Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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NaWennDuMeinst
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Sa 10. Apr 2021, 21:07

Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 20:57
Aber ernsthaft: Ich verstehe, dass wir eine uns übergeordnete Objektivität wünschen, die alle Meinungen intersubjektiv unter sich zwingt. Wir wollen Verlässlichkeit. Wir wollen, dass nicht jeder behaupten kann, was er oder sie will, sondern wir wollen, dass die Tatsachen für sich sprechen und uns die Wahrheit sagen. Wir dürfen nur nicht vergessen, dass sie das auch tun in dem Fall, da wir diejenigen sind, die diese Tatsachen schaffen.
Nein. Du verstehst rein gar nichts. Es geht gerade darum, dass gewisse Dinge nicht vom Wollen abhängig sind.
Diese "übergeordnete Objektivität" ist kein Wunsch oder Wollen. Sie ist einfach da.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 10. Apr 2021, 21:15, insgesamt 1-mal geändert.



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Sa 10. Apr 2021, 21:11

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 21:07
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 20:53
Ich finde aber man kann nicht alle Tatsachen gleich behandeln
Wie erläutert du den Begriff Tatsache?
Na das was zutrifft, was wahr ist.
Es ist ja wahr, dass es eine Schlumpfphantasie gibt, nach der Schlümpfe blau sind.
Es ist aber genauso wahr, dass Schlümpfe auch grün sein könnten. Wir müssen sie uns einfach nur anstatt blau grün vorstellen.
Nichts (ausser wir selbst) hindert uns daran.

Ich kann aber so viel wünschen und wollen wie ich will, eine Masse hebe ich nicht ohne Kraft an. Hilft nix.



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iselilja
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Sa 10. Apr 2021, 21:18

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 20:53



Vielleicht gibt es auch noch andere Ordnungen. Ich finde aber man kann nicht alle Tatsachen gleich behandeln, weil sie unterschiedlich zustande kommen und unterschiedlich stark von uns beinflussbar sind.
Die gibt es auf jeden Fall. Lüge bzw. Täuschung würde mir spontan einfallen. Bspw. die Tatsache, dass ich hier gerade schreibe, dass in Köln der Eiffelturm steht. Sie sind, was ein charakteristisches Kriterium ist - genau wie bei den Schlümpfen, frei erfindbar, ohne dabei auf irgendetwas Rücksicht nehmen zu müssen. Es gibt also keinen Zwang zu einer bestimmten Form oder einem bestimmten Inhalt der Lüge. So wie es etwa einen Zwang gibt, sich an Naturgesetzen orientieren zu müssen. Beliebigkeit vs. Gesetzmäßigkeit lässt vielleicht die Hierarchie, die Du da ansetzt, ein wenig umreißen.




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Jörn Budesheim
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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 21:11
Na das was zutrifft, was wahr ist.
Das heißt, in dieser Hinsicht sind die Tatsachen der verschiedenen Ordnungen ja doch gleich. Es geht um das, was wahr ist.




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Ja, es gibt sehr vieles, was nicht vom Wollen abhängt. Z.b. meine Träume. Die Logik. Die Mathematik. Auch rasende Inflation hängt nicht vom Wollen ab, sonst könnte man sie einfach durch Wollen stoppen. Die Vergangenheit hängt nicht vom Wollen ab und damit alle Fantasien, die es jemals gab.




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NaWennDuMeinst
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Sa 10. Apr 2021, 22:05

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 21:18
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 21:11
Na das was zutrifft, was wahr ist.
Das heißt, in dieser Hinsicht sind die Tatsachen der verschiedenen Ordnungen ja doch gleich. Es geht um das, was wahr ist.
Nicht ganz. Es geht um den Unterschied, dass bei den Tatsachen 3. Ordnung prinzipiell das was wahr ist beliebig ist.
Der Schlumpf könnte genauso gut grün sein und dann wäre es wahr, dass Schlümpfe grün sind.
Die Wahrheit ist hier also änderbar durch puren Willen (bzw eben einfach prinzipiell durch uns änderbar).
Demgegenüber nehme ich an , dass es auch Wahrheiten/Tatsachen gibt bei denen das nicht so ist (Naturgesetze zum Beispiel).
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 10. Apr 2021, 22:20, insgesamt 2-mal geändert.



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Sa 10. Apr 2021, 22:19

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 21:18
Ja, es gibt sehr vieles, was nicht vom Wollen abhängt. Z.b. meine Träume.
Träume sind für mich Phantasien (reine Geistesprodukte).
Sie unterliegen (meist) nicht dem Willen (ausser Tagträume) ,. Aber dennoch sind die darin vorkommenden Tatsachen grundsätzlich änderbar (und ändern sich auch dauernd, wenn auch nicht willentlich).
Die Logik. Die Mathematik.
Du kannst Logik und Mathemaik gerne als Naturgesetze definieren.
Ich will aber jetzt nicht wieder die Frage ob Zahlen unabhängig vom Menschen existieren diskutieren. Das hatten wir schon.
Für mich sind das menschliche Erfindungen (Hilfskonstrukte).
Auch rasende Inflation hängt nicht vom Wollen ab,
Ohne Geld keine Inflation. Aber warum sollte es nicht änderbar sein? Gibt es ein Naturgesetz das uns die Verwendung von Geld vorschreibt?
Ich würde das ziemlich genau als Tatsache 2. Ordnung einstufen.
Die Vergangenheit hängt nicht vom Wollen ab und damit alle Fantasien, die es jemals gab.
Phantasien altern nicht. Sie werden vergessen.
Aber wenn sie nicht vergessen sind, dann sind sie Teil der Gegenwart und auch weiterhin änderbar.



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Sa 10. Apr 2021, 23:08

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 20:53
Ich würde Tatsachen in Ordnungen einteilen.

In der Antike und auch schon lange davor sprach man von der Welt der Götter und der Welt der Menschen - jetzt mal so mit unseren heutigen Worten ausgedrückt. Ordnungen eines wie auch immer letztendlich strukturierten Weltverständnisses gab es also vermutlich schon immer.. oder doch zumindest solange, wie der Mensch sich solche Fragen stellt.

An dieser Ordnung (oder auch Struktur meinetwegen) ändert sich ja durch die SFO prinzipiell nicht viel, sie wird also nicht generell in Frage gestellt. Interessant ist aber vielleicht dennoch die Tatsache, dass die Hierarchie "flacher" wird. Etwas, was unsere Zeit an Denkweisen so hervorgebracht hat. Flache Hierarchien bedeuten in vielen Lebensbereichen sowas wie "Gleichberechtigung" oder werden oft damit assoziiert. Vermutlich auch ein Grund, warum Gabriels Theorie neben Kritik eben auch Wohlgefallen auslöste. Philosophisch betrachtet ist es für mich dennoch dürftig bis unschlüssig.




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So 11. Apr 2021, 00:17

iselilja hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 23:08
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 10. Apr 2021, 20:53
Ich würde Tatsachen in Ordnungen einteilen.

In der Antike und auch schon lange davor sprach man von der Welt der Götter und der Welt der Menschen - jetzt mal so mit unseren heutigen Worten ausgedrückt. Ordnungen eines wie auch immer letztendlich strukturierten Weltverständnisses gab es also vermutlich schon immer.. oder doch zumindest solange, wie der Mensch sich solche Fragen stellt.

An dieser Ordnung (oder auch Struktur meinetwegen) ändert sich ja durch die SFO prinzipiell nicht viel, sie wird also nicht generell in Frage gestellt. Interessant ist aber vielleicht dennoch die Tatsache, dass die Hierarchie "flacher" wird. Etwas, was unsere Zeit an Denkweisen so hervorgebracht hat. Flache Hierarchien bedeuten in vielen Lebensbereichen sowas wie "Gleichberechtigung" oder werden oft damit assoziiert. Vermutlich auch ein Grund, warum Gabriels Theorie neben Kritik eben auch Wohlgefallen auslöste. Philosophisch betrachtet ist es für mich dennoch dürftig bis unschlüssig.
Das Absonderliche an der SFO Gabriels ist für mich, dass er doch die Welt fleißig einteilt (in Sinnfelder) und das in einer Totalität, die Ihresgleichen sucht.
Und die Krönung ist, dass er gleichzeitig behauptet, dass es die Welt (die er ordnet) gar nicht gäbe.
Das muss man erstmal hinbekommen.




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So 11. Apr 2021, 07:15

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 11. Apr 2021, 00:17

Und die Krönung ist, dass er gleichzeitig behauptet, dass es die Welt (die er ordnet) gar nicht gäbe.
Das muss man erstmal hinbekommen.
Ja. Aufmerksame Leser Gabriels wissen aber, dass er garnicht einen logischen Beweis geliefert hat, dass es die Welt nicht gibt. Sondern er beruft sich auf eine math. Antinomie, die sagt dass es keine Menge aller Mengen gibt, die sich selbst enthält- :-) Das ist also rein math. Argumentation. Diese Menge aller Mengen bezeichnet er als Welt. Das ist also philosophisch betrachtet eher zum schmunzeln. Wird aber - warum auch immer - von manchen als Ontologie verstanden.


Er erklärt es dann (grob skizziert) so, dass mit jeder Aussage über die Welt, die Welt sich selbst nochmal enthielte, was seiner Auffassung nach zu einem endlosen Regress führt. Tatsache ist aber, dass es diesen endlosen Regress nicht gibt, sondern es kann maximal der veruch unternommen werden, in einer Welt so einen Regress zu wagen, sofern sich ein Protagonist findet. Der angeblich unendliche Regress endet jedoch spätestens mit dem Ableben des Protagonisten. Man sieht also, dass das der Welt nicht zum math. Kollaps verhilft. Das wäre etwa auch so sinnvoll wie zu behaupten, dass es die Physik nicht geben kann, weil es Physiker gibt, die über Physik sprechen und dieses Wissen dann in die Physik einfließen lassen. Es bleibt dadurch immer noch Physik.

Es ist eben so, dass in der Realität nicht der Mensch die Regeln der Welt definiert.. er kann sie höchstens erkennen aber nicht schaffen oder vernichten. Mit diesen Regeln der Welt sind m.V.n. aber nicht nur Naturgesetze gemeint, sondern auch bspw. sowas wie die goldene Regel (oder ganz allgemein VolksWeisheiten und dergleichen) - also sozial-behaviosristische Aussagen, die sich immer wieder bewahrheiten auch wenn man glaubt sie ändern zu können.




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iselilja
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So 11. Apr 2021, 07:34

Ich finde es auch irgendwie schade, dass die abendländische Philosophie in der Tradition der griech. Anfänge nie wirklich ein Gespür für Weisheiten aus aller Welt entwickelt hat. Das hätte ihr vielleicht zu so mancher Einsicht verholfen. :-)




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infinitum
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Mo 12. Apr 2021, 20:27

Alethos hat geschrieben : Sinnfelder, wie ich sie verstehe, sind begrifflich strukturierte Bereiche. Alle diese Ellipsen in meiner Grafik sind Sinnfelder. "Begrifflich strukturiert" bedeutet, dass sich diese Felder durch wesentliche Merkmale der in ihnen vorkommenden Dinge von anderen unterscheiden.
Sinnfelder sind also mögliche Erscheinungsräume für Gegenstände, die Gegenstände dieser Felder sind, weil sie die Begriffsmerkmale dieser Felder aufweisen.
(Achtung: "Begrifflich" meint hier nicht "sprachliche Begrifflichkeit", sondern die konkreten Eigenschaften der Dinge selbst - siehe im weitesten Sinn Begriffsrealismus).

Sinnfelder können sich überlagern, was ich darzustellen versucht habe. Dabei bilden sie aber nicht Vereinigungsmengen in diesem Sinne, sondern überlagerte Mengen. Der Unterschied ist der, dass überlagerte Mengen selbst wiederum keine "neue Menge" bilden, sondern die Felder autonom bleiben, obwohl sie sich vermischen.
Der Gegenstandsbereich wiederum wäre eben genau jener Bereich, in welchem der Gegenstand erscheint. Dort, wo der Gegenstand auftaucht, da ist sein Bereich. Er kann wiederum nicht mit den Sinnfeldern zusammenfallen, weil er ja nicht alle Gegenstände dieser Felder repräsentieren kann.
Danke für diese aussagekräftige Zusammenfassung! Dadurch wird mir der Unterschied gut klar. Also ist der Gegenstandsraum ein kleiner repräsentativer Auszug des Gegenstandes mittels Darstellung und Überlagerung der Sinnfelder. Jede Eigenschaft wäre dann einem Sinnfeld zuzuordnen.
Was mich hier beschäftigt ist auch die Rolle der Phänomenologie bei der Anschauung der Gegenstände. Wird diese in den Sinnfeldern berücksichtigt oder ist diese ebenso gleichwertig wie die physikalische Wahrnehmung von Gegenständen integriert?
In dieser Hinsicht finde ich die verschiedenen Kategorien für Tatsachen ähnlich passend, wie es eventuell auch verschiedene Kategorien für Sinnfelder geben könnte, um diesen Unterschied hervorzuheben.
Alethos hat geschrieben : Sinnfelder können autonom bleiben, weshalb kein Regress notwendig ist, um sich vorzustellen, dass Dinge existieren in indefinit vielfältiger Art und Weise.
Ja, autonom schon, aber dabei gibt es noch ein Problem, das dem Henne-Ei-Problem ähnelt. Am Anfang bzw. gibt es ein Sinnfeld, welches nicht in einem anderem Sinnfeld erscheint. Daher kann es zumindest eines nicht geben, da es nicht in einem Sinnfeld erscheint.
Jörn Budesheim hat geschrieben : Jeder der Gegenstände in dieser Ordnung ist seinerseits ein Bereich. Bei der Maus - so würde ich mal vereinfacht sagen - sind das die Elemente, aus denen sie besteht, die sie funktionstüchtig machen. All das ist nicht mal lokal auf das beschränkt, was ich hier vor mir sehe, sondern mit vielen anderen Bereichen verwoben: dem Internet, dem Telefonnetz, der Wirtschaft u.v.m. Fast alle diese Dinge gehören zugleich (irgendwie) zur physikalischen Ordnung.
Können Eigenschaften eines Objektes demnach immer aus physikalischer Beschaffenheit heraus gesehen werden? Oder ist dies nur in diesem speziellen Fall so?
Vielleicht lassen sich Tatsachen dadurch abgrenzen, dass es eher wahre Aussagen über die Objekte sind, die sich von der Beschaffenheit abgrenzen.
Jörn Budesheim hat geschrieben : Wichtig ist für Gabriel, dass seine Formel von den Sinnfeldern, in denen etwas erscheint, Platz hat für das, was er oben "schillernd" nennt, aber auch das Vage und das Ungefähre gehören nach meinem Verständnis dazu dazu, daher wählt er auch den Begriff des Erscheinens, der diese Möglichkeiten des Unscharfen zulässt. Mit dem Begriff Sinnfeld will er sich gegen Gegenstandsbereiche im oben erläuterten Sinn abgrenzen.
Dieser Raum für das Ungefähre eröffnet natürlich einen großen unbekannten Bereich, der viel Möglichkeiten zur (auch) metaphysischen Spekulation integriert. Einerseits spannend, aber eventuell auch eine kleine Schwäche in Gabriels Theorie, da Platz für etwas freigehalten wird, was noch fehlen könnte oder noch nicht abgedeckt ist. Aber um mehr dazu sagen zu können, muss ich noch ein bisschen mehr lesen.
Jörn Budesheim hat geschrieben : Wie auch immer: mir ist beim Nachhören, nicht klar geworden was dir (transfinitum) an dieser Stelle wichtig ist.
Nun, einmal, dass Gabriel nicht auf das Argument eingegangen ist, dass seine Philosophie jemanden etwas nutze. Hier wäre eine Antwort spannend gewesen. Denn so wie ich es verstanden habe, wird der pragmatische Nutzen „für die Welt“ in Frage gestellt. Wenn Gabriel auf die Diskussion eingegangen wäre, dann könnte man darüber reden, dass durch die SFO beispielsweise viele philosophische Strömungen gebündelt werden und in eine „gemeinsame“ Ontologie vermengt werden, was im subjektverliebten Abendland nicht so gern angesehen wird. Persönlich finde ich dies spannend, da gerade diese Vermengung den einzelnen Strömungen auf den Schlips tritt, da sie sich in einen Gesamt-Kontext einbetten müssen und quasi sogar eine gleiche Wertigkeit besitzen. Hier würde ich den Pragmatismus der SFO sehen.
NaWennDuMeinst hat geschrieben : Die Frage ist, wo kommen diese Regeln her?
Ich finde diese Unterschiede bei den Tatsachen gibt es. Es gibt eben unterschiedliche Typen von Tatsachen.
Solche die wir ignorieren (bzw ändern) können und solche bei denen das nicht geht.
Würde ich auch so sehen, aber es würde an Gabriels Gesamtontologie nichts ändern, wenn sich die darunter liegenden Parameter in die Tiefe verschieben und detaillierter aufgesplittet werden.



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hier noch zwei interessante Aussagen, wie ich meine auch zur Repräsentation seiner Phänomenologie in seiner Theorie und Gegenstände an sich:
Unter dem Titel „Mentaler Realismus“ beschäftigt sich Gabriel intensiv mit den verschiedenen Verfahren – man möchte fast sagen: Ideologien – der Erkenntnistheorie. Die reichen vom naiven Realismus, der alles per Sinnesorgan Erfasste unhinterfragt als „wahr“ betrachtet, bis zum Illusionismus, der die ganze Welt nur als „konstruierte“ Fiktion des Geistes sieht. Dabei stellt sich natürlich sofort die Frage nach dem „Geist“, der sich dann ja auch selbst konstruieren müsste – eine logisch unhaltbare Behauptung. Gabriel erteilt dem Illusionismus eine klare Absage und stellt in diesem Fall die – unwiderlegbare? – Hypothese auf, dass der Geist „nicht hintergehbar“ sei. Das bedeutet, der (menschliche) Geist kann sich selbst mit den eigenen Mitteln weder herleiten noch im Universum verorten. Er „ist“ einfach, was Gabriel aber nicht naturalistisch verstanden wissen will im Sinne einer spirituellen Naturtheorie mit unbegrenzten Schöpferqualitäten. Die logischen Schwächen einer solch „romantischen“ Erkenntnistheorie liegen für ihn klar auf der Hand.

Bei der Deutung der uns umgebenden „Gegenstände“ unterscheidet Gabriel zwischen „fiktiv“, „imaginär“ und „intentional“. Erstere sind die Gegenstände, die wir nicht kennen, etwa die „dunkle Materie“ (Beispiel des Rezensenten). Sobald wir uns eine Bild davon machen oder gar eine Hypothese, wird daraus ein imaginärer Gegenstand, das heißt, wie wir uns den fiktiven Gegenstand vorstellen. Das kann total falsch sein, ohne dass der fiktive Gegenstand deshalb verschwindet. Der imaginäre Gegenstand ist also die Repräsentation des fiktiven im menschlichen Geist. Ein intentionaler Gegenstand schließlich ist einer, den wir aus einer Teilansicht heraus vervollständigen, weil wir den Gegenstand als solchen bereits []zu] kennen [glauben]. Als Beispiel sei ein Schiff genannt, das wir von vorne sehen, aber sofort seine Seiten- und Rückansicht im Geiste „sehen“ und damit das Schiff als Ganzes. Als Gegenbeispiel eines nicht-intentionalen Gegenstandes sei die Sonne genannt, die als Ganzes „da ist“ und nicht erst im Geist vervollständigt werden muss.
Quelle: https://www.egotrip.de/?p=16676



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Mo 12. Apr 2021, 21:13

Inwiefern unterscheidet sich denn die Vorderansicht der Sonne von der Vorderansicht eines Schiffes? Geht es dem Autor in seiner Lesart darum, dass die Rückseite der Sonne bereits mehrfach gesehen wurde? Das selbe passiert auch bei einem Schiff.. man sieht - egal aus welcher Position - immer nur die Vorderseite, unabhängig davon, ob man die Rückseite jemals gesehen hat oder sie kennt.

ps: Es mag sein, dass die Beispiele nicht gut gewählt sind. Wo ich mir tatsächlich einen Unterschied vorstellen könnte, ist, wenn man einen unbekannten Menschen von hinten sieht und sich vorstellt (oder was wohl eher zutrifft: sich fragt) wie er wohl von vorn aussehen mag. Ich glaube aber nicht, das Gabriel derartige Einschränkungen meint.




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Alethos
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Mo 12. Apr 2021, 23:39

transfinitum hat geschrieben :
Mo 12. Apr 2021, 20:27
Alethos hat geschrieben : Sinnfelder können autonom bleiben, weshalb kein Regress notwendig ist, um sich vorzustellen, dass Dinge existieren in indefinit vielfältiger Art und Weise.
Ja, autonom schon, aber dabei gibt es noch ein Problem, das dem Henne-Ei-Problem ähnelt. Am Anfang bzw. gibt es ein Sinnfeld, welches nicht in einem anderem Sinnfeld erscheint. Daher kann es zumindest eines nicht geben, da es nicht in einem Sinnfeld erscheint.
Ich verstehe deine Intuition und auch die logische Problemstellung.

Denken wir es einmal gemeinsam durch: Auf der Schachfigur gibt es Staub. Das Sinnfeld des Staubs ist (unter anderem) das Sinnfeld „der Schachfigur“. Wir sagen deshalb in der Sprache der SFO, dass Staub auf der Schachfigur erscheint, d.h. dass er (dort) existiert.

Damit der Staub erscheinen kann, braucht es einen Bereich, u.a. eben die Schachfigur. Für die Schachfigur wiederum ein Sinnfeld, z.B. das Schachbrett, die Holzdinge, die Stadt Köln, den geografischen Raum Europas, den Planeten Erde, die Galaxie, das Universum. Ohne diese Verschachtelungen hätte der Staub kein raumzeitliches Feld, in dem es erscheinen könnte, weil die Figur kein Feld hätte, indem sie erscheint usw. usf. Das Universum selbst müsste wiederum irgendwie erscheinen, weil es sonst ja nicht vorkommen könnte, einverstanden? Aber wenn wir sagen würden, dass das allgemeinste Sinnfeld „die Erscheinung“ selbst ist, und sie sich selbst beinhaltete, dann stünde am Anfang die Existenz selbst. Die sich selbst beinhaltende, sich selbst tragende Existenz der jeweiligen Dinge.

Das mag paradoxal klingen, aber überlegen wir kurz zu Ende: Wenn der Staub sich nicht selbst beinhaltete, d.h. existierte überhaupt durch sich selbst, könnte er auch gar nirgends vorkommen in einem Sinnfeld. Damit etwas existiert (es einen Gegenstand gibt) braucht es also ja nicht nur das Sinnfeld, in welchem er als dieses Ding erscheint, sondern überhaupt Erscheinung in Form des Erscheinenden, d.h. den erscheinenden Gegenstand.

Sofern es einen Gegenstand gibt, muss es zugleich durch ihn das Sinnfeld geben, in welchem er erscheint, aber das Sein überhaupt (als Möglichkeit der Erscheinung selbst gedacht, um in der Terminologie zu bleiben), ist diesem Existieren in einem spezifischen Sinnfeld vorgelagert, damit es überhaupt erscheinen könne in dieser Weise schlechthin als dieses Seiende.

Das tönt sehr kompliziert, weil es auch einen scheinbar logischen Widerspruch zu lösen gibt, aber es ist vielleicht einfacher so zu verstehen: Der Gegenstand, der nicht in einem grösseren Sinnfeld erscheint, dessen Gegenstandsbereich fällt mit dem Sinnfeld, in welchem dieser erscheint, ineins. Wo der Gegenstandsbereich eines Dings (hier z.B.: Universum) mit dem Sinnfeld zusammenfällt, durch welchen er erscheint, existiert der Gegenstand durch sich selbst. Am Anfang aller Sinnfelder stehen - besser gesagt - zugleich mit ihnen entstehen die Dinge selbst als dasjenige, was (qua Relationalität) die Sinnfeld-Ordnungen schafft. Am Anfang steht Existenz schlechthin oder aber: die Erscheinung überhaupt, d.h. die Erscheinung der Erscheinung in sich.

Es braucht kein noch grösseres Sinnfeld, sondern nur Sinnfelder schlechthin, um sich vorzustellen, dass Dinge in ihnen existieren und sie, die Sinnfelder, durch diese Dinge. Das meinte ich mit Autonomie der Sinnfelder.

Zu glauben, dass es allgemeinste (plural!) Sinnfelder gibt, steht nach meinem Dafürhalten in keinem Widerspruch zur SFO, sondern ist Ausdruck eben des ontologischen Anspruchs der Theorie, das allgemeinste Wesen der Dinge, d.h. das Existenzkriterium in der allgemeinsten Form zu erfassen.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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Di 13. Apr 2021, 05:53

transfinitum hat geschrieben :
Mo 12. Apr 2021, 20:42
hier noch zwei interessante Aussagen, wie ich meine auch zur Repräsentation seiner Phänomenologie in seiner Theorie und Gegenstände an sich:
Unter dem Titel „Mentaler Realismus“ beschäftigt sich Gabriel intensiv mit den verschiedenen Verfahren – man möchte fast sagen: Ideologien – der Erkenntnistheorie. Die reichen vom naiven Realismus, der alles per Sinnesorgan Erfasste unhinterfragt als „wahr“ betrachtet, bis zum Illusionismus, der die ganze Welt nur als „konstruierte“ Fiktion des Geistes sieht. Dabei stellt sich natürlich sofort die Frage nach dem „Geist“, der sich dann ja auch selbst konstruieren müsste – eine logisch unhaltbare Behauptung. Gabriel erteilt dem Illusionismus eine klare Absage und stellt in diesem Fall die – unwiderlegbare? – Hypothese auf, dass der Geist „nicht hintergehbar“ sei. Das bedeutet, der (menschliche) Geist kann sich selbst mit den eigenen Mitteln weder herleiten noch im Universum verorten. Er „ist“ einfach, was Gabriel aber nicht naturalistisch verstanden wissen will im Sinne einer spirituellen Naturtheorie mit unbegrenzten Schöpferqualitäten. Die logischen Schwächen einer solch „romantischen“ Erkenntnistheorie liegen für ihn klar auf der Hand.

Bei der Deutung der uns umgebenden „Gegenstände“ unterscheidet Gabriel zwischen „fiktiv“, „imaginär“ und „intentional“. Erstere sind die Gegenstände, die wir nicht kennen, etwa die „dunkle Materie“ (Beispiel des Rezensenten). Sobald wir uns eine Bild davon machen oder gar eine Hypothese, wird daraus ein imaginärer Gegenstand, das heißt, wie wir uns den fiktiven Gegenstand vorstellen. Das kann total falsch sein, ohne dass der fiktive Gegenstand deshalb verschwindet. Der imaginäre Gegenstand ist also die Repräsentation des fiktiven im menschlichen Geist. Ein intentionaler Gegenstand schließlich ist einer, den wir aus einer Teilansicht heraus vervollständigen, weil wir den Gegenstand als solchen bereits []zu] kennen [glauben]. Als Beispiel sei ein Schiff genannt, das wir von vorne sehen, aber sofort seine Seiten- und Rückansicht im Geiste „sehen“ und damit das Schiff als Ganzes. Als Gegenbeispiel eines nicht-intentionalen Gegenstandes sei die Sonne genannt, die als Ganzes „da ist“ und nicht erst im Geist vervollständigt werden muss.
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Vor allem aber bin ich über diesen Punkt gestolpert. :-) Im Kontext als Gegenbeispiel hört es sich so an, als wäre das Schiff nicht als Ganzes da.




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transfinitum hat geschrieben :
Mo 12. Apr 2021, 20:27
Dieser Raum für das Ungefähre eröffnet natürlich einen großen unbekannten Bereich, der viel Möglichkeiten zur (auch) metaphysischen Spekulation integriert.
Das klingt für mich so, als würdest du "das Ungefähre" generell beim Subjekt verorten als das, was wir eben nur ungefähr und vage verstehen. Ich denke dabei eher an Wolken, an die Farbschattierungen auf meiner Kaffeetasse, die Polyphonie aus Vogelgezwitscher, Glockengeläut und vorbeirauschenden Autos, an Gerüche, die sich miteinander vermengen und ähnliches.




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transfinitum hat geschrieben :
Mo 12. Apr 2021, 20:27
Am Anfang bzw. gibt es ein Sinnfeld, welches nicht in einem anderem Sinnfeld erscheint. Daher kann es zumindest eines nicht geben, da es nicht in einem Sinnfeld erscheint.
Sinnfelder sind nicht generell etwas raumzeitliches. Die natürlichen Zahlen bilden ein Sinnfeld, haben aber keine raumzeitliche Ausdehnung, daher macht es hier auch keinen Sinn von einem Anfang zu sprechen. Ich vermute, dass du vom Urknall sprichst? Inwiefern der Urknall einen Anfang in deinem Sinne ist, weiß ich nicht. Erstens, weil ich keine Vorstellung hab, wie du dir das vorstellst und zweitens, weil ich auch kein astrophysikalisches Wissen hab. Wir hatten hier im Forum mal vor längerer Zeit ein BBC-Video besprochen, in dem verschiedene Sichtweisen renommierter Forscher vorgestellt wurden. Nach meiner vagen Vorstellung ist der Urknall demnach nicht aus dem Nichts entstanden, sondern aus dem physikalischen Vakuum, was nicht Nichts ist, sondern völlige Symmetrie. (Denn: von Nichts kommt nichts.) Ein Forscher hat das mit einem anschaulichen Bild erklärt: Die absolute Symmetrie stelle man sich vor wie einen perfekten Kreisel, den Urknall wie eine plötzliche heftige Unwucht des Kreisels, der aus einer winzigen Fluktuation einer Abweichung der Symmetrie entstand. Von anderen Forschern in dem Film wurde die Idee vertreten, dass das unser Universum in der Reihe vieler Universen steht. Oder: die Idee der Multiversen - von der ich auch nicht viel weiß. Die diversen Vorstellungen der Forscher führen dann zu ganz verschiedenen Antworten, ob es einen Anfang gab und wenn ja, wie er aussah ... und unterschiedlichen Vorstellungen, wie hier das Verhältnis von Bereich und Gegenstand zu sehen ist.




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transfinitum hat geschrieben :
Mo 12. Apr 2021, 20:27
Können Eigenschaften eines Objektes demnach immer aus physikalischer Beschaffenheit heraus gesehen werden? Oder ist dies nur in diesem speziellen Fall so?
Nehmen wir wieder ein Beispiel: Ich ziehe einen Zehn-Euro-Schein aus der Tasche. Die physikalischen Eigenschaften des Scheins können nicht erklären, worum es hier geht. Zu dem, was diesen Schein ausmacht, gehören viele andere Dinge, die nicht einfach bloß physikalisch sind.
transfinitum hat geschrieben :
Mo 12. Apr 2021, 20:27
Vielleicht lassen sich Tatsachen dadurch abgrenzen, dass es eher wahre Aussagen über die Objekte sind, die sich von der Beschaffenheit abgrenzen.
Eine Tatsache ist eine Wahrheit über etwas. Diese Form teilen alle Tatsachen. Das heißt, der Form nach sind sie alle gleich. Aber "material" (von der Beschaffenheit her) sind sie verschieden. Es ist eine Tatsache, dass 5+7=12. Es ist eine Tatsache, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin ist. Es ist eine Tatsache, dass auf der Erde die Schwerkraft in der Regel 1g beträgt. Der Form nach sind diese Tatsachen alle gleich, es handelt sich dabei (wie ich hoffe) um Wahrheiten. Die Tatsachen sind jedoch zugleich auch voneinander "abgegrenzt" und zwar von der Beschaffenheit her, weil es um ganz verschiedene Bereiche geht. Noch mal, weil es so wichtig ist: die SFO macht nicht alles gleich. Das Gegenteil ist der Fall. Sie ist eine Ontologie der Unterschiede, ein Pluralismus. Aussagen wie "Alles ist (letztlich) 'Materie'", alles ist 'Geist', etc. liegen ihr fern. Die Tatsachen sind also "abgegrenzt" durch die vielen verschiedenen Bereiche - im Gegensatz zu manchen materialistischen Ontologien (zum Beispiel), die besagen, dass alles (letztlich) 'Materie' (physikalisch, raumzeitlich) ist.

Der Ausdruck "abgrenzen" trifft es aber für meinen Geschmack nicht besonders gut. Von dem Soziologen Luhmann gibt es ein schönes Wort zu seiner Systemtheorie: Man darf sich Systeme nicht [abgegrenzt] wie Fettaugen auf der Suppe vorstellen. Der Ausdruck abgrenzen, "verschluckt" das mögliche ineinander, überlappen, vermengen der Bereiche.




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Jörn Budesheim
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Di 13. Apr 2021, 19:49

transfinitum hat geschrieben :
Mo 12. Apr 2021, 20:27
Nun, einmal, dass Gabriel nicht auf das Argument eingegangen ist, dass seine Philosophie jemanden etwas nutze.
Ich kann vielleicht statt dessen in zwei drei Worte fassen, warum ich die SFO mag. Letztlich geht es eigentlich sogar mit einem Wort: ihr Haupt-Ergebnis für mich ist, dass die Wirklichkeit bunt ist. Damit passt sie sehr gut zu meinem Lebensgefühl.

So gut einem Jahr hatten wir mal einen Trend, der in einer gewissen Hinsicht das genaue Gegenteil von dem war, was ich mit bunt meine.
Schimmermatt hat geschrieben :
So 8. Mär 2020, 20:54
Ich habe gar kein psychologisches Problem, es ist das Leben selbst. Ich sehe es nur klarer, deutlicher, schärfer als die anderen. Die neiden mir meinen „Durchblick“ meistens nicht, aber sie grenzen mich trotzdem aus – ich verstehe das, ich bin anstrengend. Ich bin anders, anders ist schlecht – sagt kaum einer, denkt aber jeder. Man ist ja tolerant.
Ich habe versucht, wie die anderen zu sein. Andere halten das Leben doch auch aus! Stell‘ Dich nicht so an, andere haben viel Härteres durchgemacht und jammern nicht. Die Anderen können alles Mögliche besser als ich. Ich kann bloß besser bis zum Grund gucken. Da ist übrigens keiner, aber das kann man nicht denken. Vieles kann man nicht denken.
Ich weiß, dass das Leben endlich ist. Ich weiß, dass es mich eigentlich aber jetzt schon gar nicht gibt. „Ich“ ist eine Ansammlung von Molekülen, die gelernt hat, zu diesem Aggregat „Ich“ zu sagen. Pädagogen und Kinderpsychologen finden das mit dem Ich gut, sie nennen es Identität, so was sollte man formieren. Formiere ich also. Gesund ist das, mancher erlernten Illusion zu folgen. Gesund ist gut. Wahrheit ist auch gut. Das reicht, um wahr eben das zu nennen, was gesund ist. Das reicht, um wahr eben das zu nennen, was sich flauschig anfühlt.
Ich pack‘ das nicht. Ich weiß, dass ich nicht bin. Cogito, ergo… nihil. ...
Das heißt, bestimmte metaphysische bzw ontologische Vorstellungen können bis ins Mark bestimmen, wer man ist oder zu sein glaubt. "Ich weiß, dass es mich eigentlich aber jetzt schon gar nicht gibt. „Ich“ ist eine Ansammlung von Molekülen, die gelernt hat, zu diesem Aggregat „Ich“ zu sagen." Im Prinzip ist das bloß eine extreme Form der Position, dass die Tatsachen, die uns selbst betreffen, Tatsachen 2. oder 3. Ordnung sind.




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