Wer, wie, was ist "ich"?

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Alethos
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Sa 23. Jun 2018, 11:30

Tommy hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 11:25

Ich habe gar keine Position. Ich versuche zu verstehen, was Du hier behauptest.
Bisher konnte ich rausfiltern: Bedeutungen werden den Gegenständen nciht zugeschrieben, sie kommen an den Gegensständen selbst vor, bzw kommen aus ihnen selbst.
Und das begründest Du mit einer für mein Verständnis ziemlich schrägen Logik, nämlich in dem Du sagst weil sich irgendwas auf irgendwas anderes bezieht muss beides irgendwie das Selbe sein oder beides kann nicht allein für sich stehen.
Aber genau das begreife ich nicht.
Natürlich kann die Bedeutung des Tisches nur in mir vorkommen.
Ich habe auch nicht gesagt, dass das, was der Tisch für dich bedeutet, dasselbe sei wie der Tisch, sondern dass es zur vollen Bedeutung des Tisches hinzukommt als deine Beziehung zum Tisch.

Aber könnte dir denn der Tisch etwas bedeuten, wenn er gar nicht wäre? Und steckt denn in der Bedeutung des Tisches für dich nicht auch ein Gegenstand ausser dir?



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Alethos
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Sa 23. Jun 2018, 11:38

Tommy hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 11:29
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 11:26
Und nicht für jedes Sein von Dingen ist eine Relation zum Menschen notwendig. Es kann die Bedeutung des Tisches auch existieren, wenn es keine Menschen gibt.
Aber damit sagst Du doch: Gegenstände haben eine Bedeutung für sich. Nicht der Menschen allein gibt den Gegenständen Bedeutung, sondern sie haben in sich selbst eine Bedeutung. Bedeutung gehört zu den Eigenschaften von Gegenständen.
Richtig?
Nein, Bedeutung ist nicht eine weitere Eigenschaft von vielen. Ich denke, dass das (unerschöpfliche) Gesamt der Eigenschaften von Dingen den Dingen Bedeutungsumfang gibt. Dazu gehört z.B., dass dir der Tisch etwas bedeuten kann: Dass er dir wichtig und lieb ist, dass er von dir gemacht oder gekauft wurde, dass du es bist, der auf ihm deine Mahlzeiten verzehrst oder Zeichnungen zeichnest oder dass du über ihn nachdenkst.

Aber auch ohne alles das, was dir ein Ding bedeutet, bedeutet es etwas, sofern es existiert.



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Tosa Inu
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Sa 23. Jun 2018, 11:44

Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Ich lehne sowohl den Dualismus als auch den Monismus ab. Ich halte den Pluralismus auch nicht für einen erweiterten Dualismus.
Okay, so ergibt es für mich immerhin Sinn.

Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Warum sollte es auf einen Monismus hinauslaufen, wenn ich festhalte, dass sich das volle Sein eines Dings aus dem Ineinanderwirken der verschiedenen Seinsarten der Dinge ergibt, sofern sie sich überlagern?
Nein, wenn Du von verschiedenen, sich überlagernden Seinsarten redest, dann ist das kein Dualismus, so hatte ich diese Passage aber zunächst nicht verstanden.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Wenn Bedeutung nichts ausschliesslich Mentales ist, aber auch nichts ausschliesslich Materielles, sondern ein Zusammenhang verschiedener Dinge unterschiedlicher ontologischer Art, dann ist das Sein dieser Bedeutung doch nicht zurückführbar auf einen ontologischen Grund und damit handelt es sich doch nicht um Monismus. Weil sich das Sein von Bedeutung aus den pluralen Anteilen unterschiedlicher Dinge an diesem Sein einstellt, handelt es sich um Pluralismus.
Ich denke, das Problem ist einfach, dass ich dem Begriff der ontologischen Trennung mehr Gewicht zumesse, als Du.
Was Du vermutlich unter ontologischer Trennung verstehst, wäre bei mit eine erkenntnistheoretische Trennung, jedenfalls bei den Beispielen, über die wir hier reden.
Denn für mich wäre eine Formulierung wie die, "dass sich das volle Sein eines Dings aus dem Ineinanderwirken der verschiedenen Seinsarten der Dinge ergibt" tendenziell schwierig.
In dem erkennenden Wesen Mensch läuft das zusammen, aber welche Einfluss hat denn eine Idee auf einen Stuhl oder eine Emotion auf ein Blockheizkraftwerk? Oder wie Tommy fragt: Warum kannn die Schere keine Ideen schneiden?

Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 08:53
Alethos hat geschrieben :
Fr 22. Jun 2018, 22:19
Natürlich bin ich, ist mein Körper, sind meine Gefühle raumzeitliche Dinge, und ich denke über diesen Tisch nach, da geschieht etwas Materielles im Hirn (Strom, Hormone etc.) aber die Bedeutung, die ich reflektiere, ist nicht in meinem Kopf, sie steckt im Tisch, aber nicht wie ein Molekül oder ein Atomgitter, sondern interferenziell gegeben durch alle Tatsachen, durch die dieser Tisch eben dieser Bedeutungsinhalt ist.
Bedeutung heißt für mich immer "Bedeutung für jemanden". Da ich mich ja nun auch mit Gabriel beschäftigt habe, erinnere ich mich, dass er Bedeutung oder Sinn als eine objektive, begrenzte Größe sehen möchte, die die Dinge selbst zur Verfügung stellen, d.h. sie haben an sich eine gewisse Bedeutungs- oder Sinnreichweite oder -'ausstrahlung'. Eine Kneifzange wird man nicht benutzen, um Primzahlen zu finden.
Nur, wäre meine Kritik, dass wenn man die 'Gegenstände' geistiger oder matrieller, inneren und äußerer Art mal tatsächlich auf ihre Reichweite abklopft, es sich wieder typische Cluster bilden werden, bei denen man den Dualismus wiedererkennt.
Da haben wir den Kern unseres Dissenses.
Ja, glaube ich auch.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Bedeutung gibt es nach meinem Dafürhalten auch ohne ein Subjekt. Ein Tisch wird immer diese Bedeutung haben, die mit ihm selbst mitschwingt, auch ohne Denker, die ihm eine Bedeutung beimessen.
Ich hingegen glaube, dass ein Tisch von Anfang an und überhaupt nur im Zusammenhang mit einem intentionalen und manuell geschickten Wesen zu denken ist, das auch noch unsere körperlichen Eckdaten hat (was will der Brontosaurus oder Floh mit einem Tisch?) und das sich genau daraus schon die "für uns" Bedeutung ergibt. Wer außer einem Menchen hätte jemals einen Tisch fabriziert. Dass Kinder darunter spielen und darauf gezeugt werden können, dass man daran arbeiten, lesen und essen kann, sei geschenkt, auch, dass der Floh zwischen Teppich und Stuhlbein Eier eblegen kann, aber es muss kein Tisch sein, eine Wandritze reicht auch.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Es ist aber so, wenigstens glaube ich das, dass das volle Sein dieses Tisches das, was er für mich bedeutet, einschliesst, sobald er für mich etwas bedeutet. Das, was er für mich oder dich oder sonst jemanden bedeutet, das kommt ihm qua Relation zu.
Ich sehe in dem Satz: Man kann Tische zu diesem und jenem benutzen, noch keinen Kandidaten für eine ontolgische Andersartigkeit.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Nun muss man aber die subjektive Bedeutung wieder objektivieren insofern, als die Fähigkeit, Bedeutung überhaupt beimessen zu können, keine rein subjektive Anlage ist. Dass ich den Tisch erkennen kann, bezeichnen kann, über ihn nachdenken kann, das wiederum ist Folge einer Sozialisation und wiederum eines pluralen Vermögens vieler. 'Bedeutung' ist aber auch deshalb objektiv, weil Sprache, Denkvermögen, Gefühle etc, die das Ausbilden einer Bedeutung für mich überhaupt möglich machen, objektiv gegebene 'Dinge' sind.
Ja, man muss lernen, Tische, Stühle, Hunde, aber auch Begriffe, Regen und Normen zu erlernen, zweifellos.
Aber ansonsten gilt doch: Die Bedeutung eines Tisches ergibt sich, wie die eines Begriffs aus seinem Gebrauch.
Das wird öffenltich zur Verfügung gestellt, in beiden Fällen Begriff und Tisch, von Menschen, vordergründig anders wäre das beim Mond, der nun nicht menschengemacht ist, aber auch hier stellen Menschen öffentliche Deutungen zur Verfügung, gemäß des herrschenden Weltbildes.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Wir hatten das andernorts am Beispiel der Schönheit erörtert: Schönheit liege im Auge des Betrachters. Damit kann ja nicht gemeint sein, dass Schönheit subjektiv ist, ...
Doch, ich glaube, genau das ist tatsächlich damit gemeint. Der eine findet Schlager schön, der andere eher abstoßend.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
... aber nicht nur deshalb nicht-subjektiv, weil dem Gegenstand selbst die Form und die Farbe zukämen, durch die er Schönheit fasst, sondern weil die Relationen, in denen der Gegenstand eingelassen ist, objektiv sind und dazu gehört die Relation zu mir oder zu dir und zu allem anderen, das mit ihm relational verbunden sein kann.

Diese Position unterstreicht, dass es sich bei Dingen nicht um subjektiv konstituierte Phänomene handeln kann, weshalb der Subjektivismus als eine Form des Monismus zugunsten eines pluralen Objektivismus abgelehnt wird.
Wenn das so wäre, wie kommen dann unterschiedliche Geschmäcker zustande? Dann kannn man sich in Geschmacksfragen ja nur objektiv irren.
Sicher kann man unterschiedliche Parameter der Kunstfertigkeit auf diesem oder jenem Gebiet diskutieren, aber eine Einigung ist doch in weiter Ferne.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Ich verstehe nicht, was du mit 'innerer Welt' meinst. Ich weiss auch nicht, was 'Benutzeroberfläche neuronaler Prozesse' heissen soll.
Wolken sehe ich draußen, Gespräche auch, ihren Nachhall, die Reflexion über ... erlebe ich als innerlich.
Man kann diese Trennung kritisieren - ich würde da mitgehen - weil man letztlich beides innerlich erlebt, doch auch wenn man das tut, bleiben Differenzen bestehen. Der andere kann sagen, welches T-Shirt ich trage oder wie meine Nase aussieht, aber nicht an was ich gerade denke.
Wie ich Welt erlebe, ist die Benutzeroberfläche, ein Konstrukt, das anders ist als bei Rindern, wir sehen etwas als rot, was diese gelb sehen, also ist unser Welterleben, Icherleben usw. ein Konstrukt (eigentlich eine Summe vieler Konstrukte), was nicht heißt, dass die Welt ein Konstrukt ist.
Da ich glaube, dass die neuronalen Prozesse kausal mit unsrem Welterleben zusammenhängen (wie weitreichend bzw. ausschließlich weiß ich nicht), stellen in meiner Viorstellung diese diese Benutzeroberfläche oder Interpretationsebene zur Verfügung. Diese muss von 'der anderen Seite' natürlich mich Fleisch gefüllt werden, sprich wir müssen in eine Begnung treten.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Die Bedeutung hat keinen Ort, weil sie nicht in den Köpfen, sprich: im Hirn gestiftet wird, auch nicht im Einzelnen und auch nicht in der Einzelheit eines Dings (was sollte das denn sein?), d.h. sie befindet sich nicht am Gegenstand selbst wie ein Atom sich in ihm befindet, sondern sie stellt sich als Bedeutungsumfang durch das Ineinanderwirken in Relationen ein.
Der Relation von was?
Ich muss doch erst mal etwas als das, was es ist und als was es bezeichnet wird erkennen, damit wird doch bereits eine Bedeutung mitgeliefert.
Der Rückgriff auf Atome ist überhaupt nicht mein Ansatz, ist suche den Sinn von etwas auch nicht in den einzelnen Buchstaben des Wortes, ich glaube, dass der größere Kontext die Bedeutung zur Verfügung stellt.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Das, was der Tisch je für mich bedeuten kann, das kann ja unmöglich nur in mir vorkommen, da der Tisch, durch den mir der Gegenstand der Bedeutung gegeben ist, ja auch ausser mir ist.
Klar, Du bist nicht Gott und kein Solipsist.
Die Bedeutung von etwas wird erlernt, durch den Umgang, den man damit erlebt. Dass man daran sitzt und seine Mahlzeiten zu sich nimmt, Zeitung liest, sein Labtop abstellt ... Genau wie man "Hund", "Schmerzen" oder "Demokratie" immer in bestimmten Kontexten hört, bestimmte Gesten und Mimiken immer und immer wieder sieht, abspeichert, usw. So entstehen innere Welten (Repräsentanzen).
Aber das ist nicht rein passiv, weil man den Kontext ja mitgestaltet, indem man ebenfalls bewusst, vobewusst und unbewusst auf Reize wie Donnergrollen, ein Lächeln oder eine Bemekung reagiert.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Und alles das, was er bedeuten kann, das ist in ihm angelegt durch sein Tischsein, so dass das, was er für mich bedeuten kann, nicht nur in mir selbst angelegt sein kann.
Ich würde auch sagen, dass der Tisch selbst gewisse Grenzen setzt, indem er zu bestimmtem eben nicht zu gebrauchen ist, durchaus auch so, dass man gar nicht erst auf die Idee käme ihn dazu zu benutzen, aber das eher in einem metaphorischen Sinne. Man käme eben nicht auf die Idee ihen zu rollen.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Und darum befindet sich doch der Bedeutungsumfang des Tisches doch nicht einfach entweder hier oder dort, sondern an keinem raumzeitlichen Ort, er lässt sich nicht auffinden im Bereich der Dinge mit Ausdehnung (Räumlichkeit) und der Dinge, die einen Zeitwert hätten.
Ich glaube doch eher, dass die Bedeutung etwas ist, was in einem intentionalen Wesen entsteht.
So wie man einen Sinn in etwas sehen kann, dass evolutionär entstanden ist, ein Frosch aber gar nicht wissen muss, dass und warum er optmimal getarnt ist, so glaube ich auch, dass dieselben deutenden (oder zuweisenden) Subjekte ihre Schlussfolgerungen auf Tische, Speere und Smartphones ausdehnen.
Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Natürlich ändert sich die Bedeutung des Gegenstands mit dem Gegenstand selbst, aber davon abstrahiert ist ja die Fähigkeit zur Bedeutung überhaupt, die dem Gegenstand zukommt. Es gibt keine ewige Bedeutung eines konkreten Etwas, aber es gibt eine nichtzeitliche Bedeutung dieses konkreten Etwas, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass es dieses Etwas überhaupt gibt und, sofern es ihn einmal gegeben hat, immer gegeben haben wird. Die Wahrheit, dass etwas war, wird doch nicht durch die Zeit hindurch verschwinden, sondern sie wird zeitlos wahr sein als eine Tatsache jenseits von Raum und Zeit.
Reißt jedoch irgendwo die Kette der Übermittlung, ist diese Wahrheit für immer verloren. Aber egal, das ist glaube ich ein anderes Thema.
Immerhin sind mir die Unterschiede klarer geworden.
Wobei sie im Grunde an der Stelle liegen, die ich zuvor annahm, aber es mir nach wie vor rätselhaft erscheint, wie man das so sehen kann.
Aber das ist nun wiederum mein Problem.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Alethos
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Sa 23. Jun 2018, 12:09

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 11:44
Ich denke, das Problem ist einfach, dass ich dem Begriff der ontologischen Trennung mehr Gewicht zumesse, als Du.
Was Du vermutlich unter ontologischer Trennung verstehst, wäre bei mit eine erkenntnistheoretische Trennung, jedenfalls bei den Beispielen, über die wir hier reden.
Denn für mich wäre eine Formulierung wie die, "dass sich das volle Sein eines Dings aus dem Ineinanderwirken der verschiedenen Seinsarten der Dinge ergibt" tendenziell schwierig.
In dem erkennenden Wesen Mensch läuft das zusammen, aber welche Einfluss hat denn eine Idee auf einen Stuhl oder eine Emotion auf ein Blockheizkraftwerk? Oder wie Tommy fragt: Warum kannn die Schere keine Ideen schneiden?
Das ist ja wiederum dieselbe Frage anders gestellt, wie du sie oben an mich und Jörn gerichtet hattest. Er wird sie dir sicherlich anders beantworten als ich, weil er und ich hier auch nicht dieselben Überzeugungen haben.

Ich für meinen Teil werde insbesondere über diesen Abschnitt von dir nachdenken und dir hoffentlich die Gründe nachreichen können, die es dir möglich machen nachzuvollziehen, warum ich zu meinen Überzeugungen gelange.

Kurz vorweg genommen: Das Fehlen von telekinetischen Möglichkeiten, also der Einwirkung von Mentalem auf Festtsoffe, das ist kein Hinweis auf das Getrenntsein von Geist und Materie :), sondern nur für die ontologische Unterschiedlichkeit von beidem. Sie, Geist und Materie, können sehr wohl sinnverbunden koexistieren, überlagert in einem Ding, das raumzeitlich oder nichtraumzeitlich ist. Die Schere kann die Zahl 2 nicht durchschneiden, weil das eine nicht in Raum und Zeit vorkommt, aber nicht überhaupt nicht vorkommt. Aber die Schere hat zwei Blätter und Hohle. Es kommt also die Zwei an dieser Schere vor.



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Sa 23. Jun 2018, 12:18

Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 12:09
Kurz vorweg genommen: Das Fehlen von telekinetischen Möglichkeiten, also der Einwirkung von Mentalem auf Festtsoffe, das ist kein Hinweis auf das Getrenntsein von Geist und Materie :), sondern nur für die ontologische Unterschiedlichkeit von beidem.
Für mich bedeutet ontologische Unterschiedlichkeit allerdings genau das: fundamental getrennt zu sein, wie Geist und Matrie es im Dualismus sind.
Aber das ist dann wohl wirklich des Pudels Kern.



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Sa 23. Jun 2018, 19:54

Alethos hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 10:12
Ein Monist würde nicht behaupten, dass es Nichtraumzeitliches und Raumzeitliches zugleich und teilweise sogar überlagert gibt. Ein Pluralist schon, und meine Position ist pluralistisch.
Wenn man eine Reihe machen würde: Monist, Dualist, Triatlist, Pluralist ... dann wäre ich nichts davon, wenn man die Begriffe grob so erläutert:
Monist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus einer Substanz (z.B. Materie)
Dualist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus zwei Substanzen (z.B. Geist & Materie)
Trialist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus drei Substanzen (z.B. ...)
Pluralist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus vielen Substanzen

Für diese Positionen stellt sich ganz allgemein die Frage, wie die Substanzen denn wechselwirken. Allgemein ist sie, weil es eine bestimmte Anzahl von Substanzen gibt und sich in Bezug darauf fragt, wie das generell funktionieren soll.

Für meine Position hat diese Frage keinen Sinn, weil ich überhaupt nicht nach dem Muster da oben unterwegs bin. Nehmen wir dazu nur ein Beispiel von vielen, vielen möglichen: Und zwar das mit der Tafel, an welche mit Kreide die drei Quadrate gezeichnet wurden. Hier gibt es viele verschiedene Sinnfelder - und die Frage, wie sie zusammenspielen stellt sich einfach nicht. Es wäre ganz sinnlos nach der Wechselwirkung von Kreide und Quadraten zu fragen, wenn man dabei etwas im Sinne hätte wie die Wechselwirkung von Geist und Materie. Das heißt nicht, dass sich die Frage nie stellt. Aber man kann sie immer nur lokal in Bezug auf konkrete Bereiche stellen.

Man muss also zwischen zwei verschiedenen Formen von Pluralismus unterscheiden.




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So 24. Jun 2018, 08:50

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 23. Jun 2018, 19:54
Wenn man eine Reihe machen würde: Monist, Dualist, Triatlist, Pluralist ... dann wäre ich nichts davon, wenn man die Begriffe grob so erläutert:
Monist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus einer Substanz (z.B. Materie)
Dualist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus zwei Substanzen (z.B. Geist & Materie)
Trialist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus drei Substanzen (z.B. ...)
Pluralist: Es gibt eine Welt und sie besteht aus vielen Substanzen

Für diese Positionen stellt sich ganz allgemein die Frage, wie die Substanzen denn wechselwirken. Allgemein ist sie, weil es eine bestimmte Anzahl von Substanzen gibt und sich in Bezug darauf fragt, wie das generell funktionieren soll.
Nur, wenn man die Begriffe so erläutert, ist das auch kein ontologischer Dualismus. Ein ontologischer Dualist meint gerade nicht, dass es eine Welt gibt, sondern zwei. Was Du darstellst, ist ein epistemischer Pluralismus etc. Da stellt sich dann die deutlich abgeschwächte Frage nach den Wechselwirkungen, aber wer denkt, es gäbe eine Welt hat ja überhaupt keinen theoretischen Abgrund, den er überbrücken müsste.

Ein schwacher Ontologiebegriff macht da sicher weniger Probleme, als ein starker. M.E. wird das Problem in dem Moment aus einer logischen Notwendigkeit heraus scharf, indem man sagt eine Zahl, die Hexe im Faust, eine grammatikalische Regel und ein Dackel hätten rein gar nichts miteinader zu tun.
Dann muss erklärt werden, aus welchem sonderbaren 'Stoff' der Mensch nun ist, dass er mit all diesen verschiedenen Welten gleichzeitig zu tun und aus ihnen Signale und Reize empfangen kann, in diesen Welten gleichzeitig agieren kann.

Allerdings stünde man noch immer vor dem Problem, erklären zu müssen, wieso eine kosmische Kollision, die die Erde vollständig vernichtet, dann - so glaube ich - alle anderen ontologisch unabhängigen Ebenen auch vernichten würde.

Denn das ist m.E. ein guter Indikator (wenn auch kein Garant, man müsste auch hier differenzieren) für die Existenz tatsächlicher anderer Welten. Würden wir heute komplett ausgelöst und würden in 1000 Jahren, Millionen Lichtjahre entfernt andere denkende Wesen entstehen (die anders aussehen könnten als wir), würden sie irgendwas finden, was zwingend so wie das wäre, was wir gefunden haben?



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So 24. Jun 2018, 09:58

Du versuchst, das neue Framework auf das alte zurückzuführen. Ein Versuch, der notwendig scheitern muss. Außerdem ignorierst du (als Dauereinstellung) den Unterschied zwischen notwendigen und hinreichenden Bedingungen.




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So 24. Jun 2018, 10:27

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 09:58
Du versuchst, das neue Framework auf das alte zurückzuführen. Ein Versuch, der notwendig scheitern muss.
Ich stimme Dir insofern zu, als ich immer dann skeptisch werde, wenn jemand explizit oder implizit erzählt, die Probleme, mit denen man sich seit Jahrhunderten herumgequält hat, würden eigentlich gar nicht bestehen.
Auch dafür wäre ich natürlich offen, nur möchte ich dann auch genau erklärt haben, warum das so ist.
Möglich, dass ich zu blöd bin, das Neue des Neuen zu verstehen, die entscheidende Pointe verpasst habe. Manchmal ist das ja wirklich nur ein kleiner Gedankenschritt, den man gehen muss, der im Nachhinein sogar läppisch erscheint, einen aber wie den sprichwörtlichen Ochs vorm Berg stehen lässt.

Um hier mal von Gabriel wegzukommen, dessen Ansatz mir tendenziell immer noch a) sehr sympathisch wäre und b) voll in die Karten spielen würde, wenn ich ihn denn nachvollziehen könnte (leider wurden zumindest bei mir die Fragezeichen und gefühlten Inkonsistenzen im Laufe der Beschäftigung immer größer): am anderen Ende des Spektrums sitzt Dennett, der ebenfalls behauptet und meint, schlüssig bewiesen zu haben, dass die Qualiadiskussion gänzlich überflüssig sei, weil das Problem ein erfundenes sei, denn Qualia gibt es gar nicht. Er sagt auch: Leute, entspannt euch, ihr sucht nach Gespenstern.
Ich will nicht über sein Alternativangebot der Heteronormativität lästern, obwohl ich Grund dazu hätte, aber letztlich macht es sich Dennett dann doch etwas zu leicht, wenn er sich auf die rein logisch Bedeutung von alles bezieht. Wenn in einer der Urversionen der endlosen Variationen, die farbenblinde Bewussstseinsforscherin Mary die alles, über Hirn, Bewusstsein, Wahrnehmung, blabla weiß, plötzlich Farben sehen könnte, dann meinen die Qualiaanhänger, dass die überrascht wäre, während Dennett sich auf die Position zurückzieht, dass sie nur überrascht sein könnte, wenn sie eben nicht alles weiß und wenn sie alles weiß, nicht überrascht wäre.
Dabei unterläuft er die Intention, die man sehr wohl nachvollziehen kann, dass nämlich Wissen und Erleben (Können) durchaus zwei paar Stiefel sind und drückt das stille Dogma durch, dass die Hirnzustände, kennte man alle, eben keine Überraschungen zulassen würden. Auch das überzeugt mich nicht und es ist bei mir keine Frage des Wollens, sondern des Könnens: Ich kann nicht an etwas glauben, von dem ich nicht überzeugt bin und wir sind in eigenen Qualiadiskussionen glaube ich viel weiter gekommen, als Dennett.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 09:58

Außerdem ignorierst du (als Dauereinstellung) den Unterschied zwischen notwendigen und hinreichenden Bedingungen.
Diesen Vorwurf müsstest Du bitte erläutern, als reine Behauptung kann ich damit nicht viel anfangen.
Wo genau habe ich das beim letzten Mal - vielleicht in meiner obigen Darstellung - getan?



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So 24. Jun 2018, 10:49

Denken hat notwendige biologische Voraussetzungen, die aber nach Einschätzung der Gegenposition nicht hinreichend sind. Entfernt man die notwendige materielle Basis, etwa indem man die Erde sprengt, würde es Denken in der Form, in der wir es kennen, nicht mehr geben. Daraus folgt aber überhaupt nichts darüber, ob die notwendige Voraussetzung zugleich hinreichend ist. Deshalb ist das Gedanken Experiment vollständig unbrauchbar, um die Gegenposition auf die Probe zu stellen.




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So 24. Jun 2018, 11:08

Ja, das ist nachvollziehbar.
Die sich anschließende Frage ist natürlich, was fehlt.
Grob gesagt, sind das wohl Weltbestandteile, wie konkrete materielle Dinge, eine lebendige Mitwelt, Beziehungen, Affekte und Emotionen, Motive oder Intentionen, Bilder, Symbole, sowie Begriffe, Sätze und deren Kombination zu Regeln, Konzepten, Theorien, auch solche über Beziehungen, Gesellschaften, Rechts- und Kommunikationssysteme ...*
Es spricht ja erstmal nicht viel dagegen, dass diese Weltbestandteile im und vom Hirn be- und verarbeitet werden.

Was davon wird aber Deiner Meinung nach nicht oder nicht zur Gänze vom oder im Hirn be- oder verarbeitet und was übernimmt den dann ebenfalls notwendigen Rest?

*Ich will hier nur in Vorleistung gehen, um das abzukürzen, wenn Du da andere Ideen hast, immer gerne.



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So 24. Jun 2018, 11:29

Im Wikipedia Artikel über den ontologischen Dualismus sind die Positionen, in denen Leib/Körper und Seele/Geist zueinandern stehen und die Frage, wann, wie und ob sie sich beeinflussen können schön und knapp erläutert.



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So 24. Jun 2018, 11:35

Tosa Inu hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:08
Es spricht ja erstmal nicht viel dagegen, dass diese Weltbestandteile im und vom Hirn be- und verarbeitet werden.
Meines Erachtens spricht alles dagegen:
  • Es ist ein mereologischer Fehlschluss, der ein Teil mit dem Ganzen verwechselt.
  • Es ist keine sinnvolle Fragestellung, weil Gedanken nach meiner Einschätzung nicht be- und verarbeitet werden, sondern erwogen, gedacht, ausgetauscht, bestätigt, geteilt etc.
  • Außerdem sind Gedanken logische Gebilde, für sie sind u.a. Folgerungsbeziehungen konstitutiv, diese werden aber in der realen Welt nicht von Biologen oder Chemikern untersucht, weil diese Form der Untersuchungen ihrer Natur nicht angemessen ist.
Meines Erachtens bereitest du das Thema bereits in der Fragestellung so auf, dass es für die Antworten, die du dir wünschst, passend gemacht wird. Wenn du jedoch unsere Selbstbeschreibungen einziehen willst, also z.B. die Idee, dass Personen Gedanken haben, die sie erwägen und mit anderen Personen teilen können, bzw. die Idee, dass aus Gedanken etwas folgt, dann müsstest du extrem gewichtige Argumente auf den Tisch legen.

Aber das einzige, was ich sehe, ist dein metaphysischer Glaube, dass die Welt materiell ist und daher Gedanken auch materiell sind in irgendeiner Weise. Da ich deiner materiellen Prämisse nicht zustimme, kommen wir einfach nicht weiter. Ich werde ganz sicher nicht aufgrund einer unwissenschaftlich These, die Tatsachen des Lebens einfach in den Gulli gießen.

Ich hab auch auf die Diskussion ehrlich gesagt keine Lust mehr, weil es ja nicht die mindestens Aussicht gibt, dass sie zu etwas führt.




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So 24. Jun 2018, 12:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:35
Tosa Inu hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:08
Es spricht ja erstmal nicht viel dagegen, dass diese Weltbestandteile im und vom Hirn be- und verarbeitet werden.
Meines Erachtens spricht alles dagegen:
  • Es ist ein meteologischer Fehlschlüssen, der ein Teil mit dem Ganzen verwechselt.
Aber nur in einer bestimmten Lesart, nämlich der, dass das Gehirn keinen Input von Körper oder Umwelt braucht.
Das vertreten nur Hardcore-Neurokonstruktivisten, zu denen ich nicht zähle.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:35
[*]Es ist keine sinnvolle Fragestellung, weil Gedanken nach meiner Einschätzung nicht be- und verarbeitet werden, sondern erwogen, gedacht, ausgetauscht, bestätigt, geteilt etc.
Was unterscheidet die von Dir eingeführten Begriffe denn von denen der Be- oder Verarbeitung? M.E. sind sie weitgehend deckungsgleich.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:35
[*]Außerdem sind Gedanken logische Gebilde, für sie u.a. sind Folgerungsbeziehungen konstitutiv, diese werden aber in der realen Welt nicht von Biologen oder Chemikern untersucht, weil diese Form der Untersuchungen ihrer Natur nicht angemessen ist.
Hirnforscher, Biologen usw. stellen ihre Theorien ja auch in sprachlicher Form dar und vor. Dass sie dies selbst gerne vergessen ist wahr und selbstwidersprüchlich, braucht uns aber, da wir es ja besser wissen, nicht zu sorgen.
Dennoch sind die Argumente, denen Zufolge, um Deine Begriffe zu verwenden, Gedanken irgendwo 'erwogen, gedacht, ausgetauscht, bestätigt, geteilt etc.' werden, damit ja nicht vom Tisch.
Meinst Du, das Gehirn hätte nichts damit zu tun, wie Du es schon mal andeutetest?:
Darin wird übrigens auch Dein Argument problematisiert:
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 19. Jun 2018, 08:24
Daraus, dass man das Bewusstsein mit [physischen] Substanzen beeinflussen kann, folgt ggf., dass das Physisches notwendig ist, es folgt nicht, dass es hinreichend ist und daher folgt auch nicht, dass das Bewusstsein physisch ist. (Genau genommen folgt nicht mal das, finde ich. Denn Leibniz Idee, dass die beiden Substanzen einfach parallel laufen, wie zwei Uhren, die zugleich gestartet sind, lässt sich damit auch nicht aushebeln.)
Dazu im verlinknten Wiki-Artikel:
Wiki hat geschrieben : Eine nichtinteraktionistische Variante des Substanzdualismus wurde von Gottfried Wilhelm Leibniz entwickelt, der behauptete, dass Geist und Körper in keiner Weise aufeinander einwirken.[3] Diese Theorie, der psychophysische Parallelismus, hat allerdings das Problem, erklären zu müssen, wie die Zusammenhänge zwischen geistigen und materiellen Zuständen zustande kommen. Schließlich hat etwa der geistige (bzw. besser seelische) Zustand des Durstes in der Regel das physische Ereignis des Trinkens zur Folge, was jedoch unerklärlich erscheint, wenn der Geist nicht auf den Körper einwirken kann. Leibniz versuchte diesen Einwand mit einer Analogie zu entkräften. Er erklärte, dass sich Geist und Körper wie zwei parallele Uhren zueinander verhalten. Das Geschehen ist perfekt aufeinander abgestimmt, auch wenn keine kausale Interaktion besteht. Nun kann man aber fragen, warum eine solche Parallelität besteht. Leibniz erklärte, dass dies eine Einrichtung Gottes sei.
Quelle

Oder meinst Du, dass das Hirn zwar notwendig aber nicht hinreichend für das Denken sei, wie Du es vorhin sagstest? Nur, wie kann dann gleich wieder alles falsch sein, was dazu gesagt wird, wie Du eingangs meintest?
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:35
Meines Erachtens bereitest du das Thema bereits in der Fragestellung so auf, dass es für die Antworten, die du dir wünschst, passend gemacht wird.
Das müsstest Du ja dann zeigen können. Andernfalls wäre das eine abermalige Behauptung. Von mir aus noch ein Gefühl, was Du hast, aber begrifflich nicht zu fassen kriegst und dargestellt kriegst. Ich kann Dir hier nur versichern, dass ich es ernst meine und es mir darum geht, die Zusammenhänge zu verstehen.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:35
Wenn du jedoch unsere Selbstbeschreibungen einziehen willst, also die Idee, dass Personen Gedanken haben, die sie erwägen und mit anderen Personen teilen können, bzw. die Idee, dass aus Gedanken etwas folgt, dann müsstest du extrem gewichtige Argumente auf den Tisch legen.
Ich habe eine spezielle und dezidierte Kritik am biologischen Reduktionismus, die einfach darin liegt, dass die vollmundigen Ankündigungen, all das was die Sprache der 1. Person zu bieten hat, alsbald in eine objektivierende Sprache der 3. Person zu übersetzen, bisher vollkommen gescheitert ist.
Da ich den Rahmen der Semantik und seine Möglichkeiten als bei weitem breiter ansehe, als den Rahmen neuronaler Zustände, halte ich es beim Stand der Dinge und da auch Forscher sprachlich agieren für unmöglich, reichere neuronale Zustände, die man aber erst noch finde müsste, sprachlich so aufzuarbeiten, dass sie das Sprachliche transzendieren. Bislang hat man diese vielleicht reichere neuronale Form der Interaktion nicht gefunden, sondern nur deutlich ärmere, die nicht erklären, was wir tun, wenn wir sprechen und argumentieren.
D.h. für mich, man kann nicht erklären, was man gerne erklären wollte.

Gerhard Roth ist nun der Ansicht, die Messe sei dennoch gelesen, weil man empirisch nirgendwo jemals Gedanken oder Bewusstseinszustände ohne Neuroaktivität gesehen hätte. Ich glaube, dass das jedoch erst mal nur zeigt, dass das Gehirn auch immer dabei ist, jedoch noch nicht, dass es der alleinige Veranstalter ist. Ich halte mit Gabriel die Existenz von eigenen und ontologisch anderen Welten für möglich, von daher würde es mich stark interessieren, was dafür spricht. Da ich es im Rahmen der intellektuellen Redlichkeit für geboten halte, die besten Gegenargumente gleich mitzusuchen, versuche ich von der anderen Seite, die ich ideologisch nur ein Stück weit vertrete zu argumentieren, allerdings glaube ich, dass man sich selbst keinen Gefallen damit tut, wenn man Karikaturen und Zerrformen der anderen Seite bearbeitet, man muss schon, gerade wenn es wichtig wird, die besten Argumente ins Spiel bringen.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 11:35
Aber das einzige, was ich sehe, ist dein metaphysischer Glaube, dass die Welt materiell ist und daher Gedanken auch materiell sind in irgendeiner Weise. Da ich deiner materiellen Prämisse nicht zustimme, kommen wir einfach nicht weiter. Ich werde ganz sicher nicht aufgrund einer unwissenschaftlich These, die Tatsachen des Lebens einfach in den Gulli gießen.
Vielleicht ist das, was Du siehst auch Deine Projektion. Geht mir ja nicht anders und gehört zum Ich fundamental dazu.



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Jörn Budesheim
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So 24. Jun 2018, 12:24

Wie gesagt: es interessiert mich nicht mehr. Ich werde das nicht weiter verfolgen.




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Alethos
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So 24. Jun 2018, 23:30

Wenn Meteorite alles Leben im Universum zerstören würden, dann gäbe es kein Denken mehr, wie wir es kennen. Dann zu fragen, wo es denn dieses Denken noch gäbe, ist sinnlos. Es gäbe dieses Denken, wie wir es kennen, nicht mehr.

Das heisst aber nicht, dass dieses unser Denken allein auf der physischen Grundlage unserer Physis oder unseres Hirns fusst. Das ist der Punkt, wenn gesagt wird, dass ein Hirn nicht die hinreichende Bedingung von Denken ist. Wenn es kein Hirn gibt, dann gibt es kein Denken, ja, aber trotzdem ist nicht alles Denken im Hirn.

Diese Überzeugung, dass Materialität nicht die hinreichende Bedingung von Denken (oder überhaupt von allem) sei, entspringt der kontra-monistischen, pluralistischen Intuition, dass 'Dinge' sinnüberlagerte Phänomene sind, die nicht existieren könnten, bestünden sie nur aus einer 'Schicht', z.B. Materie. Es gibt in dieser Konzeption kein Ding, das in absoluter Weise bestünde, sondern jedes Ding ist dieses Ding, weil es in den ihn bestimmenden und durch ihn bestimmten Tatsachen vorkommt. Durch diese Tatsachen ist es dieses Ding. Wie könnte denn sonst ein Stein ein Stein sein, wenn er nicht aus dem Berg gebrochen worden wäre und durch die Jahrhunderte hinweg zu diesem Stein geworden wäre? Das ist seine Wahrheit, dass er nicht einfach Stein ist, sondern da oder dort liegt, so und so geworden ist: Er ist seine ganze Geschichte. Und seine Wahrheit ist das Gesamt seiner Relationen. Denn alles, was über diesen Stein wahr ist, das gehört zu den Tatsachen, durch die er dieser Stein ist.

Aber nun sagt man sich vielleicht: 'Gut, das mag ja alles sein, Alethos, aber damit hast du noch nicht bewiesen, dass nicht alles in gewisser Weise Raumzeit braucht, damit es sein kann.' Und damit einher geht der leise Wunsch, alles Sein doch wieder auf diese eine Ebene runterbrechen zu können.

Und so entgegne ich mit der Annahme, es lebte nichts im Universum, oder noch krasser ausgedrückt, es gäbe überhaupt keine Raumzeit mehr. Was spricht dagegen zu glauben, dass es da eine Wahrheit gäbe, nämlich die, dass es keine Raumzeit gibt? Diese Wahrheit könnte ja nicht raumzeitlich sein, weil es die Raumzeit nicht gäbe, und dennoch wäre es eine Tatsache, dass es keine Raumzeit gibt.
Dieses Argument ist, wenn kein logischer Beweis, so doch ein starkes Indiz dafür, dass nicht alles zurückführbar ist auf einen ontologischen Grund: z.B. raumzeitliche Ausdehnung des Universums qua materieller Expansion oder ähnlichem. Denn da gibt es mindestens ein zweites ontologisches Phänomen, und es ist nicjt raumzeitlich. Wenn aber nicht alles raumzeitlich ist, z.B. die Tatsache, dass es keine Raumzeit gibt, dann wo kommt diese Wahrheit vor?

Die Monisten werden sagen, gar nirgends, denn sobald es keine Raumzeit gibt, gibt es ja auch keine Tatsachen mehr. Nun aber, das ist vielleicht gefühlt richtig, logisch richtig kann es nicht sein, denn die Nichtraumzeitlichkeit wäre eben in jedem
Fall eine logische Tatsache, nur eine ohne Raum und Zeit. Zu fragen, wo sie sei, das ist doch ein unsinniges Unterfangen, denn es gibt kein Wo, wo es keinen Raum gibt, aber das bedeutet ja nicht gleichzeitig eine Nichtexistenz. Es bedeutet lediglich, dass der Existenzbegriff losgelöst gedacht werden muss von materiellen Bedingungen, auch losgelöst werden muss von räumlichen und zeitlichen Bedingungen. Sinn ist die einzige Bedingung von Seiendem durch das Seiende selbst.

Und es ist dieser sinnrelative Existenzbegriff durch den denkbar wird, dass alles Seiende ist, was es ist, sofern es ist, und dass alles existiert auf seine ganz bestimmte Weise resp. in einem ganz bestimmten Sinne. Wenn aber die Dinge nicht absolute Individuationen eines bestimmten Urmaterials sind, sondern sich ergeben auseinander, dann wird auch denkbar, dass ein Teil der vollen Wahrheit der Schere jener ist, dass sie sich selbst nicht schneiden kann. :)

Aus all diesen (und anderen) Überlegungen wird möglich, einen Realismus zu entwickeln, der Geist, Wahrheit usw. einen ontologischen Platz zugesteht, der weit über die notwendigen Bedingungen für unsere Erkennbarkeit, also Materialität etc. hinausgeht. Darum ist aber auch die Frage nicht zielführend, warum eine Schere keine Idee durchtrennen kann oder warum der Geist nicht die Schere bedienen kann. Denn die Frage zielt an diesem Verständnis darüber, was Dinge (und Tatsachen) sind und wie sie entstehen, vorbei. Es nützt nichts zu fragen, warum zwei ontologisch völlig andersartige Dinge nicht interagieren können, weil Dinge per se aus der Interaktion andersartiger ontologischer Dinge entstehen. Sie sind das Produkt einer Überlagerung lokaler Interferenzen unterschiedlicher ontologischer Sinne, und es können nicht diese Sinne, durch die ein Ding dieses Ding ist, von ihm abstrahiert und extrahiert werden, um im Anschluss daran zu fragen, wie diese Sinne wieder in ihn zurückgeführt werden können. Denn dann gäbe es dieses Ding bereits nicht mehr, wenn diese Überlagerung nicht wäre.

Die Schere und die Idee sind nicht getrennt und isoliert zu haben, man kann also gar nicht sinnvoll fragen, wo denn die Idee sei und wo die Schere, weil sie ja sinnvereinigt auftreten. Und man kann auch die Bedeutung einer Fledermaus nicht mit dieser Schere schneiden, weil die Schere und die Bedeutung der Fledermaus nicht überlagert erscheinen, und falls sie es doch run, sie unzertrennlich vereinigt sind.

Man kann vom Wasser ja auch nicht den Wasserstoff- und den Sauerstoff trennen, und dann noch behaupten, es sei Wasser, denn indem man das eine entfernt, entfernt man die sinnvereinigte Sein von Wasser überhaupt. Und darum kann man sich auch nicht ernstlich darüber wundern, dass eine Schere eine Idee nicht schneiden kann. Denn sofern sie überlagert erscheinen, kann die Idee und die Schere nicht getrennt gedacht werden, denn sie sind sinnvereinigt in der Überlagerung oder sie haben überhaupt keine ontologischen Berührungspunkte. Aber ich wundere mich ja auch nicht, dass ich den Eisbären in der Antarktis nicht von meinem Bett in der Schweiz aus streicheln kann?



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Alethos hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 23:30
Diese Überzeugung, dass Materialität nicht die hinreichende Bedingung von Denken (oder überhaupt von allem) sei, entspringt der kontra-monistischen, pluralistischen Intuition, dass 'Dinge' sinnüberlagerte Phänomene sind, die nicht existieren könnten, bestünden sie nur aus einer 'Schicht', z.B. Materie. Es gibt in dieser Konzeption kein Ding, das in absoluter Weise bestünde, sondern jedes Ding ist dieses Ding, weil es in den ihn bestimmenden und durch ihn bestimmten Tatsachen vorkommt. Durch diese Tatsachen ist es dieses Ding. Wie könnte denn sonst ein Stein ein Stein sein, wenn er nicht aus dem Berg gebrochen worden wäre und durch die Jahrhunderte hinweg zu diesem Stein geworden wäre? Das ist seine Wahrheit, dass er nicht einfach Stein ist, sondern da oder dort liegt, so und so geworden ist: Er ist seine ganze Geschichte. Und seine Wahrheit ist das Gesamt seiner Relationen. Denn alles, was über diesen Stein wahr ist, das gehört zu den Tatsachen, durch die er dieser Stein ist.
Deine Antwort macht schön klar, wie wichtig es ist, sich immer wieder über die Grundlagen zu einigen, von denen man ausgeht.
Ich kann Deiner Intuition, dass jedes Ding ein Ganzes aus verschiedensten Relationen ist, z.B. die Tasse links von der Kaffeekanne steht, aber auch, dass sie von Frau Huber getöpfert wurde, sie allgemein als sehr schön und gelungen angesehen wird, in ihr ein Stück private und kulturelle Geschichte steckt, durchaus etwas abgewinnen.
Du würdest sagen, dass die Wahrheit dieser Tasse, also all die sie betreffenden Tatsachen auch dann wahr bleiben, wenn die Tasse, sowie alle Zeugen derselben und Aufzeichnungen über sie unwiederbringlich verschwunden sind?
Du hast da wohl die Intuition - ich hoffe, ich erinnere mich richtig - dass diese Wahrheiten irgendwo bewahrt werden.
Ich glaube, dass es richtig ist, dass all diese Tatsachen, auch dannn noch wahr sind, wenn nichts und niemand mehr da ist, der sie bezeugen kann, ich bin aber im Zweifel, ob diese Wahrheiten je wiedergefunden werden können. Es gibt nichts, wo Tatsachen gespeichert werden, außer Ideen, wie einer schon mal erwähnten kosmischen Chronik, bei der sich dann wieder die Frage stellte, wo sie sich befindet (zum 'Wo' später noch eine Bemerkung).

Für mich sind Wahrheiten nichts, was den Dingen anhaftet, sondern eine Eigenschaft von Aussagen sprachmächtiger Wesen.
Gleiches gilt für Tatsachen, auch wenn es da schwieriger ist, da man zurecht sagen kann, dass der Mond doch auch da ist, wenn niemand formuliert, dass er da ist oder ihn anschaut. Dennoch - und darum finde ich die Kombination des Ich- und Weltbild-Themas gerade so schön - ist die achselzuckende Selbstverständlichkeit, mit der man all die Relationen aufzählt, die doch an sich da sind, auch dann, wenn niemand sie bezeugt oder fomuliert, ein Indiz dafür, dass es sich bei diesen Relationen um spezifische Sichtweisen von jemanden handelt, der aus dem Kontext (s)eines Weltbildes heraus berichtet.
Auch wenn es scheinbar allgemeingültigste Dinge sind, wie die, dass der Mond aber doch jenseits aller Weltbilder kleiner ist als die Erde und um diese kreist, dass er nicht selbst leuchtet, sondern die Strahlung der Sonne reflektiert und aus bestimmtem Gestein besteht.
Nur ist die Sicht, den Mond als Einzelding zu sehen, der bestimmte Eigenschaften hat, die andere sind, als die der Erde keinesfalls allgemeinster Natur, sondern sehr speziell. Warum sollte man bspw. den Mond überhaupt als einzeln betrachten? Könnte er nicht auch mit der Erde zusammen als Einheit betrachtet werden? Und diese wiederum als Teil des Sonnensystems mit anderen Planeten und eben dem Zentralgestirn? Aber auch die Rede des Systems aus einzelnen Teilen, ist ja bereits eine unterteilende Perspektive, die Einzeldinge in den Kontext einer größeren Gesamtheit setzt, das Einzelding aber dabei bestehen lässt. Also Einzeldinge in systemischer Betrachtung.
Weden wir radikaler: Warum überhaupt Einzeldinge? Wer braucht die? Gott? Das Universum? Was, außer dem Wunsch eines erkennenden Wesens (diese Erkenntnis kann, muss aber nicht reflexiver Natur sein) nach Erkenntnis sollte etwas zu einem Einzelding machen? Was, etwas zu einem Ding aus Atomen? All diese Sichtweisen mögen wahr und konsistent im Kontext bestimmter Weltbilder sein, aber die sich daraus ergebenden Tatsachen sind auch nur für diesen Kontext relevant.

Man kann den Mond freilich noch ganz anders betrachten: Als Archetypus des Passiven, auch der Täuschung, da er sich das Licht der Sonne leiht, da er seine Gestalt unablässig verändert, damit anpassungsfähig ist. Als Archetypus des Spiegels auch, dem neben der 2 auch die 9 zugeordnet wird, da auch ihr eine Spiegelfunktion zukommt: Addiert man eine Zahl mit 9, kommt über die sog. theosophische Reduktion (ich glaube, dass das so hieß) wieder die Zahl heraus, die man hatte: Also 9 + 5 = 14 und die 1 + 4 = 5 9 + 2 = 11 und 1 + 1 = 2.
Über die Monatsblutung kommt auch der Frau eine besondere Beziehung zum Mond und seinem Zyklus zu und ihr werden Eigenschaften des Mondischen unterstellt - oder umgekehrt, dem Mond die des Weiblichen. Auch die (vermeintliche) Passivität der Frau, die wie Wasser (die Wasseroberfläche ist der erste Spiegel den Menschen nutzen konnten) formbar ist finden wir hier beliebig weit entfaltet.
Was man als neckischen Zufall oder Relikt vergangener Zeit auffassen kann, ist nicht weniger als ein eigener Kosmos von Beziehungen, in die man sich, wenn man will sogar heute noch ewig lange vertiefen kann. Die archetypischen Zusammenhänge werden immer vielfältiger, die Zuammenhänge immer klarer ... eine ganz andere Art die Welt zu sehen, hier durchaus mit Beziehungen von Innen und Außen, die wir heute noch immer irgendwie kennen, aber wir können nicht so richtig was damit anfangen.

Bausteine, Kategorien der Erkenntnis, geronnen zu vermeintlichen Tatsachen, an die wir dann glauben. Oft fehlinterpretiert, in Formulierungen von Solipsisten und radikalen Konstruktivisten, die meinen, es gäbe nur, was auch betrachtet und bezeugt würde, oft fehlinterpretiert von den Kritikern, die meinen, dies impliziere oder man meine, dass der Turm so hoch sei, wie man ihn sich denkt.
Projektionen an die wir dann glauben, die uns bestätigen, dass die Sachen doch tatsächlich so sind. Einigen Projektionen können wir den Zahn ziehen, allen sicher nicht. Eine Welt gebastelt von uns, aber braucht sie uns auch? Oder brauchen wir sie, um sie, uns und andere zu verstehen, in immer neuen Bildern und Entwürfen?
Alethos hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 23:30
Und so entgegne ich mit der Annahme, es lebte nichts im Universum, oder noch krasser ausgedrückt, es gäbe überhaupt keine Raumzeit mehr. Was spricht dagegen zu glauben, dass es da eine Wahrheit gäbe, nämlich die, dass es keine Raumzeit gibt? Diese Wahrheit könnte ja nicht raumzeitlich sein, weil es die Raumzeit nicht gäbe, und dennoch wäre es eine Tatsache, dass es keine Raumzeit gibt.
Für wen oder was? Der Begriff der Tatsache hat den Diskurs oder das normative System immer schon im Gepäck.
Du sagst damit: Tatsachen und damit auch Wahrheiten gibt es auch, jenseits/diesseits/abseits von Zeit und Raum und gleichzeitig ...
Alethos hat geschrieben :
So 24. Jun 2018, 23:30
Wenn aber nicht alles raumzeitlich ist, z.B. die Tatsache, dass es keine Raumzeit gibt, dann wo kommt diese Wahrheit vor?

Die Monisten werden sagen, gar nirgends, denn sobald es keine Raumzeit gibt, gibt es ja auch keine Tatsachen mehr. Nun aber, das ist vielleicht gefühlt richtig, logisch richtig kann es nicht sein, denn die Nichtraumzeitlichkeit wäre eben in jedem Fall eine logische Tatsache, nur eine ohne Raum und Zeit. Zu fragen, wo sie sei, das ist doch ein unsinniges Unterfangen, denn es gibt kein Wo, wo es keinen Raum gibt, aber das bedeutet ja nicht gleichzeitig eine Nichtexistenz.
... und dass man nach dem 'Wo?' nicht fragen solle.
Aber a) Du fragst es ja doch als raumzeitliches Wesen, innerhalb derselben. Denn, dass b) die Logik von der Raumzeit kategorial getrennt ist, ja, ontologisch, konnte das jedoch bislang nicht festgezurrt werden, siehe die Zurückweisung von Husserl und Frege in diesem Punkt. Unsere Sprache und die in ihr verborgene Logik ist raumzeitlich und mesokosmisch aufgebaut, so dass man gar nciht anders kann, als nach dem 'Wo?' zu fragen. c) erscheint es mir auch zikulär und widersprüchlich, im Gefüge der Raumzeit aus dieser die Luft lassen zu wollen. Natürlich, wenn man die anderen Welten erst in ein (da prinzipiell nicht raumzeitlich) Nirgendwo verlegt hat, erscheint die Frage, wo dieses Nirgendwo denn liegt, idiotisch. Aber wie erreicht uns denn der jenseitige Ruf aus dem Nirgendwo, wo hier doch immer auch hier in Zeit und Raum sind? Das ist doch höchst sonderbar, den Menschen so ein offensichtliches Mischwesen sein lassen zu wollen, das Anteile an Zeit und Raum hat, qua Körper und dann noch an Logik, Sprache, Phantasie, Mathematik, Recht, Spiritualität mit denen der Körper rein gar nichts zu tun hat (Sitzt der Handelsstreit mit den USA denn etwa im Gehirn?, könnte man vordergründig, aber vielleicht auch etwas arglos fragen).
Wer oder was denn sonst? Wenn man sagt: Kein Körper. der in einem Irgendwo zu verorten wäre, denn das wäre ja Raumzeit, macht man sich einen schlanken Fuß und meint auf jede Begründung verzichten zu können. Die Antwort wäre dann, dass es so sein muss, man aber nicht fragen darf, da man sich sonst als jemand outet, der das neue Weltbild einfach nicht verstanden hat.
Böse gesagt, ist das pure Esoterik oder Offenbarung in ihrer schlechtesten Form. Man muss es nicht so böse formulieren, auch bin ich ein Freund der Esoterik, wenigstens der guten Form, aber sich schweigsam wissend zuzunicken, könnte auch dieses Mal zu wenig sein.
Da könnte man nun auch noch viel zu sagen, Heidegger hat schon auch recht, mit seinem Bild vom Sprung, mag es elitär sein, oder nicht. Der Diskurs kann nicht alle Verständnisunterschiede ausgeichen. Aber dennoch, mir sind da zu viele Lücken, über die ich hinwegsehen müsste, ich hoffe ich konnte meine Sicht wenigstens ebenso gut erklären, wie Du Deine erklärt hast.



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Di 26. Jun 2018, 09:47

Tommy hat geschrieben :
Di 26. Jun 2018, 00:58
Dennoch: Wie gehen wir denn nun damit um, dass die Raumzeitschere die Ideen nicht zerschneiden kann?
Was mir hier fehlt sind Antworten auf zwei schwerwiegende Probleme, nämlich was Gedanken, so sie raumzeitlich verstanden werden, denn nun genau sind, und wie kann das, was der Art nach so anders ist als Materie auf Materie wirken und umgekehrt?
...
Das Mentale ist und bleibt unfassbar.
Unfassbar ist das Mentale nun garantiert nicht. Wir müssen aber die Idee aus dem Kopf bekommen, als sei die Welt der Gedanken sagenhaft getrennt von uns und als bräuchten wir irgendwleche Apparate (wie en fMRT) um sie zu sehen und zu fassen zu kriegen. Was wir da sehen sind gerade keine Gedanken, wir sehen nicht mal das Hirn bei der Arbeit, wir sehen Durchblutungsveränderungen bestimmten Bereichen.
Dabei ist es so, wie Du geschrieben hast, nach dem Fußballspiel gegen Schweden warst Du klitschnass geschwitzt, ich ahne, dass Du während dessen auch jede Menge gedacht und gefühlt hast, ganz direkt und das auch noch ausgelöst durch das, was Du nur virtuell erlebt hast, vielleicht beim Public Viewing oder in netter Runde, oder privat.

Mitmachen und mitgehen ist immer was anderes, als zu sagen: Ja, also das ist jetzt so eine soziale Vereinbarung, dass 11 Spieler in gleicher Kleidung ... . Man muss nicht wunders was tun, um Gedanken oder Gefühle zu erleben und nun mühsam an sie ran zu kommen, sondern man kann sie unmöglich vermeiden. Wir leben parallel in einer 'inneren' und einer 'äußeren' Welt, aber wenn man in seiem Zimmer zu um sich guckt und denkt: "Also ich sehe den Bildschirm, Pflanzen, Bilder, Gläser, aber Gedanken oder Innen, nein die sehe und höre ich nicht und nirgends", dann sind es diese Gedanken, die ja doch immer auch dabei sind.
Man 'hört' ständig das innere Geplapper, man fühlt ständig irgendwas (und sei es Langeweile) und richtig schwierig wird es erst wenn man die Ebene des Permanentgeschnatters (nicht selten in Form von Dialogen, verschiedenen inneren Stimmen usw.) stoppen will, um zu schauen, was eigentlich ist und geschieht, wenn das Denken und Fühlen mal für eine gewisse Zeit aufhört. Was kommt eigentlich 'hinter' dem Denken und Fühlen?

Philosophisch kommen eigentlich nur die Varianten ontologischer Monismus (von oben: alles ist Geist/von unten: alles ist Materie) oder ein Dualismus/Pluralismus infrage. Der Dualismus ist gar nicht so aus dem Rennen, wie man immer meint, nur ist eben die entscheidende Frage, wie die eine Ebene mit der anderen interagiert, wenn denn ontologisch total anders.
Bevorzugt wird aber heute der Monismus von unten. Der Punkt den man begreifen muss, ist, dass unsere Gewohnheiten (die Innen/Außen Trennung wäre so eine) uns mehr beeinflussen, als wir geöhnlich denken. Und da lautet die kollektive Idee, dass Gedanken und Gefühle a) mehr oder minder privat seien (was eine an sich schon komplizierte Nummer ist, weil man begreifen muss, dass man sich seine eigenen Gedanken und Gefühle und damit sein eigenes Innenleben großenteils qua öffentlicher sprachlicher Mittel und Hinweise anderer, wie man so ist selbst erschließen muss) und b) mehr oder minder belanglos.
Belanglos in dem Sinne, dass Aktionen in der Welt, also wenn man das Glas in den Schrank stellt, zwar etwas auslösen und eine konkrete Wirkung haben, Gedanken oder Gefühle hingegen nicht. Man denkt man müsste das Glas mal wegstellen, aber das ist eben so ein privates Denken, was nie die eigene Schädeldecke verlässt und keine Wirkung auf die und in der Welt hat.
a) ist zwar etwas kontraintuitiv, aber wesentlich bekannt und geklärt, b) scheint mir der entscheidendere Punkt zu sein.
Ihm kommt man ein wenig auf Umwegen näher, eines meiner Lieblingsbeispiele ist der Placeboeffekt, auch weil er empirisch erforscht wurde und wird und kurz gesagt ist ein Ergebnis, dass Erwartungen - also, unser Denken über etwas - in einem weitaus größeren Maße bspw. die Wirkung 'echter' Medikamente und Methoden oder eben bestimmter Scheinpräparate beeinflussen, als man das meinen sollte und die Ergebnisse sind gelinde gesagt erstaunlich.

Die Innenwelt hat so ihre recht eigene Dynamik, ihre recht eigenen Gesetze und vor allem eine mordsmäßig hohe Wirkung. Grob gesagt kann eine Verinnerlichung von primitiven und irgendwie auch falschen inneren Bildern einem das ganze Leben versauen, auch dann, wenn die Ursprungssituation längst vorbei ist, also die Realität inzwischen eine andere ist. Das sind 'nur' innere Bilder, die dem anderen (nahezu jedem) dann unterstellen, bösartig und feindselig zu sein (sich aber gut zu tarnen) und logisch folgreichtig ist man auf der Hut und sehr wachsam und lässt sich auch nicht einreden, man sie in Sicherheit, denn genau das ist ja die Schwäche der anderen, sich einlullen und in Sicherheit wiegen zu lassen und dann peng, ist man verloren.

Das alles auseinader zu halten und erklärend zuzuordnen, ist zu einem erstaunlich großen Teil möglich, aber auch wenn wir in Innenwelt baden, so sind ihre Gesetzmäßigkeiten uns weitgehend unbekannt und es gehört auch irgendwie zum kollektiven Spiel, die herunterzuspielen. Wir wollen uns selbst nicht erkennen. Uns zwischen unsere angeblichen Wunsch nach Erkenntnis und der Erkenntnis unserer verborgenen Seite, liegt dann das dicke Buch mit den Leugnungen und Abwehrmechanismen, die aus dem was Psyche ist, dann ein durchaus interessantes und nettes Thema machen, das für Fachleute auch sicher spannend ist, das man aber dann bitte auch an seinem Platz lassen sollte und nicht höher hängen, als es ist. Irgendwas Privates aus dem eigenen Kopf, was manche vielleicht ein bisschen traurig oder gaga macht, aber das war's dann auch.



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Herr K.
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Mi 27. Jun 2018, 06:52

Tosa Inu hat geschrieben :
Di 26. Jun 2018, 09:47
Und da lautet die kollektive Idee, dass Gedanken und Gefühle [...] b) mehr oder minder belanglos [seien].
Belanglos in dem Sinne, dass Aktionen in der Welt, also wenn man das Glas in den Schrank stellt, zwar etwas auslösen und eine konkrete Wirkung haben, Gedanken oder Gefühle hingegen nicht. Man denkt man müsste das Glas mal wegstellen, aber das ist eben so ein privates Denken, was nie die eigene Schädeldecke verlässt und keine Wirkung auf die und in der Welt hat.
Das läuft in der Philosophie unter mentaler Verursachung. Ich glaube, es stimmt nicht, was Du sagst, nämlich dass es common sense bzw. überwiegende Auffassung (oder "kollektive Idee") sei, dass Gedanken keine Auswirkungen hätten. Mentale Verursachung ist übrigens gerade eine Hauptmotivation bzw. ein Hauptargument für Materialismus/Physikalismus: wenn Physisches und Mentales nicht ontologisch getrennt sind, dann ist mentale Verursachung qua Physischem gegeben.




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Mi 27. Jun 2018, 08:08

Herr K. hat geschrieben :
Mi 27. Jun 2018, 06:52
Das läuft in der Philosophie unter mentaler Verursachung.
Das trifft nicht das, was ich meine. In dem link steht, bereits ganz zu Anfang:
"Der Begriff der mentalen Verursachung bezieht sich auf das Phänomen der kausalen Wirksamkeit von mentalen Zuständen. Er bezeichnet damit die Vorstellung, dass mentale Zustände Ursachen von Handlungen und anderen mentalen Zuständen sind. Kopfschmerzen sind etwa die Ursache dafür, dass man eine Aspirintablette nimmt. Unzufriedenheit kann die Ursache für den Gedanken werden, eine längere Zeit zu verreisen."
https://de.wikipedia.org/wiki/Mentale_Verursachung
Genau das meine ich aber nicht.
Das ist die verbreitete Lesart: Ich habe Kopfweh, nehme eine Tablette und dieses Ennehmen der Tablette, die Handlung, ist dann was, was meine Kopfschmerz zum Verschwinden bringt oder eben die vorgestellte Reise dann tatsächlich zu machen, in Handlung zu verwandeln.
Meine private Innenwelt muss also in mir einen so hohen Druck aufbauen, dass ich mich zu einer irgendwie gearteten Handlung motiviert sehe und diese Handlung ist es dann, die tatsächlich die Welt verändert.

Ich meine aber das Phänomen, dass ein Individuum bereits mit einer Aktion konfrontiert ist, es soll die Tablette nehmen oder die Reise antreten, macht das dann auch und wie die Reise (deren gelingen/misslingen man noch eigene Anteile zuschreiben könnte) und vor allem die Einnahme der Tablette ausgeht, ist eben nicht abhängig von der eigenen Einstellung, sondern ohnehin wirksam, so die Überzeugung.
Das ist aber nicht immer der Fall: Wenn man eine Einstellung hat, die die Wirkung eines Medikaments verstärkt, abschwächt, aufhebt, in ihr Gegenteil verkehrt ... braucht man nichts weiter zu tun, es folgt keine Handlung des Subjekts mehr und doch kann die Wirkung sehr unterschiedlich sein. Hier macht ohne weitere Aktion allein der 'mentale Zustand' den Unterschied, es reicht die Einstellung zu haben.
Um den Gedanken der direkten Auswirkung einer Einstellung, einer Überzeugung geht es.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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