#Netzfund: was heißt gut?

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Jörn Budesheim
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Fr 21. Jun 2019, 06:41

Alice und Bob #4: Ein gutes Messer

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Wieder einmal war Bob bei Alice zu Besuch, und wieder einmal war sie mit dem Essen, das sie vorbereiten wollte, noch nicht fertig. Bob dachte „Eigentlich ist Alice keine gute Gastgeberin“ bevor er sich – wie immer – daran machte, ihr zu helfen. Ganz selbstverständlich griff er in die Schublade mit den Messern und begann, Salat zu schneiden. Gutes Werkzeug hat Alice, das musste man ihr lassen. Gerade wollte er das aussprechen, als Alice sagte: „Du bist wirklich ein guter Freund, du beschwerst dich nicht, dass ich noch nicht fertig bin, sondern hilfst einfach mit!“

https://www.hoheluft-magazin.de/2019/06 ... es-messer/




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Jörn Budesheim
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Fr 21. Jun 2019, 06:47

Der Autor hat seinen Beitrag bei Facebook gepostet, woraufhin sich dort ein kleiner Dialog zwischen mir und einem anderen User entsponn :) hier > https://m.facebook.com/story.php?story_ ... 1487697778

Daraus einen Ausschnitt:
NN hat geschrieben : Ein guter Artikel! Habe ich gern gelesen. Einfach, sauber, witzig und auch nützlich. ...

Es ist eine kleine und feine Denkanregung ...
Me hat geschrieben : Dann lasse ich mein Denken mal anregen: Eine gute Handlung entspricht also dem Begriff der Handlung, während eine schlechte Handlung dem Begriff nicht entspricht - also gar keine Handlung ist? :) Ein guter Läufer entspricht dem Begriff des Läufers, während ein schlechter Läufer dem Begriff nicht entspricht? Ich weiß nicht recht...
Ich halte die Definition für abwegig, weil sich daraus ergeben kann, dass Xe, die in irgendeiner Hinsicht schlecht sind, im Grunde gar keine Xe sind, da sie nicht unter dem Begriff X fallen.

Mein eigener Vorschlag lautet fürs erste so: Wenn wir werten, brauchen wir einen Begriff für die positiven und für den negativen Pol - und für den positiven Pol nutzen wir halt den Begriff "gut". Ein guter Läufer ist ebenso ein Läufer wie ein schlechter Läufer, nur dass er in einer Hinsicht eben besser ist, z.b. in stilistischer oder in Schnelligkeits-Hinsicht oder was auch immer... das heißt, wenn ich Recht habe, zugleich, wir haben keine grundlegende Begriffe für gut und schlecht - positiv und negativ, die ich oben genutzt habe sind einfach nur andere Worte für dasselbe.




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Stefanie
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Sa 22. Jun 2019, 22:28

Irgendwie habe ich einen Gedankengang nicht mitbekommen. Wie ist man denn von etwas als gut zu bezeichnen, dazu gekommen, dass eine Handlung nur vorliegen soll, wenn es eine gute Handlung ist, oder ein Läufer im Sport nur als ein Läufer bezeichnet werden kann, wenn er gut ist?
Aus dem Text kann ich das nicht rauslesen.

Es geht doch um "gut" als Zuschreibung, also das adjektiv, oder doch um die philosophische Dauerdiskussion über "Das Gute" im Gegensatz zu "Das Böse"? Für letzteres finde ich das Messerbeispiel etwas unglücklich, um es mal so zu sagen. Das mit dem Freund auch.



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Goethe

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Jörn Budesheim
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So 23. Jun 2019, 06:45

Am Anfang gibt es ein paar Beispiele. Das gute Messer, die gute Gastgeberin, der gute Freund. Dann wird die Theorie auf den Tisch gelegt: "Gut‘ – das ist immer: der Ideal-Vorstellung von dem Begriff entsprechen."

Wir haben also (nach dieser Vorstellung) ein allgemeinen Begriff X und ein Exemplar ist dann gut, wenn es dem Ideal-Begriff entspricht. Nehmen wir also ein Beispiel: ein Läufer ist dann gut, wenn er dem Begriff des Läufers entspricht. Nun entspricht aber jemand, der die 100 Meter in 11 oder 20 Sekunden läuft ebenso dem Begriff des Läufers, wie jemand der die 100 Meter in 10 Sekunden läuft.

Letztlich müsste der Theorie entsprechend etwas was schlecht ist gar nicht mehr unter den entsprechenden Begriffe fallen. Bei schlechter Läufer wäre am Ende gar kein Läufer.

Also ist die Theorie falsch.




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Stefanie
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So 23. Jun 2019, 21:27

O.k. das Ergebnis sehe ich genauso, also das schlechte Läufer nicht unter den Begriff Läufer fallen, stimmt nicht.
Nur mir der Herleitung habe ich ein Verständnisproblem. Ich befürchte...Logik, oder?
Wir haben also (nach dieser Vorstellung) ein allgemeinen Begriff X und ein Exemplar ist dann gut, wenn es dem Ideal-Begriff entspricht. Nehmen wir also ein Beispiel: ein Läufer ist dann gut, wenn er dem Begriff des Läufers entspricht
Läufer ist der allgemeine Begriff. Und davon ist ein Exemplar dann gut, wenn es der Ideal Vorstellung eines Läufers entspricht. Soweit so gut. Das besagt doch nur, dass ein Exemplar dann gut ist, mehr nicht. Wie kommt man jetzt zu der Aussage, "ein Läufer ist dann gut, wenn er dem Begriff des Läufers entspricht."
Er müsste doch entsprechenden er genannten Definition so lauten: ein Läufer ist dann gut, wenn er der Ideal Vorstellung des Läufers entspricht. Ist das nicht so, ist es schlechter Läufer, aber ein Läufer. Es wird doch von Ideal Vorstellung geredet, nicht vom Ideal Begriff. Es geht um das Ideal von einen Begriff, nicht um den Begriff selber.
?

Wer definiert eigentlich nach welchen Kriterien, was die ideal Vorstellung ist?



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Jörn Budesheim
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Vor mir steht ein Tisch. Das heißt, da steht etwas, was unter den Begriff "Tisch" fällt. Was soll es darüber hinaus bedeuten, dass es unter den Ideal-Begriff Tisch fällt?

Dazu sehe ich im Moment zwei Möglichkeiten. Entweder es bedeutet einfach gar nichts, wovon ich ausgehe. Ideal-Begriff und Begriff sind einfach Synonym. "Ideal" ist einfach nur ein Schnörkel, um dem Vorschlag den Anschein von Plausibilität zu verleihen.

Oder der Begriff "gut" ist in den Begriff "ideal" enthalten/impliziert und die Definition (aus dem BlogArtikel) ist einfach witzlos. Am Beispiel des Messers: ein Messer ist dann gut, wenn es unter den Ideal-Begriff des Messers fällt = ... wenn es unter unseren Begriff eines guten Messers fällt.




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Stefanie
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Mo 24. Jun 2019, 17:52

In dem Text steht:
Gut‘ – das ist immer: der Ideal-Vorstellung von dem Begriff entsprechen.

Es geht um die Vorstellung von einem Begriff. Sind die Ideal-Vorstellung vom dem Begriff und Ideal Begriff nicht zwei verschiedene Paar Schuhe oder ist das identisch?
Die ideal Vorstellung von einem 100 Meter Läufer ist, er läuft im Bereich von knapp unter 10 Sekunden. Der ist dann gut. Der Ideal Begriff wäre dann, alle 100 Meter Läufer laufen knapp unter 10 Sekunden als generelle Vorgabe für das, was der Begriff Läufer meint.

Wieso schreibt denn der Text von Ideal Vorstellung, und nicht Ideal Begriff.

Ich habe etwas gegoogelt, und blöderweise zum Stichwort Vorstellung von dem Begriff und Begriff nichts gefunden.



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Jörn Budesheim
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Gut – das bedeutet eigentlich nichts anderes als: es entspricht der Idee von dem Begriff, den man verwendet, ideal.
Das Beispiel war dabei das Messer 🔪.

Testen wir es an einem anderen Beispiel: Es spricht einfach nicht (der Idee des Begriffes) dem Begriff von Läufer, dass er schnell laufen muss. Schnell sein ist nicht ein notwendiger Teil des Begriffes Laufen.

Es gibt hier immer das Problem, dass "die schlechte Seite" jederzeit davon bedroht ist, überhaupt nicht mehr unter dem Begriff zu fallen. Aber das wäre absurd. Gute Läufer wie schlechte Läufer sind Läufer.




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Stefanie
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Mo 24. Jun 2019, 18:46

Ja.
Ich komme mir gerade vor wie bei einer Mathe Arbeit, richtiges Ergebnis, nur den Weg dahin...habe ich manchmal nicht verstanden.



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Jörn Budesheim
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Nehmen wir Schmerzen. Sind sehr starke Schmerzen, sehr gute Schmerzen? Das müssten sie nämlich nach dieser Definition sein :)




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Alethos
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Sa 10. Aug 2019, 18:12

Es ist so, dass die Art und Weise, etwas 'gut' und 'schlecht' zu sein (ein gutes oder schlechtes Messer; ein guter oder schlechter Läufer) zur Voraussetzung hat, dieses Etwas zu sein. Wenn jemand kein Läufer ist, dann ist er weder ein guter noch schlechter, sondern gar kein Läufer. Darum kann ein schlechter Läufer, so schlecht er auch immer sei, per definition gar nicht nicht ein Läufer sein.

Gut und schlecht sind nur unter der vorausgesetzten Bedingung applizierbar, dieses Begriffene zu sein, d.h. nur insofern sie eine Bestimmung von etwas sind. Dann sind sie aber dessen Bestimmungen und nicht Bestimmungen überhaupt. Wenn aber 'gut' die maximale Ausprägung (ideales Messer, idealer Läufer) des Begriffs bezeichnet, dann müsste das Gegenteil die minimale Ausprägung des Begriffs sein: Beim Messer wäre das Maximum, alles schneiden zu können, immer scharf bleibend, absolut verletzungssicher etc. etc. zu sein. Das Minimum wäre, nichts schneiden zu können, nur stumpf zu sein etc. Nun aber kann ein Ding, das so minimal ausgeprägt
ein Messer ist, gar nicht nicht Messer sein, denn nur unter der Voraussetzung, dass es Messer ist und als Messer taugen sollte, kann es untauglich sein. Das Messer, wenn es dies alles messertypische nicht leistet, taugt dann vielleicht nicht als Messer, aber sein Sein muss zum Messer gereichen, denn nur unter dieser Voraussetzung, kann es gut oder schlecht sein.

Aber ein Läufer, der nicht vom Fleck kommt, ist darum nicht schon ein schlechter Läufer, sondern ein Läufer, der steht. Einer, der viel langsamer läuft als alle anderen, ist dann wohl ein schlechter Läufer, aber nur unter dem Aspekt, dass er sowohl Läufer ist (und nicht Zuschauer), als auch, sofern ein guter Läufer sich dadurch auszeichnet, dass er schneller, weiter oder weiter in gleicher Zeit läuft. Das Kriterium für gut oder schlecht von Etwas (x) ist ein doppeltes: Dieses x zu sein und als dieses etwas im Vergleich zu anderen x zu können.

Steckt in Läufersein aber schon die Definition, was ein guter Läufer ist? Ist also schon das Gute objektiv vorgezeichnet durch den Begriff oder muss es erst noch gesetzt werden als Kriterium (gut ist, was gewisse gesetzte Bedingungen erfüllt)? Ich denke, letzteres trifft zu.



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