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Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Fr 30. Apr 2021, 00:48
von Groot
Alethos hat geschrieben :
Do 29. Apr 2021, 22:39

Wenn Bewusstsein eine immaterielle mathematische Architektur ist, dann muss Logik es auch sein, und damit auch ganz unabhängig davon existieren, ob Menschen diese Logik entdecken oder nicht, verstehen oder nicht, denken oder nicht. Und so muss es letztlich auch mit dem Sinn sein, dass er unabhängig davon besteht, ob es Menschen gibt oder nicht, die ihn erfassen, weil dieser Sinn zur Architektur der Wirklichkeit gehört.
Wieso? Wenn die mathematische Architektur nur bewusstsein ist - und die Wirklichkeit logisch, und nicht: Mathematisch - funktioniert, dann kann die Außenwelt logisch und unmathematisch sein und gleichzeitig das Wesen in seinem Seelenkerne einen Descartes oder einen Bacon schlummern haben.

Ja, der Sinn gehört dann zur Architektur der Wirklichkeit. Indem Sinn, dass er dir so erscheint. Die Wirklichkeit aber erzeugt dann, aus der Summe all dieses Gabrielschen Sinnes, dann soziale Systeme, die eine umfassendere Sinnbestimmung haben. (Nicht aber auf "völlig anderen" Sinn verweisen!)

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Fr 30. Apr 2021, 07:40
von Jörn Budesheim
Alethos hat geschrieben :
Do 29. Apr 2021, 20:18
Sinn in Sinnfeld hat nichts mit Sinn in Sinnlichkeit zu tun.
Der Begriff Sinn taucht in diversen Bedeutungen auf, ich glaube aber, dass der sprachliche Zusammenhang nicht zufällig ist, auch wenn man ihn nur verstehen kann, wenn man auch die Unterschiede sieht. Einfach gesagt: unsere Sinnlichkeit, zu der auch das Denken zählt, erlaubt uns ja die Sinne der Bereiche zu erfassen.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Fr 30. Apr 2021, 13:01
von Alethos
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 30. Apr 2021, 07:40
Alethos hat geschrieben :
Do 29. Apr 2021, 20:18
Sinn in Sinnfeld hat nichts mit Sinn in Sinnlichkeit zu tun.
Der Begriff Sinn taucht in diversen Bedeutungen auf, ich glaube aber, dass der sprachliche Zusammenhang nicht zufällig ist, auch wenn man ihn nur verstehen kann, wenn man auch die Unterschiede sieht. Einfach gesagt: unsere Sinnlichkeit, zu der auch das Denken zählt, erlaubt uns ja die Sinne der Bereiche zu erfassen.
Das ist mir durchaus bewusst, nur wollte
ich nicht zu sehr auf diese Finessen eingehen, um nicht noch mehr Verwirrung zu stiften. Ja, Sinnlichkeit hat natürlich auch mit dem Sinn-Verständnis in der SFO zu tun, da wir über sie Gegebenheitsweisen der Wirklichkeit erfahren. Sinnlichkeit fällt nur nicht ineins mit Sinn - Sinn gibt es auch, wo es (noch) keine Sinnlichkeit gibt. Ich hatte es bewusst so klar abgegrenzt, was falsch ist.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Fr 30. Apr 2021, 18:38
von Groot
Einfach gesagt: unsere Sinnlichkeit, zu der auch das Denken zählt, erlaubt uns ja die Sinne der Bereiche zu erfassen.
Was verstehst du unter "Sinne der Bereiche"? (Trifft es Bereich - oder Gebiet, Region, Gelände besser?)

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Fr 30. Apr 2021, 22:25
von Alethos
Groot hat geschrieben :
Fr 30. Apr 2021, 18:38
Einfach gesagt: unsere Sinnlichkeit, zu der auch das Denken zählt, erlaubt uns ja die Sinne der Bereiche zu erfassen.
Was verstehst du unter "Sinne der Bereiche"? (Trifft es Bereich - oder Gebiet, Region, Gelände besser?)
Jeder Gegenstand hat ein Gegebensein. Es gibt ihn. „Es gibt ihn“ heisst soviel wie, dass er existiert. Was bedeutet es aber für die Existenz eines Gegenstands, dass sie zusammenfällt mit seinem Gegebensein?
Dann ist sein Gegebensein wörtlich zu verstehen: Dass er existiert, weil er gegeben wird. Aber durch wen oder was? Durch sein Vorkommen in der Gemeinsamkeit mit anderen Dinge, die einen Bereich bilden. Die Existenz eines Gegenstands ergibt sich vor dem Hintergrund eines Bereichs. Wo Dinge gemeinsam existieren, bilden sie einen Bereich. Dass sie einen Bereich bilden können, ergibt sich durch die Eigenschaftsstruktur des Bereichs. Diese ist dessen Sinn.

Ein Gegenstand erscheint vor einem Hintergrund, weil er sonst kein Gegebensein hätte. Diese Hintergründe, nennen wir sie Bereiche, sind vielgestaltig. In einem Bereich gibt es bspw. nur Gegenstände, die durch sich selbst teilbar sind. Das ist der Bereich der Zahlen. In diesem Bereich wiederum gibt es Zahlen, die eine ganze Zahl ergeben, wenn man sie durch eine ganze Zahl teilt. Das gilt für alle ganzen Zahlen, weshalb sie den Bereich bilden, in dem sich alle ganzen Zahlen vereinen: die Reihe der ganzen Zahlen. Das ist der Bereich.

In diesem Bereich, vor dem Hintergrund von Gegenständen, die ganze Zahlen sind, kann die Zahl 1.2 nicht existieren, denn der (unendliche und nichträumliche) Bereich der ganzen Zahlen gibt uns keine 1.2. Es gibt keine 1.2 im Bereich der ganzen Zahlen - der Gegenstand 1.2 hat kein Gegebensein in diesem Bereich - er existiert nicht. Aber warum? Es gibt doch offenbar die 1.2, aber warum nicht dort in diesem Bereich? Weil es offenbar die Struktur des Bereichs nicht zulässt. Das ist der Sinn des Bereichs: dasjenige, was Existenz hervorbringt resp. restringiert.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Sa 1. Mai 2021, 07:10
von Jörn Budesheim
Groot hat geschrieben :
Fr 30. Apr 2021, 18:38
Einfach gesagt: unsere Sinnlichkeit, zu der auch das Denken zählt, erlaubt uns ja die Sinne der Bereiche zu erfassen.
Was verstehst du unter "Sinne der Bereiche"? (Trifft es Bereich - oder Gebiet, Region, Gelände besser?)
Unter Sinn verstehe ich mit Markus Gabriel das Folgende.
Markus Gabriel, Sinn und Existenz hat geschrieben : Was einen Bereich im Unterschied zu anderen Bereichen individuiert, sind die Anordnungsregeln, denen Gegenstände unterstehen, sofern sie ihm angehören. Ich nenne die Anordnungsregeln »Sinn« und die Relation, die zwischen einem Bereich und den in ihm vorkommenden Gegenständen besteht, »Erscheinung«. Gegenstände erscheinen in Sinnfeldern, das heißt in Bereichen, die durch verschiedene Sinne gegeneinander bestimmt sind.
Markus Gabriel hat geschrieben : "Zu erscheinen bedeutet hierbei nicht im Allgemeinen, Gegenstand eines Subjekts (Objekt) zu sein. Der Ausdruck »Erscheinung« benennt vielmehr die Relation zwischen einem Sinnfeld und seinen Gegenständen, die darin besteht, dass diese in jenem wirklich sind. Erscheinung ist eine Einrichtungsfunktion, d. ‌h. die Zuordnung von Gegenständen zu Feldern. Diese Funktion kann so handgreiflich sein wie die Kräfte, die das Universum zusammenhalten, oder so diskursiv verhandelbar wie die Mitgliedschaft in einem Fitnessstudio."
Markus Gabriel, Warum es die Welt nicht gibt hat geschrieben : Sinnfeld: Eine Anordnung von Gegenständen, in der diese auf eine bestimmte Weise zusammenhängen. Die Art und Weise des Zusammenhangs von Gegenständen nenne ich einen Sinn.
In dem Ausdruck "Sinn" fließt (nach meinem Verständnis) bei Markus Gabriel verschiedenes zusammen. Zwei wichtige Aspekte davon hat Alethos bereits genannt, zum einen der Ausdruck "Sinn", wie ihn Gottlob Frege im Unterschied zur "Bedeutung" verwendet. Und der - damit natürlich verwandte - Ausdruck Richtung, nämlich die Richtung, aus der etwas kommt. Die berühmten "Sinnesdaten" - um ein Beispiel zu geben - sind "da draußen" und wir empfangen sie. Mit "da draußen" ist gemeint, dass sie nicht irgendwo in unserem "Bewusstseins-Zimmer" existieren.

[Das ist vielleicht etwas off-topic: aber die altertümliche Idee, dass die Bilder irgendwo im Künstler oder der Künstlerin schlummern und diese sie dann "ausdrücken" ist ja mit dieser überkommenen Epistemologie - bzw. Metaphysik verknüpft. Der Psychologismus ist aber natürlich auch in der Kunst falsch, soweit ich das bisher verstanden habe, ist das auch einer der Gedanken von Hans-Georg Gadamer.]

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Mo 3. Mai 2021, 17:36
von NaWennDuMeinst
Zahlenbereiche:

Natürliche Zahlen
Ganze Zahlen
Gebrochene Zahlen
Rationale Zahlen
Reelle Zahlen
Komplexe Zahlen

All diese Bereiche existieren in einem einzigen großen Bereich, dem Reich der Zahlen.

Was ist denn nun analog dazu das "Reich der Sinnfelder"?
Ist das nicht die Welt, die es angeblich nicht gibt?

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Mo 3. Mai 2021, 21:49
von infinitum
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 1. Mai 2021, 07:10
Anordnungsregeln
die Beschreibung der Anordnungsregeln ist ausgesprochen nützlich, um Bereiche, die sich sehr ähneln, dennoch zu unterscheiden. Als Ergänzung zu den obigen Zitaten habe ich noch folgendes gefunden:
Wenn zu existieren bedeutet, in einem Bereich zu erscheinen, impliziert dies freilich, dass auch nur dann Bereiche existieren können, wenn sie in einem weiteren Bereich erscheinen. Folglich können Gegenstände nicht von Bereichen isoliert existieren. Sie sind keine Absoluta, sondern Relata. Gegenstande existieren relativ zu ihrem Bereich, und Bereiche sind umgekehrt auch nur relativ zu ihren Gegenständen individuiert, sofern die Sinne, die einen Bereich individuieren, bestimmte Gegenstande erscheinen lassen. (Markus Gabriel, Sinn und Existenz, $4)
wir hatten zuvor bereits auf die Dynamik und Beweglichkeit der Sinnfelder hingewiesen und dabei spielt wahrscheinlich gerade das Fettgedruckte eine nicht zu vernachlässigende Rolle.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Di 22. Jun 2021, 06:31
von Jörn Budesheim
Markus Gabriel, Fiktionen hat geschrieben : Sagt man bezüglich eines Gegenstandes G die Wahrheit, wenn man urteilt, er existiere nicht, ist es über G wahr, dass er nicht existiert. Wenn aber etwas über G wahr ist, wie kann er dann nicht existieren?

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Di 22. Jun 2021, 10:53
von NaWennDuMeinst
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Jun 2021, 06:31
Markus Gabriel, Fiktionen hat geschrieben : Sagt man bezüglich eines Gegenstandes G die Wahrheit, wenn man urteilt, er existiere nicht, ist es über G wahr, dass er nicht existiert. Wenn aber etwas über G wahr ist, wie kann er dann nicht existieren?
Tja, Gaby-Maus. Wie kann das sein? Vielleicht in der Art, dass es einen Unterschied zwischen einer Idee von G und G gibt?

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Di 22. Jun 2021, 23:22
von Alethos
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 22. Jun 2021, 10:53
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Jun 2021, 06:31
Markus Gabriel, Fiktionen hat geschrieben : Sagt man bezüglich eines Gegenstandes G die Wahrheit, wenn man urteilt, er existiere nicht, ist es über G wahr, dass er nicht existiert. Wenn aber etwas über G wahr ist, wie kann er dann nicht existieren?
Tja, Gaby-Maus. Wie kann das sein? Vielleicht in der Art, dass es einen Unterschied zwischen einer Idee von G und G gibt?
Immer, wenn wir urteilen, dass es etwas nicht gebe, meinen wir damit eine bestimmte Weise des Gegebenseins des Gegenstands G. Bloss gibt es dieses G nie nur auf eine bestimmte Weise, sondern auf unzählige, gleichwertige Weisen (Mehrzahl). G ist somit kein „Pachtgut des Meinens“ resp. vereinnahmbar durch einen exklusiven Sinn eines unterstellten Nur-so-Gegebenseins. G kommt auf alle Weisen vor, in welchen es G gibt. G gibt es, anders gesagt, nie überhaupt nicht, sondern maximal nur so nicht, wie es G nicht gibt, eben in jener Weise nicht, in der G gar nicht erscheint. G erscheint aber nie gar nicht, weshalb es G mindestens einmal immer gibt. Und das gilt für jedes Einzelne.

Wenn du z.B. sagst: „Dort auf dem Tisch gibt es keine Gabel“ dann meinst du mindestens eine Art von Gabel. Und in dieser gemeinten Art kann es sie geben oder nicht. Aber es kann sie nicht überhaupt nicht geben in allen möglichen Weisen des Begriffs Gabel. Es gibt sie ja z.B. in der Form als „Gabel in der Aussage“ (diese Gabel hattest du nicht gemeint, als du sagtest, es gebe sie nicht). Nur in jeweils einer oder vielen Weisen kann es G nicht geben, nie aber in keiner. Wenn du also sagst, dass es die Gabel nicht gebe auf dem Tisch, dann ist das nur wahr für die Gabel, die du meinst in der Weise, wie du es meinst, und ist nur wahr, sofern sie dort mit dem Tisch (auf dem Tisch) tatsächlich nicht vorkommt. Aber ebenso ist ja wahr, dass der Tisch in deiner Aussage vorkommt und in jener ebenso die Gabel, weshalb die Aussagegabel und der Aussagetisch vorkommen, folglich es beide geben muss. Es ist dann über die Gabel einerseits wahr, dass sie auf dem Tisch erscheint (im Kontext der Aussage) und andererseits nicht wahr, im Kontext des materiellen Tisches.

Diese Kontexte können wir unterscheiden und müssen wir auch, wenn wir Aussagen machen wollen, die die Wirklichkeit widerspiegeln. Zu sagen z.B, es gebe. „überhaupt keine Feen im
Zauberwald“ ist schlicht unwahr für alle Weisen von Fee- und von Waldsein (was der Satz selbst: „Es gibt Feen im Zauberwald“ [für die Satz-Fee und den Satz-Zauberwald] unwiderlegbar zeigt).

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Di 22. Jun 2021, 23:38
von Alethos
Übrigens deshalb, weil Gedanken von etwas handeln und nicht von nichts, sind sie wirklich, denn dieses Etwas existiert auf mindestens eine Weise. Was aber existiert, ist wirklich.

Gedanken haben einen Inhalt (den Gedankenknhalt) und das kann keine leere Menge sein.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Di 22. Jun 2021, 23:44
von NaWennDuMeinst
Alethos hat geschrieben :
Di 22. Jun 2021, 23:22
Aber ebenso ist ja wahr, dass der Tisch in deiner Aussage vorkommt
Nein, eben nicht. Also beim Tisch ja, weil es ja Tische gibt.
Aber:
Dass es Vorstellung gibt die von G handeln heißt nicht dass es G gibt. Es heißt einfach nur es gibt Vorstellungen von G.
Wir reden eben bei Dingen die es nicht gibt nicht über die Dinge sondern über unsere Vorstellungen von diesen Dingen.
Ein Reden über etwas dass es nicht gibt ist ein Reden über Vorstellungen und Ideen.
Verstehst Du das? Versteht Gabriel das?

Es ist einfach grober Unfug zu behaupten es gäbe Trolle (also die Fabelwesen) weil Trolle in Reden vorkommen.
Es gibt Vorstellungen von Trollen und ein Reden über Trolle ist ein Reden über Troll-Vorstellungen.
Es existieren deshalb aber keine Trolle. Nirgendwo. Es existieren nur Vorstellungen von Trollen.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Mi 23. Jun 2021, 12:43
von Alethos
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 22. Jun 2021, 23:44
Wir reden eben bei Dingen die es nicht gibt nicht über die Dinge sondern über unsere Vorstellungen von diesen Dingen.
Wenn du auf den Tisch zeigst, und sagst: „Dort steht ein Tisch“, dann referenzierst du auf diesen Materietisch, einverstanden. Aber du hast ebenso ein Bild vor Augen vom Tisch, und auch das ist der Tisch, nur eben nicht in jener Gegebenheitsweise, wie jener dort, der in seiner physischen Form dort steht. Er liegt dir als Materieding ja nicht in dieser Weise auf den Augen, wie er dort in voller Körperlichkeit auf dem Boden steht. Ja, sogar allein die Vorstellung eines Tisches, der nicht phyisch dort steht, ist ein existierender Tisch, nur eben ein Tisch in der Vorstellung, so wie du ihn dir denkst und ausmalst. Dieser existiert nicht als Materietisch, sondern als Inhalt deiner Vorstellung: Immer und in jeder Form ist es dieser Tisch und kein anderer (in seinen jeweiligen Gegebenheitsweisen). Das heisst, dass die Materieform des Tisches nicht die einzige Seinsform des Tisches ist.

Dass du dich am Tisch in deiner Vorstellung nicht körperlich stossen kannst, hat besondere Relevanz für deinen Körper (wegen der Robustheit der körperlichen Dinge). Nur bedeutet diese höhere Relevanz nicht eine grössere Wirklichkeit im Vergleich zum imaginierten Tisch. Es handelt sich vielleicht um eine vordringlichere Wirklichkeit in diesem Fall, aber nicht um keine in jenem.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Mi 23. Jun 2021, 12:59
von Jörn Budesheim
Ich erkenne nicht den Bezug zu der Ausgangsfrage: "Sagt man bezüglich eines Gegenstandes G die Wahrheit, wenn man urteilt, er existiere nicht, ist es über G wahr, dass er nicht existiert. Wenn aber etwas über G wahr ist, wie kann er dann nicht existieren?"

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Mi 23. Jun 2021, 13:37
von NaWennDuMeinst
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 23. Jun 2021, 12:59
Ich erkenne nicht den Bezug zu der Ausgangsfrage: "Sagt man bezüglich eines Gegenstandes G die Wahrheit, wenn man urteilt, er existiere nicht, ist es über G wahr, dass er nicht existiert. Wenn aber etwas über G wahr ist, wie kann er dann nicht existieren?"
Wie kommst Du denn darauf, dass es wahr ist, dass G nicht existiert? In welchem Sinne ist das wahr?
Wahr ist doch, dass wir die Nichtexistenz von Dingen gar nicht beweisen können (es gibt ja keine Möglichkeit festzustellen dass etwas nicht existiert).
Korrekterweise können wir doch eigentlich nur sagen "über ein G ist uns nichts bekannt".
Jetzt könnte man wieder einwenden, dass "über G ist uns nichts bekannt" auch wieder eine Aussage über die Eigenschaften von G ist und wenn das wahr ist muss G existieren.
Der Fehler dabei ist dann aber, dass es in der Aussage ja gar nicht um G geht, sondern um unsere Kenntnis (unsere Vorstellung ) von G.

Über ein unbekanntes G ist gar nichts wahr (auch nicht seine Existenz oder Nichtexistenz), weil G uns einfach nicht zugänglich ist.
Wir können natürlich über G reden und an G denken. Aber alles womit wir uns dann beschäftigen sind unsere Imaginationen von G, aber nicht G.
Und es kann natürlich wahr sein, dass wir uns G so oder so vorstellen, z.B. als existent oder nichtexistent.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Do 24. Jun 2021, 10:48
von Friederike
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Jun 2021, 06:31
Markus Gabriel, Fiktionen hat geschrieben : Sagt man bezüglich eines Gegenstandes G die Wahrheit, wenn man urteilt, er existiere nicht, ist es über G wahr, dass er nicht existiert. Wenn aber etwas über G wahr ist, wie kann er dann nicht existieren?
Und wer oder was entscheidet darüber, was die Wahrheit über die Nicht-Existenz eines Gegenstandes ist? Viele Leute meinen, Gott existiere nicht. Sagen sie bezüglich des Gegenstandes G (=Gott) die Wahrheit? Dann würde Gott existieren.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Do 24. Jun 2021, 11:18
von Alethos
Friederike hat geschrieben :
Do 24. Jun 2021, 10:48
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Jun 2021, 06:31
Markus Gabriel, Fiktionen hat geschrieben : Sagt man bezüglich eines Gegenstandes G die Wahrheit, wenn man urteilt, er existiere nicht, ist es über G wahr, dass er nicht existiert. Wenn aber etwas über G wahr ist, wie kann er dann nicht existieren?
Und wer oder was entscheidet darüber, was die Wahrheit über die Nicht-Existenz eines Gegenstandes ist? Viele Leute meinen, Gott existiere nicht. Sagen sie bezüglich des Gegenstandes G (=Gott) die Wahrheit? Dann würde Gott existieren.
Dasselbe Problem stellt sich für das Urteil über die Welt, dass es sie nicht gebe (prominent behauptet im Buchtitel „Warum es die Welt nicht gibt“ von Markus Gabriel).

Natürlich existiert die Welt, nur eben nicht als Sinnfeld aller Sinnfelder, dafür aber z.B. als Theorem in philosophischen Theorien. Und ja, auch Gott existiert, wenigstens in der Rede über ihn oder in der Vorstellung jener, die an ihn glauben oder nicht glauben. Auch das Nichtglauben an Gott setzt einen Gottebegriff voraus. Es gilt diese Gottesbegriffe zu unterscheiden, auf die das wahre Urteil referenziert.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Do 24. Jun 2021, 12:52
von Friederike
Alethos hat geschrieben :
Do 24. Jun 2021, 11:18
Natürlich existiert die Welt, nur eben nicht als Sinnfeld aller Sinnfelder, dafür aber z.B. als Theorem in philosophischen Theorien. Und ja, auch Gott existiert, wenigstens in der Rede über ihn oder in der Vorstellung jener, die an ihn glauben oder nicht glauben. Auch das Nichtglauben an Gott setzt einen Gottesbegriff voraus. Es gilt diese Gottesbegriffe zu unterscheiden, auf die das wahre Urteil referenziert.
Hm, offenbar wird ein bestimmter Existenz- und Wahrheitsbegriff vorausgesetzt ...? (bei Gabriel, meine ich). Gegen wen oder was argumentiert er?

Es sind dies meine ersten beiden Äußerungen zu Gabriel. Und sofort, in Anbetracht Deiner Antwort @Alethos, habe ich den Eindruck, ich würde in einen Streit hineingezogen, der mich überhaupt nichts angeht. Sage ich nur ein Wörtchen zu seinem Konzept, so habe ich mich auf der Stelle in einem, in seinem Gestrüpp verfangen, in dem ich mich nicht verfangen möchte.

Re: Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Verfasst: Do 24. Jun 2021, 13:44
von NaWennDuMeinst
Alethos hat geschrieben :
Do 24. Jun 2021, 11:18
Natürlich existiert die Welt, nur eben nicht als Sinnfeld aller Sinnfelder,
Aber genau das ist die Definition von Welt. Sie ist alles was ist (existiert). Das schliesst Deine Sinnfelder mit ein.
Man könnte natürlich sagen, dass es nicht nur eine Welt gibt, sondern viele (viele Sinnfelder). Aber das löst das Problem nicht.
Denn dann wäre die Welt eine Ansammlung von Welten.
Gabriel meint er könne die Welt einfach aus der Welt schaffen (lustig!) indem er sie in einem bestimmten Sinne für nicht existent erklärt und an ihre Stelle einfach Sinnfelder setzt.
Sie taucht aber immer wieder auf und fällt ihm auf den Fuß, was für mich einfach nur eins bedeuten kann. Das mit der Nichtexistenz der Welt ist Quatsch.
Dieser fiktionale Realismus den Gabriel da vertritt (und mehr isses ja nicht) der hat sicher seinen Charme und Reiz. Aber Gabriel ist damit bei weitem nicht der Erste. Das ist alles längst bekannt. Ganz genau so wie die philosophischen Probleme, die damit einhergehen.
"Neu" ist vielleicht das Leugnen der Existenz der Welt in einem bestimmten Sinne. Und genau das ist aber auch der Teil bei Gabriel der (zumindest für mich) am wenigsten plausibel ist.

Vielleicht kapiere ich das auch einfach alles nicht und Gabriel meint das alles eigentlich ganz anders. Kann sein.
Aber ich kann, nach dem wie ich das begreife, die Begeisterung für den "neuen" Realismus nicht nachvollziehen.
Und vor allem: Ich bin ja auch immer der, der am Ende fragt wo, bei aller Faszination für die Theorie, hier der praktische Nutzen liegt.
Was haben wir davon die Welt (die es nicht gibt) so zu verstehen wie Gabriel möchte das wir sie verstehen. Was soll das bringen?
Welche (praktischen) Probleme werden damit gelöst?