Re: Wer, wie, was ist "ich"?
Verfasst: Do 21. Jun 2018, 15:51
Ich bin von Tugendhat geprägt und frage mich, warum er oder ich diesen "Fehler" nicht bemerkt hat/habe. Jahrelang bin ich mit einer Überzeugung herumgelaufen, von der ich jetzt meine, daß sie falsch ist.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 19. Jun 2018, 19:05"Wenn es mich gibt, dann gibt es auch das Ich.
Auf Ansgar Beckermanns Plädoyer, auf die Rede von dem Ich zu verzichten, ist mit Fichte und Robert Nozick zu antworten. Beide haben darauf aufmerksam gemacht, dass eine Person nur dann weiß, dass sich der Ausdruck ‚ich‘ auf sie selbst bezieht, wenn sie weiß, dass sie selbst diesen Ausdruck erzeugt hat. Über dieses Wissen verfügt eine Person aber nicht allein kraft der Verwendungsregel des Ausdrucks ‚ich‘. Diese Regel besagt nur, dass der Ausdruck ‚ich‘ sich auf denjenigen Sprecher bezieht, der den Ausdruck verwendet. Dass ich selbst derjenige Sprecher bin, der den Ausdruck ‚ich‘ verwendet, ist damit nicht gesagt. Anders gesagt: Die Verwendungsregel des Ausdrucks ‚ich‘ stellt mir nicht das Wissen zur Verfügung, dass ich selbst es bin, der den Ausdruck ‚ich‘ verwendet. [...]"
(Jürgen Stolzenberg)
Aber darum geht's in der Philosophie in der Regel immer: Das Hauptgeschäft der Philosophen ist der Versuch zu verstehen: sich selbst und den Anderen. Wenn wir nur zur Abwechslung versuchten, einander zu verstehen, betrieben wir nicht Philosophie und ich denke, wir betreiben sie und bemühen uns, sie zu betreiben.
Beim bisherigen Stand der Diskussion ist genau das ja noch nicht entschieden.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 14:10Gründe werden meines Erachtens überhaupt nicht "verarbeitet", sondern erwogen, diskutiert, erkannt, etc. Man könnte vielleicht auch sagen, dass sie vorliegen. Gründe sind auch nicht im Kopf, denn dazu müssten sie etwas raumzeitliches oder biologisches sein.
M.E. leiten sich Gründe eher aus den Prämissen ab, die man glaubt/setzt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 14:10Hier meine Erläuterung was Gründe sind: Gründe sind Tatsachen, die für etwas sprechen. (Es gibt nach Ansicht von Parfit keine nicht zirkuläre Erläuterung, da der Begriff Grund basal ist.)
Ein schwieriger Punkt, weil die Rolle von Tatsachen unklar ist. Tatsachen sind sicher auch, wie sie sind, wenn niemand sie wahrnimmt, der Begriff der Normativität setzt aber wahrnehmende Einordnung zwingend voraus. Und wahrnehmen tut eben doch wieder jemand.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 14:10Normatives ist aber nichts raumzeitliches und Tatsachen sind natürlich nicht aus Atomen und Leere, sie bestehen oder bestehen nicht.
Hans hat sich einfach geirrt. Ein Grund, den ich nicht habe, ist für mich keiner, selbst wenn ein anderer ihn hat.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 14:10An anderer Stelle hab ich zu Gründen ein Beispiel dazu gebracht, das sich an einen Gedanken Derek Parfits anlehnt:
"Nehmen wir ein bekanntes Beispiel. Hans ist in der Wüste, eine tödliche Schlange nähert sich ihm. Sie ist für unbewegliche Körper fast blind, während sie bewegliche todsicher erkennt und vergiftet. Diese Tatsache liefert Hans einen guten Grund still zustehen. Leider glaubt Hans jedoch, dass seine einzige Chance die Flucht ist, was ihm das Leben kostet. Gründe sind also nicht im Kopf ... "
Der Grund "still zustehen, weil ..." liegt einfach vor, ob Hans davon weiß oder nicht. Gründe sind physikalisch ziemlich "leichtgewichtig" (ich glaub, so ähnlich drückt sich Parfit selbst aus) so nehmen sozusagen keinen Platz weg, weil sie kein physikalisches Sein haben. Damit Hans den Grund erkennen oder erfassen kann, braucht er natürlich ein funktionierendes Gehirn, aber das macht aus Gründen keine Dinge, die "verarbeitet" werden.
Du sagst hier, dass das, was uns erst noch in den Sinn kommt, weil wir es noch nicht gedacht haben, etwas sein müsse, was uns irgendwie von Außen in den Kopf geweht wird. Das ist naiv, denn nicht Gedachtes kann einfach noch nicht gedacht worden sein. Es muss nicht von einem andere gedacht worden sein und es gehört ja gerade zu dem Bemerkenswerten, dass sehr viel von dem was wir Denken erstmalig gedacht und gesagt und geschrieben wird und dass die bekannten und öffentlichen Elemente, die wir dabei an- und übernehmen, dennoch eine Unzahl von Kombinationen ermöglichen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 14:10Ebensowenig können Gedanken einfach im Kopf sein. Gedanken sind logische Gebilde, sie hängen inferenziell zusammen, durch Folgerungsbeziehungen. Biologische Phänomene sind jedoch keine logische Phänomene. Das logische Netz, dass unsere Gedanken zusammenhält, kann beliebig viele Gedanken umfassen, die wir nie zuvor gedacht haben, die aber zu diesem Netz gehören - auch daher können sie nicht im Kopf sein.
Da eine Wiese nicht in den Kopf passt, kann Bewusstsein nicht im Kopf sein? Also ist das Bewusstsein von der Wiese in der Wiese? Oder wo?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 14:10Bewusstsein kann nicht im Kopf sein, da Bewusstsein (in veridischen Fällen) immer von etwas handelt, es ist Bewusstsein von etwas. Der Gegenstand des Bewusstsein ist jedoch nicht im Kopf, denn wenn ich die Wiese sehen, wäre das ein ernstes Problem für meinen Kopf: sie passt da nicht rein.
Nicht davon trage ich heute zum ersten Mal vor, das dürfte ich alles bekannt sein.
Doch, Gründe bestehen durchaus aus Urgründen (vielleicht nicht aus Letztgründen, die Idee der Letztbegründungen ist aber attraktiver, als man meint).Alethos hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 20:51Die Frage, die ihr erörtert, ist ja die nach dem Ursprung von Tatsachen und darauf aufbauend nach den ontologischen Status von Gründen. Korrekt?
Aber Gründe haben eben keinen Grund ausser sich selbst. Sie sind ja Gründe, sie legen ja den Grund. Sie ergeben sich aus einander und gründen nicht noch weiter unten auf einem Urgrund. Gründe bestehen aus Tatsachen.
Für A kann die Tatsache, dass es hier frischen Fisch gibt, ein Grund sein, das Restaurant zu betreten, für B ein Grund genau das nicht zu tun.
Vielleicht ist es aber sogar noch schwerer begreiflich als Du, lieber und geschätzter Alethos, hier annimmst, da Du bereits Prämissen unterstellst.Alethos hat geschrieben : ↑Do 21. Jun 2018, 20:51Sie bestehen nicht in einem Ideenhimmel, sondern indem sie sind und nicht alles Sein ist materielles Sein. Logische Tatsachen sind nicht räumlich. Wo nämlich befinden sich Zahlen? Wo befindet sich die Tatsache, dass 2+2=4? Und wie lange dauert denn die Tatsache an, dass die eine Zahl und die gleiche Zahl mit sich selbst addiert das Doppelte dieser Zahl ist? Das ergibt sich nicht durch unser Hirn, sondern durch die Regeln der Addition, die wir aber nicht erfunden, sondern gefunden haben. Es ist ein logisches Gesetz, das jenseits von zeitlicher und räumlicher Ausdehnung besteht durch die Tatsachen selbst. Und diese bestehen, wie gesagt, nicht zwingend in Raum und Zeit.
Das ist schwer begreiflich, weil wir Realität oft mit greifbaren Dingen gleichsetzen, mit Feststofflichem, so dass Unstoffliches für uns gar unreal erscheint. Aber wir können uns vielleicht einigen, Realität weiter zu fassen als so?
Was meint Ihr jeweils dazu, was ist Eure Position bei diesem Problem?wiki hat geschrieben : Ein weiterer Einwand gegen ontologische Pluralismen lautet, dass dieselben Schwierigkeiten auftreten wie beim Dualismus. Gegen den Dualismus wird oft argumentiert, dass er nicht die kausale Wechselwirkung zwischen physischen und mentalen Zuständen erklären kann. Dieses Problem der mentalen Verursachung[6] ist in einer generalisierten Variante auf den Pluralismus anwendbar: Wenn es viele nichtphysische Entitäten gibt, muss man erklären, wo und wie diese auf die physische Welt einwirken. Eine solche Erklärung könne jedoch nicht gegeben werden, da das physische Geschehen immer schon selbst rein physische Ursachen habe, für nichtphysische Kausalität daher gar kein Platz sei. Ontologische Pluralisten reagieren auf diesen Einwand indem sie behaupten, dass nicht überall hinreichende physische Ursachen zu finden seien, oder erklären, dass physische Determiniertheit nicht im Konflikt mit nichtphysischen Ursachen steht.
https://de.wikipedia.org/wiki/Pluralism ... luralismus
Das wiederum ist ja dann, beginnend mit "Allerdings ..." eine explizite Ablehnung des Monismus.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Andererseits glaube ich nicht an Weltmodelle, die aus einem Grund zu erklären versuchen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Ich glaube nicht an ein originäres Weltprinzip, also an die Vorstellung einer arché, die den Anfang allen Seins bildete und von der aus allem Seienden eine ontologische Grundprägung eingeimpft wurde. Ich glaube nicht an monistische Modelle der Art: 'Alles ist x'. Unter anderem darum lehne ich den Psychologismus ab.
Soweit ich diese Passage nachvollziehen kann, weist das m.E. jedoch wieder in eine monistische Richtung.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Ich glaube, und wir hatten das andernorts schon thematisiert, dass sich die Realität lokal 'manifestiert', also als dezentral zu denken ist: nicht räumlich dezentral (aber auch), sondern sinnhaft dezentral. Die Realität ist vielschichtig, d.h. es gibt Überlagerungen, wobei 'Schichten' nicht eine Über- und Unterordnung meinen (warum bei immer tieferem Graben auch kein definitiver Unter- resp. Urgrund zu finden ist). Sie sind vielmehr interferenziell zu denken. Das, was es gibt, ergibt sich aus dem Miteinander der Dinge aus ihnen selbst (wobei 'Dinge' hier überhaupt alles umfasst, was es gibt).
Was wiederum genau so auch jeder Monist sagen würde.
Für einen Monisten ist das tatsächlich so. Nur lehnst Du den Monismus explizit ab. Daher verstehe ich nicht, was nun tatsächlich Deine Position ist,Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Und Wirken können sie ineinander, auch wenn der eine Bereich raumzeitliche Dinge umfasst und der andere Bereich Dinge anderer Art. Denn, dass das eine Phänomen in Raum und Zeit vorkommt, z.B. ein Holztisch mit vier Beinen, und dass die Vorstellung, dass dieser Tisch etwas bedeuten kann, nicht, das sind doch nirgends sich ausschliessende Gegebenheiten?
Bedeutung heißt für mich immer "Bedeutung für jemanden". Da ich mich ja nun auch mit Gabriel beschäftigt habe, erinnere ich mich, dass er Bedeutung oder Sinn als eine objektive, begrenzte Größe sehen möchte, die die Dinge selbst zur Verfügung stellen, d.h. sie haben an sich eine gewisse Bedeutungs- oder Sinnreichweite oder -'ausstrahlung'. Eine Kneifzange wird man nicht benutzen, um Primzahlen zu finden.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Natürlich bin ich, ist mein Körper, sind meine Gefühle raumzeitliche Dinge, und ich denke über diesen Tisch nach, da geschieht etwas Materielles im Hirn (Strom, Hormone etc.) aber die Bedeutung, die ich reflektiere, ist nicht in meinem Kopf, sie steckt im Tisch, aber nicht wie ein Molekül oder ein Atomgitter, sondern interferenziell gegeben durch alle Tatsachen, durch die dieser Tisch eben dieser Bedeutungsinhalt ist.
Und die Idee, dass diese innere Welt sozusagen die uns zur Verfügung stehende 'Benutzeroberfläche' neuronaler Prozesse ist, die u.a. eine reale Außenwelt verarbeiten, lehnst Du ab?
Warum sollte Bedeutung keinen Ort haben können?Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Und alles das, woraus dieser Tisch seine Bedeutung erhält, ist das Zusammenwirken aller Dinge mit diesem Tisch. Und so zeigt sich, dass die Bedeutung eben nicht raumzeitlich ist, denn sie lässt sich nicht verorten in diesem Tisch oder in meinem Kopf, sondern überhaupt nirgends. Bedeutung hat keinen Ort, weil sie nicht raumzeitlich ist, und doch hängt sie eng geknüpft an das Sein dieses Tisches, an das vielschichtige Sein dieses Tisches.
Ja, ich vertrete einen Pluralismus.Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 08:53
Diese Einstellung kann man problemlos haben, sie ist vermutlich unter den allermeisten Philosophen heute verbreitet, nur ist genau das eine glasklar monistische Einstellung.
Ansonsten wäre nur noch denkbar, dass Du den Pluralismus, für etwas Drittes hältst, jenseits des Dualismus oder Monismus.
Abgesehen davon, dass der Satz mit 'Andererseits' beginnt, hast du das richtig verstanden. Ich lehne sowohl den Dualismus als auch den Monismus ab. Ich halte den Pluralismus auch nicht für einen erweiterten Dualismus.Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 08:53Das wiederum ist ja dann, beginnend mit "Allerdings ..." eine explizite Ablehnung des Monismus.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Andererseits glaube ich nicht an Weltmodelle, die aus einem Grund zu erklären versuchen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Ich glaube nicht an ein originäres Weltprinzip, also an die Vorstellung einer arché, die den Anfang allen Seins bildete und von der aus allem Seienden eine ontologische Grundprägung eingeimpft wurde. Ich glaube nicht an monistische Modelle der Art: 'Alles ist x'. Unter anderem darum lehne ich den Psychologismus ab.
Das "Allerdings ..." soll dann wohl tatsächlich meinen, dass Du sowohl den Dualismus, als auch den Monismus ablehnst, oder?
Warum sollte es auf einen Monismus hinauslaufen, wenn ich festhalte, dass sich das volle Sein eines Dings aus dem Ineinanderwirken der verschiedenen Seinsarten der Dinge ergibt, sofern sie sich überlagern? Wenn Bedeutung nichts ausschliesslich Mentales ist, aber auch nichts ausschliesslich Materielles, sondern ein Zusammenhang verschiedener Dinge unterschiedlicher ontologischer Art, dann ist das Sein dieser Bedeutung doch nicht zurückführbar auf einen ontologischen Grund und damit handelt es sich doch nicht um Monismus. Weil sich das Sein von Bedeutung aus den pluralen Anteilen unterschiedlicher Dinge an diesem Sein einstellt, handelt es sich um Pluralismus.Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 08:53Soweit ich diese Passage nachvollziehen kann, weist das m.E. jedoch wieder in eine monistische Richtung.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Ich glaube, und wir hatten das andernorts schon thematisiert, dass sich die Realität lokal 'manifestiert', also als dezentral zu denken ist: nicht räumlich dezentral (aber auch), sondern sinnhaft dezentral. Die Realität ist vielschichtig, d.h. es gibt Überlagerungen, wobei 'Schichten' nicht eine Über- und Unterordnung meinen (warum bei immer tieferem Graben auch kein definitiver Unter- resp. Urgrund zu finden ist). Sie sind vielmehr interferenziell zu denken. Das, was es gibt, ergibt sich aus dem Miteinander der Dinge aus ihnen selbst (wobei 'Dinge' hier überhaupt alles umfasst, was es gibt).
Wobei ich einen Zentralismus nicht zwingend mit einem Monismus zusammen bringen würde. Den antihierachischen Zug würde ich persönlich nicht teilen und als typisch postmoderne Lesart sehen, aber es geht ja darum, Dich zu verstehen.
Ein Monist würde nicht behaupten, dass es Nichtraumzeitliches und Raumzeitliches zugleich und teilweise sogar überlagert gibt. Ein Pluralist schon, und meine Position ist pluralistisch.Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 08:53Für einen Monisten ist das tatsächlich so. Nur lehnst Du den Monismus explizit ab. Daher verstehe ich nicht, was nun tatsächlich Deine Position ist.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Und Wirken können sie ineinander, auch wenn der eine Bereich raumzeitliche Dinge umfasst und der andere Bereich Dinge anderer Art. Denn, dass das eine Phänomen in Raum und Zeit vorkommt, z.B. ein Holztisch mit vier Beinen, und dass die Vorstellung, dass dieser Tisch etwas bedeuten kann, nicht, das sind doch nirgends sich ausschliessende Gegebenheiten?
Da haben wir den Kern unseres Dissenses. Bedeutung gibt es nach meinem Dafürhalten auch ohne ein Subjekt. Ein Tisch wird immer diese Bedeutung haben, die mit ihm selbst mitschwingt, auch ohne Denker, die ihm eine Bedeutung beimessen.Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 08:53Bedeutung heißt für mich immer "Bedeutung für jemanden". Da ich mich ja nun auch mit Gabriel beschäftigt habe, erinnere ich mich, dass er Bedeutung oder Sinn als eine objektive, begrenzte Größe sehen möchte, die die Dinge selbst zur Verfügung stellen, d.h. sie haben an sich eine gewisse Bedeutungs- oder Sinnreichweite oder -'ausstrahlung'. Eine Kneifzange wird man nicht benutzen, um Primzahlen zu finden.Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Natürlich bin ich, ist mein Körper, sind meine Gefühle raumzeitliche Dinge, und ich denke über diesen Tisch nach, da geschieht etwas Materielles im Hirn (Strom, Hormone etc.) aber die Bedeutung, die ich reflektiere, ist nicht in meinem Kopf, sie steckt im Tisch, aber nicht wie ein Molekül oder ein Atomgitter, sondern interferenziell gegeben durch alle Tatsachen, durch die dieser Tisch eben dieser Bedeutungsinhalt ist.
Nur, wäre meine Kritik, dass wenn man die 'Gegenstände' geistiger oder matrieller, inneren und äußerer Art mal tatsächlich auf ihre Reichweite abklopft, es sich wieder typische Cluster bilden werden, bei denen man den Dualismus wiedererkennt.
Ich verstehe nicht, was du mit 'innerer Welt' meinst. Ich weiss auch nicht, was 'Benutzeroberfläche neuronaler Prozesse' heissen soll.Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 08:53Und die Idee, dass diese innere Welt sozusagen die uns zur Verfügung stehende 'Benutzeroberfläche' neuronaler Prozesse ist, die u.a. eine reale Außenwelt verarbeiten, lehnst Du ab?
Falls Du sie nicht ablehnst, also damit etwas anfangen kannst: Was fehlt dieser Idee Deiner Meinung nach noch?
Die Bedeutung hat keinen Ort, weil sie nicht in den Köpfen, sprich: im Hirn gestiftet wird, auch nicht im Einzelnen und auch nicht in der Einzelheit eines Dings (was sollte das denn sein?), d.h. sie befindet sich nicht am Gegenstand selbst wie ein Atom sich in ihm befindet, sondern sie stellt sich als Bedeutungsumfang durch das Ineinanderwirken in Relationen ein.Tosa Inu hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 08:53Warum sollte Bedeutung keinen Ort haben können?Alethos hat geschrieben : ↑Fr 22. Jun 2018, 22:19Und alles das, woraus dieser Tisch seine Bedeutung erhält, ist das Zusammenwirken aller Dinge mit diesem Tisch. Und so zeigt sich, dass die Bedeutung eben nicht raumzeitlich ist, denn sie lässt sich nicht verorten in diesem Tisch oder in meinem Kopf, sondern überhaupt nirgends. Bedeutung hat keinen Ort, weil sie nicht raumzeitlich ist, und doch hängt sie eng geknüpft an das Sein dieses Tisches, an das vielschichtige Sein dieses Tisches.
Wenn, wie Gabriel vorschlägt, der Tisch Bedeutung oder Sinn zur Verfügung stellt, dann ist der Ort der Bedeutung der Tisch.
Wenn Bedeutung etwas ist, was jeder Einzelne stiften muss, so dass es eine Bedeutung je für mich gibt, analog der Sprache, bei der sich die Verwendung der Begriffe natürlich an den üblichen Gebrauch anlehnt und man genauso auch den Sinn des Hammers erlernt, indem man wiederum der Öffentlichkeit entlehnt, sieht, wie und wozu der Hammer vewendet wird, dann wäre der Ort der Bedeutung im Einzelnen.
Tommy hat geschrieben : ↑Sa 23. Jun 2018, 10:58Merkwürdig.
Das wäre so als wenn Du behauptest Deine Sinne können unmöglich nur in dir vorkommen, weil das was die Sinne reizt ausserhalb von dir vorkommt.
Das Fach im Kühlschrank kann unmöglich nur im Kühlschrank vorkommen, weil das was man auf das Fach rauflegt ja ausserhalb des Kühlschranks vorkommt?
Die Räder des Autos können unmöglich nur am Auto vorkommen, weil das worauf sie rollen ausserhalb des Auto vorkommen?
Die Logik hinter solchen Sätzen verstehe ich nicht so ganz.
Irgendwie versuchst Du unterschiedliche Dinge zu einem Ding zu verschmelzen und ich verstehe nicht mal warum man das überhaupt machen wollen sollte. Aus welcher Not heraus kommt man auf so eine Idee?
Ich denke, dass die Dinge eine Bedeutung haben, die ihnen zukommt als diese Dinge. Und sie sind diese Dinge nicht allein durch sich selbst, denn ihre Eigenschaften ergeben sich aus den Zusammenspiel der anderen Dinge, die mit ihm in Verbindung stehen. Und so kann auch 'Bedeutung für mich' als ein Ding nicht aus sich selbst heraus bestehen.