Ontologie der Sachverhalte und Tatsachen

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
Timberlake
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Di 7. Okt 2025, 14:18

Consul hat geschrieben :
Mo 6. Okt 2025, 15:13

Es gibt also drei Arten sprachlicher Repräsentationen von (nichtrelationalen) Gedanken/Sachverhalten/Tatsachen:

1. Aussagesatz: "A ist B" (z.B. "Die Titanic sinkt")
2. Dass-Teilsatz: "Dass A B ist" (z.B. "Dass die Titanic sinkt")
3. Substantivgruppe (mit einem substantivierten Adjektiv oder Verb): "Das B-sein von A" / "A's B-sein" (z.B. "Das Sinken der Titanic")

Das beschreibt aber nicht das, worauf ich hinaus wollte, und zwar, dass der ausgedrückte Gedanke oder Inhalt des Satzes, "Der Mond kreist um die Erde" etwas repräsentiert, das in einer vom Geist unabhängigen Welt existiert.


"Da Dinge niemals behauptet oder geglaubt werden können, und da andererseits im Urteil 'die Rose ist rot' das Rotsein der Rose als gegenständliches Korrelat fungiert, so muß dieses Korrelat etwas anderes sein als die rote Rose selbst, dieses Ding der Außenwelt. Wir wollen es künftig als einen Sachverhalt bezeichnen. Dieser Name hat sich uns bisher schon ganz ungezwungen eingestellt; er ist auch in der Tat am besten geeignet, für gegenständliche Gebilde der Form 'b-sein des A' verwendet zu werden."

(Reinach, Adolf. Zur Theorie des negativen Urteils. 1911. Nachdr. in Gesammelte Schriften, hrsg. v. seinen Schülern, 56-120. Halle: Niemeyer, 1921. S. 81)
Oder wie 'die Rose ist rot', als ein gegenständliches Korrelat fungiert, bei dem dieses Korrelat etwas anderes sein muss, als die Rose selbst, ein Ding der Außenwelt. Deshalb wollen wir sowohl "Der Mond kreist um die Erde" als auch die Rose ist Rot als einen Sachverhalt und ich ergänze als eine Tatsache bezeichnen. Schließlich haben uns bisher beide Namen schon ganz ungezwungen eingestellt. Dinge der Außenwelt bzw. Dinge, die in einer vom Geist unabhängigen Welt existieren, wie sie für gegenständliche Gebilde der Form 'b-sein des A' verwendet werden.

Es mag ja sein, dass es (wie in dem o.g. Zitat von dir beschrieben) diese drei Arten sprachlicher Repräsentationen gibt, nur hat das bestenfalls mittelbar mit dem zu tun, was wir künftig als einen Sachverhalt bzw. eine Tatsache bezeichnen wollen. Sondern vielmehr mit dem, was Fregge wollte ...

...welt.de/ .. hat geschrieben :

Gottlob Frege

Gottlob Frege wollte die ewigen Regeln des richtigen Denkens finden. .. Er war der Begründer der modernen Logik und ein Wegbereiter der analytischen Philosophie, die die Zusammenhänge zwischen Sprache, Mathematik und logischem Denken durchleuchtet.

.. und zwar die ewigen Regeln des richtigen Denkens finden, in dem man die Zusammenhänge zwischen Sprache, Mathematik und logischem Denken durchleuchtet. Das was in einer vom Geist unabhängigen Welt existiert, taucht darin gleichermaßen bestenfalls als Fußnote auf. In deinen Beiträgen übrigens noch nicht einmal das. So zumindest bei dem wenigen, was ich davon verstanden habe.

Um dir einmal deutlich zu machen, was ich damit meine, komme ich noch mal das zurück, was nach Ansicht von Russel Propositionen sind.
"Terme, Dinge und Begriffe
Nach Russells (1903 [The Principles of Mathematics]) Auffassung sind Propositionen weder sprachlicher noch psychologischer Natur. Sie sind strukturierte Komplexe, die in der vom Geist unabhängigen Welt existieren. So ist beispielsweise die von „Maggie schwimmt“ ausgedrückte Proposition ein strukturierter Komplex, der aus Maggie selbst und Schwimmen besteht. Semantisch bedeutsame Ausdrücke in Sätzen „indizieren“ die Entitäten, aus denen die Proposition besteht. Russell nennt diese Entitäten „Terme“:

Russell unterscheidet zwischen zwei Arten von Termen: Dinge und Begriffe. Erstere werden durch Eigennamen bezeichnet, letztere werden durch alle anderen (nicht synkategorematischen) Ausdrücke angezeigt. So bezeichnet „Maggie“ eine Art von Term – ein Ding –, während „Schwimmen“ eine andere Art von Term – einen Begriff – bezeichnet.
Wenn es heißt der "Der Mond kreist um die Erde", so bezeichnet das eine Proposition, wonach etwas vom Geist unabhängigen Welt existiert. Das gilt sowohl im Zusammenhang mit diesen beiden Dingen "Mond" und "Erde", wie mit "kreisen" auch für die andere Art von Term – einen Begriff- . Somit reden wir bei diesem Satz, wie oben beschrieben, von einem Sachverhalt und einer Tatsache.

Wenn es hingegen heißt "Die Venus kreist um die Erde", so werden zwar mit der Venus und der Erde Dinge bezeichnet, die einer vom Geist unabhängigen Welt existieren. Jedoch was wir dem Begriff nach als "kreisen" bezeichnen, ist im Zusammenhang mit diesen beiden Dingen ganz sicher kein Sachverhalt und keine Tatsache. Demzufolge dieser Satz insgesamt definitiv nicht das repräsentiert, was in einer vom Geist unabhängigen Welt existiert.

Wie es übrigens ( noch ) kein Sachverhalt und keine Tatsache ist, dass ein neunter Planet um unsere Sonne kreist. Wenngleich in diesem Fall wiederum, das, was wir dem Begriff nach als " kreisen" bezeichnen, im Zusammenhang mit den beiden anderen Termen, von denen eines (noch) kein Ding ist, ein Sachverhalt und eine Tatsache wäre. Solange dieser neunte Planet, dieses Ding der Außenwelt, noch unentdeckt ist, solange ist der Sachverhalt und die Tatsache, dass ein neunter Planet um die Sonne kreist, lediglich hypothetischer Natur ist.

Wie dem auch sei, alle drei Beispiele sind mit dem befasst, was Sachverhalte und Tatsachen ausmachen, und zwar, dass sie in einer vom Geist unabhängigen Welt existieren. Mit dem, was Fregge und offenbar dich .. Consul .. umtreibt hat das, wie gesagt, m. E. bestenfalls mittelbar zu tun :!:

Consul hat geschrieben :
Sa 4. Okt 2025, 18:21
Das Unstimmige an den sogenannten russellschen Propositionen besteht darin, sie überhaupt Propositionen zu nennen und ihnen semantische Eigenschaften wie aboutness zuzuschreiben, die ein Sachverhalt oder eine Tatsache als nichtrepräsentationale Entität gar nicht haben kann – im Gegensatz zu Sinnverhalten/Begriffverhalten als repräsentationalen Entitäten. Nur Letztere sollten Propositionen genannt werden, und nur sie können sich semantisch auf etwas beziehen und einen Wahrheitswert haben.
  • Übersicht mit KI
    aboutness
    " In der Philosophie und Sprachwissenschaft: Der Begriff beschreibt, was es bedeutet, dass ein Text von etwas handelt, z.B. von einem bestimmten Sujet oder einer Materie."
Vor dem Hintergrund dessen, was von mir anhand der drei Beispiele, zu den sogenannten russellschen Propositionen, beschrieben wurde und dem, was der Begriff "aboutness" in der Philosophie und Sprachwissenschaft beschreibt, frage ich mich allerdings ernsthaft, ob du die russellschen Propositionen überhaupt verstanden hast. Würde ich doch meinen, dass man von daher den russellschen Propositionen sehr wohl semantische Eigenschaften, wie aboutness , zuzuschreiben kann. Wissen wir doch auf Grundlage jener Terme, was es "bedeutet", dass ein Text von Sachverhalten und Tatsachen handelt. Zum Schluss dazu vielleicht noch ein viertes Beispiel ..
  • "Der Mond liegt auf der Erde"
Diesmal überlasse ich allerdings dir.. Consul .. , dergleichen, wie von mir beschrieben, gemäß den russellschen Propositionen und demzufolge gemäß dem, was Sachverhalte und Tatsachen sind, zu interpretieren. Verstehst du ja möglicherweise dann, warum die russellschen Propositionen durchaus Propositionen sind und warum man ihnen deshalb durchaus semantische Eigenschaften wie aboutness zuzuschreiben kann.

Vorausgesetzt natürlich, dass, wie im Beitrag 95490 beschrieben, jene Dosis bei dir noch nicht überschritten. Bei dem, was du von DIAMAT bekanntermaßen hältst, grenzwertig dürfte sie allerdings allemal sein .. ;)
Consul hat geschrieben :
Fr 19. Sep 2025, 19:41
Der DIAMAT bietet gewiss kein objektives Verfahren zur Entscheidung ontologischer Fragen wie derjenigen nach der Natur und Existenz von Relationen.
Das nur mal so nebenbei oder auch nicht. So wie meiner Meinung nach der DIAMAT sehr wohl ein objektives Verfahren zur Entscheidung ontologischer Fragen, wie derjenigen nach der Natur und Existenz von Relationen bietet. Vielleicht kommen wir, wie bei den russellschen Propositionen, im Verlauf der Diskussion zur "Ontologie der Sachverhalte und Tatsachen" auch noch darauf zurück. So das du danach möglicherweise auch noch den DIAMAT, in diesem Sinne , wertschätzen und demzufolge zu verstehen lernst.




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Consul
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Di 7. Okt 2025, 16:36

"Russellsche Propositionen, Fregesche Gedanken und Fakten

In der modernen Literatur zur Referenz ist es üblich, sogenannte „Russellsche Propositionen“ mit geordneten n-Tupeln von Objekten und Eigenschaften (einschließlich Relationen) zu identifizieren. Um ein einfaches Beispiel zu nennen: Die Russellsche Proposition, die dem Satz „Sokrates ist weise“ entspricht, wäre das geordnete Paar <Sokrates, Weisheit>, das (mit der bekannten Kuratowski-Technik) durch die Menge {{Sokrates}, {Sokrates, Weisheit}} dargestellt werden kann. Russell selbst identifiziert seine Propositionen nicht explizit mit solchen mengentheoretischen Konstruktionen, und es gibt tatsächlich Schwierigkeiten bei dieser oder jeder mengentheoretischen Rekonstruktion Russellscher Propositionen, was die Exegese von Russells Position von 1903 betrifft: Denn in Principles gibt es ein Problem hinsichtlich der relativen Definitionspriorität von Mengen und dem, was Russell als propositionale Funktionen bezeichnet. Im Folgenden werde ich detaillierter darauf eingehen, wie Russellsche Propositionen, aufgefasst als Konstruktionen aus weltlichen Entitäten (Objekten und Eigenschaften, einschließlich Relationen) verstanden werden sollten. Im Moment können wir jedoch mit der folgenden groben Charakterisierung arbeiten: Russellsche Propositionen sind Bedeutungen von Aussagesätzen und enthalten als wörtliche Bestandteile die weltlichen Entitäten – zentral Objekte und Eigenschaften (einschließlich Relationen) –, die durch die semantisch bedeutsamen Teile dieser Sätze eingeführt werden. Nach diesem Ansatz sind Propositionen abstrakte Objekte, die in dieser Hinsicht Satztypen ähneln.

Wenn Russellsche Propositionen die Bedeutungen von Aussagesätzen erschöpfen würden, würde daraus folgen, dass die Sätze „Hesperus ist hell“ und „Phosphorus ist hell“ dort, wo „Hesperus“ und „Phosphorus“ koreferenzierende Namen sind, keine unterschiedlichen Propositionen darstellen würden; und diese Position vertrat Russell im Wesentlichen während der gesamten Zeit von 1903 bis 1918. Die Russellsche Sichtweise kann einer Fregeschen Sichtweise gegenübergestellt werden. Demnach muss ein „dritter Bereich“ – der Bereich des (objektiven) Sinnes, der sich einerseits vom Bereich der (objektiven) Bedeutung [Referenz] und andererseits vom Bereich der (subjektiven) Vorstellungen unterscheidet – in unsere metaphysische Ökonomie aufgenommen werden, um die Tatsache zu erfassen, dass Elemente der symbolischen Sprache, wenn sie Entitäten in der Welt darstellen, diese weltlichen Entitäten nicht einfach so, sondern auf eine besondere Weise darstellen, die von semantischer und epistemologischer Wichtigkeit ist (oder zumindest sein kann). In seiner reifen Philosophie verortete Frege propositional strukturierte Bedeutungen von Aussagesätzen, Entitäten, die er (wie wir bemerkt haben) Gedanken nannte, auf der Ebene des Sinnes: Ihre Bestandteile wurden dann angemessenerweise als Sinne und nicht als die von diesen Sinnen dargestellten Objekte aufgefasst. So konzipierte Fregesche Gedanken stellten nicht propositional strukturierte, sondern einfache Entitäten in der Bezugsbereich, nämlich Wahrheitswerte. Im Gegensatz zu Frege und dem frühen Russell vertrat der frühe Wittgenstein die Ansicht, dass Aussagesätze überhaupt nichts benennen, weder Wahrheitswerte noch Komplexe. So heißt es in seinen Anmerkungen zur Logik von 1913: „Frege sagte: ‚Propositionen [d. h. Sätze, Aussagesätze] sind Namen‘“, Russell sagte: ‚Propositionen entsprechen Komplexen‘.“ Beides ist falsch; und besonders falsch ist die Aussage: ‚Propositionen sind Namen von Komplexen‘.“ (Zur Zeit der Philosophie des logischen Atomismus stimmte Russell, unter Wittgensteins Einfluss, zu.)

Wenn wir fragen, wo Fakten in der metaphysischen Ökonomie verortet sind, und mit Frege annehmen, dass Fakten mit wahren propositional strukturierten Bedeutungen von Aussagesätzen identisch sind, erhalten wir unterschiedliche Antworten, je nachdem, ob wir eine Russellsche oder eine Fregesche Position einnehmen: Wie wir gesehen haben, der Russell von 1903–1904 identifizierte Tatsachen mit wahren Propositionen, wie er sie verstand. Diese bestehen nicht nur aus weltlichen Entitäten, sondern sind selbst Bewohner der Welt. Ein moderner Anhänger Russells wird gut beraten sein, Tatsachen mit wahren Russellschen Propositionen zu identifizieren, verstanden im Sinne meiner (vorläufigen) Erläuterung. Zumindest werde ich in diesem Kapitel argumentieren, dass eine Korrespondenztheorie der Wahrheit abgelehnt werden muss, was Identität als plausibelsten Kandidaten für die Konstitution der Beziehung zwischen Tatsachen und wahren Propositionen übrig lässt. Dass Russellsche Propositionen abstrakte Objekte sind, stellt kein Hindernis für die Identifizierung dar: Eine Katze ist ein konkretes Objekt, ebenso wie eine Matte, aber daraus folgt nicht – und es ist nicht wahr –, dass die Tatsache, dass die Katze auf der Matte saß, ebenfalls konkret ist. Und angesichts meiner nachstehenden Identifizierung der Welt mit all ihren wahren und falschen Propositionen auf der Referenzebene gibt es gute Gründe für die Annahme, dass die Welt, obwohl sie sowohl konkrete als auch abstrakte Objekte enthält, selbst im Wesentlichen abstrakt ist.

Im Gegensatz zu Russell identifizierte Frege in seinen reifen Schriften Tatsachen mit wahren Fregeschen Gedanken, die Bewohner von Freges „Drittem Reich“ sind. Der allgemeine Rahmen ermöglicht zudem eine hybride Position, die von keiner dieser historischen Figuren beansprucht wird. Diese Position unterstütze ich. In dieser gemischten Position kombinieren wir einen dreigliedrigen Ansatz zur Semantik im Stil Freges, der unterschiedliche Ebenen anerkennt, welche Elemente der Symbolsprache, des Sinns und der Referenz umfassen, mit einem Russellschen Ansatz für Propositionen (und Fakten). Diese, identifiziert mit „Russellschen Propositionen“, verorten wir nicht auf der Sinnebene, sondern auf der Referenzebene als Referenten von Aussagesätzen (Fakten sind wahre Propositionen); die Sinnebene enthält dann propositional strukturierte Elemente, die wir der Bezeichnung halber auch weiterhin als Fregesche Gedanken bezeichnen können, da es sich dabei nicht um Propositionen als solche, sondern um propositional strukturierte Bedeutungen von Aussagesätzen (propositional strukturierte Darstellungsweisen von Russellschen Propositionen) handelt.

Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass die meisten Philosophen heutzutage die Vorstellung, Propositionen könnten weltliche Entitäten sein oder enthalten, nicht intuitiv finden und daher Freges Position der von Russell oder (sofern diese überhaupt in Betracht gezogen wird) der soeben skizzierten Hybridposition vorziehen. Leonard Linsky drückt es in seinem Kommentar zu der in §3 zitierten Passage aus Russells Brief an Frege aus dem Jahr 1904, in der Russell Frege mitteilt, der Mont Blanc selbst sei („trotz all seiner Schneefelder“) Teil der Proposition, dass der Mont Blanc höher als 4.000 Meter ist, so aus: „Für einen zeitgenössischen Leser sind Propositionen (sofern sie überhaupt zugelassen werden) abstrakte Entitäten, deren Bestandteile nichts so Konkretes sind wie ein schneebedeckter Berg.“ Doch die Annahme, Propositionen könnten als abstrakte Objekte keine konkreten Objekte enthalten, ist ein seltsames Non sequitur. Viele Philosophen haben keine entsprechenden Bedenken, die Existenz von Mengen anzuerkennen, d. h. von abstrakten Objekten, deren Mitgliederbereich sowohl konkrete als auch abstrakte Objekte umfasst, wie es bei einer typischen Russellschen Proposition der Fall wäre. (In der reinen Mengenlehre konstruieren wir das Universum der Mengen aus der leeren Menge, aber es gibt ein Argument, das auf Überlegungen zur Anwendbarkeit der Mengenlehre beruht und dafür spricht, gewöhnliche Objekte auf der untersten Ebene der kumulativen Hierarchie einzubeziehen.) Und einige Philosophen, insbesondere Nominalisten, sind bereit, die Identifizierung von Satztypen, die letztlich abstrakte Objekte sind, mit Mengen von Satzexemplaren zu akzeptieren, die ein Nominalist als konkrete Objekte klassifizieren würde. Für jeden, der die Mengenlehre in ihrer modernen Standardform akzeptiert oder sich von der Reduktion von Typen auf Mengen von Exemplaren angezogen fühlt, kann es also grundsätzlich keine Schwierigkeiten mit der Russellschen Konzeption von Propositionen als potenziell aus konkreten und abstrakten Objekten zusammengesetzt geben. Meiner Ansicht nach ist es ein Fehler, propositional strukturierte Bedeutungen von Sätzen ausschließlich der Sinnebene der semantischen Hierarchie zuzuordnen[.]" [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Gaskin, Richard. The Unity of the Proposition. Oxford: Oxford University Press, 2008. pp. 56-9)
Anmerkungen:

A. "Russellsche Propositionen sind Bedeutungen von Aussagesätzen und enthalten als wörtliche Bestandteile die weltlichen Entitäten – zentral Objekte und Eigenschaften (einschließlich Relationen) –, die durch die semantisch bedeutsamen Teile dieser Sätze eingeführt werden. Nach diesem Ansatz sind Propositionen abstrakte Objekte, die in dieser Hinsicht Satztypen ähneln."
1. Das Wort "Bedeutung" wird hier im fregeschen Sinn gebraucht, in dem Bedeutungen Bezugsgegenstände sind: "Russellsche Propositionen sind Bezugsgegenstände von Aussagesätzen…"
2. Russellsche Propositionen, die aus konkreten Objekten und abstrakten Universalien bestehen, sind ontologische Hybride, d.i. abstrakt-konkrete Objekte und nicht rein abstrakte Objekte.

B. "Ein moderner Anhänger Russells wird gut beraten sein, Tatsachen mit wahren Russellschen Propositionen zu identifizieren…"
Häh…?! Russellsche Propositionen – als aus weltlichen Dingen und Eigenschaften/Beziehungen bestehende Sachverhalte – haben im Gegensatz zu fregeschen Propositionen – als aus Wortsinnen bestehende Sinnverhalte – keinen Wahrheitswert.

C. "…In dieser gemischten Position kombinieren wir einen dreigliedrigen Ansatz zur Semantik im Stil Freges, der unterschiedliche Ebenen anerkennt, welche Elemente der Symbolsprache, des Sinns und der Referenz umfassen, mit einem Russellschen Ansatz für Propositionen (und Fakten). Diese, identifiziert mit „Russellschen Propositionen“, verorten wir nicht auf der Sinnebene, sondern auf der Referenzebene als Referenten von Aussagesätzen (Fakten sind wahre Propositionen); die Sinnebene enthält dann propositional strukturierte Elemente, die wir der Bezeichnung halber auch weiterhin als Fregesche Gedanken bezeichnen können, da es sich dabei nicht um Propositionen als solche, sondern um propositional strukturierte Bedeutungen von Aussagesätzen (propositional strukturierte Darstellungsweisen von Russellschen Propositionen) handelt."

1. Sprachebene: Wort- und (Aussage-)Satzebene
2. Sinnebene, Bedeutungsebene_1 (Ebene der nichtfregeschen Bedeutungen)
3. Bezugsebene, Bedeutungsebene_2 (Ebene der fregeschen Bedeutungen)

Fregesche Propositionen (Gedanken) gehören zu 2 und russellsche Propositionen zu 3.
Tatsachen kann man entweder als wahre Gedanken der 2. Ebene oder als bestehende, wirkliche Sachverhalte der 3. Ebene zuordnen.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Pommesbude
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Di 7. Okt 2025, 18:13

Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:18
und zwar, dass der ausgedrückte Gedanke oder Inhalt des Satzes, "Der Mond kreist um die Erde" etwas repräsentiert, das in einer vom Geist unabhängigen Welt existiert.
Die Vorstellung eins fortlaufenden Universums ohne jede Wahrnehmung ist nicht eindeutig konsistent.
Das Universum mag ja weiterlaufen – nur streng genommen ist diese Vorstellung ungesichert, da ohne Wahrnehmung Existenz und Ablauf unbestimmt bleiben.
Wenn wir annehmen, alle Wahrnehmung im Universum würde enden, dann ist die Vorstellung, alles sei nur ein großer Traum, im Grunde genauso wahrscheinlich oder unwahrscheinlich wie die Annahme einer unabhängigen, objektiven Existenz.
Consul hat geschrieben : Mein Leben ist von deinem Leben nicht abhängig. Die Sonne ist von der Erde nicht abhängig.
Die Sonne hängt nicht vollständig von der Erde ab, aber sie ist auch nicht ganz unabhängig von ihr.
Würde die Erde verschwinden, ja die Sonne bliebe – doch sie wäre eine andere: In anderen Relationen, in einem anderen Universum.

So auch wir:
Nicht direkt voneinander verursacht, aber miteinander verwoben –
gemeinsam konstituieren wir jeden Moment das, was wir Leben nennen.




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Jörn P Budesheim
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Man sollte epistemische und kausale Abhängigkeit auseinanderhalten; wenn ich es richtig verstanden habe und mich richtig entsinne, ist es das, worauf Consul hinweisen wollte.




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Consul
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Di 7. Okt 2025, 18:58

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:23
Man sollte epistemische und kausale Abhängigkeit auseinanderhalten; wenn ich es richtig verstanden habe und mich richtig entsinne, ist es das, worauf Consul hinweisen wollte.
Ich meinte existenzielle/ontologische Abhängigkeit: Die Existenz der Sonne hängt nicht von der Existenz der Erde ab.

SEP: Ontological Dependence
SEP: Ontologische Abhängigkeit [Google Translate]
"‚Abhängigkeit‘ bezeichnet lediglich ein grobes Schema, eine Form der Verbindung zwischen Objekten oder Objektarten, die unterschiedlich ausgestaltet werden kann. Um einen roten Faden durch die verschiedenen Begriffe von Abhängigkeit zu ziehen, können wir die folgenden ungefähren Definitionen betrachten:

(1) Person a ist finanziell von Person b abhängig, wenn a nicht zahlungsfähig sein kann, solange b nicht zahlungsfähig ist (finanzielle Abhängigkeit).

(2) Fähigkeit A ist von Fähigkeit B abhängig, wenn A nicht beherrscht werden kann, solange B nicht beherrscht wird (praktische Abhängigkeit).

(3) Urteil a (z. B. dass Rosen rot sind) ist von Idee b (z. B. der Idee von Rosen) abhängig, wenn a einer Person nicht einfallen kann, solange b ihr nicht einfällt (Brentanische psychologische Abhängigkeit).

(4) Person a ist von Droge B abhängig, wenn a nicht überleben kann, solange B nicht regelmäßig verabreicht wird (physiologische Abhängigkeit).

(5) Klausel a dieses Vertrags ist von Klausel b abhängig, wenn sie nicht anwendbar ist, solange b nicht anwendbar ist (rechtliche Abhängigkeit).

(6) Detonation a dieser Mine ist abhängig von seiner Zündung b genau dann, wenn a (die Detonation) nicht stattfinden kann, ohne dass b (die Zündung) zuvor stattfindet (kausale Abhängigkeit).

(7) Akzidenz a (z. B. dieses Weiß) ist abhängig von Substanz b (z. B. diesem Stück Papier), genau dann, wenn a nicht existieren kann, ohne dass b existiert (ontologische Abhängigkeit).

(8) Proposition p ist abhängig von Proposition q genau dann, wenn p nicht wahr sein kann, ohne dass q wahr ist (eine Form logischer Abhängigkeit).

(9) Der Druck P einer festen Masse idealen Gases ist abhängig von seiner Temperatur T und seinem Volumen V genau dann, wenn P nicht variieren kann, ohne dass mindestens einer der Werte T und V variiert (funktionale Abhängigkeit).

(10) Die Lebenserwartung E eines 1960 geborenen Mannes ist abhängig von seinem Geburtsland genau dann, wenn sich die Lebenserwartung von 1960 geborenen Männern nicht unterscheiden kann, es sei denn, sie wurden in verschiedenen Ländern geboren, ceteris paribus (eine Form statistischer Abhängigkeit)." [Google Translate]

(Simons, Peter. Parts: A Study in Ontology. Oxford: Oxford University Press, 1987. p. 293)



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Jörn P Budesheim
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Di 7. Okt 2025, 19:13

Ah, okay dann habe ich mich falsch erinnert. Nichtsdestotrotz sollte man epistemische und kausale Abhängigkeit nicht vermengen/verwechseln.

Wenn ein Antirealist behauptet, dass das, was wir erkennen, von uns abhängt, dann meint er keine kausale Abhängigkeit, sondern eine epistemische Abhängigkeit. Die Welt ist in dieser antirealistischen Sichtweise epistemisch abhängig von uns, insofern sie nur in den Formen unserer Erkenntnis erscheint, wir sehen sie nicht wie sie an sich ist, sondern nur so, wie wir sie konstruieren. Das ist offensichtlich etwas anderes als kausale Abhängigkeit.
Pommesbude hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 17:46
Sobald wir etwas beobachten, denken, vorstellen oder formulieren, steht es immer bereits in Bezug zu uns und kann nicht mehr als vollständig unabhängig bezeichnet werden.
Hier geht es eher um eine epstemische/logische Abhängigkeit.
Pommesbude hat geschrieben :
Do 2. Okt 2025, 18:43
Alles ist von allem abhängig.
Pommesbude hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:13
Die Sonne hängt nicht vollständig von der Erde ab, aber sie ist auch nicht ganz unabhängig von ihr.
Und hier ist zwar ebenfalls von Abhängigkeit die Rede, aber hier ist wohl eine kausale Abhängigkeit gemeint.




Timberlake
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Di 7. Okt 2025, 19:55

Pommesbude hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:13
Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:18
und zwar, dass der ausgedrückte Gedanke oder Inhalt des Satzes, "Der Mond kreist um die Erde" etwas repräsentiert, das in einer vom Geist unabhängigen Welt existiert.
Die Vorstellung eins fortlaufenden Universums ohne jede Wahrnehmung ist nicht eindeutig konsistent.
Das Universum mag ja weiterlaufen – nur streng genommen ist diese Vorstellung ungesichert, da ohne Wahrnehmung Existenz und Ablauf unbestimmt bleiben.
Wenn wir annehmen, alle Wahrnehmung im Universum würde enden, dann ist die Vorstellung, alles sei nur ein großer Traum, im Grunde genauso wahrscheinlich oder unwahrscheinlich wie die Annahme einer unabhängigen, objektiven Existenz.
Das eine vom Geist unabhängigen Welt existiert, würde ich allerdings für eindeutig konsistent halten. Wie übrigens auch, dass der ausgedrückte Gedanke oder Inhalt des Satzes, "Der Mond kreist um die Erde" diese unabhängige Welt repräsentiert.

Dazu nur mal zur Info ..
... https://journals.openedition.org .... hat geschrieben :
»Repräsentation« und ihre Bedeutung

Veranschaulichung eines abwesenden Gegenstands

Der ersten Bedeutung zufolge ist »Repräsentation« das »Bild, das uns abwesende Gegenstände in den Sinn und in Erinnerung ruft und das sie uns schildert, wie sie sind«. Dementsprechend veranschaulicht eine »Repräsentation« etwas (Ding, Begriff oder Person), das nicht anwesend ist, indem sie an dessen Stelle ein »Bild« setzt, das das Abwesende angemessen darzustellen vermag. Repräsentieren bedeutet in diesem Sinne, die Dinge mittelbar, über die Zeichnung eines Gegenstands, über Wörter und Gesten, über Figuren und Zeichen (so z. B. im Rätsel, im Emblem, in der Fabel, in der Allegorie) zu erkennen zu geben.
Wenn wir annehmen, alle Wahrnehmung im Universum würde enden, dann ist die Vorstellung, alles sei nur ein großer Traum unzutreffend. Während der Geist träumt, wird nichts vom Universum wahrgenommen und demzufolge kann dergleichen auch nicht als Wahrgenommenes im Universum enden. Das können nur vom Geist, in Form von Repräsentationen, vollzogene Wahrnehmungen des Universums.


Merke!
Indem sie an dessen Stelle (dem Universum) ein »Bild« setzen, das das Abwesende angemessen darzustellen vermag (z.B. der Satz "Der Mond kreist um die Erde") sind Repräsentationen keine Träume. Wie ich übrigens deshalb Träume nicht zu dem zählen würde, was hier zu Diskussion steht – die Ontologie der Sachverhalte und Tatsachen.




Timberlake
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Di 7. Okt 2025, 20:46

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:23
Man sollte epistemische und kausale Abhängigkeit auseinanderhalten; wenn ich es richtig verstanden habe und mich richtig entsinne, ist es das, worauf Consul hinweisen wollte.
Nun ja .. richtig verstehen und richtig entsinnen .. würde ich jetzt tatsächlich nicht mit Consuls Beiträgen assoziieren wollen. Insbesondere was das Auseinanderhalten einer epistemischen und kausalen Abhängigkeit betrifft. Wüste ich doch nicht aus welchen seiner Beiträge dergleichen hervorgehen könnte.

  • Übersicht mit KI
    "Das Adjektiv "epistemisch" ist ein Fachbegriff aus der Philosophie, der sich auf das Wissen, die Erkenntnis oder die Erkenntnistheorie (Epistemologie) bezieht. Es beschreibt Dinge, die mit dem Wissenserwerb, dem Wissensbestand oder der Wissenslage einer Person zu tun haben."
Wenn kausal "bildungssprachlich" bedeutet "auf dem Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung beruhend; ursächlich", so wüsste ich allerdings auch nicht, was es da gemäß dem, was mir von der KI zu "epistemisch" angezeigt wird, auseinander zu halten gäbe.


Consul hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:58
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:23
Man sollte epistemische und kausale Abhängigkeit auseinanderhalten; wenn ich es richtig verstanden habe und mich richtig entsinne, ist es das, worauf Consul hinweisen wollte.
Ich meinte existenzielle/ontologische Abhängigkeit: Die Existenz der Sonne hängt nicht von der Existenz der Erde ab.

SEP: Ontological Dependence
SEP: Ontologische Abhängigkeit [Google Translate]

Geschweige denn davon, dass ich auch nur die geringste Ahnung davon habe , im welchen Zusammenhang oder auch nicht, das Auseinanderhalten epistemischer und kausaler Abhängigkeiten mit dem steht, was (im Gegensatz?) dazu Consul meint.

Es wäre doch schon nett, dass man mir das begreiflich machen könnte. Vorausgesetzt natürlich, dass ich dazu überhaupt in der Lage wäre. Stichwort "höhere Mathematik" ...

Timberlake hat geschrieben :
So 5. Okt 2025, 22:46
...
Als ein "esotherische und gestellste vokabular" wie von die im Beitrag 95455 unterstellt, würde ich dergleichen allerdings nicht bezeichnen. Schließlich würde man, im Vergleich dazu, die sogenannte höhere mathematik nicht in gleicherweise abqualifizieren wollen, nur weil man sie nicht versteht. Ich habe sie übrigens selber nicht verstanden und das obgleich ich während meines Studium , mit ihr , also der Infinitesimalrechnung, gerechnet habe.




Timberlake
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Di 7. Okt 2025, 21:37

Um mich an dieser Stelle zu korrigieren :!:
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 19:13

Wenn ein Antirealist behauptet, dass das, was wir erkennen, von uns abhängt, dann meint er keine kausale Abhängigkeit, sondern eine epistemische Abhängigkeit. Die Welt ist in dieser antirealistischen Sichtweise epistemisch abhängig von uns, insofern sie nur in den Formen unserer Erkenntnis erscheint, wir sehen sie nicht wie sie an sich ist, sondern nur so, wie wir sie konstruieren. Das ist offensichtlich etwas anderes als kausale Abhängigkeit.

Weil von mir zu spät zur Kenntnis genommen. Mit dieser Erklärung wird natürlich klar, was es an einer epistemischen und kausalen Abhängigkeit auseinanderhalten zu halten gibt. Um dazu auf den Beitrag 95519 zurückzukommen. Wenn es bei dir heißt ...


"Die Welt ist in dieser antirealistischen Sichtweise epistemisch abhängig von uns, insofern sie nur in den Formen unserer Erkenntnis erscheint, wir sehen sie nicht wie sie an sich ist, sondern nur so, wie wir sie konstruieren"


.. konstruieren wir dann nicht genau das ...

... https://journals.openedition.org .... hat geschrieben :
»Repräsentation« und ihre Bedeutung

Veranschaulichung eines abwesenden Gegenstands

Der ersten Bedeutung zufolge ist »Repräsentation« das »Bild, das uns abwesende Gegenstände in den Sinn und in Erinnerung ruft und das sie uns schildert, wie sie sind«. Dementsprechend veranschaulicht eine »Repräsentation« etwas (Ding, Begriff oder Person), das nicht anwesend ist, indem sie an dessen Stelle ein »Bild« setzt, das das Abwesende angemessen darzustellen vermag. Repräsentieren bedeutet in diesem Sinne, die Dinge mittelbar, über die Zeichnung eines Gegenstands, über Wörter und Gesten, über Figuren und Zeichen (so z. B. im Rätsel, im Emblem, in der Fabel, in der Allegorie) zu erkennen zu geben.

.. eine »Repräsentation« ?
Consul hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:58
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:23
Man sollte epistemische und kausale Abhängigkeit auseinanderhalten; wenn ich es richtig verstanden habe und mich richtig entsinne, ist es das, worauf Consul hinweisen wollte.
Ich meinte existenzielle/ontologische Abhängigkeit: Die Existenz der Sonne hängt nicht von der Existenz der Erde ab.

Das hat allerdings mit dem, was Consul meint, so rein gar nichts zu tun. Vielleicht hat er auch nur nicht gewußt, was Jörn damit gemeint hat. Kam doch von Jörn , meines Wissens , die Erklärung dessen, erst nach dem Consul diesen Beitrag gepostet hat.




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Consul
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Mi 8. Okt 2025, 12:00

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:17
Selbst wenn es nur einen einzigen Gegenstand gäbe und keine "Beobachter", dann wäre über diesen Gegenstand unvermeidlich einiges wahr, zum Beispiel, dass er mit sich selbst identisch ist, dass es der einzige Gegenstand ist; alles, was es gibt, ist "so und so".
In einer Welt ohne Wahrheitsträger gibt es auch keine Wahrheiten, und an das Dasein abstrakter fregescher Propositionen ("Gedanken") als notwendig und ewig seienden sprachunabhängigen Wahrheitsträgern glaube ich nicht.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Mi 8. Okt 2025, 12:18

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:23
Man sollte epistemische und kausale Abhängigkeit auseinanderhalten; wenn ich es richtig verstanden habe und mich richtig entsinne, ist es das, worauf Consul hinweisen wollte.
"Was ist epistemische Abhängigkeit? Auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort. In seiner allgemeinsten Form lässt sich der Begriff der epistemischen Abhängigkeit mit dem folgenden Schema ausdrücken:

DEP: x hängt von y bezüglich ϕ ab.

Epistemische Abhängigkeit, wie sie durch DEP charakterisiert wird, ist eine zielorientierte Beziehung , in der x auf y angewiesen ist , um ein epistemisches Ziel ( ϕ ) zu erreichen. Wir können also verschiedene Arten epistemischer Abhängigkeit danach unterscheiden, auf welche Art von Ziel der Zustand epistemischer Abhängigkeit abzielt.

Ein charakteristisches epistemisches Ziel epistemischer Abhängigkeitsbeziehungen ist das Erreichen eines epistemischen Status wie Wissen, Rechtfertigung, Verständnis, Weisheit oder Gewissheit. Dementsprechend ist epistemische Abhängigkeit wissensrelativ, wenn x von y abhängt , um als Wissen zu gelten oder p zu wissen; rechtfertigungsrelativ, wenn x von y abhängt , um epistemisch gerechtfertigt zu sein oder um berechtigt zu sein, p zu glauben ; verständnisrelativ, wenn x von y abhängt, um p zu verstehen; und so weiter." [Google Translate]

Quelle: A taxonomy of types of epistemic dependence: introduction to the Synthese special issue on epistemic dependence



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Jörn P Budesheim
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Mi 8. Okt 2025, 12:31

Was ich damit meine, habe ich hier erklärt: Wenn ein Antirealist behauptet, dass das, was wir erkennen, von uns abhängt, dann meint er keine kausale Abhängigkeit, sondern eine epistemische Abhängigkeit. Die Welt ist in dieser antirealistischen Sichtweise epistemisch abhängig von uns, insofern sie nur in den Formen unserer Erkenntnis erscheint, wir sehen sie nicht wie sie an sich ist, sondern nur so, wie wir sie konstruieren. Das ist offensichtlich etwas anderes als kausale Abhängigkeit.




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Mi 8. Okt 2025, 12:48

Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 21:37
... https://journals.openedition.org .... hat geschrieben : »Repräsentation« und ihre Bedeutung
Veranschaulichung eines abwesenden Gegenstands
Der ersten Bedeutung zufolge ist »Repräsentation« das »Bild, das uns abwesende Gegenstände in den Sinn und in Erinnerung ruft und das sie uns schildert, wie sie sind«. Dementsprechend veranschaulicht eine »Repräsentation« etwas (Ding, Begriff oder Person), das nicht anwesend ist, indem sie an dessen Stelle ein »Bild« setzt, das das Abwesende angemessen darzustellen vermag. Repräsentieren bedeutet in diesem Sinne, die Dinge mittelbar, über die Zeichnung eines Gegenstands, über Wörter und Gesten, über Figuren und Zeichen (so z. B. im Rätsel, im Emblem, in der Fabel, in der Allegorie) zu erkennen zu geben.
.. eine »Repräsentation« ?
Wörtlich übersetzt ist eine Repräsentation eine Vergegenwärtigung, und eine Präsentation ist entsprechend eine Gegenwärtigung.
Die Gegenstände der Wahrnehmung sind gegenwärtigt, wohingegen die Gegenstände der Vorstellung (Einbildung, Erinnerung) vergegenwärtigt sind. Die Vertreter der Theorie der indirekten/repräsentativen Wahrnehmung halten allerdings auch die (äußeren) Wahrnehmungsgegenstände für vergegenwärtigt.

Die Wörter Vorstellung und Darstellung werden auch allgemein als Übersetzung von Repräsentation gebraucht, wobei dann unter Vorstellungen nicht nur Imaginationen, sondern auch Perzeptionen verstanden werden können.
Eine weitere deutsche Übersetzung ist Vertretung. Eine Repräsentation/Ein Repräsentant vertritt (oder "steht für") etwas anderes/jemand anderen.
"Vorstellung (phantasia, perceptio, idea, repraesentatio. idea, perception: englisch. idée, perception: französisch) bedeutet: 1) die Erinnerungsvorstellung, die reproduzierte Vorstellung. 2) (im weiteren Sinne) jeden anschaulichen, aus Empfindungen als Elementen sich aufbauenden Bewußtseinsvorgang, der etwas zum Objekt hat, sei er eine Wahrnehmung oder eine Erinnerung (Gedächtnis, Reproduktion).…"

Quelle: Eislers Wörterbuch der philosophischen Begriffe



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Mi 8. Okt 2025, 12:54

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mi 8. Okt 2025, 12:31
Was ich damit meine, habe ich hier erklärt: Wenn ein Antirealist behauptet, dass das, was wir erkennen, von uns abhängt, dann meint er keine kausale Abhängigkeit, sondern eine epistemische Abhängigkeit. Die Welt ist in dieser antirealistischen Sichtweise epistemisch abhängig von uns, insofern sie nur in den Formen unserer Erkenntnis erscheint, wir sehen sie nicht wie sie an sich ist, sondern nur so, wie wir sie konstruieren. Das ist offensichtlich etwas anderes als kausale Abhängigkeit.
Ja, aber es ist auch keine epistemische Abhängigkeit, sondern eine ontische Abhängigkeit. Mit Sätzen wie "Sein heißt Wahrgenommenwerden" und "Sein heißt Erkanntwerden" wird eine Seinsabhängigkeit des Seins von unserem Wahrnehmen/Erkennen behauptet.
(Laut Berkeley werden von uns gegenwärtig nicht wahrgenommene Dinge jederzeit von Gott wahrgenommen und bleiben somit in ihrem Sein erhalten.)



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Jörn P Budesheim
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Mi 8. Okt 2025, 13:06

Wir können es auch anders nennen. Entscheidend ist der Punkt, dass man diese beiden Formen der Abhängigkeit (epistemische/ontische oder klingonische) Abhängigkeit und kausale Abhängigkeit nicht verwechseln sollte. Dass die Sonne und ich kausal wechselwirken, heißt nicht, dass sie von uns konstruiert oder anderweitig abhängig ist.


*ich hab eine vage Erinnerung, dass der Ausdruck von R. Rorty stammt, bin aber nicht sicher.




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Jörn P Budesheim
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Mi 8. Okt 2025, 15:32

Consul hat geschrieben :
Mi 8. Okt 2025, 12:00
In einer Welt ohne Wahrheitsträger gibt es auch keine Wahrheiten, und an das Dasein abstrakter fregescher Propositionen ("Gedanken") als notwendig und ewig seienden sprachunabhängigen Wahrheitsträgern glaube ich nicht.
Wie sollte es aber anders sein? Das übersteigt wohl meine Fassungsgabe.

"Jetzt" ist etwas wahr, sagen wir W. Wie soll ich mir vorstellen, dass W irgendwann nicht mehr wahr ist? Das halte ich für ausgeschlossen. Was wahr ist, ist ohne Zeit wahr.

Stellen wir uns eine Welt vor, in der eine Kugel existiert. In dieser Welt ist es wahr, dass eine Kugel existiert. Wie sollte es anders sein?? Das ist mir zu hoch, wenn ich ehrlich bin.




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Mi 8. Okt 2025, 15:50

Pommesbude hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 18:13
Die Vorstellung eins fortlaufenden Universums ohne jede Wahrnehmung ist nicht eindeutig konsistent.
Das Universum mag ja weiterlaufen – nur streng genommen ist diese Vorstellung ungesichert, da ohne Wahrnehmung Existenz und Ablauf unbestimmt bleiben.
Wenn wir annehmen, alle Wahrnehmung im Universum würde enden, dann ist die Vorstellung, alles sei nur ein großer Traum, im Grunde genauso wahrscheinlich oder unwahrscheinlich wie die Annahme einer unabhängigen, objektiven Existenz.
Hier werden, wie mir scheint, mehrere Ebenen vermischt:

(1) Was der Fall ist
(2) Wie wir davon wissen
(3) Was wir uns vorstellen
(4) Ob wir richtig liegen

Was der Fall ist (1), kann vollständig unabhängig von (2), (3) und (4) der Fall sein. Deshalb ist es durchaus konsistent, zu sagen, dass das Universum fortläuft – auch dann, wenn niemand es wahrnimmt. Es könnte falsch sein, aber es ist konsistent.




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Mi 8. Okt 2025, 17:26

Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:18
Das beschreibt aber nicht das, worauf ich hinaus wollte, und zwar, dass der ausgedrückte Gedanke oder Inhalt des Satzes, "Der Mond kreist um die Erde" etwas repräsentiert, das in einer vom Geist unabhängigen Welt existiert.
Das Um-die-Erde-Kreisen des Mondes bzw. der um die Erde kreisende Mond ist in der Tat nichts Geistabhängiges.
Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:18
Oder wie 'die Rose ist rot', als ein gegenständliches Korrelat fungiert, bei dem dieses Korrelat etwas anderes sein muss, als die Rose selbst, ein Ding der Außenwelt. Deshalb wollen wir sowohl "Der Mond kreist um die Erde" als auch die Rose ist Rot als einen Sachverhalt und ich ergänze als eine Tatsache bezeichnen. Schließlich haben uns bisher beide Namen schon ganz ungezwungen eingestellt. Dinge der Außenwelt bzw. Dinge, die in einer vom Geist unabhängigen Welt existieren, wie sie für gegenständliche Gebilde der Form 'b-sein des A' verwendet werden.

Es mag ja sein, dass es (wie in dem o.g. Zitat von dir beschrieben) diese drei Arten sprachlicher Repräsentationen gibt, nur hat das bestenfalls mittelbar mit dem zu tun, was wir künftig als einen Sachverhalt bzw. eine Tatsache bezeichnen wollen. Sondern vielmehr mit dem, was Fregge wollte …
[Frege – mit einem g!]

"Der Mond kreist um die Erde" ist weder ein Sachverhalt noch eine Tatsache, sondern ein (wahrer) Aussagesatz. Dass der Mond um die Erde kreist, ist ein Sachverhalt/eine Tatsache, ebenso wie das Um-die-Erde-Kreisen des Mondes.
Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:18
…Um dir einmal deutlich zu machen, was ich damit meine, komme ich noch mal das zurück, was nach Ansicht von Russel Propositionen sind.

Wenn es heißt der "Der Mond kreist um die Erde", so bezeichnet das eine Proposition, wonach etwas vom Geist unabhängigen Welt existiert. Das gilt sowohl im Zusammenhang mit diesen beiden Dingen "Mond" und "Erde", wie mit "kreisen" auch für die andere Art von Term – einen Begriff- . Somit reden wir bei diesem Satz, wie oben beschrieben, von einem Sachverhalt und einer Tatsache.

Wenn es hingegen heißt "Die Venus kreist um die Erde", so werden zwar mit der Venus und der Erde Dinge bezeichnet, die einer vom Geist unabhängigen Welt existieren. Jedoch was wir dem Begriff nach als "kreisen" bezeichnen, ist im Zusammenhang mit diesen beiden Dingen ganz sicher kein Sachverhalt und keine Tatsache. Demzufolge dieser Satz insgesamt definitiv nicht das repräsentiert, was in einer vom Geist unabhängigen Welt existiert.
[Russell – mit zwei l!]

* Die Existenz eines Aussagesatzes hängt nicht von seinem Wahrheitswert ab. Es gibt auch falsche Aussagesätze wie "Die Venus kreist um die Erde", welche (wie wahre Aussagesätze) nicht geistunabhängig existieren.

* Die Existenz eines fregeschen Gedankens/einer fregeschen Proposition wie <Die Venus kreist um die Erde> hängt nicht von seinem/ihrem Wahrheitswert ab. Es gibt (wenn es überhaupt fregesche Gedanken gibt) auch falsche Gedanken, welche (wie wahre Gedanken) geistunabhängig existieren.

* Manche Philosophen behaupten, dass die Existenz von Sachverhalten als gänzlich abstrakten Entitäten nicht von deren Bestehen abhängt, sodass es auch nicht bestehende Sachverhalte wie das Um-die-Erde-Kreisen der Venus gibt, welche (wie bestehende Sachverhalte) geistunabhängig existieren.
(Es wäre dann zwar das Bestehen des Sachverhalts des Existierens von Geisten geistabhängig, aber nicht dessen Existenz; denn dieser Sachverhalt würde jener Ansicht nach als Abstraktum auch dann existieren, wenn keine Geiste existierten.)

Ich kann allerdings keinen realen Unterschied zwischen solchen abstrakten Sachverhalten und abstrakten Sinnverhalten (= fregeschen Gedanken) erkennen.

* Konkrete, armstrongsche Sachverhalte existieren nur dann, wenn sie bestehen. In diesem Fall sind alle solchen Sachverhalte Tatsachen. Das Um-die-Erde-Kreisen der Venus hat folglich weder Bestand noch Existenz.
Ob armstrongsche Sachverhalte/Tatsachen geistabhängig sind, hängt davon ab, ob ihre Bestandteile geistabhängig sind, was beim Um-die-Erde-Kreisen des Mondes nicht der Fall ist.

Was das Verhältnis von armstrongschen Sachverhalten und russellschen Propositionen (als eigentlichen Sachverhalten) anbelangt, so bestehen beide Arten jeweils aus Dingen und Eigenschaften/Beziehungen; aber für Armstrong sind Letztere konkrete, immanente, aristotelische Universalien, wohingegen sie für Russell abstrakte, transzendente, platonische Universalien sind. Armstrongsche Sachverhalte sind entsprechend gänzlich konkret, wohingegen russellsche Sachverhalte ("Propositionen") teils konkret und teils abstrakt sind.
Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:18
  • Übersicht mit KI
    aboutness
    " In der Philosophie und Sprachwissenschaft: Der Begriff beschreibt, was es bedeutet, dass ein Text von etwas handelt, z.B. von einem bestimmten Sujet oder einer Materie."
Vor dem Hintergrund dessen, was von mir anhand der drei Beispiele, zu den sogenannten russellschen Propositionen, beschrieben wurde und dem, was der Begriff "aboutness" in der Philosophie und Sprachwissenschaft beschreibt, frage ich mich allerdings ernsthaft, ob du die russellschen Propositionen überhaupt verstanden hast. Würde ich doch meinen, dass man von daher den russellschen Propositionen sehr wohl semantische Eigenschaften, wie aboutness , zuzuschreiben kann. Wissen wir doch auf Grundlage jener Terme, was es "bedeutet", dass ein Text von Sachverhalten und Tatsachen handelt.
Nein, russellsche Propositionen sind (wie armstrongsche Sachverhalte) keine linguistischen oder quasi-linguistischen Repräsentationen, sodass sie von nichts handeln. Sie haben im Gegensatz zu repräsentationalen fregeschen Propositionen (Gedanken oder Aussagen) kein Sujet oder subject matter, und damit fehlt ihnen auch jegliche semantische aboutness.
Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Okt 2025, 14:18
Zum Schluss dazu vielleicht noch ein viertes Beispiel ..
  • "Der Mond liegt auf der Erde"
Diesmal überlasse ich allerdings dir.. Consul .. , dergleichen, wie von mir beschrieben, gemäß den russellschen Propositionen und demzufolge gemäß dem, was Sachverhalte und Tatsachen sind, zu interpretieren. Verstehst du ja möglicherweise dann, warum die russellschen Propositionen durchaus Propositionen sind und warum man ihnen deshalb durchaus semantische Eigenschaften wie aboutness zuzuschreiben kann.
Das kann man nicht, wenn russellsche Propositionen keine etwas repräsentierenden Zeichenverhalte (Wortverhalte, Begriffsverhalte) sind – was zutrifft!

Es gibt auch keine russellsche Proposition, die das Auf-der-Erde-Liegen des Mondes ist – eben weil der Mond nicht auf der Erde liegt.



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Mi 8. Okt 2025, 17:36

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mi 8. Okt 2025, 15:32
Consul hat geschrieben :
Mi 8. Okt 2025, 12:00
In einer Welt ohne Wahrheitsträger gibt es auch keine Wahrheiten, und an das Dasein abstrakter fregescher Propositionen ("Gedanken") als notwendig und ewig seienden sprachunabhängigen Wahrheitsträgern glaube ich nicht.
Wie sollte es aber anders sein? Das übersteigt wohl meine Fassungsgabe.

"Jetzt" ist etwas wahr, sagen wir W. Wie soll ich mir vorstellen, dass W irgendwann nicht mehr wahr ist? Das halte ich für ausgeschlossen. Was wahr ist, ist ohne Zeit wahr.
Es ist wahr, dass ich jetzt Hunger habe; aber das ist keine zeitlose, ewige Wahrheit.
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mi 8. Okt 2025, 15:32
Stellen wir uns eine Welt vor, in der eine Kugel existiert. In dieser Welt ist es wahr, dass eine Kugel existiert. Wie sollte es anders sein?? Das ist mir zu hoch, wenn ich ehrlich bin.
In einer Welt, in der nichts existiert außer einer Kugel, ist auch nichts über diese Kugel wahr (oder falsch), weil es darin keine Träger von Wahrheitswerten gibt. Die Kugel selbst kann kein Träger von Wahrheitswerten sein.



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Mi 8. Okt 2025, 18:10

Consul hat geschrieben :
Mi 8. Okt 2025, 17:36
Es ist wahr, dass ich jetzt Hunger habe; aber das ist keine zeitlose, ewige Wahrheit.
Na doch. Es ist auch noch übermorgen wahr, dass du zu dem Zeitpunkt t, wo du das geschrieben hast, keinen Hunger hattest. Und in 10.000 Jahren wird es immer noch wahr sein, und in einer Millionen oder einer Milliarde Jahre ebenfalls, weil eine Wahrheit kein Ablaufdatum hat. Es war der Fall und das kann sich unmöglich ändern.
Consul hat geschrieben :
Mi 8. Okt 2025, 17:36
In einer Welt, in der nichts existiert außer einer Kugel, ist auch nichts über diese Kugel wahr (oder falsch), weil es darin keine Träger von Wahrheitswerten gibt. Die Kugel selbst kann kein Träger von Wahrheitswerten sein.
Doch in einer Welt, in der eine Kugel existiert, ist es über die Kugel wahr, dass sie existiert, denn ansonsten würde sie ja nicht existieren. Dass sie existiert und dass es wahr ist, dass sie existiert, ist ein und derselbe Umstand. Da beißt die Maus einfach keinen Faden ab :)

Wahrheitsträger werden auch nicht benötigt, ich wüsste auch nicht, durch welche Wunder, sie eine ansonsten nicht existierende Wahrheit in die Welt bringen sollten.




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