Liegen die Dinge heute wirklich noch so? Fragt man sich bei vielen Photos nicht sofort: Ist das echt oder Photoshop? (Ich mach das mal in einen anderen Thread, weil es nicht in die Wolken passt.)Friederike hat geschrieben : ↑Fr 18. Aug 2017, 10:25Den Aspekt des "so ist es gewesen" möchte ich nur noch einmal besonders hervorheben, weil er mir für die Unterscheidung der Photographie von der Malerei oder auch von einem Text wichtig scheint. Die Photographie ist (wie) die Beglaubigung der Realität. Ein gemaltes Bild kann eine Realität fingieren, d.h. sie kann vorgeben, sie gesehen zu haben, ohne sie tatsächlich gesehen zu haben. Bei der Photographie ist die Realität oder die Sache, auf die referiert wird, die notwendige Bedingung dafür, daß das Objektiv des Apparates von ihr überhaupt ein Bild machen kann. Ohne sie gäbe es nicht dieses -photographische- Bild. Und Texte haben zwar ebenfalls Referenten, von denen aber keineswegs beglaubigt ist, daß sie keine Fiktionen sind.
1980 schrieb Barthes "Die helle Kammer". Seither hat sich viel verändert (nicht nur die Schreibweise von der Photographie zur Fotografie). Die Wahrheit der Photographie scheint derart evident, daß es nahezu unmöglich ist, die Realität als ihren bloßen Anschein zu sehen. Obwohl wir wissen, was an technischen Finessen ersonnen worden ist, die das fotografische Bild der Fiktionalität eines Textes oder eines gemalten Bildes in nichts nachstehen läßt.
Die Wahrheit der Photografie?
- Jörn Budesheim
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Das "obwohl" weist auf den Punkt, den ich so bemerkenswert finde. Wir wissen und wir fragen uns sofort ... und unsere Augen sehen das Bild. Das Sehen (der Fotographie) ist wie das Verbürgen für die Wahrheit, während der Verstand sagt, "sieh es nicht" oder "sieh es nicht so".Jörn Budesheim hat geschrieben : Liegen die Dinge heute wirklich noch so? Fragt man sich bei vielen Photos nicht sofort: Ist das echt oder Photoshop? (Ich mach das mal in einen anderen Thread, weil es nicht in die Wolken passt.)
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Nehmen wir die berühmten Ramafamilienbilder - ist es da wirklich so, dass sie uns wie verbürgte Wahrheit erscheinen? Wirken sie auf uns nicht oft schon auf der "phänomenalen Ebene" wie die Bild gewordene Lüge? Ich vermute aber, das ist eine Frage, die eher an Empiriker geht
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Die Frage nach der Bild gewordenen Lüge -als Wahrheit- finde ich interessant. Der Vorteil bei dieser Art von Fragestellung ist doch, daß sich jeder und jede empirisch betätigen kann. Man braucht lediglich die eigene Wahrnehmung beobachten. Da meine Phantasie nicht ausreicht, zu einer zufriedenstellenden Antwort zu kommen, nehme ich Deine Frage heute mit. Zum Einkauf in den Supermarkt, und später werde ich mir Werbung im Fernsehen ansehen.Jörn Budesheim hat geschrieben : Nehmen wir die berühmten Ramafamilienbilder - ist es da wirklich so, dass sie uns wie verbürgte Wahrheit erscheinen? Wirken sie auf uns nicht oft schon auf der "phänomenalen Ebene" wie die Bild gewordene Lüge? Ich vermute aber, das ist eine Frage, die eher an Empiriker geht
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posting.php?mode=quote&f=14&p=1827iselilja hat geschrieben :Ich glaube, dazu kann ich etwas Sinnvolles sagen. Der primäre Unterschied, den Barthes mit "in nichts nachstehen" zu verwischen scheint, ist doch etwas komplizierter. Denn zwischen Photographie und Realität ist kein intentionales Wesen mehr, was den "Abdruck der Realität" auf dem Papier fingieren könnte. Sicherlich gibt es Methoden, die die Photographie als Handlung und als technischen Prozess bestimmen, doch sind sie einmal bestimmt, wird mit dem Auswechseln des Photographen die Photographie nicht ihrer Funktionalität nach verändert. Heißt: zwei Photographen können mit der selben Kamera die Realität (bspw. ein bestimmtes Objekt) nicht fundamental unterschiedlich aufnehmen. Da Dichter und Maler noch immer im Dazwischen verweilen, ist es bei ihnen wesentlich bestimmend, dass sie Künstler sind.Friederike hat geschrieben : 1980 schrieb Barthes "Die helle Kammer". Seither hat sich viel verändert (nicht nur die Schreibweise von der Photographie zur Fotografie). Die Wahrheit der Photographie scheint derart evident, daß es nahezu unmöglich ist, die Realität als ihren bloßen Anschein zu sehen. Obwohl wir wissen, was an technischen Finessen ersonnen worden ist, die das fotografische Bild der Fiktionalität eines Textes oder eines gemalten Bildes in nichts nachstehen läßt.
ps: Oder etwas einfacher formuliert.. der Photograph bleibt immer hinter dem Objektiv zurück, er kann auf das Dazwischen keinen wesentlichen Einfluß nehmen.
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Sowohl die gedankliche als auch die empirische Ausbeute meiner Betrachtung von Reklame-Fotos ist sehr sehr kümmerlich. Ich sah die wunderschönen Gesichter, Haare, Figuren und die ästhetisch angerichteten Fertigmenüs oder Kuchen so, wie ich sie sah. Es gab kein "Zwischen". Das Auge der Kamera repräsentierte mir Realität. Die vielfältigen Lügen entdeckte erst die Reflexion.Jörn Budesheim hat geschrieben : Nehmen wir die berühmten Ramafamilienbilder - ist es da wirklich so, dass sie uns wie verbürgte Wahrheit erscheinen? Wirken sie auf uns nicht oft schon auf der "phänomenalen Ebene" wie die Bild gewordene Lüge? Ich vermute aber, das ist eine Frage, die eher an Empiriker geht
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Was verbürgt die Objektivität der Fotografie? Das Objektiv Der Mechanismus, der gleichsam einen "subjektfreien" Abklatsch einer Wirklichkeit bietet (ganz überspitzt und daher natürlich nicht ganz richtig gesagt, die diversen Einwände lass ich beiseite, um meinen Punkt zu erläutern.) Das Objektiv, der Mechanismus verbirgt die Objektivität, "so ist es gewesen".Friederike hat geschrieben : ↑Fr 18. Aug 2017, 10:25Den Aspekt des "so ist es gewesen" möchte ich nur noch einmal besonders hervorheben, weil er mir für die Unterscheidung der Photographie von der Malerei oder auch von einem Text wichtig scheint. Die Photographie ist (wie) die Beglaubigung der Realität. Ein gemaltes Bild kann eine Realität fingieren, d.h. sie kann vorgeben, sie gesehen zu haben, ohne sie tatsächlich gesehen zu haben. Bei der Photographie ist die Realität oder die Sache, auf die referiert wird, die notwendige Bedingung dafür, daß das Objektiv des Apparates von ihr überhaupt ein Bild machen kann. Ohne sie gäbe es nicht dieses -photographische- Bild. Und Texte haben zwar ebenfalls Referenten, von denen aber keineswegs beglaubigt ist, daß sie keine Fiktionen sind.
1980 schrieb Barthes "Die helle Kammer". Seither hat sich viel verändert (nicht nur die Schreibweise von der Photographie zur Fotografie). Die Wahrheit der Photographie scheint derart evident, daß es nahezu unmöglich ist, die Realität als ihren bloßen Anschein zu sehen. Obwohl wir wissen, was an technischen Finessen ersonnen worden ist, die das fotografische Bild der Fiktionalität eines Textes oder eines gemalten Bildes in nichts nachstehen läßt.
Was fehlt? Zur Wahrheit fehlt das Subjekt! Es fehlt das Urteil. Die Fotografie "wiederholt" nur. Sie sagt: dieses ist dieses! Das ist zwar wahr, aber nicht informativ. Es wird dem besonderen der abgeklatschten Wirklichkeit kein subjektiv verbürgtes Prädikat zugewiesen! Es fehlt die Urteilsstruktur, die von diesem besonderen da etwas allgemeines aussagt. Es wird gar nicht gedacht, also. - Es dürfte wohl klar sein, auf welchen Thread diese Zeilen gerade jetzt anspielen
Ein Text, ein Bild und eine Zeichnung können das viel besser. Sie können, dem Betrachter zum Beispiel sagen, worauf es in der festgehaltenen Situation wirklich ankam, was ihr Charakteristikum war, was also die Wahrheit über diesen Augenblick wahr. Sie können Klassifizierungen und Typisierungen ins Spiel bringen, die den Betrachter überhaupt erst ins Bilde setzen.
Soweit erstmal grob und etwas überpointiert Ich hätte selbst diverse Einwände, glaube aber dass ich die grobe Richtung so vertreten kann.
- Jörn Budesheim
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Es ist klar, dass Fotografie natürlich auch viele subjektive Elemente enthält. Am augenscheinlichsten dürfte dabei das Moment der Auswahl der Raum und Zeit Ausschnitte sein. Der Fotograf wählt eben einen bestimmten Moment und eine bestimmte Perspektive, das heißt einen bestimmten Ausschnitt aus. Das macht die Fotografie natürlich in einer gewissen Hinsicht bereits zu einer Aussage, diese Auswahl ist eins der Statements des Fotografen.
Deswegen ist das, was ich oben notiert habe, natürlich ziemlich übergeneralisiert es bedarf einiger Einschränkungen ... Aber vom grundsätzlichen Motiv her, scheint es mir eine gute Möglichkeit gegen die entgegengesetzte Übergeneralisierung, die in dem Zitat Friederikes anklingt.