Kaffeestübchen

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
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NaWennDuMeinst
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Mo 6. Mär 2023, 19:06

Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 09:07
Nein, auf gar keinen Fall. Ich habe in Foren, die ich moderiert habe, immer dafür Sorge getragen, dass User, die so kommunizieren wie du das in deinen letzten Beiträgen getan hast, keine Chance haben.
Jaja. Ich habe das ja gesehen wie da "Sorge getragen wurde".
Rassistische Hetze wurde geduldet.
Aber wenn dann im Gegenzug "User so kommunizieren wie ich", das also schonungslos zur Sprrache bringen, hagelt es Verbannungen.
Da wird sofort klar wessen Geistes Kind die Leute da sind.
Das ist (oder war bis zu meinem Weggang) ein rechtes Hetzforum über das man genau so kommunizieren sollte wie ich das in meinen Beiträgen getan habe und hier bist Du kein Moderator, mein Freund. Hier unterdrückst Du die Kritik nicht.

Und nein, Vergebung muss verdient werden.
Und vergessen wird da rein gar nichts. Im Gegenteil.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Mo 6. Mär 2023, 19:35, insgesamt 1-mal geändert.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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NaWennDuMeinst
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Mo 6. Mär 2023, 19:25

Es besser zu machen heißt aus Fehlern zu lernen.
Aus Fehlern aber, an die man sich nicht erinnern will, kann man auch nichts lernen.
Aber vielleicht geht es letztlich auch genau darum, nämlich eine Möglichkeit zu haben Fehler zu vergessen.
Fehler an die man sich nicht mehr erinnert sind dann nämlich keine mehr.
Absolution durch Vergessen?

Vergebung ist das Eine.
Vergeben kann man über die Zeit. Besonders auch dann, wenn die Beteiligten gar nicht mehr leben.
Aber vergessen würde bedeuten, dass man die Fehler die begangen wurden als Fehler vergisst und leugnet.
Das halte ich für falsch.

Und ja, in Deutschland kann man so eine Diskussion nicht führen. Zu Recht.
Zweiter Weltkrieg und Holocaust werden hier nicht als "Fliegenschiss" erinnert oder gar vergessen.
Ganz sicher nicht.
Und gerade WEIL das private Gedächtnis irgendwann verloren geht, ist das kollektive Gedächtnis so wichtig.



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Burkart
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Mo 6. Mär 2023, 19:34

MIr ist rechte Hetze bei Gustav bzw. in dem Forum nicht über den Weg gelaufen. Immerhin wird dort auch moderiert, was man beim österreichischen Denkforum nicht wirklich sagen kann - dort gibt es viel mehr "lustige" Meinungen wie z.B. klar pro Putin u.ä. und vor allem viel mehr Offtopic und Blabla.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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NaWennDuMeinst
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Mo 6. Mär 2023, 19:40

Burkart hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 19:34
MIr ist rechte Hetze bei Gustav bzw. in dem Forum nicht über den Weg gelaufen.
Mir aber. Und nicht nur einmal. Damals war die Flüchtlingskrise. Und es gab dort eine Gruppe von Usern, die sich regelmäßig mit rechter, menschenverachtender Hetze "hervorgetan" haben. Das wurde von anderen Usern bis hin zur Androhung rechtlicher Schritte kritisiert und angemahnt.
Anstatt aber dagegen vorzugehen wurden diese User dann "entfernt" oder anderweitig mundtot gemacht.
Daraus MUSS man zwangsläufig folgern, dass die Hetze gegen Ausländer und Flüchtlinge (die teilweise strafrechtlich relevant war - Volksverhetzung) aktiv geduldet wurde.
Dieses Forum war abgeschaltet? Gut. Zu Recht. Und es sollte nicht mehr online gehen, sofern dort immer noch die selben inakzeptablen Einstellungen und Umstände vorherrschen.
dort gibt es viel mehr "lustige" Meinungen wie z.B. klar pro Putin u.ä. und vor allem viel mehr Offtopic und Blabla.
Aber wenn das da so viel "lustiger" ist... was willst Du dann hier?
Wenn Du Dich gerne lustig machen willst über Menschen die im Ozean ersaufen oder durch russische Raketen zu Tode kommen, dann mach das dort wo man so "liberal und lustig" ist. Hier nicht!



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Jörn Budesheim
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Mo 6. Mär 2023, 20:27

Burkart hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 19:34
MIr ist rechte Hetze bei Gustav bzw. in dem Forum nicht über den Weg gelaufen
Was genau willst du damit sagen?




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AndreaH
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Mo 6. Mär 2023, 23:26

Burkart hat geschrieben :
Sa 4. Mär 2023, 09:54
Stefanie hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 23:38
Wie hast Du es in dem anderen Thread beschrieben...,wochenarbeitsmüder Kopf.
Stress passt auch gut. Ergo für komplizierte Themen reicht es gerade bei mir nicht.
Ok, wenn's daran (nur) liegt...
Ja, einige Leute mit mehr Zeit u.ä. sind im wieder auferstandenen Forum z.T. recht aktiv; dort ist mir die Frequenz allerdings zu hoch, sodass man da nur bedingt noch gut mitdiskutieren kann als Wochenarbeits-Mensch.
Ich lese derzeit hier mit. Mir geht es ähnlich wie Stefanie. Steht man im beruflichen Alltag gibt's es dort schon mal die ein oder andere intensivere Phase.
Möchte man gern in dem ein oder anderen Thread mitschreiben, verwirft man den Gedanke auch schon mal schnell, da man weiß wie die kommenden Arbeitstage aussehen werden.

Nunja, zumindest hatte ich Zeit mich mit Platon's Symposion zu beschäftigen.




Burkart
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Di 7. Mär 2023, 00:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 20:27
Burkart hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 19:34
MIr ist rechte Hetze bei Gustav bzw. in dem Forum nicht über den Weg gelaufen
Was genau willst du damit sagen?
Einfach nur,. dass es nach meiner Erfahrung schlimmere Foren gibt, aber ihr könnt ja andere Erfahrungen gemacht haben.
Übrigens bin ich dort immer auch zweimal abgemahnt worden (das erste Mal hatte ich es nicht bemerkt) wegen eines unerwünschtem Tabu-Themas (aber nichts Politisches), Pech ;)



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Di 7. Mär 2023, 00:23

AndreaH hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 23:26
Burkart hat geschrieben :
Sa 4. Mär 2023, 09:54
Stefanie hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 23:38
Wie hast Du es in dem anderen Thread beschrieben...,wochenarbeitsmüder Kopf.
Stress passt auch gut. Ergo für komplizierte Themen reicht es gerade bei mir nicht.
Ok, wenn's daran (nur) liegt...
Ja, einige Leute mit mehr Zeit u.ä. sind im wieder auferstandenen Forum z.T. recht aktiv; dort ist mir die Frequenz allerdings zu hoch, sodass man da nur bedingt noch gut mitdiskutieren kann als Wochenarbeits-Mensch.
Ich lese derzeit hier mit. Mir geht es ähnlich wie Stefanie. Steht man im beruflichen Alltag gibt's es dort schon mal die ein oder andere intensivere Phase.
Möchte man gern in dem ein oder anderen Thread mitschreiben, verwirft man den Gedanke auch schon mal schnell, da man weiß wie die kommenden Arbeitstage aussehen werden.
Ja, die liebe Arbeit, kenne ich ja auch, aber schön, dass wir uns in diesem Thread wieder so zahlreich wiedertreffen.
Nunja, zumindest hatte ich Zeit mich mit Platon's Symposion zu beschäftigen.
Na, das ist ja auch was.



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Di 7. Mär 2023, 00:28

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 19:40
Burkart hat geschrieben :
Mo 6. Mär 2023, 19:34
MIr ist rechte Hetze bei Gustav bzw. in dem Forum nicht über den Weg gelaufen.
Mir aber. Und nicht nur einmal. Damals war die Flüchtlingskrise. Und es gab dort eine Gruppe von Usern, die sich regelmäßig mit rechter, menschenverachtender Hetze "hervorgetan" haben. Das wurde von anderen Usern bis hin zur Androhung rechtlicher Schritte kritisiert und angemahnt.
Anstatt aber dagegen vorzugehen wurden diese User dann "entfernt" oder anderweitig mundtot gemacht.
Daraus MUSS man zwangsläufig folgern, dass die Hetze gegen Ausländer und Flüchtlinge (die teilweise strafrechtlich relevant war - Volksverhetzung) aktiv geduldet wurde.
Dieses Forum war abgeschaltet? Gut. Zu Recht. Und es sollte nicht mehr online gehen, sofern dort immer noch die selben inakzeptablen Einstellungen und Umstände vorherrschen.
Tja, tut mir leid, dass du solche Erfahrungen machen musstest.
dort gibt es viel mehr "lustige" Meinungen wie z.B. klar pro Putin u.ä. und vor allem viel mehr Offtopic und Blabla.
Aber wenn das da so viel "lustiger" ist... was willst Du dann hier?
Verstehst du keinen Sarkasmus? Sonst hätte ich wohl kaum "Blabla" u.ä. geschrieben.



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Lucian Wing
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Di 7. Mär 2023, 09:09

Burkart hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 00:20

Übrigens bin ich dort immer auch zweimal abgemahnt worden
Ich bin ja jemand, siehe die Diskussion über das erwähnte Buch, der sich auch einmal fürs Vergessen einsetzt. Insofern ist alles gut geworden für dich.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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Jörn Budesheim
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Di 7. Mär 2023, 13:49

Früher habe ich immer in mehreren Foren gepostet. Vom Zeitaufwand her ist es nach meiner Erfahrung eigentlich egal, ob man in einem, zwei oder drei Foren schreibt - sie liegen nicht weiter auseinander als verschiedene Threads: nur ein Klick. Es ist im Prinzip nur eine Frage, wie man die Lesezeichen setzt. Aber im Moment schreibe ich als einer der Betreiber:innen natürlich nur hier.




Burkart
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Di 7. Mär 2023, 19:01

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 09:09
Burkart hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 00:20

Übrigens bin ich dort immer auch zweimal abgemahnt worden
Ich bin ja jemand, siehe die Diskussion über das erwähnte Buch, der sich auch einmal fürs Vergessen einsetzt. Insofern ist alles gut geworden für dich.
Klingt gut, auch wenn ich bei "Diskussion über das erwähnte Buch" auf'm Schlauch stehe, nix kapito.



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Lucian Wing
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Di 7. Mär 2023, 19:35

Burkart hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 19:01
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 09:09
Burkart hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 00:20

Übrigens bin ich dort immer auch zweimal abgemahnt worden
Ich bin ja jemand, siehe die Diskussion über das erwähnte Buch, der sich auch einmal fürs Vergessen einsetzt. Insofern ist alles gut geworden für dich.
Klingt gut, auch wenn ich bei "Diskussion über das erwähnte Buch" auf'm Schlauch stehe, nix kapito.
David Rieff: In Praise of Forgetting - irgendwo oben hat Stefanie ein Interview mit Rieff verlinkt.

Er zweifelt in dem Buch an der Weisheit des kollektiven Gedächtnisses, weil es manchen Konflikt nicht nur am Leben erhält, sondern unter Umständen vielleicht erst schafft.

Hier gibt es noch einen Artikel aus seiner "Feder".

https://www.theguardian.com/education/2 ... -than-good

Leider ist sein Artikel darüber, wer eigentlich entscheidet, was erinnert oder vergessen werden soll, nicht mehr da. Aber klar ist ja, dass sich kein Mensch in Jugoslawien mehr an die Schlacht auf dem Amselfeld erinnert, und plötzlich, als man die Bosnier massakrierte, war es allenthalben präsent. Wer bestimmt darüber? Und wenn man kollektiven Gedächtnissen mit solchen Folgen auf die Sprünge helfen kann, wie sinnvoll ist dann dieses Erinnern, das ja lediglich aus einer Erzählung über ein Ereignis, wie es erinnert werden SOLL besteht. Das war der Hintergrund des Buches.

Und der Ausgangspunkt war ja eigentlich nur, dass man vielleicht im Sinne der Philosophie Vergangenheit auch einmal Vergangenheit sein lassen kann. Aber bevor jetzt wieder jemand reingrätscht: Alles gut. Elefanten sind nette Tiere, auch wenn's Elefanten gibt, die, was die Tonalität der guten Kinderstube und des Anstands angeht, wie der gute Troubadix aphon sind. Wenn auch nicht so lustig wie dieser.



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Jörn Budesheim
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Di 7. Mär 2023, 21:05

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 19:35
Leider ist sein Artikel darüber, wer eigentlich entscheidet, was erinnert oder vergessen werden soll, nicht mehr da
Dass wir uns an 9/11 erinnern, wurde von jemandem entschieden?




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Jörn Budesheim
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Di 7. Mär 2023, 21:20

Bild

Dieses nette Läufer ist mir gerade beim Bullett gelungen :)

1. Nf3 d5 2. d4 Bf5 3. g3 e6 4. Bg2 c6 5. O-O h6 6. c4 Bd6 7. Nc3 Nf6 8. Re1 O-O 9. Nd2 Nbd7 10. e4 dxe4 11. Ndxe4 Nxe4 12. Nxe4 Bxe4 13. Bxe4 Nf6 14. b3 Nxe4 15. Rxe4 Bb4 16. Qh5 Bc3 17. Bxh6 Bxa1 18. Bxg7 Kxg7 19. Rg4+ Kf6 20. Qg5# 1-0




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Lucian Wing
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Di 7. Mär 2023, 22:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 21:05
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 19:35
Leider ist sein Artikel darüber, wer eigentlich entscheidet, was erinnert oder vergessen werden soll, nicht mehr da
Dass wir uns an 9/11 erinnern, wurde von jemandem entschieden?
Es stand irgendwo schon, dass mit Aussterben derjenigen, die sich noch erinnern können, der Übergang vom persönlichen Erinnern zum kollektiven stattfindet. Dort wiederum gibt es dann die Frage, wer entscheidet, wie erinnert wird. Also zum Beispiel an die Geschichte mit der Schlacht auf dem Amselfeld. Oder wenn ein Sikhtempel auf einem Platz steht, auf dem vor 500 Jahren mal ein Hindutempel stand. Haben die israelischen Siedler recht, wenn sie ein Schild aufstellen, dass sie nach 2000 Jahren wieder heimgekehrt sind? Haben die Russen recht sich zu erinnern, dass die Krim mal ihnen gehörte, bevor sie den Ukrainern gehörte? Ist es richtig, dass ein junger Mensch in Albanien sich erinnert, dass der Nachbarclan den Bruder des Urgroßvaters erschoss und dann dass er nach altem Brauch handelt? Und immer wieder die Frage: Wer bestimmt über die kollektive Erinnerung, die auch bei 9/11 etwas anderes ist als das, woran sich der Einzelne tatsächlich erinnert? Such's dir aus, finde für dich eine Antwort. Die meisten Menschen sagen ja: In Praise of Remembering. Meist kommen dann irgendwelche Ansprüche.

Remember to forget, wird ein Wort Philip Roth' zitiert. Nicht der schlechteste Gedanken.



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Di 7. Mär 2023, 23:48

Um zu erkennen dass Erinnerungen verfälscht werden muss man sich erinnern.
Zu vergessen macht Gesichtsverfälschung nicht wett. Sie macht sie möglich.

Es ist auch zu unterscheiden zwischen der Erinnerung und dem was wir daraus machen.
Ich sehe deshalb in der Feststellung, dass Erinnerung missbraucht werden kann, kein Argument gegen das Erinnern.



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Jörn Budesheim
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Lucian Wing hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 22:25
Dort wiederum gibt es dann die Frage, wer entscheidet, wie erinnert wird.
Ich glaube überhaupt nicht, dass sich dann gleichsam "automatisch" die Frage stellt, wer entscheidet, wie erinnert wird. Natürlich kann man sich fragen, wie es dazu kommt, dass bestimmte Dinge in dieser oder jener Weise im kollektiven Gedächtnis bleiben und andere anders oder nicht. Aber die Hypothese, dass irgendjemand darüber entscheidet, kann nicht am Anfang einer Untersuchung stehen, weil sie überhaupt nicht begründet ist. Bevor man sich der Frage zuwendet, wer entscheidet, muss die Vorstellung, dass es jemanden gibt, der entscheidet, motiviert und plausibel gemacht werden.

Es ist darüber hinaus auch nicht von vornherein davon auszugehen, dass es einen einzigen "Mechanismus" gibt, der im Allgemeinen dazu führt, dass (und wie) dieses erinnert wird und jenes nicht.




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Lucian Wing
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 8. Mär 2023, 06:18
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 22:25
Dort wiederum gibt es dann die Frage, wer entscheidet, wie erinnert wird.
Ich glaube überhaupt nicht, dass sich dann gleichsam "automatisch" die Frage stellt, wer entscheidet, wie erinnert wird. Natürlich kann man sich fragen, wie es dazu kommt, dass bestimmte Dinge in dieser oder jener Weise im kollektiven Gedächtnis bleiben und andere nicht. Aber die Hypothese, dass irgendjemand darüber entscheidet, kann nicht am Anfang einer Untersuchung stehen, weil sie überhaupt nicht begründet ist. Bevor man sich der Frage zuwendet, wer entscheidet, muss die Vorstellung, dass es jemanden gibt, der entscheidet, motiviert und plausibel gemacht werden.

Es ist darüber hinaus auch nicht von vornherein davon auszugehen, dass es einen einzigen "Mechanismus" gibt, der im Allgemeinen dazu führt, dass (und wie) dieses erinnert wird und jenes nicht.
Es gibt ein Wissen, dass am 15. Juni 1389 an einem bestimmten Ort eine Schlacht zwischen A und B stattfand. Ein Wissen, keine Erinnerung. Die Erinnerung ist ein aus diesem Wissen generiertes soziales Konstrukt, also ein um Deutung und Bedeutung aufgeladenes Ereigniswissen, in Beziehung gesetzt zu bestimmten Interessen des Hier und Jetzt. Das wird dann als "kollektive Erinnerung" gehandelt und womöglich begründet mit dem berühmten, aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat von Santayana*, in dem es um etwas anderes ging, als man mit dem Zitat normalerweise in Verbindung bringt.
*Continuity necessary to progress

Progress, far from consisting in change, depends on retentiveness. When change is absolute there remains no being to improve and no direction is set for possible improvement: and when experience is not retained, as among savages, infancy is perpetual. Those who cannot remember the past are condemned to repeat it. In the first stage of life the mind is frivolous and easily distracted; it misses progress by failing in consecutiveness and persistence. This is the condition of children and barbarians, in whom instinct has learned nothing from experience. In a second stage men are docile to events, plastic to new habits and suggestions, yet able to graft them on original instincts, which they thus bring to fuller satisfaction.
https://en.wikisource.org/wiki/Reason_i ... hapter_XII

(Was ich mir übrigens nicht zu eigen machen möchte)



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Jörn Budesheim
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Mi 8. Mär 2023, 09:16

Lucian Wing hat geschrieben :
Mi 8. Mär 2023, 09:03
Die Erinnerung ist ein aus diesem Wissen generiertes soziales Konstrukt, also ein um Deutung und Bedeutung aufgeladenes Ereigniswissen, in Beziehung gesetzt zu bestimmten Interessen des Hier und Jetzt.
Das mag so sein oder auch nicht, aber es stützt nicht die These, dass jemand entscheidet, wie erinnert wird.




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