Kaffeestübchen

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
Stirzeltuff
Beiträge: 5
Registriert: Mi 27. Mär 2019, 21:05

Do 28. Mär 2019, 04:11

Hallo liebe Leute von Dialogos,

ich bin neu auf diesem Forum. Dialogos habe ich entdeckt, als ich einen Back-Link zu meiner Seite „Einfaches kompliziert gemacht“ zurückverfolgte. Dort behandle ich exemplarisch und kurz das sogenannte Ziegenproblem. Stefanie zitiert es im Post Nr. 27590. Ihre Kritik an meiner Ausführung über das Ziegenproblem hat tatsächlich Sinn. Ich hatte vergessen die Kriterien zur Bildung der Gruppen aufzuzählen, denn es ist eigentlich meine Art, alles bis ins kleinste Detail auszurollen (soweit es mir gelingt), selbst wenn es nicht unbedingt nötig ist.

Deswegen möchte ich an die Diskussion von Silvester 2018 anknüpfen.

Zuerst: Dank Stefanie, dass du meine Ziegenproblemseite als letzte(n) Versuch(ung) wahrgenommen hast. Ich will versuchen, etwas Klarheit in die Sache zu bringen.

Wie Jörn schon schrieb, definieren sich die Gruppen nicht durch die Tor-Zustände »offen« und »verschlossen«, sondern durch »gewählt« und »nicht gewählt«. Gruppe 1 beherbergt die »gewählten Tore«, Gruppe 2 die »nicht gewählten Tore«. Andere Arten von Gruppen oder Toren gibt es nicht.

Da Gruppe 2 doppelt so groß ist wie Gruppe 1, ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich in ihr das gesuchte Tor befindet, doppelt so hoch. Wenn jetzt eins der Tore aus Gruppe 2 geöffnet wird ... warum sollte sich dann der Wahrscheinlichkeitswert für diese Gruppe ändern? Die Situation hat sich nicht geändert. Lediglich eins der Tore in Gruppe 2 wurde eliminiert, es befindet sich jetzt nur noch eine Wahlmöglichkeit in Gruppe 2. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Tor 2 das richtige ist, hat sich dadurch verdoppelt. Man muss nicht mehr zwischen zwei Toren wählen, sondern nur die Gruppe und hat damit zwei Tore abgedeckt. Wenn man will, kann man sagen, Tor 2 hat 33% vom verstorbenen Tor 3 geerbt, sodass es jetzt doppelt so viel wiegt oder doppelt Platz in Gruppe 2 einnimmt und somit auch die doppelte Wahrscheinlichkeit besitzt. Das ist der eigentliche „Effekt“ bei diesem „Ein-Tor-öffnen-und-dann-wechseln-dürfen“-Spiel.

Nur in jeder dritten Spielrunde wird im ersten Tor, also der Gruppe 1, der Gewinn drin sein. In Gruppe 2 wird in zwei von drei Fällen der Gewinn sein. Da der Kandidat aber nicht weiß, welches der beiden Tore in Gruppe 2 das richtige ist, wird er nur zu 50% das richtige Tor treffen. Öffnet der Quizmaster hingegen eins der Tore - eliminiert es also als Wahlmöglichkeit - ist die Wahl des Kandidaten immer zu 100% richtig. Natürlich vorausgesetzt, das Gewinntor befindet sich in Gruppe 2. Das ist in zwei von drei Spielrunden der Fall.

Nur wenn man nach der „Eliminierung“ des 3. Tores die verbleibenden Tore »neu durchmischen« würde, wäre die Wahrscheinlichkeit 50:50.

Wenn der Kandidat Gruppe 2 wählt, ist es im Prinzip das gleiche, als würde er statt nur einem Tor zwei wählen dürfen. Dadurch würden sich seine Chancen verdoppeln. Wenn er mit seiner ersten Wahl eine Niete ergattert, hat er mit der zweiten immer noch eine Chance.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe manchmal das Gefühl oder den Eindruck, die „50:50-Fraktion“ in der „Ziegenproblem-Nachdenker-Gemeinde“ unterliegt einer Art »Optischer Täuschung«, die durch die Reduktion auf 2 Tore entstehen kann. Das geöffnete Tor wird zwar nicht mehr gewertet und taucht in der Wahrscheinlichkeitsberechnung nicht mehr auf, als Phantom ist es jedoch immer noch vorhanden. Sein Wahrscheinlichkeitsgehalt ist jetzt jedoch null. Das könnte die „Assoziationsverzerrung“ beim Betrachten des Ziegenproblems vielleicht erklären.

Liebe Grüße aus München

Stirzeltuff




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Do 28. Mär 2019, 05:55

Stirzeltuff hat geschrieben :
Do 28. Mär 2019, 04:11
Ich hatte vergessen die Kriterien zur Bildung der Gruppen aufzuzählen, denn es ist eigentlich meine Art, alles bis ins kleinste Detail auszurollen (soweit es mir gelingt), selbst wenn es nicht unbedingt nötig ist.
Danke für deine ausführlichen Erläuterungen!

Ich habe mir seinerzeit sogar ein Buch über das Problem besorgt :) und es zumindestens diagonal gelesen. Auch dort werden alle möglichen Details bei der Darstellung des Problems diskutiert. Das gehört natürlich bei einer solchen Analyse, wenn Sie in einer solchen Ausführlichkeit geschieht, auch dazu.

Ich finde (auch) folgende Frage interessant: wie kann es sein, dass so ein vergleichsweise einfaches Problem, es gibt schließlich nur wenige Zutaten, "unsere" intuitionen so nachhaltig in die Irre führen kann? und wie kann man die eigene Intuition "reparieren", so dass man die Lösung gleichsam spüren und nicht nur intellektuell nachvollziehen kann?!

Für mich war immer die einfachste Art und Weise, die Intuition auf die richtige Spur zu bringen, sich vorzustellen, dass wir es nicht mit drei Türen zu tun haben, sondern mit hundert...




Benutzeravatar
Friederike
Beiträge: 4950
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 07:48

Do 28. Mär 2019, 10:18

Stirzeltuff hat geschrieben :
Do 28. Mär 2019, 04:11
Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe manchmal das Gefühl oder den Eindruck, die „50:50-Fraktion“ in der „Ziegenproblem-Nachdenker-Gemeinde“ unterliegt einer Art »Optischer Täuschung«, die durch die Reduktion auf 2 Tore entstehen kann. Das geöffnete Tor wird zwar nicht mehr gewertet und taucht in der Wahrscheinlichkeitsberechnung nicht mehr auf, als Phantom ist es jedoch immer noch vorhanden. Sein Wahrscheinlichkeitsgehalt ist jetzt jedoch null. Das könnte die „Assoziationsverzerrung“ beim Betrachten des Ziegenproblems vielleicht erklären.
Sooo schnell raffe ich es zwar nicht, aber da ich zu der 50:50 Fraktion gehöre ... ich glaube, ich ahne, Du hast den Schlüssel geliefert.




Stirzeltuff
Beiträge: 5
Registriert: Mi 27. Mär 2019, 21:05

Do 28. Mär 2019, 20:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 28. Mär 2019, 05:55
Stirzeltuff hat geschrieben :
Do 28. Mär 2019, 04:11

Für mich war immer die einfachste Art und Weise, die Intuition auf die richtige Spur zu bringen, sich vorzustellen, dass wir es nicht mit drei Türen zu tun haben, sondern mit hundert...
Ja, ist sie auch. Seltsamerweise glauben einige, besonders der harte Kern der 50:50er, dass die Situation sich ändert, wenn es mehr als drei Tore sind. Aber mein Gruppen-Konzept schein auch nicht besonders überzeugend zu sein.

Auch, wenn ich mich da wahrscheinlich zu weit vorwage ... es kommt mir wie eine mentale Sperre vor. Wie du schon sagst, das Ziegenproblem ist eigentlich recht banal und eigentlich mit wenigen Überlegungen zu lösen, und trotzdem gibt es jede Menge Bücher und Internet-Diskussionen dazu. Selbst hoch intelligente Leute tun sich manchmal damit schwer.




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7170
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Do 28. Mär 2019, 20:55

Hallo Stirzelstuff,

Herzlich willkommen, und danke für die Ausführungen. Die grafische Darstellung auf der Internetseite finde ich nach wie vor die für ich mich klarste. Man kann sie sich so schön daneben legen, wenn man auf anderen Seiten über dieses Thema liest.

Wenn da nicht die Bildung der Gruppen wäre...der Hauptgrund für mein Nichtverständnis.
Wie Jörn schon schrieb, definieren sich die Gruppen nicht durch die Tor-Zustände »offen« und »verschlossen«, sondern durch »gewählt« und »nicht gewählt«. Gruppe 1 beherbergt die »gewählten Tore«, Gruppe 2 die »nicht gewählten Tore«. Andere Arten von Gruppen oder Toren gibt es nicht.
Warum werden die Gruppen nach "gewählt" und "nicht gewählt" gebildet? Oder anders gefragt, warum ist es falsch, die Gruppen nach offen und geschlossen zu bilden?
Im Kollegenkreis hatte ich das Problem angesprochen, und ziemlich krakelig die Grafik von der Website dazu gezeichnet. Und die Erklärung mit den Gruppen auch übernommen. Natürlich kam die Frage auf, wieso die Gruppen so gebildet werden, wie dargestellt. Das konnte und kann ich nicht beantworten. Die Antwort, das ist halt so, überzeugte nicht.
Etliche Seiten im Internet hatte ich durchforscht, nur dazu, warum man nicht nach offen und geschlossen sortieren kann, habe ich nichts gefunden. Wahrscheinlich steht es irgendwo, und ich habe es nicht erkannt.

Oder es liegt an den Ziegen.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7170
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Do 28. Mär 2019, 21:02

Diese Grafik mit den Gruppen zeigt am besten die Verteilung mit den 33% und was passiert, wenn man Gruppen bildet. Es ist eine konkrete Darstellung, das alleine hilft schon.

Der Trick, es sich mit sehr vielen Türen vorzustellen, ist für mich schon wieder zu abstrakt, und nicht wirklich greifbar. Verwirrend.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Do 28. Mär 2019, 21:21

Ein Versuch mit den vielen Türen: wir stellen uns vor, es gibt zehn Türen. Im ersten Schritt wählst du dir eine Tür aus. Nehmen dir an, du wählst die Tür Nummer 1.

Dann fragt dich der Moderator, ob du stattdessen lieber die Türen 2 bis 10 nehmen würdest.

Was machst du? Nimmst du die Gruppe 1, die aus Tür 2 besteht oder nimmst du die Gruppe 2, die aus den Türen 2 bis 10 besteht?

#Ziegenproblem




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7170
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Do 28. Mär 2019, 21:57

Das ist schlimmer als dasselbe und das gleiche.

In der Situation bleibe ich bei Tür 1. Die Türen sind noch zu, richtig? Ich habe keine Veranlassung, die Entscheidung zu ändern.
Nimmst du die Gruppe 1, die aus Tür 2 besteht oder nimmst du die Gruppe 2, die aus den Türen 2 bis 10 besteht?
Das ist mir ein Rätsel.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Mär 2019, 05:37

Du bleibst bei einer Chance von 1/10 statt zu einer Chance von 9 /10 zu wechseln???

#Ziegenproblem




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7170
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Fr 29. Mär 2019, 06:00

Es sind noch alle Türen zu, einen Hinweis gab es auch nicht, der Moderator hat doch keine Tür geoffnet, und ich darf nur eine Tür wählen.
Oder haben sich die Spielregeln geändert? :?:



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Mär 2019, 06:03

Das Angebot lautet wie folgt: Du hast die Wahl zwischen Tür 1, die du ursprünglich gewählt hast und allen anderen Türen. Das heißt, du nimmst entweder die Tür 1 oder die Türen 2 bis 10.

Wir können deine Wahl auch weglassen, es ändert sich strukturell gar nichts. Der Moderator bietet dir an, entweder Tür 1 zu nehmen oder die Türen 2 bis 10.

#Ziegenproblem




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Mär 2019, 07:22

Spinnen wir das Beispiel mit den zehn Türen noch etwas weiter. Du hast Tür 1 gewählt und du weißt, dass Tür 1 eine Wahrscheinlichkeit von 1/10 hat, der Rest hat daher eine Wahrscheinlichkeit von 9/10.

Du weißt auch sicher, dass sich in dem ganzen Rest zumindestens 8 Nieten finden. Du weißt aber nicht, ob du nicht per Zufall mit deiner Wahl richtig gelegen hast. Denn immerhin gibt es dafür eine Wahrscheinlichkeit von 1/10. Das sind Informationen, die sich ganz einfach aus der Versuchsanordnung ergeben. Wir wissen auch sicher, dass sich die Wahrscheinlichkeit von 1/10 für Tür 1 nicht ändert, solange du keine neuen Informationen bekommst, also keine Informationen, die über das hinausgehen, was sich aus der Versuchsanordnung von selbst ergibt.

Der Witz des Rätsels ist nach meinem Verständnis, dass sich alles allein aus Informationen aus der Ausgangslage ergibt.

#Ziegenproblem




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7170
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Fr 29. Mär 2019, 07:55

Den Satz von gestern Abend verstehe ich nicht:
Nimmst du die Gruppe 1, die aus Tür 2 besteht oder nimmst du die Gruppe 2, die aus den Türen 2 bis 10 besteht?
Gruppe 1 müsste doch die Tür 1 sein, und die Gruppe 2 die Türen 2 bis 10. Wenn man schon Gruppen bildet, oder?
Spinnen wir das Beispiel mit den zehn Türen noch etwas weiter. Du hast Tür 1 gewählt und du weißt, dass Tür 1 eine Wahrscheinlichkeit von 1/10 hat, der Rest hat daher eine Wahrscheinlichkeit von 9/10.

Du weißt auch sicher, dass sich in dem ganzen Rest zumindestens 8 Nieten finden. Du weißt aber nicht, ob du nicht per Zufall mit deiner Wahl richtig gelegen hast. Denn immerhin gibt es dafür eine Wahrscheinlichkeit von 1/10. Das sind Informationen, die sich ganz einfach aus der Versuchsanordnung ergeben. Wir wissen auch sicher, dass sich die Wahrscheinlichkeit von 1/10 für Tür 1 nicht ändert, solange du keine neuen Informationen bekommst, also keine Informationen, die über das hinausgehen, was sich aus der Versuchsanordnung von selbst ergibt.
Das verstehe ich.
Nur kommt ja jetzt eine weitere Information hinzu, der Moderator öffnet eine Tür mit einer Niete. Die gehört ja auch zur Versuchsanordnung.
Und schon ist alles verändert, und die Gruppen kommen ins Spiel. Die eine Fraktion bildet die Gruppen nach gewählt oder nicht gewählt, und die andere Fraktion nach offen oder geschlossen. Es ändert sich die Wahrscheinlichkeit von je Tür 33% zu 33% die eine Gruppe und zu 66 % die andere Gruppe, die Frage ist für mich nach wie vor, warum es nach den gewählten Türen geht.

Die Abwandlung, dass man jetzt auf einmal mehrere Türen auf einen Schlag aufmachen lassen kann, ist zum Ausgangsfall doch total anders. Im Ausgangsfall muss ich mich für eine Tür entscheiden. Das ist doch eine andere Struktur.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Mär 2019, 08:59

Stefanie hat geschrieben :
Fr 29. Mär 2019, 07:55
Das verstehe ich.
Sehr gut, das ist die halbe Miete. Es geht aber noch weiter. Ich wiederhole die vorherigen Schritte, damit wir alles in einem Beitrag haben. Ich mache das Rätsel mit veränderten Regeln und mit zehn Türen, weil ich es anschauchlicher finde. Vergiss bitte zunächst den Moderator und das alte Rätsel bis ich beides explizit erwähne :-)

Du hast Tür 1 gewählt und du weißt, dass Tür 1 eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 1/10 hat. (Gruppe A)

Der Rest hat zusammen gekommen daher eine Gewinnwahrscheinlichkeit von 9/10. (Gruppe B)

Die Gruppenaufteilung ergibt sich implizit aus deiner Wahl.

In Gruppe B befinden sich zumindestens 8 Nieten, ggf. sogar 9 Nieten. Das wissen wir aus der Versuchsanordnung. (Achtung: Wenn du erfährst, dass in Gruppe B 9 Nieten sind, weißt du zugleich, dass der Sieg in Gruppe A ist.)

Wenn dir aber irgend jemand bloß sagt, dass sich in Gruppe B 8 Nieten befinden, erfährst du also nichts neues. Wichtig: Du erfährst damit vor allem nichts über deine Tür, also Gruppe A.

Insbesondere erfährst du mit dieser "Information" nicht, ob sich der Gewinn in Gruppe A oder in Gruppe B befindet.

Jetzt erst kommt der Moderator ins Spiel. Wichtig ist, immer daran zu denken, dass der Moderator weiß, wo das Auto ist und damit natürlich auch weiß, wo die Nieten sind.

Da sich in Gruppe B ganz sicher 8 Nieten befinden und der Moderator weiß, wo alle Nieten sind, hat er immer die Möglichkeit, dir gezielt 8 Nieten zu zeigen, ohne dir zufälligerweise den Gewinn zu präsentieren. Er kann also immer 8 Nieten auswählen, ohne dir zugleich zu verraten, ob es in Gruppe B 9 Nieten gibt.

Wenn er das tut (8 Nieten zeigen), erhältst du keine neuen Informationen über Gruppe A und keine neuen Informationen über Gruppe B als Ganze. Du erfährst nichts neues über das jeweilige Gesamtpaket, was du nicht schon wusstest.

Du erfährst nichts über Gruppe A. Du verfährst über Gruppe B lediglich, dass es zumindest 8 Nieten gibt. Du erfährst aber nicht, ob es 9 Nieten gibt. Denn das wäre tatsächlich eine relevante Information.

Du weißt zwar nun von einigen Türen der Gruppe B, was sich hinter diesen befindet, aber dein Gesamtwissen über Gruppe B hat sich damit nicht verändert. Das es dort zumindest 8 Nieten gibt, wusstest du - wie gesagt - zuvor auch schon. Und damit hat sich dein Wissen über Gruppe A natürlich auch nicht verändert.

Wenn du in Bezug auf Gruppe A und Gruppe B (jeweils als Gesamtpaket) keine neuen Informationen erhältst, dann ändern sich natürlich auch nicht die Wahrscheinlichkeiten.

Wenn du zu Beginn Tür 1 (Gruppe A) wählst und der Moderator bietet dir an, zu den restlichen Türen zu wechseln (Gruppe B), dann solltest du das tun, denn die Gewinnwahrscheinlichkeit erhöht sich auf 9/10.

Da du über Gruppe B als Ganze nichts neues erfährst, wenn der Moderator gezielt 8 Nieten auswählt, ändert das gar nichts an deinem Informationsstand über Gruppe B und Gruppe A.

Also solltest du wechseln.

Kehren wir jetzt zu den ursprünglichen Regeln zurück, bleiben aber bei 10 Türen. Der Moderator macht uns also jetzt nicht das Angebot, die Gruppen zu wechseln, sondern das Angebot die verbleibende Tür zu nehmen.

Damit wird zugleich der Einwand beantwortet, dass der Moderator schließlich doch Informationen gibt, indem er Türen öffnet. Die Informationen verraten uns nichts entscheidendes über die Gesamtzahl der Nieten in Gruppe B, wie oben gezeigt. Aber! dadurch, dass der Moderator acht Türen öffnet, erlaubt er uns mit der Wahl der letzten Türe von Gruppe zu Gruppe zu wechseln.

Der Moderator dient eigentlich nur dazu, den Umstand zu verdecken, dass wir jeweils zwischen zwei Gruppen wählen. und zwar zwischen einer kleinen Gruppe mit einer geringen Gewinnwahrscheinlichkeit und einer großen Gruppe mit einer großen Gewinnwahrscheinlichkeit.

Das ist eigentlich das, was der Moderator macht. Je nach Anzahl der Türen, die wir für das Rätsel annehmen, öffnet er so viele Türen, dass wir mit der Wahl einer einzigen, nämlich der verbleibenden Tür die Gesamtgruppe wechseln können.

Das heißt es ist egal, ob es um drei Türen geht oder um eine Millionen Türen. Daher sind die verschiedenen Versuchsanordnung strukturell identisch.

#Ziegenproblem




Stirzeltuff
Beiträge: 5
Registriert: Mi 27. Mär 2019, 21:05

Fr 29. Mär 2019, 18:32

Stefanie hat geschrieben :
Do 28. Mär 2019, 20:55
Warum werden die Gruppen nach "gewählt" und "nicht gewählt" gebildet? Oder anders gefragt, warum ist es falsch, die Gruppen nach offen und geschlossen zu bilden?
Weil es einfach unwichtig ist, ob die Türen geschlossen oder geöffnet sind. Selbst wenn aller Türen geschlossen sind, ändert sich das Szenario nicht. Wenn wir das Spiel spielen, OHNE, dass der Quizmaster eine Tür öffnet, funktioniert es ebenfalls. Wir können sogar auf die Gruppeneinteilung verzichten:

Der Kandidat steht vor drei verschlossenen Türen und wird aufgefordert, die Tür zu wählen, hinter der er einen Gewinn vermutet. Er wählt die 1. Die Wahrscheinlichkeit, dass er durch Zufall die richtige Tür findet, ist nur 1:3. Das weiß er auch.

Jetzt macht der Quizmaster ihm ein Angebot. Ohne eine der anderen Türen zu öffnen, sagt er: „Wenn Sie Ihre Wahl von Tür 1 verwerfen, können Sie stattdessen Tür 2 und Tür 3 haben. Sollte sich der Gewinn hinter Tür 2 oder Tür 3 befinden, gehört er Ihnen.“ Da greift natürlich jeder sofort zu.

Obwohl beide Türen verschlossen sind, erkennt jeder, dass sich die Gewinnchance verdoppelt, wenn er das Angebot vom Quizmaster annimmt.

Interessant ist also, dass keine Tür geöffnet werden muss, um dem Kandidaten einen Entscheidungsanreiz zu bieten. Denn es ist klar, dass zumindest hinter einer der beiden nicht gewählten Türen kein Gewinn sein kann. Und wenn der Quizmaster eine davon öffnet, dann selbstverständlich nicht die, hinter der sich der Gewinn befindet. Das heißt: Auch wenn keine Tür geöffnet ist, kann trotzdem eine davon als geöffnet betrachtet werden - welche ist egal (selbst wenn es die ist, hinter der sich der Gewinn verbirgt). Das Türöffnen kann man daher als symbolischen Akt betrachten. Er tut nichts zur Sache.

Dieses »Tür-Öffnen« scheint daher so etwas ähnliches wie ein Ablenkungsmanöver zu sein, wie bei Zauberkünstlern oder Illusionisten. Es verwirrt tatsächlich etwas, weil man natürlich überlegt ob und inwieweit es relevant ist und man wechseln sollte oder nicht. Da kann man schon durcheinanderkommen. Wenn alle Türen jedoch verschlossen bleiben, gibt es solche Überlegungen nicht und es ist für jeden sofort erkennbar, dass das Wechseln die Gewinnchance nur verdoppeln kann. Ich finde das total lustig.




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7170
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Fr 29. Mär 2019, 19:49

Nee, ich muss passen.

Die Abwandlung1, dass ich die Türen 2-10 alle öffnen kann, und die Abwandlung2, Tür 2 und 3 zu öffnen, was hier bei Abwandlung 2 egal ist, gewonnen habe ich so oder so, wenn ich wechsel, haben mit dem Ursprungssachverhalt nichts zu tun. Gar nichts.
Das ist so, als ob auf einen Kaufvertrag die Regeln eines Mietvertrages angewendet werden. Passt nicht, geht nicht.

Jörn, das Beispiel mit den 10 Türen ist verwirrend, allein schon wegen der Anzahl der Türen. Ähm ...
"Kehren wir jetzt zu den ursprünglichen Regeln zurück, bleiben aber bei 10 Türen. Der Moderator macht uns also jetzt nicht das Angebot, die Gruppen zu wechseln, sondern das Angebot die verbleibende Tür zu nehmen."
Welche ist die verbleibende Tür? Eine von den Türen 2-10?
Mir ist vorhin die Idee gekommen, dieses Beispiel mir mit Bauklötzchen nach zubauen. Das muss bis nächste Woche warten, die Bauklötzchen habe ich im Büro. Da habe ich sogar 12.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Stirzeltuff
Beiträge: 5
Registriert: Mi 27. Mär 2019, 21:05

Fr 29. Mär 2019, 20:00

Stefanie hat geschrieben :
Do 28. Mär 2019, 20:55
Im Kollegenkreis hatte ich das Problem angesprochen, und ziemlich krakelig die Grafik von der Website dazu gezeichnet. Und die Erklärung mit den Gruppen auch übernommen. Natürlich kam die Frage auf, wieso die Gruppen so gebildet werden, wie dargestellt. Das konnte und kann ich nicht beantworten. Die Antwort, das ist halt so, überzeugte nicht.
Die Grafik ist in der Tat eine idealisierte Form. Wenn der Kandidat Tür 1 wählt, lassen sich die zwei Blöcke zeichnerisch leicht darstellen. Links der kleine Block, rechts der größere. Würde er Tür 2 wählen, würde diese Gruppenaufteilung mit dieser Grafik nicht mehr funktionieren. Aber ich glaube, das ist/war auch nicht das, was Unverständnis hervorgerufen hat. Nur falls doch.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 29. Mär 2019, 20:01

Stefanie hat geschrieben :
Fr 29. Mär 2019, 19:49
Welche ist die verbleibende Tür? Eine von den Türen 2-10?
Die Tür die der Moderator nicht öffnet.

Im Grunde ist alles drumherum bloß Schnickschnack, was verwirrt. Bei den drei Türen führt Wechseln zum Verdoppeln der Gewinnchancen. Der Moderator tut nichts, was daran etwas ändert.

Er öffnet bloß genauso viele Nieten Türen, wie sie es in der größeren Gruppe mindestens gibt. Die entscheidende Frage, ob in der größeren Gruppe alle Türen Nieten sind, wird damit gar nicht berührt.

Ich bin nach wie vor der Ansicht, dass die Erhöhung der Türzahl eine der intuitivsten Lösung ist. Wir haben eine Millionen Türen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich beim ersten Mal richtig liege, ist praktisch Null. Es ist also nahezu sicher, dass der Gewinn bei den anderen Türen liegt. Jetzt zeigt uns der Moderator 999.998 Nieten. Nur mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu einer Million ist die verbleibende Tür nicht der Gewinn. Ich finde kaum etwas in der Welt kann klarer sein, als dass man wechseln muss.




Stirzeltuff
Beiträge: 5
Registriert: Mi 27. Mär 2019, 21:05

Fr 29. Mär 2019, 20:09

Stefanie hat geschrieben :
Fr 29. Mär 2019, 19:49
... Der Moderator macht uns also jetzt nicht das Angebot, die Gruppen zu wechseln, sondern das Angebot die verbleibende Tür zu nehmen."
Welche ist die verbleibende Tür? Eine von den Türen 2-10?
Nein, er macht uns das Angebot, ALLE der verbleibenden Türen zu nehmen




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23270
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 30. Mär 2019, 19:29

Bild

Vorbereitungen für die Ausstellung im Mai :-) morgen muss ich alle Zeichnungen anliefern! Dazu habe ich heute die Rahmen gestrichen und morgen werde ich alle Gläser reinigen und dann die Bilder platzieren.




Antworten