren Haft verurteilt worden, nachdem sie sich einer Ausweisung entzogen hat.
Sie ist nicht die einzige Belarussin, die aus politischen Gründen willkürlich zu schweren Strafen verurteilt wurde, aber eine der Bekanntesten.
Ihr Schicksal erinnert an das von Alexej Nawalny, der nach einem Gift-Attentat des russischen Geheimdienstes nach Russland zurückgekehrt war und zu 12 Jahren verschärfter Lagerhaft verurteilt wurde.
Oder an das Schicksal des russischen Oppositionellen Wladimir Kara-Mursa, der zwei Giftanschläge des FSB überlebte und aus den USA nach Russland zurückkehrte und dort festgenommen wurde und wegen angeblichem Hochverrat zu wahrscheinlich 24 Jahren Haft verurteilt werden soll.
Kara-Mursa hatte das kriminelle Handeln Putins und seiner Oligarchen und deren Raubgut (Konten, Villen und Jachten usw.) publik gemacht und für Sanktionen geworben.

Alle Genannten haben eine für mich unvorstellbare Leidensbereitschaft, die sie auch noch, egal was ihnen angetan wird, mit freundlichem Lächeln begleiten.
Und in Westeuropa wird über Preise gejammert. Dann gibt es, vor allem in den östlichen Bundesländern Leute, die bei Demonstrationen mit Schildern aufmaschieren, auf denen Putin um Hilfe gebeten wird.
Oder eine Innenministerin setzt sich mit einer One-Love-Armbinde in ein Fußballstadion und posiert mit zugehaltenen Mündern vor einem Spiel und verliert.
Sind im Westen, besonders in Deutschland alle gaga? Wollen wir die Welt belehren und kriegen nichts auf die Reihe? Wo bleibt die Scham?

„Aquarium“ nennt man den Panzerglaskäfig. Er ist im Moskauer Meschtschanskij-Gericht für Angeklagte vorgesehen. Darin steht Ilja Jaschin in Jeans und Rollkragenpullover. Der 39 Jahre alte Oppositionelle lächelt, grüßt Freunde und Unterstützer. Jaschins Eltern sitzen in der ersten Reihe, so nah wie möglich bei ihrem Sohn. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft wegen „Verbreitung wissentlich falscher Informationen“ über Russlands Streitkräfte.
aschin wird ein Livestream vorgeworfen, den er Anfang April auf Youtube veröffentlichte. Mehr als dreieinhalb Stunden dauerte die Aufzeichnung, die mehr als 1,2 Millionen Aufrufe hat. Jaschin sprach unter anderem über die Morde an Zivilisten, die nach dem Abzug der russischen Truppen aus Butscha nahe Kiew bekanntgeworden waren.
Der Staatsanwalt ist ein untersetzter, blasser Mann mit Bürstenhaarschnitt und trägt eine blaue Uniform. Er sagt, Jaschin habe „zustimmend mitgeteilt“, dass russische Soldaten Zivilisten in Butscha getötet hätten, habe aus „politischem Hass“ die „reale Gefahr“ geschaffen, dass sich ein „negatives Bild“ der russischen Ar­mee verbreite. Konkreter wird es nicht. Weil das Völkerrecht Angriffe auf Zivilisten und nichtmilitärische Objekte verbietet, ist für den Staatsanwalt ausgeschlossen, dass russische Soldaten anders handeln.
https://www.faz.net/aktuell/politik/aus ... ml?premium

Ein weiteres Beispiel, dass über deutsche One-Love-Binden und Mund-zuhalten hinausgeht.

[Nauplios]

Bedeutsamkeit


Zuerst habe ich nicht verstanden, worum es ihr ging. Aber es mußte etwas Schlimmes vorgefallen sein. Wie findet man Worte des Trostes, wenn man nicht weiß, was einen Menschen bekümmert? - Zuhören ist immer richtig. Rede nicht auf sie ein und gib' ihr Zeit. Sie muß ihren Schmerz teilen. Tränen und nochmals Tränen. Ob ich es denn nicht wüßte? "Schalt die Nachrichten ein!" - Bilder einer Naturkatastrophe in ihrer Heimat kamen mir in den Sinn. "Was ist passiert?" - "Marokko steht im Viertelfinale."

[Jörn Budesheim]

:)

[Stefanie]

Daran lässt sich erkennen, was Fußball für manche Länder für eine Bedeutung hat.
Bei den Spielen von Argentinien ist es ähnlich. Kann sich noch jemand an die Tränen und Emotionen erinnern, die die Fans aus Brasilien hatten, als ihre Mannschaft im Halbfinale 2014 gegen Deutschland untergegangen ist? Dieses "7:1" ist mittlerweile in Brasilien eine methaper für eine vernichtende Niederlage auch außerhalb des Sports geworden. Und der Ausspruch Tor für Deutschland wird gerne verwendet, wenn ein Missgeschick passiert ist.
Auch wenn Marokko verloren hätte, hätte es Tränen gegeben, aber stolze Tränen. Ich hatte das Spiel gesehen und mich auch gefreut und gedacht, das ist ein Grund, warum Fußball so schön sein kann.

Oder Tokio olympische Spiel, Finale Baseball Japan gegen die USA. Japan hatte gewonnen. Gegen das Baseball Land schlechthin und auch noch zu Hause gewonnen. Da war was los.

Sport ist immer gut für Emotionen aller Art.

[NaWennDuMeinst]

Sport ist immer gut für Emotionen aller Art.

Alles ist gut für Emotionen aller Art. So sind wir Menschen eben. Emotionale Wesen.
Das unterschätzt man leicht welche Bedeutung Emotionen für uns haben.

[Nauplios]

Die letzte Anwendung ist absolviert. Morgen geht's aus der Reha zurück nach Hause. Hat es sich gelohnt?

Es hat sich gelohnt; es geht mir deutlich besser. Die medizinische Betreuung ist zufrieden. Ich bin es auch.

In Erinnerung bleiben die Momente einsamer Spaziergänge in ländlicher Umgebung, ein kleines Café, wo ein wunderbarer Kaffee serviert wird und die Oma des Hauses nach einem alten Familienrezept frische Waffeln backt, der Unterlauf der Glenne im Nordwesten mit reizvollen Moorlandschaften und kleinen Seitenarmen. "Gehen Sie nicht zur Glenne nach Einbruch der Dunkelheit," raunte mir die Inhaberin des Dorfcafés mit vielsagender Miene im Dorfcafé zu.

In Erinnerung bleibt aber auch die Atmosphäre des Hauses, eine leicht morbide Stimmung von Spital, Gebrechen und Verfall - nur ohne Madame Chauchat - mit fließenden Übergängen ins Komische. Alles in allem ist mir die Zeit nicht lang geworden. Und doch freue ich mich auf zuhause.

20221202_17.4148-min.jpg (1.14 MiB) 1623 mal betrachtet

(Glennelandschaft nach Einbruch der Dunkelheit)

[Jörn Budesheim]

Heute war ich seit Corona wieder im Theater! Und was für eine Enttäuschung, das erste Mal in meinem Leben bin ich früher aus einem Stück rausgegangen. Ich hatte das Gefühl in einen schreckliches Dorftheater versetzt zu sein, total schlecht gespielt, platt, grauenvoll.

[Burkart]

Die letzte Anwendung ist absolviert. Morgen geht's aus der Reha zurück nach Hause. Hat es sich gelohnt?

Es hat sich gelohnt; es geht mir deutlich besser. Die medizinische Betreuung ist zufrieden. Ich bin es auch.

In Erinnerung bleiben die Momente einsamer Spaziergänge in ländlicher Umgebung, ein kleines Café, wo ein wunderbarer Kaffee serviert wird und die Oma des Hauses nach einem alten Familienrezept frische Waffeln backt, der Unterlauf der Glenne im Nordwesten mit reizvollen Moorlandschaften und kleinen Seitenarmen. "Gehen Sie nicht zur Glenne nach Einbruch der Dunkelheit," raunte mir die Inhaberin des Dorfcafés mit vielsagender Miene im Dorfcafé zu.

In Erinnerung bleibt aber auch die Atmosphäre des Hauses, eine leicht morbide Stimmung von Spital, Gebrechen und Verfall - nur ohne Madame Chauchat - mit fließenden Übergängen ins Komische. Alles in allem ist mir die Zeit nicht lang geworden. Und doch freue ich mich auf zuhause.



20221202_17.4148-min.jpg

(Glennelandschaft nach Einbruch der Dunkelheit)

Schön zu lesen, dass es sich dort doch für dich gelohnt und anscheinend besser gefallen hat, als du anfangs befürchtest hattest.
Der volle Mond war heute bei uns auch so schön.

[Stefanie]

Heute war ich seit Corona wieder im Theater! Und was für eine Enttäuschung, das erste Mal in meinem Leben bin ich früher aus einem Stück rausgegangen. Ich hatte das Gefühl in einen schreckliches Dorftheater versetzt zu sein, total schlecht gespielt, platt, grauenvoll.

Was wurde denn aufgeführt?

[Jörn Budesheim]

Eine Komödie von Oscar Wilde. Vielleicht bin ich einfach nicht mit ihm kompatibel, vor Corona gab es auch mal ein Stück von ihm, das hat mir überhaupt nicht gefallen. Aber diesmal war es nicht so, dass es mir einfach nicht gefallen hat, sondern es hat mich richtig gequält.