Corona

Philosophie Chat: Hier wird geplaudert über Gott und die Welt.
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Nauplios
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So 20. Dez 2020, 18:34

Why don't you leave Manderley[?
He doesn't need you.
He's got his memories.
He doesn't love you.
He wants to be alone again with her.
You've nothing to stay for.
You've nothing to live for, really, have you?
Look down there. It's easy, isn't it?
Why don't you? Why don't you?
Go on. Go on.
Don't be afraid.


Hitchcocks Rebecca (1940) ist die vollendete cineastische Präfiguration von Gaslight. Das Dunkle, Geheimnisvolle und letztlich Todbringende ist im Schwarz-Weiß-Film in allen möglichen Schattierungen inszeniert, von den Kleidern über das Interieur bis hin zu den Schattenspielen an den Wänden. Der neblig-dunkle Abgrund unter dem Fenster ist das finstere Reich des Morbiden, welches das Taghelle in seinen Bann zu ziehen droht, das Pneuma der "bösen Materie" im Sinne der Gnosis. - Bevor es zu einem Missverständnis kommt, Friederike: Dir ist hier ("Gaslighting") die Rolle der Mrs. Danvers zugedacht. :o :)





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iselilja
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So 20. Dez 2020, 19:05

Stefanie hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 16:55
Aus der PDF

Natürlich haben sich die hier gezeigten Entwicklungen der Todeszahlen unter den durchgeführten Corona-Maßnahmen, wie Kontaktbeschränkungen und (Teil-)Lockdowns, ergeben. Ohne diese Maßnahmen wäre das Bild sicherlich ein
anderes.
"anders" bedeutet aber noch lange nicht "schlimmer, gefährlicher oder gar tödlicher". Aber dieses Feld der empirielosen Zukunfstdeutung überlasse ich dann doch lieber jenen, die meinen gar keine Queeerdenker zu sein. :-)

Will man jedoch lieber mit Empirie arbeiten, bieten sich bspw. die Daten des statistischen Bundesamtes an. Dort kann man sich davon überzeugen, dass wiederkehrende Infektionskrankheiten (wozu man wohl in Zukunft auch Corona zählen darf) mit geringer bis marginaler Lethalität in den letzten Jahren NIE zu einer signifikanten Übersterblichkeit geführt haben, und das obwohl es schon (bspw. 2018) sehr viel steilere Anstiege der Sterblichkeit gab. Die Natur regelt das schon meistens. Und weil das so ist, führe der Lockdown 1.0 und 2.0 und ad infinitum zu einer Untersterblichkeit. Die Zahlen kann sich jeder beim Bundesamt selbst recherchieren.




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Stefanie
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So 20. Dez 2020, 19:14

Das habe ich. Und es gibt eine Übersterblichkeit.
In Sachsen ist Corona im Moment die Todesursache Nr. 1.
Und ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals, seit dem ich auf der Welt bin, in Deutschland landesweit zu überfüllten Intensivstation gekommen ist.

Die Erfahrung lehrt, dass eine solche Diskussion nichts bringt. Ergo, ich bin raus.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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iselilja
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So 20. Dez 2020, 19:44

Stefanie hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 19:14
Das habe ich. Und es gibt eine Übersterblichkeit.
In Sachsen ist Corona im Moment die Todesursache Nr. 1.
Und ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals, seit dem ich auf der Welt bin, in Deutschland landesweit zu überfüllten Intensivstation gekommen ist.

Die Erfahrung lehrt, dass eine solche Diskussion nichts bringt. Ergo, ich bin raus.
Nein, gibt es nicht. Dass in einzelnen Wochen es zu einer Übersterblichkeit kommt, führt nicht dazu, dass über das Jahr betrachtet eine Übersterblichkeit herrscht. Vgl. auch LMU.

Aber Du hast recht, solche Diskussionen bringen nichts, wenn die Zahlen nach Stimmungslage umdeutbar sind. Ich bin kein Freund von sowas.. aber genau das passiert seit Monaten in den Medien.


ps: Damit man 2020 überhaupt noch mit einer relevanten Übersterblichkeit abrechen könnte, müssten die letzten beiden Wochen noch richtig was rausreißen.. und das ist unwahrscheinlich (auch ohne Lockdown). Man kann sich aber durchaus mal die Frage stellen, welchen Maßstab man bei solchen Prozessen überhaupt anlegen will. Ich denke mal Viren ist unser Kalender relativ egal. Vielleicht.. das wäre zumindest mein Wunsch, .. lässt uns 2020 auf so manches anders blicken als wir es gewohnt sind.




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Nauplios
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So 20. Dez 2020, 20:09

iselilja hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 19:05


Die Natur regelt das schon meistens.
Begreift man Denken als "gelehrte Notwehr" (Hans Blumenberg), dann ist diese "Notwehr" der Inbegriff aller Maßnahmen gegen die Unbarmherzigkeit der Natur. Die Natur gewährt dem Menschen keinen vollendeten Schutz und keine ausreichende Berücksichtigung seiner Lebensinteressen. Der Mensch hat sich mit ihrer sprichwörtlichen Grausamkeit zu arrangieren. Dieses Arrangement ist Teil der Selbstbehauptung des Menschen nach der Erosion religiöser Überzeugungen in der Neuzeit. Unter anderem gehören Wissenschaft und Technik zur conditio humana in der Neuzeit.

Daß die Natur auch im Falle einer Pandemie etwas "regelt", ist unbestritten. Nur setzt die "Legitimität der Neuzeit" den Menschen in den Stand, sein Überleben von diesen "Regelungen" unabhängig zu machen, ihnen bestenfalls zuvorzukommen. Das bedeutet noch nicht, daß Vernunft allein als wissenschaftliche anerkannt werden muß. Im Fall einer Pandemie kann und darf die "Notwehr" allerdings Anleihen bei der Virologie, der Epidemiologie und anderen Wissenschaften aufnehmen. Die "Regelungen" der Natur kämen schnell und wären unerbittlich. Mit Wissenschaft und Technik geht der Mensch nicht zuletzt auch auf Distanz zur Natur. - Es ist nicht grundsätzlich das "Leben mit der Natur", das sich in seiner größten Hybris als "Bewahrung der Schöpfung" deklariert, welches ein Recht als Alleinstellungsmerkmal für einen vernünftigen Umgang mit der Natur beanspruchen kann. Ein Virus wechselt von einer Gattung Lebewesen auf ein anderes - ein natürlicher Vorgang. Auch das hat die Natur "geregelt".




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Jörn Budesheim
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So 20. Dez 2020, 20:21

Nauplios hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 20:09
Mit Wissenschaft und Technik geht der Mensch nicht zuletzt auch auf Distanz zur Natur
Wie steht es mit der Natur, die wir selbst sind. Wie gehen wir dazu auf Distanz?




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Jörn Budesheim
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So 20. Dez 2020, 20:23

Sonderauswertung zu Sterbefallzahlen des Jahres 2020 > https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesel ... ahlen.html




herbert clemens
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So 20. Dez 2020, 20:59

Was habt ihr viel in den letzten Tagen diskutiert.
Mir brummt der Kopf,
und ich konnte nicht alles sorgfältig wahrnehmen.
Ich gebe mal wieder eine Antwort aus meinem Leben stattdessen.

Im Anschluss an meinen taz-Beitrag gab es ein Mailgespräch, was ich hier gekürzt und anonymisiert wiedergebe:
Bez. des Impfens gegen Corona kann ich nur sagen, dass mir dieser
> Impfstoff sehr gut getestet zu sein scheint; meine Haltung beruht aber
> auch auf einem gewissen Vetrauensvorschuss, den ich gegenüber klugen
> Leuten aus dem zuständigen Wissenschafts-Bereich habe. Ich habe die
> Drosten-Podcasts sehr genau verfolgt und denke, dass ich aufgrund meines
> fachlichen Hintergrunds einigermaßen beurteilen kann, ob das, was dort
> gesagt wird, seriös ist oder nicht. Ich halte Drosten für sehr seriös,
> was sich gerade in seinen manchmal eben nicht eindeutigen Aussagen
> zeigt. Soviel hierzu. Insgesamt bewegen sich übrigens die sogenannten
> "Impfschäden" statistisch in einem äußerst niedrigen Bereich, allerdings
> nicht bei Null, es besteht also ein sehr geringes Risiko zu erkranken.
> Es ist daher immer eine persönliche Entscheidung, ob man dieses Risiko
> eingehen möchte. Ich bin auch gegen eine Impfpflicht, aber aus anderen
> Gründen(die zu erläutern hier zuweit führen würde).In diesem aktuellen
> Sonder-Fall denke ich aber, es wäre gut, wenn viele BürgerInnen sich
> freiwillig impfen lassen würden, um einen gesamtgesellschfaftlichen
> Beitrag zu leisten, eben gerade gegenüber Schwächeren(Alten und Kranken,
> deren Immunsystem eben nunmal häufig schwächer ist).
> Auf bald mal beim Doko mit gewissem Abstand,
>
Meine Antwort:
> Liebe...
> noch in eile ein paar Bemerkungen. (Die neue Charge unserer
> Weihnachtsproduktion muss gekühlt werden.)
> Ich würde mich selbst nicht als wissenschaftskritisch bezeichnen: ich
> denke
> halt gern,
> Und wissenschaftliche Standards, was Belege und Begründungszusammenhänge
> angeht, sind mir wichtig.
> Auch in der heutigen taz mythos 6 finde ich keine Antworten auf meine
> naturwissenschaftlichen Fragen. Zurecht wird eingeräumt, dass es sich um
> Spekulationen handelt.
> Ich zitiere noch einmal die mir wichtigen Abschnitte aus dem Leserbrief:
> “Man impft rund 43.000 Menschen und dann rennen die wieder draußen herum.
> Die Hälfte von ihnen erhielt ein Placebo. In der Gruppe gab es 134
> Covid-Fälle. Die andere Hälfte erhält den Impfstoff, da traten nur 5
> Infektionen auf. Ergo schützt er zu 94 Prozent. Man wusste aber vorher
> nicht, wer von den 43.000 Menschen mit dem Virus in Kontakt kommen
> würde und
> gleichzeitig geimpft ist. Es ließ sich also auch nicht ermitteln, ob die
> Immunen, die das Virus mit ihren vorher gebildeten Antikörpern abwehren,
> trotzdem noch ihr Umfeld infizieren. Erst in drei bis sechs Monaten
> werden
> anders designte Studien Gewissheit darüber erbringen, ob das Vakzin auch
> sterilisiert, wie man sagt.”
>
> Also insgesamt wurden von dem sehr ansteckenden(?) Virus 139 Personen als
> positiv getestet wahrgenommen.
>
> ... Wir erfahren nicht, wer wie krank wurde?
>
> Wir wissen nicht, wie lange die je eigene Immunität anhält.
>
> Waren die 20000 Personen in der Kontrollgruppe immun oder zufällig
> nicht mit
> dem Virus konfrontiert?
>
> Wir wissen explizit nicht, ob die Immunen “trotzdem noch ihr Umfeld
> infizieren”.
>
> Dies ist jedoch die Argumentation für flächendeckendes Impfen. Dadurch
> Herdenimmunität zu erreichen. Das ist aber bisher nicht untersucht.
>
> (Wenn ich ohne Symptome positiv getestet würde, gelte ich als symptomlos
> krank, und ich leiste nicht einen stillen Beitrag zur Herdenimmunität.
> Merkwürdig)
>
> Auf diese Fragen gibts du und auch die taz keine Antwort.
>
> "es wäre gut, wenn viele BürgerInnen sich
> freiwillig impfen lassen würden, um einen gesamtgesellschafftlichen
> Beitrag zu leisten, eben gerade gegenüber Schwächeren(Alten und Kranken,
> deren Immunsystem eben nunmal häufig schwächer ist)."
> Genau das leistet die Impfung nach Eigenaussage der Befürworter nicht.
>
> Interessanter zum Schutz der Schwachen finde ich das Tübinger Modell, nur
> als Orientierung für eigene Gedanken,
> obwohl mir die Selbstdarstellungskunst von Palmer auf die Nerven geht.
> So weit in Kürze

Liebe ...
noch eine Antwort:
Auch das RKI gibt noch heute zu: "Zudem ist noch nicht geklärt, in welchem
Maße die Transmission (Erregerübertragung) durch geimpfte Personen
verringert oder verhindert wird."
Ich könnte mir durchaus vorstellen, aus Solidarität mich impfen zu lassen.
(Aber es müssten schon Argumente kommen.)
Mit bald 70 kann ich auch gelassen, auf mögliche Nebenwirkungen und Schäden
einer Impfung zugehen.
Ich hatte ein erfülltes Leben, und die muslimische Ader in mir, sagt "So
Gott will".
Falls ich durch Impfung oder Covid oder ... schwer erkranke, so tritt meine
Patientenverfügung in Kraft, dass ich auf intensivmedizinische Behandlung
verzichte und nur schmerzlindernd palliativ behandelt werden möchte.
(Ich werde also auf keinen Fall ein Intensiv-Bett jemanden wegnehmen.)
Mir ist übrigens überhaupt nicht klar, warum Menschen eine Impfflicht
vorschlagen.
Warum soll nicht jeder Bürger frei für seine Gesundheit sorgen dürfen?
Das spricht natürlich nicht gegen Vorsichtsmaßnahmen, die ich weiterhin
bereit bin, gegenüber Risiko-Personen und Ängstliche zu
befolgen.

Du fragtest nach Doppelkopf.
Von unserer Seite dürfe das Ansteckungsrisiko gegen Null gehen.
Unseres Wissens hatten wir keinen ansteckenden Kontakt.
(Ich weiß die Dunkelziffer ist hoch, aber unsere kurzen Kontakte sind
unwahrscheinlich bei der Verbreitung des Virus.)
Und ich setze weiterhin auf die Stärkung meines individuellen allgemeinen
Immunsystems z.B. durch die Freude der Begegnung mit Euch.
(Unsere Daten sind zur Nachverfolgung ja bekannt)
Wenn ihr dies ähnlich seht, können wir über Termin nachdenken.
Vielleicht hast Du Belegtexte im PC.
Ich mag es lieber über Gelesenes nachzudenken.
Ich hänge mal zwei mich interessierende Dokumente an:
- Angeborene Immunabwehr Corona-positiv, aber nicht ansteckend – wie ist das
möglich?
- Vitamin D und Covid an.
Bis dann
Herbert




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NaWennDuMeinst
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So 20. Dez 2020, 23:09

iselilja hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 19:05
Stefanie hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 16:55
Aus der PDF

Natürlich haben sich die hier gezeigten Entwicklungen der Todeszahlen unter den durchgeführten Corona-Maßnahmen, wie Kontaktbeschränkungen und (Teil-)Lockdowns, ergeben. Ohne diese Maßnahmen wäre das Bild sicherlich ein
anderes.
"anders" bedeutet aber noch lange nicht "schlimmer, gefährlicher oder gar tödlicher".
Nö. Es bedeutet genauso schlimm, gefährlich oder tödlich. Der Rest ist Mathematik.
Mit wie vielen Verlusten an Menschenleben zu rechnen wäre, wenn wir das Virus einfach gewähren lassen würden, so wie einige das gerne hätten weil sie alles für "übertrieben halten", kann man ja grob hochrechnen. Die Quote an schweren und tödlichen Verläufen ist ja bekannt.
Genauso bekannt ist, dass unser Gesundheitssystem damit völlig überfordert wäre, weil die Kapazitäten begrenzt sind.
Das hat also alles gar nichts mit einer "Glaskugelschau" zu tun.
Es gibt auch unbekannte Variablen, nicht alles ist bekannt. Aber es ist auch nicht so, dass wir nicht wüssten wie Erreger sich vermehren und was das heißt, wenn sie sich ungehindert vermehren können. Die Menschheit hat was das betrifft schon einige Erfahrungen gesammelt.
Will man jedoch lieber mit Empirie arbeiten, bieten sich bspw. die Daten des statistischen Bundesamtes an. Dort kann man sich davon überzeugen, dass wiederkehrende Infektionskrankheiten (wozu man wohl in Zukunft auch Corona zählen darf) mit geringer bis marginaler Lethalität in den letzten Jahren NIE zu einer signifikanten Übersterblichkeit geführt haben, und das obwohl es schon (bspw. 2018) sehr viel steilere Anstiege der Sterblichkeit gab. Die Natur regelt das schon meistens. Und weil das so ist, führe der Lockdown 1.0 und 2.0 und ad infinitum zu einer Untersterblichkeit. Die Zahlen kann sich jeder beim Bundesamt selbst recherchieren.
Du willst also sagen, es handelt sich bei dieser Pandemie um nichts Besonderes. Es sterben Menschen wie sie sonst auch sterben?
Wenn dem so ist: Wieso bekommen wir dann Hilferufe aus den Kliniken? Erleben wir das in dieser Dimension auch bei anderen "wiederkehrende Infektionskrankheiten"?
Wieso sehen wir, dass in anderen Ländern Leichen LKW-weise wegeschafft werden müssen? Alles normal, ist sonst auch so?
Du liegst ganz klar falsch und kannst hier erzählen was Du willst, ich glaube dir nicht.
Das ist nicht einfach eine reguläre Erkältungs- oder Grippewelle die wir einfach nur "aussitzen" müssen.
Nicht die Regierung übertreibt. Sondern Du versuchst den Ernst der Lage runterzuspielen.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 20. Dez 2020, 23:32, insgesamt 1-mal geändert.



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NaWennDuMeinst
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So 20. Dez 2020, 23:28

Stefanie hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 19:14
Das habe ich. Und es gibt eine Übersterblichkeit.
In Sachsen ist Corona im Moment die Todesursache Nr. 1.
Und ich kann mich nicht erinnern, dass es jemals, seit dem ich auf der Welt bin, in Deutschland landesweit zu überfüllten Intensivstation gekommen ist.
Wie? Wusstest Du das etwa nicht, dass bei nahezu jeder "jährlich wiederkehrenden Infektionskrankheit" Krankenhäuser Kühllaster einsetzen müssen um die Leichen zu stapeln, oder dass in irgendwelchen italienischen Dörfern LKWs die Leichen wegkarren müssen? Das haben wir ja jedes Jahr. Das ist der ganz normale Ablauf bei jeder Erkältungswelle. Kennt man doch. Kein Grund zur Beunruhig oder für irgendwelche Maßnahmen.
Die Erfahrung lehrt, dass eine solche Diskussion nichts bringt. Ergo, ich bin raus.
Weise Entscheidung. Es bringt nämlich tatsächlich nichts.
Bei einer derart ausgeprägten Form von Realitätsverweigerung bist Du machtlos.

"Bitte verwirren Sie mich nicht mit Fakten. Ich habe meine eigenen."



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Nauplios
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Mo 21. Dez 2020, 00:23

herbert clemens hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 20:59

Mir ist übrigens überhaupt nicht klar, warum Menschen eine Impfpflicht
vorschlagen.


Du fragtest nach Doppelkopf.
Von unserer Seite dürfe das Ansteckungsrisiko gegen Null gehen.
Unseres Wissens hatten wir keinen ansteckenden Kontakt.

Ich mag es lieber über Gelesenes nachzudenken.

Bis dann
Herbert
Wie wär's anstatt mit Doppelkopf mit Skat, Herbert? - Dazu braucht es nur drei Personen. Oder mit Mau-Mau? Das geht schon zu zweit. :lol:

Die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht gegen Corona ist im besten Sinne des Wortes eine theoretische, im schlechtesten Sinne des Wortes eine akademische. Zwar hat ein Wutbürger aus dem deutschen Ethikrat, Wolfram Henn, in der Bildzeitung seinem Unmut über die mangelnde Impfbereitschaft der Bevölkerung und über Corona-Leugner und Querdenker jetzt freien Lauf gelassen, doch der guten Sache damit den bekannten Bärendienst erwiesen. Bei den Intensivmedizinern stößt sein Vorschlag jedenfalls auf Ablehnung. - Dazu Uwe Janssens, Präsident der "Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V.":

https://www.n-tv.de/panorama/Impfgegner ... 46339.html

Die Impfbereitschaft hat im Laufe des Jahres kontinuierlich nachgelassen. Waren es im Frühjahr noch 79 % der Befragten, die sich impfen lassen wollten, sind es in der zweiten Dezemberwoche noch 48 %. - (https://www.google.com/amp/s/www.rnd.de ... utType=amp)

Das ist natürlich eine Momentaufnahme. Auffallend: beim medizinischen Personal ist die Impfbereitschaft sogar noch etwas geringer, was Karl Lauterbach kritisiert:

https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/ ... tspersonal

In dieser Situation helfen Knüppel-aus-dem-Sack-Ideen à la Henn natürlich überhaupt nicht. Solche "Brandbriefe" sind ein Konjunkturprogramm für die Querdenker und im weiteren Verlauf für die mit ihnen liebäugelnde AfD. -

Warum "schlagen Menschen eine Impfpflicht vor" (Herbert)? - Weil sie glauben, das Gute zu wollen, es gar zu wissen, verpflichte zu seiner Durchsetzung - und das nicht nur auf dem Verordnungswege.

"Über Gelesenes nachzudenken" - Das war einmal. ;)




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NaWennDuMeinst
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Mo 21. Dez 2020, 02:39

herbert clemens hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 20:59
Mir ist übrigens überhaupt nicht klar, warum Menschen eine Impfflicht vorschlagen.
Hm. Ich habe gerade mal versucht herauszufinden wer diese Leute sind, die das vorschlagen.
Die SPD lehnt eine Impflicht auf ihrer Webseite in großen Lettern ab:
Es gibt keinen Corona-Impfzwang!

„Es kann und es wird keine Impfpflicht geben“
SPD-Fraktionsvize Bas sagte: „Auch dann, wenn wir einen Impfstoff haben und mehr über eine mögliche Immunität wissen, gilt für uns: Es darf keine Zwei-Klassen-Gesellschaft von Infizierten und Nicht-Infizierten geben.“ Sie betonte: „Es kann und es wird keine Impfpflicht geben.“
https://www.spd.de/aktuelles/detail/new ... 6/05/2020/

Was sagt die CDU/CSU?
Keine Impfpflicht gegen das Coronavirus

Die Infektionszahlen sind zu hoch. Deswegen müssen auch weiterhin Maßnahmen getroffen werden, um die außerordentliche Belastung des Gesundheitssystems abzufedern, den Öffentlichen Gesundheitsdienst zu entlasten und vor allem die Infektionszahlen zu senken. Um dies zu ermöglichen, überarbeiten wir derzeit das Infektionsschutzgesetz. Eine Impfpflicht gegen das Coronavirus, ist dabei nicht vorgesehen und wird es auch in Zukunft nicht geben.
https://www.cducsu.de/presse/pressemitt ... oronavirus

Die Grünen?

Da habe ich keine offizielle Stellungnahme aus dem Bund gefunden allerdings eine aus Thüringen:
Deshalb zur Klarstellung: Entgegen der Behauptungen gibt es keine Abstimmung zu einem Impfzwang und auch keinen dahingehenden Gesetzentwurf der Bundesregierung oder irgendeiner demokratischen Fraktion im Deutschen Bundestag.

Nichtsdestotrotz wird unsere Gesellschaft darauf angewiesen sein, dass möglichst viele Menschen sich impfen lassen, sobald ein sicherer und wirksamer Impfstoff zur Verfügung steht. Nur so kann die Pandemie überwunden werden. Von einer Pflicht kann dabei aber keine Rede sein.
https://gruene-thueringen.de/verschwoer ... pfpflicht/

Die FDP?

Bei den freien Demokraten habe ich keine Stellungnahme zum Thema gefunden, also weder für noch gegen eine Impfpflicht.


Die LINKE?
DIE LINKE setzt primär auf freiwillige Impfungen und die Stärkung von Beratung und Aufklärung.
https://www.die-linke.de/partei/parteis ... 0erreichen.

Und die AFD lehnt eine Impfpflicht sowieso ab.

Und ausserhalb der Parteienlandschaft?
Das RKI lehnt die Impflicht ab.
https://www.wz.de/politik/inland/rki-ch ... d-51179449

Also. Wer fordert überhaupt eine Impfpflicht?
Und wieso verbreiten Menschen das Lügenmärchen von einer angeblichen Impfpflicht?
Nauplios hat geschrieben :
Mo 21. Dez 2020, 00:23
Die Impfbereitschaft hat im Laufe des Jahres kontinuierlich nachgelassen.
Ja. Im selben Maße wie die Gerüchte um angeblich unsichere Impfstoffe zugenommen haben.
Wer streut eigentlich diese Gerüchte, und wieso?
Mir ist übrigens überhaupt nicht klar, warum Menschen eine Impfflicht vorschlagen.
Was die Coronaschutzimpfung angeht: Das schlägt keiner vor. Siehe oben.
Es hat aber trotzdem eine Impfpflicht gegeben, nämlich zuletzt bei den Masern.
Der Grund dafür war vor allem, dass die Bereitschaft der Menschen, ihre Kinder gegen die Masern impfen zu lassen, sehr niedrig war (Impfmüdigkeit).
So niedrig, dass das Ziel, nämlich die Masern in Deutschland zu besiegen (wir hatten im Vorfeld dieser Debatten einen deutlichen Anstieg von Infektion), auf freiwilliger Basis nicht zu erreichen ist. Heißt: Weil so viele Menschen einfach ihre Verantwortung gegenüber ihren Mitmenschen ignorieren, sah man sich gezwungen nachzuhelfen.

Ich persönlich halte es für richtig, den Menschen die größtmögliche Freiheit zu lassen. Nicht nur bei diesem Thema, sondern generell.
ich schätze den Wert des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung auch sehr hoch ein.
Allerdings kann diese Freiheit nicht grenzenlos sein. Wer andere durch sein rücksichtsloses, verantwortungsloses Verhalten vorsätzlich gefährdet (zum Schluß war sogar von "Masernparties" die Rede bei denen Eltern ihre Kinder untereinander absichtlich anstecken, damit sie eine Infektion durchmachen - rechtlich betrachtet ist das Körperverletzung) der darf auch ruhig mal mit Zwangsmaßnahmen konfrontiert werden, einfach um auch die Grenzen aufzuzeigen.
Wir haben ein Nichtraucherschutzgesetz das Rauchern verbietet andere Menschen durch ihr Laster zu gefährden.
Warum also soll es Impfgegnern und ähnlich stark Verwirrten erlaubt sein mithilfe ihrer virenschleudernden Blagen eine Seuche zu verbreiten und dabei ihre Mitmenschen zu gefährden? Die sollen sich gefälligst impfen lassen oder aus den Kitas und anderen öffentlichen Einrichtungen fortbleiben.

Zurück zu Corona.
Aus Israel hört man Folgendes:
Nach bisherigem Vorhaben der Regierung sollen Geimpfte in Israel mit einem "grünen Pass" Vorteile erhalten. Sie können etwa eine Quarantänepflicht umgehen sowie öffentliche Veranstaltungen und Restaurants besuchen. Der Ausweis soll vermutlich zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis erhältlich sein.
https://www.tagesschau.de/ausland/impfk ... a-101.html

Keine Ahnung ob in Deutschland sowas möglich ist. Auf diese Weise lässt sich die Impfbereitschaft vielleicht noch ein wenig steigern.
Wer aus dem Lockdown raus will, der soll auch was dafür tun, und das nicht nur seinen Mitmenschen überlassen. Jeder ist gefragt. Und Jeder ist dabei wichtig.



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Nauplios
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Mo 21. Dez 2020, 03:08

Eine kleine Entscheidungshilfe bei der Risikoabwägung zwischen einer Covid19-Erkrankung und den potentiellen Nebenwirkungen einer Impfung:

https://www.ardmediathek.de/swr/video/b ... EzNjg1NTc/

Damit einher geht die Bitte an Friederike, Herbert und Iselilja: falls Ihr in der kommenden Woche infolge von Lockdown und Weihnachtszeit mal 45 Minuten Zeit für diese Dokumentation des SWR habt, würde ich mich über eine Reaktion freuen. - Bitte nicht mißverstehen als subtile Form der Beeinflussung. ;) Eine Entscheidung für oder gegen eine Impfung kann immer nur eine individuelle und frei von Pflicht oder gar Zwang sein.




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Nauplios
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Mo 21. Dez 2020, 04:29

"In der Tat halte ich es tatsächlich für absolut berechtigt, daß es Vorrechte gibt für bereits Geimpfte, weil wir dringend dafür sorgen müssen - das ist eine große gesellschaftliche Aufgabe - daß sich ca. 60 % der Menschen auch impfen lassen, weil ansonsten der Impfstoff gar nicht zur Beendigung der Pandemie führt." (Markus Gabriel gestern abend im ZDF-heute journal)

Nun muß man sich das nicht so vorstellen, daß Markus Gabriel für eine Impfpflicht plädiert, die dann analog zur Schulpflicht notfalls unter Einsatz von Polizeibeamten vollzogen wird. Da werden dann also nicht morgens um 05.00 Uhr ein Impfteam nebst Polizeistreife, Schlüsseldienst und vielleicht SEK mit Ramme vor der Tür stehen und den Impfgegner unter Einsatz polizeilicher Maßnahmen zwangsimpfen. - Es geht vielmehr darum, daß es Markus Gabriel für "legitim" hält, "Geimpfte anders zu behandeln als Nicht-Geimpfte". Im Tagesspiegel schreibt Gabriel:

"Wenn die Impfung aber Ansteckungen verhindert und der Impfstoff weitgehend sicher ist, wäre es aus moralisch-ethischer Sicht unproblematisch, geimpfte und nicht geimpfte Menschen in unterschiedliche Kategorien einzuteilen."

https://m.tagesspiegel.de/politik/pro-u ... 12448.html

Es geht also um die Bildung von zwei Kategorien von Menschen: Geimpfte und Ungeimpfte. Den Geimpften werden Rechte gewährt, welche den Nicht-Geimpften verwehrt bleiben. Gabriel geht es darum, daß eine solche Ungleichbehandlung aus moralisch-ethischer Sicht "unproblematisch" ist. Vor dem Hintergrund des moralischen Fortschritts, den Gabriel in seinem jüngsten Buch anmahnt, ist das ein folgerichtiger und stimmiger Gedanke. Wer sich nicht impfen lassen will, steht der guten Sache, der Bekämpfung der Pandemie im Weg und muß akzeptieren, daß ihm weniger Rechte gewährt werden als dem, der "mitmacht" und sich impfen läßt. Tja. :)

Der hier schon erwähnte Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler schreibt, ebenfalls im Tagesspiegel zu dem Vorschlag von Gabriel: "Mit unseren Menschenrechten in der Tradition der Aufklärung hätte das nichts mehr zu tun."

https://m.tagesspiegel.de/politik/pro-u ... 12506.html

Daß es Gabriel als Schrittmacher des "moralischen Fortschritts der Menschheit" mit diesem Fortschritt Ernst ist, läßt sich an seinem Pro für die Impfpflicht ablesen, nur daß am Ende dieses Fortschritts der alte Hegel'sche Polizeistaat zur Hintertür wieder reinkommt - bestenfalls.




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Jörn Budesheim
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Mo 21. Dez 2020, 06:57

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 21. Dez 2020, 02:39
Ich persönlich halte es für richtig, den Menschen die größtmögliche Freiheit zu lassen. Nicht nur bei diesem Thema, sondern generell.
ich schätze den Wert des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung auch sehr hoch ein.
Allerdings kann diese Freiheit nicht grenzenlos sein.
Genau, die Freiheit endet eben immer da, wo die Freiheit der anderen beginnt. Meine Freiheit kann nicht darin bestehen, bewusst die Gesundheit der anderen zu gefährden. Da der Virus ansteckend ist, ist er halt keine Privatsache. Wenn das, was ich tue unmittelbar oder mittelbar die anderen betrifft, dann muss man darüber nachdenken, wie man damit umgeht. Ob ich mich gegen etwas impfen lasse, was nur mich betreffen kann oder ob ich mich gegen etwas impfen lasse, was alle anderen betrifft, ist eben ein großer Unterschied.

Hier geht es darum, abzuwägen, wie groß der Eingriff in die Freiheitsrechte des Einzelnen gegenüber dem zu erwartenden Erfolg der Impfung für alle ist.




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iselilja
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Mo 21. Dez 2020, 08:54

Nauplios hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 20:09
iselilja hat geschrieben :
So 20. Dez 2020, 19:05


Die Natur regelt das schon meistens.
Begreift man Denken als "gelehrte Notwehr" (Hans Blumenberg), dann ist diese "Notwehr" der Inbegriff aller Maßnahmen gegen die Unbarmherzigkeit der Natur. Die Natur gewährt dem Menschen keinen vollendeten Schutz und keine ausreichende Berücksichtigung seiner Lebensinteressen. Der Mensch hat sich mit ihrer sprichwörtlichen Grausamkeit zu arrangieren. Dieses Arrangement ist Teil der Selbstbehauptung des Menschen nach der Erosion religiöser Überzeugungen in der Neuzeit. Unter anderem gehören Wissenschaft und Technik zur conditio humana in der Neuzeit.

Daß die Natur auch im Falle einer Pandemie etwas "regelt", ist unbestritten. Nur setzt die "Legitimität der Neuzeit" den Menschen in den Stand, sein Überleben von diesen "Regelungen" unabhängig zu machen, ihnen bestenfalls zuvorzukommen. Das bedeutet noch nicht, daß Vernunft allein als wissenschaftliche anerkannt werden muß. Im Fall einer Pandemie kann und darf die "Notwehr" allerdings Anleihen bei der Virologie, der Epidemiologie und anderen Wissenschaften aufnehmen. Die "Regelungen" der Natur kämen schnell und wären unerbittlich. Mit Wissenschaft und Technik geht der Mensch nicht zuletzt auch auf Distanz zur Natur. - Es ist nicht grundsätzlich das "Leben mit der Natur", das sich in seiner größten Hybris als "Bewahrung der Schöpfung" deklariert, welches ein Recht als Alleinstellungsmerkmal für einen vernünftigen Umgang mit der Natur beanspruchen kann. Ein Virus wechselt von einer Gattung Lebewesen auf ein anderes - ein natürlicher Vorgang. Auch das hat die Natur "geregelt".
Hallo Nauplios..

ich glaube, besser kann man meine Gedanken kaum interpretieren. Der schmale Grat zwischen Vertrauen in die natürlichen (und empirisch betrachteten) Abläufe und dem Selbstverständnis des Menschen im Kosmos war und ist wohl die Sache der Philosophie schlechthin. Saisonale Krankheiten gibt es vermutlich schon solange wie es Viren gibt. Manche sind tödlich, manche nicht. Und es ist die Vernunft - heute wie damals - die einem rät, zu differenzieren.

ps: Ein Teil der Viren ist sicherlich sogar unverzichtbar dür das, was wir Evolution nennen. Für die Quellen müsste ich nochmals recherchieren, aber ich habe die letzten Tage irgendwo gelesen, dass das Durchschnittsalter der an COVID Verstorbenen bei etwa 82 liegt. Das Durchschnittsalter der Sterblichkeit im allgemeinen liegt ebenfalls bei 82. Wie gefährlich ist also eine "Pandemie", die genau dazu führt, was wir als "Normalfall" einstufen?




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Jörn Budesheim
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Mo 21. Dez 2020, 09:47

Volker Boehme-Neßler hat geschrieben : Aus Mitbürgern, die eine legitime andere Meinung vertreten, werden zunehmend Gegner und sogar Feinde, die „das Falsche“ wollen. Ein Corona-Pass, der durch Stigmatisierung Gräben aufreißt, würde diese Entwicklung befeuern. Für die Demokratie wäre das fatal. Letztlich wäre der Corona-Pass ein Tabubruch. Menschenrechte stehen allen Menschen zu, völlig unabhängig vom Gesundheitszustand. Genau das würde sich durch den Immunitätsausweis ändern. Menschenrechte und Grundfreiheiten wären an den Immunstatus, also den Gesundheitszustand, geknüpft. Kurz: Wer bestimmte gesundheitliche Kriterien nicht erfüllt, hat weniger Freiheiten und Rechte. Mit unseren Menschenrechten in der Tradition der Aufklärung hätte das nichts mehr zu tun.
Hier ist in der Argumentation einiges schief, finde ich. Zunächst setzt Volker Boehme-Neßler voraus - ohne dafür zu argumentieren - dass die Meinung der Mitbürger, sie könnten auf eine Impfung verzichten, legitim ist. Das würde ich anzweifeln. Und im nächsten Schritt lässt er diesen Aspekt komplett weg und behauptet, die Menschenrechte und Grundfreiheiten wären einfach an den Gesundheitszustand geknüpft. Aber das ist falsch. Es geht hier nicht allein um den Gesundheitszustand, sondern darum, dass sich jemand ganz bewusst entschieden hat, dass Risiko durch eine Impfung nicht zu minimieren und damit das Risiko für die Anderen zu erhöhen.

Auch das Argument, dass aufgrund des Passes der Zugang zu bestimmten Berufen nicht gewährt wird und er daher abzulehnen ist, finde ich wenig überzeugend. Ein Beispiel: Fahrzeugschein und Corona-Pass kann man bestimmt nicht vergleichen, daher ist interessant, was passiert, wenn man beide in der Argumentation austauscht. Heraus käme wohl, dass es gegen die Menschenwürde ist, Fahrzeugscheine auszustellen. Das ist offensichtlich absurd. Also scheint etwas mit dem Muster/der Form der Argumentation nicht zu stimmen.

Ein weiterer Punkt: Wird man den Geimpften wohl verbieten, sich eine Bescheinigung ausstellen zu lassen? Wenn nicht, dann hätte man den Pass wohl durch die Hintertür - nur eben in ungeregelter Form.

Das heißt allerdings nicht, dass ich für den Pass bin. Ich bin erstmal noch unentschlossen, ich schau mir im Laufe des Tages mal die Argumente von Gabriel an.




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NaWennDuMeinst
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Mo 21. Dez 2020, 10:29

iselilja hat geschrieben :
Mo 21. Dez 2020, 08:54
ps: Ein Teil der Viren ist sicherlich sogar unverzichtbar dür das, was wir Evolution nennen.
Das kann ich bestätigen. Es ist bekannt, dass Viren das Erbgut verändern. Man kann also davon ausgehen, dass einige Viren auch als Mutationsfaktor wirken. Und Mutation ist, wie man weiß, ein Treiber der Evolution.
Daraus nun aber schliessen zu wollen, dass wir jeden Krankheitserreger im Dienste der Evolution frei zirkulieren lassen müssen, finde ich ziemlich gewagt.
Für die Quellen müsste ich nochmals recherchieren, aber ich habe die letzten Tage irgendwo gelesen, dass das Durchschnittsalter der an COVID Verstorbenen bei etwa 82 liegt. Das Durchschnittsalter der Sterblichkeit im allgemeinen liegt ebenfalls bei 82. Wie gefährlich ist also eine "Pandemie", die genau dazu führt, was wir als "Normalfall" einstufen?
Du lässt hier mehrere Dinge ausser Acht. Zum einen die Belastung für unser Gesundheitssystem, die, wenn sie eintritt, dazu führt, dass sich um Erkrankte nicht mehr ausreichend gekümmert werden kann. Das trifft dann nicht nur Covid-Kranke, sondern alle Kranken. Auch junge Menschen bei denen wir im Normalfall nicht davon ausgehen, dass sie frühzeitig ableben.
Desweiteren finde ich die Argumentation, die in etwa darauf abzielt, dass der beste Weg der natürliche ist ("Die Natur regelt das schon") ziemlich schwach. Wer das so sieht, der kann die medizinische Forschung eigentlich einstellen. Wir überlassen einfach alles der Natur.
Wer krank wird ist halt schwach. Und wer schwach ist wird halt aussortiert. Wozu noch einen hippokratischen Eid leisten? "Doktor Natur" macht das schon.



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iselilja
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Mo 21. Dez 2020, 10:44

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mo 21. Dez 2020, 10:29
iselilja hat geschrieben :
Mo 21. Dez 2020, 08:54
ps: Ein Teil der Viren ist sicherlich sogar unverzichtbar dür das, was wir Evolution nennen.
Das kann ich bestätigen. Es ist bekannt, dass Viren das Erbgut verändern. Man kann also davon ausgehen, dass einige Viren auch als Mutationsfaktor wirken. Und Mutation ist, wie man weiß, ein Treiber der Evolution.
Daraus nun aber schliessen zu wollen, dass wir jeden Krankheitserreger im Dienste der Evolution frei zirkulieren lassen müssen, finde ich ziemlich gewagt.

Und DU bezeichnest mich als Aluhutträger, ja? :-)

So ist das mit dem selektiven Lesen. Man liest dann eben etwas anderes als dasteht. Demzufolge versteht man dann auch etwas anderes. Nur eben nicht das, was dort steht.




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Jörn Budesheim
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Mo 21. Dez 2020, 10:46

Nauplios hat geschrieben :
Mo 21. Dez 2020, 00:23
Weil sie glauben, das Gute zu wollen, es gar zu wissen, verpflichte zu seiner Durchsetzung - und das nicht nur auf dem Verordnungswege.
Volker Boehme-Neßler argumentiert für das, was er für richtig hält, er will das Gute - die Wahrung der Menschenwürde. Und das verpflichtet uns seiner Ansicht nach, diese Wahrung auch durchzusetzen. Markus Gabriel will auch das Gute und argumentiert ebenso dafür. Wieso ist das, was Gabriel macht, nämlichen einen Wahrheitsanspruch zu vertreten und dafür zu argumentieren in deinen Augen so problematisch, während dasselbe für Boehme-Neßler nicht zu gelten scheint? "Ein essenzieller Bestandteil jeder Demokratie ist der öffentliche Vernunftgebrauch, die Deliberation als Methode demokratischer Entscheidungsfindung. Diese ist realistisch zu interpretieren, das heißt, wir versuchen in der Praxis des Gebens und Nehmens von Gründen herauszufinden, was gut ist, was unser politisches Handeln leiten sollte." (Julian Nida-Rümelin)




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