Kaffeestübchen

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
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Jörn Budesheim
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Mi 20. Mär 2024, 13:01

Quk hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 09:42
Übertriebene Sichtbarkeit einer Frau in politischer Sprache:

"Regina und Tom sind allerbeste Freunde und Freudinnen. Beide wissen, was eine echte Kameradin oder ein echter Kamerad tut, wenn die andere oder der andere in Not ist."
Wieso ist hier die Sichtbarkeit der Frau übertreiben und nicht die des Mannes? Beide werden doch gleich oft genannt oder sehe ich das falsch? Nichtsdestotrotz, wenn ich eine Möglichkeit finde, versuche ich "unauffällig" zu gendern. "Alle kamen" statt "Männer und Frauen kamen". Oder ähnliches. Manchmal ist es schöner und manchmal mache ich es, des lieben Friedens will :-) Das wechselt.




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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 13:07

Übertrieben, weil hier mit "Freunde" und "Kamerad" kontextmäßig beide -- Tom und Regina -- gemeint sind. Diese Offensichtlichkeit muss nicht doppelt und dreifach mit "Freundinnen" und "Kameradin" wiederholt werden.




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Stefanie
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Mi 20. Mär 2024, 17:34

Quk:
Womit ich zum Argument der Sichtbarkeit komme: Frauen sind bereits sichtbar und hörbar in all unseren Medien und Öffentlichkeiten; wir sehen und hören ihre weiblichen Gesichter und Stimmen und Namen. Sie sind eindeutig da.
Ist das so?
Beispiele
https://www.fr.de/politik/gender-frauen ... 38662.html
Gender-Visibility-Gap: In 82 Prozent aller Medienberichte geht es nur um Männer

https://www.ndr.de/kultur/In-der-Fernse ... ki116.html
In der "Fernsehrealität" finden Frauen mittleren Alters nicht statt

https://www.lehrer-news.de/blog-posts/s ... rasentiert

Wieviele Frauen schreiben hier im Moment...3.
Im philosophie Raum war und ist das Verhältnis ähnlich.

Wieviel von den hier geposteten Musikvideos zeigen Musikerinnen und Sängerinnen?

Es gibt auch positive Beispiel, Heute Nachrichten und Heute Journal, Frauen kommentieren Fussballspiele und auch ab und zu auch mal Wintersport. Oder https://www.feuerwehr-ub.de/aktuelle-me ... ber%202022.

Und weiterhin müssen wir uns immer noch gefallen lassen, in der Sprache nicht immer genannt zu werden.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 18:02

Jetzt reden wir über zwei verschiedene Kontexte von Sichtbarkeit.

Du redest jetzt davon, dass zu wenig über Frauen berichtet wird. Wir wollen mehr Berichte über "Regina und Tom" statt über "Uwe und Tom". Das sehe ich auch so. Hier geht es nicht um Grammatik, sondern um Thematik.

Was ich meinte, ist das Sichtbarmachen von Weiblichkeit in der Grammatik. Einige Leute wollen bei jeder Gelegenheit ein "-innen" dransetzen, um so die Weiblichkeit sichtbarer zu machen, auch dann, wenn die Weiblichkeit mittels des Namens Regina oder der Frauenstimme oder des weiblichen Bildes oder eines sonstigen Kontexts bereits voll durchgedrungen ist und nicht zusätzlich penetrant in jedem Halbsatz wiederholt werden müsste. Das empfinde ich übertrieben; so, als wenn ein Atomkraftgegner auf jeden Quadratmeter ein "Atomkraft nein danke" aufkleben würde. Es wirkt gebetsmühlenhaft, und nichts ist damit gewonnen.




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Jörn Budesheim
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Mi 20. Mär 2024, 18:22

Quk hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 18:02
Einige Leute wollen bei jeder Gelegenheit ein "-innen" dransetzen...
Ich für meinen Teil gehöre nicht zu denen, die das "innen" dransetzen wollen. Ich gehöre zu denen, die nicht wollen, dass es weggelassen wird :)




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Stefanie
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Mi 20. Mär 2024, 18:37

Meine Meinung ist, es geht in der Sprache um die Sichtbarkeit von Frauen. Die ist nicht gegeben, wenn z.B. Berufsbezeichnungen ausschließlich männlich verwendet werden.
Zu dem Argument kamen dann Deine Sätze. Für mich bedingt das eine das andere. Wer sprachlich nicht existiert oder nur netterweise mit gemeint ist, dann gibt es z.B. quasi keine Journalistin. Wie sollen sich Mädchen angesprochen fühlen, wenn sie nur Texte lesen, in denen nur Feuerwehrmann steht. Sie werden nicht angesprochen.
Und solche Extremfälle, wie benannt, habe ich persönlich im Alltag weder gehört noch gelesen.
Es ist aufgrund der Technik, Computer einfach, alles so umzustellen, dass z.B. in standardisierten Texten jeweils die passenden Wörter zu verwenden. Einmal viel Arbeit und dann läuft das. Diplome, Formulare, Artikel, Verträge. Das wäre ja schon mal was.

Auf einem Abschlusdiplom von mir steht nur die männliche Form. Ich hätte das Ding fast zum ändern zurück geschickt.



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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 19:13

Das ist mein Kontext:


Sichtbarkeit einer Frau in eleganter Sprache:

"Regina und Tom sind allerbeste Freunde. Beide wissen, was ein echter Kamerad tut, wenn der andere in Not ist."


Übertriebene Sichtbarkeit einer Frau in politischer Sprache:

"Regina und Tom sind allerbeste Freunde und Freundinnen. Beide wissen, was eine echte Kameradin oder ein echter Kamerad tut, wenn die andere oder der andere in Not ist."


Übertriebene Sichtbarkeit einer Frau in Hackfleisch-Sprache:

"Regina und Tom sind allerbeste Freund*innen. Beide wissen, was ein/e echte/r Kamerad:in tut, wenn der/die ander/e in Not ist."


Wenn ihr diese drei Beispiele ästhetisch vergleicht, findet Ihr dann das erste Beispiel wirklich am schlimmsten?




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Stefanie
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Mi 20. Mär 2024, 19:33

Die beiden unteren Beispiele schreibt doch kein Mensch.

Der erste Satz ist für mich sowohl optisch wie inhaltlich in Ordnung, bis auf das Wort Kamerad, das würde ich persönlich grundsätzlich nicht verwenden. Zu militärisch.

Vorschlag.
Regina und Tom sind allerbeste Freunde. Beide wissen, was ein echte Freunde tun, wenn Regina oder Tom in Not ist.

Edit. Da müsste wohl zum Schluss sind stehen, oder?



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Jörn Budesheim
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Am schlimmsten finde ich die Ausdrücke "elegante Sprache", "politische Sprache" und "Hackfleischsprache".




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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 19:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 19:35
Am schlimmsten finde ich die Ausdrücke "elegante Sprache", "politische Sprache" und "Hackfleischsprache".
Bisher weichst Du nur aus. Dann nenn sie halt A, B, C.




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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 19:42

Stefanie hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 19:33
Vorschlag.
Regina und Tom sind allerbeste Freunde. Beide wissen, was ein echte Freunde tun, wenn Regina oder Tom in Not ist.
Dieser Text ist meiner Ansicht nach nicht besonders literarisch. Er enthält Wortwiederholungen auf engstem Raum, und ist grammatisch falsch.




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Jörn Budesheim
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Mi 20. Mär 2024, 19:43

Wenn man nicht Freund:innen schreiben will, findet man sicherlich Alternativen:

Regina und Tom verstehen die Bedeutung wahrer Freundschaft: einander in schwierigen Zeiten beizustehen.

In Zeiten der Not können sich Regina und Tom aufeinander verlassen, denn sie wissen, was echte Freundschaft bedeutet.

...




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Jörn Budesheim
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Quk hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 19:39
A, B, C
Das wäre schon mal ein großer Fortschritt. Soweit ich sehe, bin ich in der ganzen Diskussion bisher sehr gut ohne jede Polemik und persönliche Angriffe rausgekommen, ich finde es nicht schlecht, wenn es alle so halten würden. Ich weiche auch nicht aus, wie du behauptet hast, sondern bringe für meine Behauptungen durchgängig Gründe.




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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 19:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 19:43
Wenn man nicht Freund:innen schreiben will, findet man sicherlich Alternativen:

Regina und Tom verstehen die Bedeutung wahrer Freundschaft: einander in schwierigen Zeiten beizustehen.

In Zeiten der Not können sich Regina und Tom aufeinander verlassen, denn sie wissen, was echte Freundschaft bedeutet.

...

Aus dramaturgischen Gründen will ich in meinem Roman an dieser Stelle aber das Verb "tun" verwenden, weil das "Tun" aktiver klingt. Die Bedeutung einer Freundschaft wäre eine andere Fragestellung. Was will ich damit jetzt sagen? Ich verlange die grenzenlose Freiheit der literarischen Ausdrucksmöglichkeiten. Ich möchte nicht, dass eine persönliche sinnliche, erzählerische Atmospähre durch eine sterile Beamtensprache ersetzt wird.




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Jörn Budesheim
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Mi 20. Mär 2024, 19:52

Ich finde nicht, dass ich sterile Beamtensprache spreche.




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Quk
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 19:45
Soweit ich sehe, bin ich in der ganzen Diskussion bisher sehr gut ohne jede Polemik und persönliche Angriffe rausgekommen, ich finde es nicht schlecht, wenn es alle so halten würden.
Ich bitte Dich :-) Wo habe ich wen persönlich angegriffen?




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Jörn Budesheim
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Wer die gerechte und inklusive Sprache befürwortet, schreibt in deinen Augen Hackfleischsätze oder sterile Beamtensprache. Das sind meines Erachtens persönliche Angriffe und keine Argumente.




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Jörn Budesheim
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Die richtigen Worte zu finden, darauf habe ich oben schon hingewiesen, ist nicht immer einfach. Vor allem, wenn man ein halbes Jahrhundert lang etwas anderes gelernt hat. Aber ich nehme die Mühe gerne auf mich, weil ich von der Sache überzeugt bin.




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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 20:08

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 19:52
Ich finde nicht, dass ich sterile Beamtensprache spreche.
Folgender war mein Originaltext. Es geht um das Tun und um den anderen Freund. Da klingt ein persönliches Gefühl mit; der Textausschnitt ist ein atmospärischer Teil innerhalb eines intimen Romans (hypothetisches Beispiel):

"Regina und Tom sind allerbeste Freunde. Beide wissen, was ein echter Kamerad tut, wenn der andere in Not ist."


Hier kommt Dein Beispiel. Bitte fasse meine Empfindung nicht als polemischen Angriff gegen Dich auf, aber ich finde diesen Vorschlag steril, unpersönlich, distanziert, gefühllos:

"Regina und Tom verstehen die Bedeutung wahrer Freundschaft: einander in schwierigen Zeiten beizustehen. In Zeiten der Not können sich Regina und Tom aufeinander verlassen, denn sie wissen, was echte Freundschaft bedeutet."


Das ist eine ganz andere Stimmung.

Ich will damit sagen, dass alternative Ausdrücke in Sachtexten zwar ziemlich leicht möglich sind, nicht so leicht aber in anderen Genres.




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Quk
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Mi 20. Mär 2024, 20:10

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 20. Mär 2024, 20:02
Wer die gerechte und inklusive Sprache befürwortet, schreibt in deinen Augen Hackfleischsätze oder sterile Beamtensprache. Das sind meines Erachtens persönliche Angriffe und keine Argumente.
Nein. Nein. Nein. Ich rede ausdrücklich von Sprache. Nicht, nicht, nicht von Personen. Ich kritisiere bewusst die Sprache, -- nichts anderes als die Sprache --, und nicht Jörn oder Stefanie persönlich!




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