Wo ist der 'Ort' der Zahlen?

Die Philosophie der Mathematik fragt, ob mathematische Objekte wie Zahlen existieren. Sie fragt nach der erstaunlichen Effektivität mathematischer Modelle in den Naturwissenschaften und wie mathematische Erkenntnisse gewonnen werden.
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Consul
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Mi 11. Sep 2024, 19:54

RoloTomasi hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 08:58
Also mir reicht als Ortsangabe der Zahlen die aus Wolfgangs Bemerkung resultierende Aussage, dass Zahlen Inhalte mathematischer Gedanken sind, eigentlich aus. Zahlen existieren im mathematischen Denken, sie sind - neben vielem anderen, was sonst noch in der Mathematik gegenständlich wird - Inhalte dieses Denkens. (Und dabei denkt ja dann wohl keiner an einen physischen Ort bzw. an einen Ort im Realraum. Inhalte von Gedanken sind eben nichts Räumliches. Die Zahl 2 ist sicherlich nicht räumlich 'in Gedanken', wie ein Hemd im Koffer.)
Nein, Zahlen sind nicht Inhalte, sondern Gegenstände mathematischen Denkens; und als solche existieren sie—falls sie überhaupt existieren—nicht innerhalb des mathematischen Denkens, worin als Inhalt nur konkrete Exemplare mathematischer Zeichen vorkommen.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Wolfgang Endemann
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Mi 11. Sep 2024, 20:01

Quk hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 01:04


Musterkasten. Zettelkasten.

Du machst keinen Unterschied zwischen Muster(kasten) und Zettelkasten? Für mich ist da ein enormer Unterschied. Ich weiß nicht, wie viele Neuronen ein menschliches Gehirn im Durchschnitt hat, aber es ist eine ganz andere Größenordnung als die 26 Buchstaben, oder die 36 Buchstaben und Ziffern, mithilfe derer ein Zettelkasten geordnet wird. Und die 2 ist etwas konstantes, das Muster im Gehirn, das mich die 2 denken läßt, ist etwas in ständiger Bewegung, Unruhe. Wie man die Strings mit schwingenden Saiten vergleicht, könnte man die Neuronen mit Strings vergleichen.

Auch das Bewußtsein sich als Recodierung einer codierten Welt vorzustellen, finde ich nicht sehr überzeugend. Aber ich möchte einen anderen Gedanken von Dir aufgreifen. Selbstverständlich ist das Denken in einer Sprachgemeinschaft nahezu vollständig ein sozialer, kein individueller Tatbestand. Wenn wir an einen "Tisch" denken, denken wir alle mehr oder weniger dasselbe. Irgendwann ist ein Designer auf die individuelle Idee gekommen, daß man einen Tisch von der Decke herunterhängen lassen könne, diese Idee war die individuelle Idee eines Kreativen. Aber einmal der Welt mitgeteilt, einmal hergestellt, wurde sie zu einem Allgemeingut.

Im Unterschied zu Buchstaben ist das Zahlzeichen "2" schon ein Bedeutungsträger. Und im Unterschied zu "Tisch" hat die 2 mathematisch eine exakt bestimmte Bedeutung. Die kennen selbstverständlich nur die Mathematiker, ein Aspekt dieser Bedeutung ist allerdings allgemein wohlbekannt, das ist die Anzahl 2. Dazu ist notwendig die mengentheoretische Voraussetzung, daß nur wohlunterschiedene Elemente zu Mengen zusammengefaßt werden können. Jeder weiß, daß wir nicht die Wassertropfen im halb gefüllten Glas zählen können. So, wie wir den Begriff "Tisch" in unserem Wortschatz gespeichert haben, freilich als Sammelbegriff für alles, was in einer bestimmten Form breit variierend vorliegt, so haben wir die Anzahl 2 als Zahlwort, in diesem Fall Zählwort gespeichert. Das besondere der Mathematik ist, daß alle, die mathematisch denken, exakt den gleichen Gedanken haben. Daß alle bei 2 das Gleiche denken und diesen Gedanken bei Bedarf aufrufen können, er also latent immer da ist, ist ein verständlicher Grund, anzunehmen, daß er ein Objekt wie jedes Realobjekt ist. Mit der zusätzlichen Eigenschaft, notwendig zu sein, so, wie er ist, also wahr zu sein. In einer genaueren Analyse läßt sich diese Sicht nicht aufrechterhalten.




Wolfgang Endemann
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Mi 11. Sep 2024, 20:10

RoloTomasi hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 08:58
@Wolfgang: Du schreibst: "Daß man dem materiellen Korrelat des Gedankeninhalts, das ich das materielle Substrat des Gedankens nenne, den Inhalt ansieht, ist eine absurde Vorstellung".

Dem stimme ich voll und ganz zu. Der gesamte Bezug auf materielle Korrelate, Gehirn und Nervensystem ist für unsere Diskussion darüber, ob Zahlen einen Ort haben, vollkommen irrelevant. Darauf brauchen wir uns überhaupt nicht zu beziehen.

Sehr wertvoll halte ich nach wie vor deine Einschätzung von Zahlen als Inhalte von Gedanken. Der Gedanke an die Zahl 2 hat die Zahl 2 zum Inhalt. Oder auch: Der Gedanke an die Zahl 2 bezieht auf die Zahl 2.
Schön, daß wir uns bis dahin einig sind. Sind wir es auch noch, wenn ich fortfahre?
Das mathematische Denken hat zwei Quellen: es ist eine Abstraktion des (lebens-)praktischen Denkens, zB der Zusammenfassung von anzahlig Vorliegendem, das wird mengentheoretisch präzisiert, wie im Vorkommentar erläutert, und liefert die Kardinalzahl der Anzahl der zusammengefaßten Dinge. Und auch der Größenvergleich im Alltag wird mathematisch abstrahierend präzisiert in der <- bzw ≤-Relation sowie der Normierung des Abstands zweier kardinaler Größen. Der Weg des mathematischen Denkens ist hier die analytische Transformation in eine exakte, explizite Begrifflichkeit. Die zweite Quelle ist der umgekehrte Weg, das Ausgehen von reinen mathematischen Begriffen, ihre Zusammensetzung und die Analyse der Folgerungen, hierbei wird der implizite Gehalt der Setzungen expliziert, man kommt zu einer mathematischen Theorie. Der reine Mathematiker erforscht diese abstrakte Welt der Setzungen und Konsequenzmengen. Der angewandte Mathematiker beschäftigt sich mit den Möglichkeiten, die reale Welt so zu abstrahieren, daß sie in mathematische Begriffe gefaßt und modelliert werden kann.




Wolfgang Endemann
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Mi 11. Sep 2024, 20:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 09:13
Auf diese Weise kann man sich dem tatsächlichen "Ort" der 4 langsam nähern, finde ich.
Nein. Wenn wir unter 4 das Zahlzeichen für eine bestimmte Anzahl von Objekten verstehen, ist die 4 das Zeichen für die fünfte Anzahlzahl, ich muß ein Feld (in disem Fall ein eindimensionales) von nach Größe geordneten Anzahlzahlen gebildet haben, in welchem ich den "Ort" der Ziffer 4 dann als die fünfte Position nach der 0 als der Ziffer für die kleinste Anzahlzahl bestimmen kann: 0xxx4. Ort ist hier nichts topologisches, sondern etwas verallgemeinertes wie eine bestimmte Lage in einer Anordnung. So sind auch Begriffe im Sprachfeld der Dinge verortet, allerdings ohne die präzisen logischen Strukturen der Anornung. Den "Ort" der 4 trifft man oder man trifft ihn nicht, keine (langsame) Annäherung. Die 4 als 5. Anzahlzahl ist eindeutig definiert, wie auch alle Anzahlzahlen davor und danach.

Im Binärsystem ergänze ich 2₁₀ = 10₂, 10₂ + 10₂ = 100₂.

Dies ist ein Beispiel für zwei mathematisch richtige Aussagen, 10+10=20 und 10+10=100, aber selbstverständlich richtig, wahr, nur in dem jeweiligen System. Die Anzahlzahl mit der Ziffer 4 ist jedoch in jedem Anzahlzahlsystem, das mindestens über fünf Ziffern verfügt, identisch 4.
Falls es eine Anzahlhaftigkeit in der Natur gibt (selbstverständlich gibt es die), beschreibt das System der endlichen oder unendlichen Kardinalzahlen diese Aspekte der Natur, und zwar vollkommen. Insofern ist dieses Kardinalzahlsystem ein absolut treffendes Modell von Aspekten der Natur, der Realwelt. Allerdings ist die Anzahlhaftigkeit nicht selbst ein Naturobjekt, sondern nur eine Eigenschaft von Naturobjekten, es gibt sie nicht als Naturobjekt. Neben den 3 oder mehr Aggregatzuständen gibt es nicht die 3 als Objekt.

"Wenn die 4 tatsächlich Teil von MERZ ist, warum kann man ihre Untersuchung dann nicht den Physikern überlassen?"
Die Physiker untersuchen durchaus die Anzahlhaftigkeit, indem sie die Eigenschaften ihrer Objekte untersuchen. Sie untersuchen nicht die reinen mathematischen Objekte, und benutzen daher nur die mathematischen Zusammenhänge, die Mathematiker an den anzahlhaftigen Dingen festgestellt haben, noch feststellen können.
"Vielleicht könnten sie dann ermitteln, dass 4 + 5 im statistischen Mittel ungefähr 9,00000000000231 ist."
Nein, das können sie nicht. Eine Anzahl ist immer eine nichtnegative ganze Zahl (abgesehen von transfiniten Kardinalzahlen).
"Noch schwieriger wird es mit der millionsten Stelle von Pi".
Nein, hier wird nicht gezählt. Es sei denn, man zähle die Nachkommastellen von π. Dieses Zählen hat eine eindeutige, beweisbare Antwort: π hat unendlich viele Nachkommastellen.
"Die objektiven Eigenschaften der mathematischen Objekte sind in der Physik, wie wir sie heute kennen, immer schon vorausgesetzt, damit Aussagen über den physikalischen Aspekt der Wirklichkeit gemacht werden können."
Nein. Was die Physik voraussetzt, ist die Möglichkeit der Beschreibung der physikalischen Wirklichkeit mit mathematischen Modellen. Das kann dazu führen, daß eine Quantenlogik, -arithmetik, -algebra entwickelt werden muß.
"Was, wenn jemand denkt, die 4 sei gar nicht 2 + 2, sondern 2 + 1?"
Dann weiß er oder sie nicht, was 1 und/oder 2 und/oder 3 und/oder 4 ist. In jedem Fall: zurück in Klasse 1 Grundschule. Aber das war ja eine rhetorische Frage.




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Jörn Budesheim
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Mi 11. Sep 2024, 20:41

☺️

Du gibst dir so viel Mühe, unfreundliche, schroffe, negative Antworten zu geben, dass du gar nicht auf die Idee kommst, einen Moment innezuhalten und über den Inhalt des Gesagten nachzudenken. Eigentlich ist das ziemlich traurig, aber es hat auch etwas Groteskes.




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Thomas
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Mi 11. Sep 2024, 21:28

Ich hab mir doch noch mal das Smartphone geschnappt, denn ich habe einen Vorschlag. Vielleicht schreibt ja einfach jeder von uns mal ein zwei kurze Sätze auf, in denen er seine Antwort auf unsere Themenfrage: "Wo ist der Ort der Zahlen?" formuliert. Dann kann man die Standpunkte leichter identifizieren und die Diskussion ufert nicht so aus.

Ich würde schreiben:

Zahlen als Objekte der Mathematik haben keinen Ort im realen Raum. Wenn man in Bezug auf Zahlen überhaupt von einem Ort sprechen will, so würde ich sagen: Ihr Ort ist der mathematische Gedanke, der sich auf sie bezieht.




Wolfgang Endemann
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Mi 11. Sep 2024, 22:37

Consul hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 19:54


Nein, Zahlen sind nicht Inhalte, sondern Gegenstände mathematischen Denkens;
Naja, von Gegenstand zu reden ist genau so metaphorisch wie von Inhalt zu reden, eher noch metaphorischer (das grammatikalische Objekt). Meine Unterscheidung war die des materiellen Gedankenträgers und des immateriellen Gedankeninhalts, sprich des Gehalts, sprich der Bedeutung. Der muß man mehr Subjekt- als Objektcharakter zusprechen. Aber sicher werden die Denkinhalte im Denken wie Quasi-Realobjekte behandelt.
In der mathematischen Theorie werden "Zahlobjekte" jedenfalls nicht als konkrete, sondern als bestimmte Dinge, Konstanten oder Variablen behandelt, zB im Kommutativgesetz a+b=b+a, oder als allgemeine Durchführbarkeit der Umkehroperation :, zu jedem a und b≠0 gibt es ein c mit c = a/b.
Mir ist also nicht klar, was Du mit Deiner Aussage meinst.




Wolfgang Endemann
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Mi 11. Sep 2024, 23:14

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 20:41
☺️

Du gibst dir so viel Mühe, unfreundliche, schroffe, negative Antworten zu geben
Du willst doch wohl nicht sagen, daß ein widersprechender Kommentar, also ein Nein, unfreundlich ist, insbesondere, wenn ausführlich zu begründen versucht wird, warum zu widersprechen ist, oder?
Schroff vielleicht, aber Deine Affirmationen sind auch ziemlich schroff. Daß negative Antworten bei mir überwiegen, ist sicher richtig. Wir sind doch hier ein Forum, wo um die Wahrheit gerungen wird, kann es da anders sein? Wir widersprechen uns hier, jeder, so gut er kann, und ich finde, so soll es sein. Denn dann kann doch einmal bei einem der Groschen fallen, oder auch bei allen, wenn man sich in Diskussionen verrannt hat, was in der Praxis zu selten geschieht, wofür auch in der Regel der Ort einer ungezwungenen, unzensierten Aussprachemöglichkeit fehlt.
Natürlich hätte ich Deinen Beitrag loben können, einmal zusammenzustellen, in welchen Zusammenhängen Kardinalzahlen stehen. Dann sage ich hier nachträglich dafür: danke. Nur stoße ich mich an Fehlinterpretationen, zumindest mehr als andere hier. Also bitte mir nicht die schroffen, negativen Antworten verübeln, sondern darin eine Chance sehen, vielleicht was zu lernen. Ich akzeptiere schroffe Antworten.
Unfreundlich möchte ich wirklich nicht sein. Welches meiner Neins empfindest Du denn als grundlos negativ und unfreundlich?




Wolfgang Endemann
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Mi 11. Sep 2024, 23:22

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 22:37
Consul hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 19:54


Nein, Zahlen sind nicht Inhalte, sondern Gegenstände mathematischen Denkens;
Naja, von Gegenstand zu reden ist genau so metaphorisch wie von Inhalt zu reden, eher noch metaphorischer (das grammatikalische Objekt). Meine Unterscheidung war die des materiellen Gedankenträgers und des immateriellen Gedankeninhalts, sprich des Gehalts, sprich der Bedeutung. Der muß man mehr Subjekt- als Objektcharakter zusprechen. Aber sicher werden die Denkinhalte im Denken wie Quasi-Realobjekte behandelt.
In der mathematischen Theorie werden "Zahlobjekte" jedenfalls nicht als konkrete, sondern als bestimmte Dinge, Konstanten oder Variablen behandelt, zB im Kommutativgesetz a+b=b+a, oder als allgemeine Durchführbarkeit der Umkehroperation: zu jedem a und b≠0 gibt es ein c mit c = a/b.
Mir ist also nicht klar, was Du mit Deiner Aussage meinst.




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Quk
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Do 12. Sep 2024, 00:48

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 13:21
Quk hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 01:04
Ist die Zahl ein Punkt? Nein. Sie ist ein Zettel. Sie ist ein Muster.
Quk, ich hab versucht, deinen Text zu paraphrasieren:

Du sagst, dass Zahlen wie die 2 nicht an einem bestimmten Ort im Gehirn gespeichert sind, sondern als komplexe Muster auftreten. Das Gehirn ist kein Zettelkasten, sondern Teil eines größeren Netzwerks, das über den Kopf hinausgeht. Gedanken und Konzepte sind keine isolierten Punkte, sondern vernetzte Muster, die vielleicht sogar mit dem Universum verbunden sind.

Passt das so in etwa?
In etwa. (Ich schrieb "ein", nicht "kein".)

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 20:01
Quk hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 01:04
Musterkasten. Zettelkasten.
Du machst keinen Unterschied zwischen Muster(kasten) und Zettelkasten? Für mich ist da ein enormer Unterschied.
Den Zettelkasten sehe ich hier als ein Netzwerk aus vielen Zetteln, auf denen Querverweise stehen. Lese ich einen Zettel, so lese ich auch dessen "Siehe"-Verweise und gehe direkt zu den entsprechenden anderen Zetteln und so weiter. Und wenn kein Verweis draufsteht, komme ich vielleicht zumindest auf weitere Ideen, die mich veranlassen, weiter in die Kiste zu greifen, oder weitere Zettel zu erstellen. Ein laufender Prozess.

So ein Zettel-Netzwerk stellt ein gewisses Muster dar, ähnlich dem Neuronen-Netz, denke ich. Jene neuronalen Netzknoten sind ja keine nulldimensionalen Punkte, sondern ausgedehnte Inhalte. Sie enthalten vielerlei Verknüpfungen mit anderen Neuronen, so, wie die Zettel Verknüpfungen enthalten.

Es läuft also in beiden Modellen -- Zettelkasten oder Musterkasten -- auf ein Netzwerkmuster hinaus.

Darauf aufbauend habe ich in leicht lyrischer Weise auf die Muster geschaut und in deren Musterknoten weitere Muster gesehen und in deren Musterknoten weitere Muster gesehen etc. Das hängt ja alles zusammen. Man nenne mir ein Netz im Leben, das in keinster Weise mit einem weiteren größeren oder kleineren Netz zusammenhängt. Selbst wenn jeder Zettel im Kasten buchstäblich keinen Verweis enthielte, so wäre doch zumindest sein Zettelsein mit einem allgemeinen Zettelseinkonzept verbunden. Und das wäre wiederum mit etwas verbunden, beispielsweise mit einem Teilbereich der Logik. Ich denke außerdem, ohne Logik kann es nicht dieses All geben. Mit All meine ich das Universum, beziehungsweise die Wirklichkeit. Da stelle ich mir wiederum die Umkehrfrage: Kann es Logik geben ohne jegliche Wirklichkeit? Womöglich ist das keine hierarchische Angelegenheit, sondern eine Wechselbedingung auf gleicher Augenhöhe.


P.S.: Als Zuschauer fände ich es angenehmer, wenn Wolfgangs Polemik etwas mehr Rücksicht auf Jörns Sensibilität nähme ("zurück in Klasse 1 Grundschule") und Jörn solche Sätze nicht persönlich nähme und mit Kühlheit darüberstehen könnte :-)




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Jörn Budesheim
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Do 12. Sep 2024, 07:43

Consul hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 19:54
Nein, Zahlen sind nicht Inhalte, sondern Gegenstände mathematischen Denkens; und als solche existieren sie—falls sie überhaupt existieren—nicht innerhalb des mathematischen Denkens, worin als Inhalt nur konkrete Exemplare mathematischer Zeichen vorkommen.
Ich würde heute Morgen aus dem Stegreif folgende Unterscheidung von Gegenstand und Inhalt vorschlagen: Nehmen wir den Satz 'Das Gras ist grün'. Der Gegenstand des Satzes ist das Gras, das konkrete Objekt, um das es geht. Der Inhalt ist die Aussage über den Gegenstand, in diesem Fall, dass das Gras grün ist. Der Gegenstand ist also das, worum es im Satz geht, und der Inhalt ist das, was von diesem Gegenstand ausgesagt wird.

Übertragen wir das auf Zahlen: Wenn ich von der 4 sage, dass sie größer ist als die 3, dann ist der Gegenstand die Zahl 4, während der Inhalt die Aussage ist, dass sie größer als die 3 ist. Ich kann ünetr den selben Gegenstand viele verschiedene Aussagen machen, mit je anderem Inhalt.




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Jörn Budesheim
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Do 12. Sep 2024, 08:02

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 23:14
Wir sind doch hier ein Forum, wo um die Wahrheit gerungen wird, kann es da anders sein?
Genau. Deshalb empfehle ich, die Beiträge der anderen nicht nur nach Möglichkeiten zu scannen, sie schroff zurückzuweisen, sondern sich zu fragen, was da eigentlich gesagt wurde.




Wolfgang Endemann
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Do 12. Sep 2024, 11:11

Quk hat geschrieben :
Do 12. Sep 2024, 00:48


Es läuft also in beiden Modellen -- Zettelkasten oder Musterkasten -- auf ein Netzwerkmuster hinaus.

Klar, als alter Hegelianer kann ich Dir nur zustimmen: alles hängt mit allem zusammen. Allerdings möchte ich präzisieren: mittelbar hängt alles mit allem zusammen, unmittelbar nicht. Daher führt die Erkenntnis nicht weiter, wenn ich mich damit begnüge, daß alles mit allem zusammenhängt. Daher isoliere ich Teilbereiche der Erkenntnis, um sie jenseits des allgemeinen Zusammenhangs zu verstehen. ich idealisiere die Bedingungen, unter denen ich ein Experiment durchführe, lasse etwa (k)eine Kraft auf einen bewegten Körper im luftleeren Raum wirken und stelle das Bewegungsgesetz fest.

Auch von mir ein kleines PS. Da sieht man mal, wie man falsch verstanden werden kann.
<"Was, wenn jemand denkt, die 4 sei gar nicht 2 + 2, sondern 2 + 1?"
Dann weiß er oder sie nicht, was 1 und/oder 2 und/oder 3 und/oder 4 ist. In jedem Fall: zurück in Klasse 1 Grundschule. Aber das war ja eine rhetorische Frage.>
Ich habe hier Jörns Aiussage
<Wir kommen langsam in die Zielgerade: Was, wenn jemand denkt, die 4 sei gar nicht 2 + 2, sondern 2 + 1? Hat sie recht? Wenn nicht, woran misst sich das, wenn es Zahlen ja nur in Gedanken gibt?>
kommentiert, habe festgestellt, daß das doch eigentlich eine rhetorische Frage war, denn man zeige mir jemanden älter als 7, der solch eine Behauptung aufstellt; und wenn, dann ist das ein sehr bedauerlicher Fall von geistiger Behinderung, die einen Schutzinstinkt auslösen sollte, daher meine Bemerkung: "zurück in Klasse 1 Grundschule", so rhetorisch wie "4=2+1". Kann man im Ernst unterstellen, daß ich mit diesem hypothetisch minderbemittelten Jörn gemeint habe? Tatsächlich habe ich nur gesagt, daß, wer 4=2+1 sagt, unrecht hat (bzw hätte, weil das niemand sagt), und wenn doch, dann geht der Fehler darauf zurück, daß man die Konstruktion der Zahlwörter bzw die Konvention nicht begriffen hat. Ich kann diese falsche Aussage nicht als eine alternative Wahrheitsbehauptung lesen (alternativen Fakt), in einer Zahlentheorie, die mit der Menge der Zahlzeichen {0,1,2,4} oder einer entsprechend größeren Menge arbeitet, wäre die Aussage sogar richtig.
Also: wo ist die Unfreundlichkeit, wo ist das Nichteingehen auf Argumente? Und wenn die Aussage gelautet hätte: "129+305=424", wäre es keine rhetorische Fragestellung, würde ich sagen: das ist falsch, falsch gerechnet, könnte mir auch passieren; kein Grund, nochmal die Grundschule zu besuchen.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 12. Sep 2024, 08:02


Genau. Deshalb empfehle ich, die Beiträge der anderen nicht nur nach Möglichkeiten zu scannen, sie schroff zurückzuweisen, sondern sich zu fragen, was da eigentlich gesagt wurde.
Nochmals: Wo weise ich schroff zurück, ohne inhaltlich darauf einzugehen? Bitte ein Beispiel aus meinen vielen Neins geben. Vielleicht wird ja meine mathematische Klarstellung als Beckmesserei verstanden. Das kann man so sehen, aber Mathematik ist nun mal die exakteste Wissenschaft, da muß man genau sein. Wenn ich mir da eine kleine Schlamperei erlaube, wird sofort alles falsch.




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Jörn Budesheim
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Der gesamte Beitrag ist ohne einen einzigen Bezug zum Inhalt. Mit am krassesten finde ich das Folgende.
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 20:18
"Vielleicht könnten sie dann ermitteln, dass 4 + 5 im statistischen Mittel ungefähr 9,00000000000231 ist."
Nein, das können sie nicht. Eine Anzahl ist immer eine nichtnegative ganze Zahl (abgesehen von transfiniten Kardinalzahlen).




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 12. Sep 2024, 11:32
Der gesamte Beitrag ist ohne einen einzigen Bezug zum Inhalt. Mit am krassesten finde ich das Folgende.
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 20:18
"Vielleicht könnten sie dann ermitteln, dass 4 + 5 im statistischen Mittel ungefähr 9,00000000000231 ist."
Nein, das können sie nicht. Eine Anzahl ist immer eine nichtnegative ganze Zahl (abgesehen von transfiniten Kardinalzahlen).
Das begreife ich nicht. Meinst Du, die physikalischen Zahlen sind keine mathematische Zahlen, es ist eine Frage der Empirie und der Statistik, ob physikalisch 4+5=9 oder 4+5 nahe bei 9 ist?
Oder war das Ironie? Dann war meine Reaktion Quatsch. Aber was wolltest Du mir damit dann sagen? Denn ich habe ja immer schon unterschrieben, daß Zahlen von der Physik nicht definiert, sondern aus der Mathematik angewandt werden. Also hier mußt Du mir schon genauer sagen, was Du meinst. Vielleicht kann mir das ja auch ein anderer Forist verständlich machen.




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Thomas
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@Wolfgang: "Vielleicht wird ja meine mathematische Klarstellung als Beckmesserei verstanden. Das kann man so sehen, aber Mathematik ist nun mal die exakteste Wissenschaft, da muß man genau sein. Wenn ich mir da eine kleine Schlamperei erlaube, wird sofort alles falsch."

Unsere Themenfrage ist keine mathematische, sondern eine philosophische Frage. Deswegen noch mal meine Anregung, Wolfgang: Versuch doch mal kurz, Deine Antwort auf diese Frage zu formulieren, wenn es Dir passt.




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Do 12. Sep 2024, 14:59

RoloTomasi hat geschrieben :
Do 12. Sep 2024, 14:19


Unsere Themenfrage ist keine mathematische, sondern eine philosophische Frage. Deswegen noch mal meine Anregung, Wolfgang: Versuch doch mal kurz, Deine Antwort auf diese Frage zu formulieren, wenn es Dir passt.
Ich meine, das in meinem ersten Beitrag beantwortet zu haben. Ich zitiere mich:

<Der, jeder Mensch ist ein komplexes physikalisches Objekt, ein System mit/aus relativ autonom arbeitenden Subsystemen, zB dem ZNS und darin besonders bemerkenswert der Cortex, in dem die kognitiven Prozesse stattfinden. Die physiologischen Phänomene lassen sich naturwissenschaftlich erforschen.

Der Gedanke ist ein Komplex aus einem physiologischen Sachverhalt und einer assoziierten Bedeutung, letztere kann sich auf ein Realobjekt beziehen, aber auch auf eine Vorstellung, einen gedachten Sachverhalt oder ein nur gedachtes Ding, in diesem Fall hat die Bedeutung keinen extensionalen Bezug.

Eine Zahl ist ein reines Gedankending, keine res extensa. Aber dieses Ding ist ein Komplex, wie vorher beschrieben. Die gedachte Zahl hat ein materielles Substrat, den physiologischen Sachverhalt, der nachweisbar ist, wenn an diese Zahl gedacht wird. Das ist der Ort.>

Ich ergänze, der Ort des Gedankendings, genauer des Gedankeninhalts ist entweder, wenn ich an Realstrukturen denke, in diesen Realstrukturen; in ihnen kommen die Zahlen, genauer die Kardinalzahlen, als Eigenschaften der Realstrukturen, ihre Anzahligkeit, sowie als ihre Größenvergleichbarkeit, ebenfalls eine Kardinalzahleigenschaft, vor. Ich kann mich aber auch auf einen Gedankeninhalt beziehen, der nicht auf ein äußeres Reales verweist, dann bezieht sich der Inhalt, die Bedeutung auf etwas nur Gedachtes, das keinen Ort in Raum und Zeit hat. Das ist bei Zahlen dann ein mathematisches Objekt. Die Frage ist dann, haben diese zwei Inhalte, eine reale Zahligkeit und die rein gedanklichen, mathematischen Objekte etwas miteinander zu tun. Und da sage ich im Unterschied zu Empiristen, insofern als Realist: ja. Zwar ist die Eigenschaftlichkeit von Realobjekten nicht von diesen Objekten real, sondern nur analytisch zu trennen. Trotzdem können wir mit den analytisch-synthetischen Objekten der Mathematik, des mathematischen Denkens, die Physik, die Eigenschaften der physikalischen Objekte gut modellieren.

In diesem Sinne ist nicht ganz richtig, aber durchaus zu vertreten, zu sagen, die mathematischen Objekte haben eine Realität in der Realwelt, sie werden ihr zwar vom Denken übergestülpt, aber genau dadurch werden die Realdinge begreifbar. Andrerseits existieren die reinen mathematischen Begriffe und ihre Eigenschaften nur im abstrakten Denken, und da sind wir uns ja einig, das hat als Gedankeninhalt, als Bedeutung keinen Ort. Und ich füge hinzu, da sind wir uns vielleicht nicht mehr einig, die Gedankendinge, die immer in der Welt sind - für mich gibt es nichts selbständiges außer, jenseits der Welt - mit ihrer Trägersubstanz, den grauen Zellen und Zellzuständen, in der Welt, aber nicht mit ihrem Inhalt, der Bedeutung, für die dieses materielle Sein steht. Daß das überhaupt möglich ist, ist auch für mich natürlich rätselhaft, aber es ist eine Erfahrungstatsache, die mE nicht zu leugnen ist.




Timberlake
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Do 12. Sep 2024, 16:41

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 11. Sep 2024, 20:18

Die Physiker untersuchen durchaus die Anzahlhaftigkeit, indem sie die Eigenschaften ihrer Objekte untersuchen. Sie untersuchen nicht die reinen mathematischen Objekte, und benutzen daher nur die mathematischen Zusammenhänge, die Mathematiker an den anzahlhaftigen Dingen festgestellt haben, noch feststellen können.
"Vielleicht könnten sie dann ermitteln, dass 4 + 5 im statistischen Mittel ungefähr 9,00000000000231 ist."
wenn die Physiker die Eigenschaften ihrer Objekte untersuchen und sich die Eigenschaften der Objekte ...
computerweekly.com hat geschrieben :

Was ist Fuzzy Logic?


Natürliche Sprache lässt sich wie die meisten anderen Aktivitäten im Leben und im Universum nicht ohne weiteres in die absoluten Begriffe 0 und 1 übersetzen.Ob alles letztlich in binären Begriffen beschreibbar wäre, ist eine philosophische Frage, der nachzugehen sich lohnt.
Aber in der Praxis befinden sich viele Daten, mit denen wir einen Computer füttern wollen, in irgendeinem Zwischenzustand."

.. in der Praxis ! .. in irgendeinem Zwischenzustand befinden, dann kommt man wohl tsatsächlich nicht umhim, dass 4 + 5 im statistischen Mittel ungefähr 9,00000000000231 sein könnte .




Wolfgang Endemann
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Do 12. Sep 2024, 18:14

Timberlake hat geschrieben :
Do 12. Sep 2024, 16:41



.. in der Praxis ! .. in irgendeinem Zwischenzustand befinden, dann kommt man wohl tsatsächlich nicht umhim, dass 4 + 5 im statistischen Mittel ungefähr 9,00000000000231 sein könnte .
Das im Grunde erstaunliche Ist, daß physikalische Gesetze so einfach sind, also bspw die Bewegungsgleichung für ein gleichmäßig beschleunigtes Masseobjekt s(t) = 1/2 at² + v₀·t + s₀. Wenn wir diese Gleichung experimentell, unter den bestmöglichen Idealisierungen (also etwa Ausschaltung von Reibung) für zwei Werte t₁ und t₂ prüfen, werden wir, wenn wir genau genug messen, die Formel nicht bestätigt finden, die Messergebnisse weichen minimal von der Formel ab. Und hätten wir einen physikalischen Sachverhalt, der bei sehr großen Zahlen einen inneren Zusammenhang von 4/5 bestätigt, also dem Erstwert x ein Ergebniswert von (9x/4) zuordnet, würde, selbst wenn die Meßwerte exakt wären, ein winzig falscher Wert herauskommen. Das läge bei exakten Meßwerten dann an der Endlichkeit der Rechenmaschinen, die irgendwann runden müssen und diesen Fehler nicht mehr eliminieren können. In diesem doppelten Sinn wird experimentell 4+5 nicht exakt 9 sein. Ich denke aber, kein Mensch wird daraus schließen, daß 4+5=9 falsch ist, oder den Naturgesetzen keine einfachen Zahlen zugrunde liegen, also etwa die 2 im Exponenten der Bewegungsgleichung falsch ist, in Wahrheit minimal von 2 abweicht.




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