Realität und mögliche Verstehensweisen eines Neuen Realismus

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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iselilja
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Fr 26. Feb 2021, 17:06

Alethos hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:03
iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:01
Der Umstand aber alleine, dass sie als Aussage real stattfinden, sagt doch garnichts über ihre Qualität als Behauptung aus. Das heißt: der Inhalt der Aussage ist der Irrtum, wenn die Aussage etwas behauptet, was nicht der Fall ist - was also nicht real ist.
Du machst das absichtlich - jetzt habe ich es begriffen. :)
Was mache ich absichtlich? :-) *verwirrt*




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Alethos
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Fr 26. Feb 2021, 17:09

iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:01
Das heißt: der Inhalt der Aussage ist der Irrtum, wenn die Aussage etwas behauptet, was nicht der Fall ist - was also nicht real ist.
Die unwahre Aussage behauptet nichts Nichtreales, sie behauptet etwas Reales über etwas anderes, das es in dieser behaupteten Form nicht gibt. Dieses, was es nicht gibt, gibt es aber - in der Aussage! Weshalb ja der Irrtum existiert.

Der Irrtum exisitiert in der Aussage in der Form des Aussageninhalts, der sich auf etwas anderes erstreckt, worüber die Aussage keine Existenzautorität hat. Die Aussage kann nicht bestimmen, dass es dort etwas gebe, wo es das nicht gibt. Aber das, was es gibt in der Aussage, die sich so gebärdet, als könnte sie, ist der Irrtum.



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Fr 26. Feb 2021, 17:12

@Alethos @Jörn

Ihr müsst jetzt beide mal als Probanden für ein Gedankenexperiment herhalten.

Ihr beiden werdet aufgefordert, von einem 300m hohne Wolkenkratzer zu springen - und zwar nackt, also ohne irgendwelche Hilfsmittel dabei zu haben.

Was wäre eure privilegierte Auffassung , was (so ihr denn wirklich springen solltet) mit euch passieren wird. Oder werdet ihr auch dazu neigen, andere Welterklärungsversuche in Betracht zu ziehen? Denn laut der SFO gibt es diese und keine davon hat ein Privileg, sie anwenden zu müssen. Ihr seid also der SFO gemäß frei zwischen verschiedenen Ansichten zu wählen. Ich gehe davon aus, dass keiner von euch beiden sprigen würde. Nur.. wie kommt das, dass ihr ohne es jemals ausprobiert zu haben nahezu automatistisch die gleiche Entscheidung treffen werdet? ;-)


Die Antwort ist denkbar einfach, weil euch beiden in dem Moment der Unterschied zwischen Realität und bloßer Theorie klar ist.
Zuletzt geändert von iselilja am Fr 26. Feb 2021, 17:16, insgesamt 1-mal geändert.




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Fr 26. Feb 2021, 17:15

iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:06
Alethos hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:03
iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:01
Der Umstand aber alleine, dass sie als Aussage real stattfinden, sagt doch garnichts über ihre Qualität als Behauptung aus. Das heißt: der Inhalt der Aussage ist der Irrtum, wenn die Aussage etwas behauptet, was nicht der Fall ist - was also nicht real ist.
Du machst das absichtlich - jetzt habe ich es begriffen. :)
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Du schreibst immer wieder „nicht real“ . Aber es gibt nichts Nichtreales. Alles hat volle Realität.

Allein schon, wenn du versuchen wolltest, etwas zu nennen, was es nicht gibt, würdest du scheitern am Gegenstand selbst, den du in Existenz holst dadurch, dass du es als Gedachtes oder Gesagtes Realität werden lässt.



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Fr 26. Feb 2021, 17:18

Alethos hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:15
iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:06
Alethos hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:03


Du machst das absichtlich - jetzt habe ich es begriffen. :)
Was mache ich absichtlich? :-) *verwirrt*
Du schreibst immer wieder „nicht real“ . Aber es gibt nichts Nichtreales. Alles hat volle Realität.

Allein schon, wenn du versuchen wolltest, etwas zu nennen, was es nicht gibt, würdest du scheitern am Gegenstand selbst, den du in Existenz holst dadurch, dass du es als Gedachtes oder Gesagtes Realität werden lässt.
Den Punkt hatten wir schon @Alethos. Du verstehst unter "sein", "existieren" und "real" das selbe. Eines bedeutet bei dir auch das andere. Ich verstehe diese drei Begriffe unterschiedlich. Denn sie haben völlig unterschiedliche Bedeutungen.




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Fr 26. Feb 2021, 17:25

Wenn es dich näher interessiert @Alethos, können wir das kurz obeflächlich durchgehen, warum diese drei "Dinge" nicht das selbe sind. Um es aber wirklich auch nachvollziehend zu verstehen, müssten wir uns für ein paar Jahre in einer Bibliothek einquartieren. :-)




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Fr 26. Feb 2021, 17:28

iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:12
Denn laut der SFO gibt es diese und keine davon hat ein Privileg, sie anwenden zu müssen. Ihr seid also der SFO gemäß frei zwischen verschiedenen Ansichten zu wählen.
Die SFO baut auf dem Argument auf, dass es Dinge in indefinit vielen gleichrangigen Gegebenheitsweisen gibt, weshalb es gleichrangige „Beschreibungen“ geben kann, weil alle Dinge gleichrangige Existenz haben, aber sie behauptet nicht, dass es völlig unerheblich sei, was wir über den Wolkenkratzer, die Höhe und den harten Asphalt denken resp. darüber denken, was es mit unseren Körpern machen würde, wenn wir dort runterspringen würden.

Gerade das Gegenteil folgt aus der SFO: Wenn du dir nicht die Knochen brechen willst, reicht es nicht, sich zu wünschen, fliegen zu können, denn fliegen kannst du nur in Gedanken, im Superheldenfilm oder in deinen Träumen, nicht in der Welt der physischen Gesetze. Genau diese Unterschiede arbeitet die SFO aus. Sie sagt nicht: „Du kannst nicht fliegen“, sie sagt, „du kannst es in der physischen Welt nicht“. Und das ist wahr.



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Fr 26. Feb 2021, 17:29

iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:25
Wenn es dich näher interessiert @Alethos, können wir das kurz obeflächlich durchgehen, warum diese drei "Dinge" nicht das selbe sind. Um es aber wirklich auch nachvollziehend zu verstehen, müssten wir uns für ein paar Jahre in einer Bibliothek einquartieren. :-)
Ja, unbedingt. Das interessiert mich!



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Fr 26. Feb 2021, 17:33

Nauplios hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 14:36

An der Stelle darf vielleicht und hoffentlich ein kleines phänomenologisches Fragezeichen angefügt werden.
Es darf nicht nur, es ist sogar erforderlich. Denn ohne das phänomenologische Vorverständnis der Sache versteht man auch nicht die Genealogie der modernen Philosophie von Husserl bis Gabriel - und all dem was wirkungsmächtig noch dazwischen liegt.

Denn erst hier, in der Phänomenologie, wird verständlich, warum Gabriel nicht einfach so von Erscheinen sprechen kann, und damit einfach etwas dem üblichen Gebrauch nur Ähnliches meint. Denn dann folgt, dass alles, was im Lichte dieses speziellen Erscheinens gemeint ist, ebenfalls im speziell gemeinten Sinn zu verstehen wäre.

Man kann einen Fisch nicht Katze nennen und im Nachhinein fordern, man solle sich das Schwimmen der Katze im Wasser hinzudenken. :-)




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Fr 26. Feb 2021, 17:46

Nauplios hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 14:36


Ist nicht in Wirklichkeit die Wirklichkeit nie ein Positivum, sondern ein Implikativum, dessen Wesen es ist, athematisch zu sein? - Schon in der geläufigen Floskel "in Wirklichkeit" steckt etwas vom Unbemerkten, das die Wirklichkeit ausmacht. "In Wirklichkeit" heißt: erst im Nachhinein stellen wir an einem bis dahin Selbstverständlichen fest, daß es sich "in Wirklichkeit" anders mit ihm verhält.
Wirklichkeit hat im Gegensatz zu Realtät (realitas) einen Doppelsinn, bei dem man vorsichtig argumentieren muss. Denn zum einen findet sich in dem Begriff die Wirkung (Auswirkung) einer Sache - deshlab im Nachhinein. Gleichzeitig ist damit aber auch ein Wahrheitsanspruch gemeint - der sich schon in der Frage offenbart: Ist es wirklich so?

Der Begriff der Wirklichkeit setzt also ein reales Vorkommnis voraus (welches wiederum erst einmal phänomenal erfasstbar sein muss). Ohne Realität kein Verständnis von Wirklichkeit. Unsere Gedanken bewirken nichts.. unsere Handlungen schon.


ps: Was fast immer in diesem Zusammenhang übersehen wird ist folgendes: damit man von Wirklichkeit sprechen kann, in deren Lichte eine Wahrheit zum Vorscheinkommt, muss auch die eben noch phänomenal anders in Erscheinung getretene Sache als reales Vorkommnis verstanden werden. Denn sonst würde ja garkeine Veränderung erkennbar sein. Und das ist der wirklich schwierige Part am Verstehen der Differenz von Wirklichkeit und Realität - denn beides meint nicht das selbe.




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Fr 26. Feb 2021, 18:58

Alethos hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:29
iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:25
Wenn es dich näher interessiert @Alethos, können wir das kurz obeflächlich durchgehen, warum diese drei "Dinge" nicht das selbe sind. Um es aber wirklich auch nachvollziehend zu verstehen, müssten wir uns für ein paar Jahre in einer Bibliothek einquartieren. :-)
Ja, unbedingt. Das interessiert mich!
Ok, wie gesagt, es muss hier oberflächlich bleiben, aber es wird dennoch lang genug.

Der Mensch vefügt über Sprache. Weder die Sprache selbst noch die Bedeutungen der Wörter und Sätze sind irgendwie vom Himmel gefallen noch wären ihre Konstellationen dem Menschen egal. Kurz: SPrache macht Sinn für uns, wir teilen damit anderen Menschen bspw. etwas mit.

Irgendwann wird der Mensch angefangen haben, von lediglich artikulierten Lauten (die bereits eine intrinsische Bedeutung haben mussten) zu genaueren Bezeichnungen überzugehen. Bei diesem Übergang muss es notwenigerweise dazu gekommen sein, dass DIngen oder Sachverhalten differenziertere Prädikationen zuteil wurde. Als Beispiel: Dieser Pilz ist eßbar, dieser ist es nicht. Wir sehen also - sofern unsere evolutionären EInsichten stimmen - dass das Sein den evolutionär ältesten Anspruch hat. Jedem Ding kann dadurch ein So-Sein (als Prädikat) zugewiesen werden. Der Ball ist rund, der Himmel blau usw. Nur das Sein selbst weist auf garnichts hin, das Sein selbst hat also kein Prädikat, welches man ihm zuweisen könne.

Zu existieren und real sein sind aber Prädikate einer Sache (res). Hier bewegen wir uns also schon im Reich des Seienden.

Nochmal: Sein ist prädikatlos - Seiendes nicht. Man könnte hier allerdings auch einwänden, dass Sein ja immerhin ein Wort ist und es damit dann doch ein Prädikat hat, nämlich das des wörtlichen Gebrauchs. Aber das ist auch nicht ganz korrelt, weil dies ja erst durch den Gebrauch zum Sein kommt - und insofern nicht ohne diesen etwas ist. So wie ein Ball bspw. rund ist, hier ist die Sprache ncht nötig, um dies zu verdeutlichen, man kann es auch aufmalen - das Sein allerdinsg lässt sich nicht aufmalen.

Die Etymologie von Existenz können wir hier nicht exakt durchgehen.. einfach selbst bei Interesse wikipädisieren. :-) Mit Existenz ist aber im wesentlichen so etwas wie räumliches Vorhandensein gemeint, etwas nimmt einen Platz in der Welt ein - die vermutlich beste Übersetzung vom griech. eks histemi dürfte wohl ausharrend sein., sich Platz verschaffend gewissermaßen. Etwas existiert also dann, wenn am gleichen Ort zur selben Zeit nichts anderes existieren kann. Kurz, wo eine Biene existiert kann nicht zugleich ein Fisch existieren.

Im Laufe der sprachlichen Tradition, die nicht nur durch die Philosophie gegeben ist, hat sich aber Existenz in seinem Bedeutungsgehalt erweitert, so "existieren" bspw. heute auch Vorstellungen von etwas und zwar in dem Moment wo sie als Aussage stattfinden, denn die schwingenden Atome der Luft mache sozusagen den Akt der Aussage zu etwas auch in diesem SInne Existentes. Denn dort wo diese Schwingungen stattfinden, können nicht zugleich andere Schwingungen oder DInge stattfinden.

Mit Realität ist aber nun etwas ganz anderes als die beiden Vorherigen gemeint. Mit dem Prädiakt real wird nochmal ein besonderer Unterschied angesprochen - nämlich von existierenden den Dingen oder Sacheverhalten (res). Denn der Traum bspw. findet zwar insofern statt, dass man den Traum als etwas existentes in der Welt bezeichnen kann, der Traum aber ist nicht unbedingt auch real. Es geht dabei einfach um die Unterscheidung - und diese ist nicht willkürlich sondern der Erfahrung entnommen. Wenn man jetzt Träume ebenfalls als real bezeichnen möchte, muss man diese Unterscheidung aber dennoch, dann eben mit einem anderen Prädikat treffen. Um diese Unterscheidung kommt man nicht herum. Man kann es umständlich machen, indem man es nichtsprachliche Tatsachen nennt oder einfach und effizient indem man es real nennt. ;-)




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Jörn Budesheim
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Fr 26. Feb 2021, 19:13

Der Begriff Wirklichkeit kann meines Erachtens sehr vieles bedeuten. Man muss in der Regel höllisch auf den Zusammenhang achten. Eine kleine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Wenn man von der Wirklichkeit spricht, dann meint der Begriff in der Regel so etwas ähnliches wie die Welt oder das Sein also irgendeine Form des Ganzen, der Totalität.

Man kann den Begriff aber auch in Bezug auf den Menschen setzen, ähnlich wie es in Nauplios mit Blumenberg weiter oben vorgeschlagen hat, wenn ich es richtig verstanden habe. In diesem Fall leben Menschen dann zu verschiedenen Zeiten und in verschiedene Kulturen in verschiedenen Wirklichkeiten, weil eben die Relation Mensch/Wirklichkeit eine Verschiedene ist: Manche Zeiten lebten demnach in einer kosmischen, geordneten Wirklichkeit, wieder andere in fragmentierten und unübersichtlichen Wirklichkeiten. Und da diese Wirklichkeiten zwar verschieden sind, aber nicht gänzlich auseinanderfallen, steht im Hintergrund noch der Wirklichkeitsbegriff, der die Welt als Ganzes meint.

Man kann mit Wirklichkeit aber auch einfach ganz unspezifisch alles (kleingeschrieben) meinen, was wirklich ist. Und hier kann man den Begriff "wirklich" mit verschiedenen kontrastieren. Er kann das Gegenstück zum Unwirklichen sein: "Das da war nicht wirklich Donald Trump, sondern nur ein Doppelgänger." "Es war nie wirklich Liebe." Oder es kann das Wirkliche im Unterschied zum Möglichen oder Notwendigen gemeint sein.

Man spricht aber auch davon, dass jemand in seiner ganz eigenen Wirklichkeit lebt. In diesem Fall ist weder alles noch Alles gemeint. Was gemeint ist, kann je nach Kontext natürlich variieren, z.b., dass jemand alles durch eine ganz besondere Brille sieht oder dass jemand in einem Kokon lebt und anders mehr.




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Fr 26. Feb 2021, 19:28

Auch Markus Gabriel bezieht sich auf die Bedeutung und Etymologie des Begriffs Existenz, aber nicht nur:

"Die zentrale These der Sinnfeldontologie, zu existieren heiße, in einem Sinnfeld zu erscheinen, restringiert Erscheinungen nicht auf menschliche Erscheinungsbedingungen. Was erscheint, tritt hervor und zeigt sich deswegen auch für uns vor einem Hintergrund. Dies legt die Etymologie von »Existenz« nahe. Viele natürliche Sprachen verwenden einen Ausdruck für »Existenz haben«, der wie das lateinische »existere« ein Hervortreten oder eine Ortsangabe anzeigt. ​Jonathan Barnes hat darauf hingewiesen, dass Existenzausdrücke häufig lokativ sind. Als Beispiele kann man anführen: Dasein, Existenz (existence, existência etc.), il y a, c’è und, zur Vermeidung des Eurozentrismus: (you) und (cúnzài). Letzteres ist im Chinesischen eine über das Japanische vermittelte phonetisch motivierte Übersetzung des Deutschen »Seins«, ist aber gleichwohl bedeutsam. Denn »cún« bedeutet »enthalten«, und »zài« heißt »in, bei, an«. Das auch in der antiken chinesischen Philosophie verwendete Zeichen (you, haben) bedeutet auch »Sein«, was an das Französisch »il y a« erinnert. Heidegger hat in Erinnerung der indoeuropäischen Etymologie darauf hingewiesen, dass das Griechische Wort φύσις (physis) ein Existenzausdruck ist, der im Sanskrit als bhavati (werden) auftaucht, womit auch das heutige Hindiverb hona (sein, existieren) etymologisch verwandt ist. Heidegger legt dies bekanntlich dahingehend aus, φύσις bezeichne ursprünglich ein Hervortreten, das unabhängig davon ist, dass wir es kontrollieren, hervorbringen oder manipulieren. Sinnfelder sind der Hintergrund, vor dem dasjenige hervortritt, ​was es gibt. Damit beerbt die Sinnfeldontologie die Grundidee der Bereichsontologie. Sie lässt dabei zugunsten des ontologischen Realismus die optionale Annahme der klassischen Bereichsontologie fallen, dass Gegenstandsbereiche als Diskursuniversen individuiert sind, die durch verschiedene Disziplinen oder Methoden abgesteckt werden."

(Markus Gabriel, Sinn und Existenz)

[Einige der Schriftzeichen, die im Original des Buches vorhanden waren, sind beim Kopieren leider verloren gegangen.]




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Alethos
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Fr 26. Feb 2021, 19:43

iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 18:58
Mit Realität ist aber nun etwas ganz anderes als die beiden Vorherigen gemeint. Mit dem Prädiakt real wird nochmal ein besonderer Unterschied angesprochen - nämlich von existierenden den Dingen oder Sacheverhalten (res). Denn der Traum bspw. findet zwar insofern statt, dass man den Traum als etwas existentes in der Welt bezeichnen kann, der Traum aber ist nicht unbedingt auch real. Es geht dabei einfach um die Unterscheidung - und diese ist nicht willkürlich sondern der Erfahrung entnommen. Wenn man jetzt Träume ebenfalls als real bezeichnen möchte, muss man diese Unterscheidung aber dennoch, dann eben mit einem anderen Prädikat treffen. Um diese Unterscheidung kommt man nicht herum. Man kann es umständlich machen, indem man es nichtsprachliche Tatsachen nennt oder einfach und effizient indem man es real nennt. ;-)
Danke für den Versuch, aber ich verstehe nur, dass Sein kein Prädikat hat, es also allen Prädikaten vorgelagert ist.

Aber warum Realität nicht mit Existierenden zusammenfallen soll, das hast du nicht erklärt resp. nur gesagt, dass man Reales von anderem, das damit nicht gemeint sei, unterscheiden können müsse. Du hast nicht dargelegt, warum es nicht möglich sein soll, innerhalb der Realen nach diesen und jenen Prädikationen zu unterscheiden, durch die sich die Realen begrifflich differenzieren lassen.

Anders gesagt: Vor dem Hintergrund des Seins kommen die Dinge vor in ihrer Eigentlichkeit, und indem sie und weil sie vorkommen, existieren sie als Eigentliche, mit Eigenschaften und dadurch sind sie eben solche und solche Dinge. Sie unterscheiden sich voneinander und dadurch unterscheiden sich auch die Bereich voneinander, in denen sie als Wirkliche vorkommen. Sie müssen in ihre spezifische Realität entlassen worden sein, ohne die sie gar nicht existieren könnten. Existenz ist ein Ausdruck für das subsistente und sich aktualisierende Sein der Seienden (actualitas, Wirklichkeit etc) als diese Wirklichen, die somit Teile ihrer Wirklichkeitsbereiche sind. Und das heisst Realität: Dass Gegenstände Sein haben in ihrem Seiend-Sein als diese Seienden. Sie müssen nicht auf uns einwirken, um wirklich zu sein, sie sind wirklich, weil sie sind und dadurch sind sie real, weil sie existieren.

Gegen die Jahrhunderte alte Auffassung, dass es da eine reale Welt gebe, die es von der Traumwelt, der phänomenologischen Welt etc. zu unterscheiden gelte, richtet sich die SFO. Nun wieder hinter diesen Punkt zurück zu fallen, würde nicht einen Neuen Realismus begründen, wie du ihn auszuformulieren versuchst, sondern wäre vielmehr ein Revival eines m.M.n. überholten Realitätsbegriffs. Überholt deshalb, weil es der Vielfalt der Dinge nicht gerecht wird, wenn man sie einerseits als Dinge begreift, ihnen aber ihre actualitas absprechen will. Man kann nun aber nicht beides zugleich haben: Gegenstände und Begriffe von ihnen und ihre Nichtrealität behaupten, also behaupten, dass es sie in Wirklichkeit nicht gebe resp. es diese Wirklichkeit nicht gebe, in denen sie vorkommen. Das ist logisch unbefriedigend und verpasst zudem die Essenz der Dinge, ihre Substanzialität, ihr Wesen. Dinge sind Dinge mit einem Wesen als diese Dinge: zu sagen, dass sie nicht real seien, heisst zu verkennen nicht nur, dass sie sind, dass sie existieren, sondern auch ihr reales Wesen zu vernachlässigen, durch das sie diese Dinge sind, weshalb sie nicht irgendwelche Dinge sind, sondern diese Realen im Glanz ihrer vollen Wesentlichkeit.

Darum müssen wir die Gegenstände richtig einschätzen können, wenn wir sie untersuchen wollen, was wir aber nicht können, wenn wir die Realitätsbereiche degradieren und von einer Realität allein behaupten, sie sei die wirklichste. Das wäre falsch, meine ich, und zudem unnötig. Dadurch würden wir uns apriori von einem Grossteil der Wirklichkeit abwenden und nichts über sie herauszufinden wagen.
Zuletzt geändert von Alethos am Fr 26. Feb 2021, 20:08, insgesamt 1-mal geändert.



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Fr 26. Feb 2021, 20:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 19:28
Auch Markus Gabriel bezieht sich auf die Bedeutung und Etymologie des Begriffs Existenz, aber nicht nur:

"Die zentrale These der Sinnfeldontologie, zu existieren heiße, in einem Sinnfeld zu erscheinen, restringiert Erscheinungen nicht auf menschliche Erscheinungsbedingungen. Was erscheint, tritt hervor und zeigt sich deswegen auch für uns vor einem Hintergrund. Dies legt die Etymologie von »Existenz« nahe. Viele natürliche Sprachen verwenden einen Ausdruck für »Existenz haben«, der wie das lateinische »existere« ein Hervortreten oder eine Ortsangabe anzeigt. ​Jonathan Barnes hat darauf hingewiesen, dass Existenzausdrücke häufig lokativ sind. Als Beispiele kann man anführen: Dasein, Existenz (existence, existência etc.), il y a, c’è und, zur Vermeidung des Eurozentrismus: (you) und (cúnzài). Letzteres ist im Chinesischen eine über das Japanische vermittelte phonetisch motivierte Übersetzung des Deutschen »Seins«, ist aber gleichwohl bedeutsam. Denn »cún« bedeutet »enthalten«, und »zài« heißt »in, bei, an«. Das auch in der antiken chinesischen Philosophie verwendete Zeichen (you, haben) bedeutet auch »Sein«, was an das Französisch »il y a« erinnert. Heidegger hat in Erinnerung der indoeuropäischen Etymologie darauf hingewiesen, dass das Griechische Wort φύσις (physis) ein Existenzausdruck ist, der im Sanskrit als bhavati (werden) auftaucht, womit auch das heutige Hindiverb hona (sein, existieren) etymologisch verwandt ist. Heidegger legt dies bekanntlich dahingehend aus, φύσις bezeichne ursprünglich ein Hervortreten, das unabhängig davon ist, dass wir es kontrollieren, hervorbringen oder manipulieren. Sinnfelder sind der Hintergrund, vor dem dasjenige hervortritt, ​was es gibt. Damit beerbt die Sinnfeldontologie die Grundidee der Bereichsontologie. Sie lässt dabei zugunsten des ontologischen Realismus die optionale Annahme der klassischen Bereichsontologie fallen, dass Gegenstandsbereiche als Diskursuniversen individuiert sind, die durch verschiedene Disziplinen oder Methoden abgesteckt werden."

(Markus Gabriel, Sinn und Existenz)

[Einige der Schriftzeichen, die im Original des Buches vorhanden waren, sind beim Kopieren leider verloren gegangen.]
Sofern Gabriel mit "Gegenstände" nicht nur materielle Körper meinen möchte, dürfte doch aber klar sein, dass ein Großteil der Gegenstandsbereiche sehr wohl und in vielen Fällen sogar ausschließlich dadurch, dass sie in Diskursuniversen (genauer: druch den Menschen) erst hervortreten, existieren. Bspw. die Ethik, das Recht, Soziologie, Gefühle etc. *1 Nun verstehe ich allerdings die SFO nicht nur dahingehend, dass sie von Körpern im materialen Sinne (also schlicht einer physis) spricht, sindern von Sinnfeldern, die im Grunde alles weltliche erfassen. Wie passt das Deiner Meinung nach zusammen?

*1 ps: Kunst hatte ich ganz vergessen ;-)




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iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 17:46

Wirklichkeit hat im Gegensatz zu Realtät (realitas) einen Doppelsinn, bei dem man vorsichtig argumentieren muss. Denn zum einen findet sich in dem Begriff die Wirkung (Auswirkung) einer Sache - deshlab im Nachhinein. Gleichzeitig ist damit aber auch ein Wahrheitsanspruch gemeint - der sich schon in der Frage offenbart: Ist es wirklich so?

Und das ist der wirklich schwierige Part am Verstehen der Differenz von Wirklichkeit und Realität - denn beides meint nicht das selbe.
Nun gebrauchst Du allerdings Realität und Wirklichkeit synonym. Wirklichkeit ist die Übersetzung von Realität:
iselilja hat geschrieben :
Mi 24. Feb 2021, 18:38

Was mir aber wichtig wäre zu verstehen - denn genau das ist das letente Thema hier - ist, dass es da eine Realität (eine Wirklichkeit) gibt, an der sich Texte (und selbstverständlich gehören Gabriels Texte dazu, so wie jeder andere Text auch) messen lassen können, unabhängig davon wer da was herausliest oder meint zu verstehen.
Aber mal unabhängig davon. Ich denke, daß die Ineinssetzung beider sich anbietet. Wollte man Realität und Wirklichkeit unterscheiden, müßte man angeben, was mit dieser Unterscheidung sichtbar gemacht wird, was ansonsten unsichtbar bleibt. -

Mir scheint eine andere Unterscheidung viel wichtiger: Wirkliches und Wirklichkeit, beziehungsweise Reales und Realität. - Der Ausgangspunkt von einem Wirklichen führt nicht auf direkte Weise zum Wesen der Wirklichkeit. Die Wirklichkeit ist nicht einfach nur das Gemeinsame alles Wirklichen. Der Grundcharakter der Wirklichkeit ist ihre Selbstverständlichkeit. Und in dieser Selbstverständlichkeit ist die Wirklichkeit verborgen. Das meint das Athematische. Wirklichkeit wird überhaupt dann erst ein Thema, wenn eine Störung vorliegt. - Die Wirklichkeit ist nicht die Gesamtheit alles Wirklichen. Die Wirklichkeit ist völlig unauffällig. Sie wird erst auffällig durch Unstimmigkeit.

Wenn man immer nur von einem Wirklichen ausgeht, sei es ein Wecker, ein Turm, ein Traum o.ä. verstellt das die Sicht auf dies Wesentliche der Wirklichkeit. Man dringt dann gar nicht zur Wirklichkeit vor, weil man Wirklichkeit als Summe von Wirklichem versteht und nicht als Kontrast, vor dem sich Wirkliches ereignet. Wenn Wirklichkeit einfach nur auf die Gesamtheit all dessen, was es in der einen oder anderen Form gibt, also auf die Gesamtheit des Wirklichen verkürzt wird, bekommt man das Eigentümliche der Wirklichkeit erst gar nicht in den Blick.

Der eigentliche phänomenologische Befund, den man an der Wirklichkeit gewinnen kann, wird dann gleichsam verschenkt. Man hat dann immer nur einzelne Gegenstände, mal einen Wecker, der klingelt, mal einen Turm, von dem man springt, mal einen Traum, in dem man fliegen kann usw., aber das verstellt schon zu einem ganz frühen Zeitpunkt die Sicht auf das, was eine phänomenologische Analyse der Wirklichkeit abgewinnen kann. Man hechelt einer Fährte hinterher, die von einem einzelnen Wirklichen zu weiteren einzelnen Wirklichen führt, bei der Wirklichkeit aber nicht mehr ankommt, weil man die Wirklichkeit selbst für ein einzelnes Wirkliches nimmt. -




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Alethos hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 19:43


Aber warum Realität nicht mit Existierenden zusammenfallen soll, das hast du nicht erklärt resp. nur gesagt, dass man Reales von anderem, das damit nicht gemeint sei, unterscheiden können müsse. Du hast nicht dargelegt, warum es nicht möglich sein soll, innerhalb der Realen nach diesen und jenen Prädikationen zu unterscheiden, durch die sich die Realen begrifflich differenzieren lassen.

Dann lass es mich nochmal an einem Beispiel versuchen. Ein Traum existiert (er findet statt), Gänse existieren ebenfalls. Ein Traum ist nichts Reales, die Gans allerdings schon, und zwar genau dann wenn sie in der realen Welt vorkommt. Das war die Behauptung.. nun zur Begründung.

In der realen Welt kommst Du selbst vor, du kannst also der Gans tatsächlich begegnen, weil sie in der selben Realität vorkommt. Ihr beide seid in das weltliche GESCHEHEN derart involviert, dass Du letztendlich erkennen musst, dass Du diese Welt nicht geschaffen haben kannst - du bist also nicht der Kreateur dieser Welt. Im Traum hingegen, kann man auch gelegentlich selbst vorkommen, aber Du selbst bist nicht im Traum, sondern Du bist der Träumende, Du erzeugst also diese Welt, diese Traumwelt findet in Dir ind nirgends sonst statt. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Und den muss man durch irgend ein Wort benennen, sofern man nicht jedes mal die den ganzen Bedeutungsgehalt der Unterscheidung (so wie ich es hier jetzt gerade mache) erläutern möchte. :-)

ps: Das war nur ein Beispiel.. es gibt unzählige Sachverhalte, wo es ähnlich oder genau so ts.

pps: Sorry, ich wollte ja präziser in meinen Formulierungenbleiben: deshalb ersetze bitte "ein Traum ist nichts Reales" durch "das Geträumte ist nichts Reales".


Verstehst Du diesen Unterschied? Die Realität ist, dass Du als Träumender im Bett liegst und von etwas träumst - und es spielt dabei überhaupt keine Rolle was Du träumst. In der Realität spielen deine Handlungen aber sehr wohl eine Rolle.
Zuletzt geändert von iselilja am Fr 26. Feb 2021, 20:41, insgesamt 1-mal geändert.




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iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 20:27

In der realen Welt kommst Du selbst vor, du kannst also der Gans tatsächlich begegnen, weil sie in der selben Realität vorkommt. Ihr beide seid in das weltliche GESCHEHEN derart involviert, dass Du letztendlich erkennen musst, dass Du diese Welt nicht geschaffen haben kannst - du bist also nicht der Kreateur dieser Welt. Im Traum hingegen, kann man auch gelegentlich selbst vorkommen, aber Du selbst bist nicht im Traum, sondern Du bist der Träumende, Du erzeugst also diese Welt, diese Traumwelt findet in Dir ind nirgends sonst statt. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Und den muss man durch irgend ein Wort benennen ...
Du meinst das Vico-Axiom (?) -




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Nauplios hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 20:37
iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 20:27

In der realen Welt kommst Du selbst vor, du kannst also der Gans tatsächlich begegnen, weil sie in der selben Realität vorkommt. Ihr beide seid in das weltliche GESCHEHEN derart involviert, dass Du letztendlich erkennen musst, dass Du diese Welt nicht geschaffen haben kannst - du bist also nicht der Kreateur dieser Welt. Im Traum hingegen, kann man auch gelegentlich selbst vorkommen, aber Du selbst bist nicht im Traum, sondern Du bist der Träumende, Du erzeugst also diese Welt, diese Traumwelt findet in Dir ind nirgends sonst statt. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Und den muss man durch irgend ein Wort benennen ...
Du meinst das Vico-Axiom (?) -
Ich meine die Realität, die keiner Theorie oder Meinung bedarf um Realität zu sein. Es ist aber durchaus möglich, dass Vico das selbe meinte. :-) Man bricht sich nicht das Bein, weil man zuvor die richtige Theorie des Beinbrechens hatte. Heidegger erklärt das besser als ich.. obwohl ich der Meinung bin dass Realität keiner Erklärung bedarf, denn jeder erlebt sie.

ps: Ich schreibe dazu nochmal etwas ausführlicher in deinem Thread "Wie im Himmel so auf Erden". Vielleicht wird dann etwas ersichtlich, was ich hier thematisch nicht so recht einordnen kann bzw. will, weil die in Richtung Religionskritik ginge.

pps: Wenn man sich im Traum das Bein bricht, mag das vielleicht auch irgendwie (?) weh tun, aber es ist offensichtlich etwas anderes als sich in der Realität das Bein zu brechen. Das muss doch für einen Menschen begreiflich sein. Ich wundere mich schon die ganze Zeit, warum die Realität hier so vielen den Kopf zerbricht. :-)




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Fr 26. Feb 2021, 21:19

iselilja hat geschrieben :
Fr 26. Feb 2021, 20:27
Verstehst Du diesen Unterschied? Die Realität ist, dass Du als Träumender im Bett liegst und von etwas träumst - und es spielt dabei überhaupt keine Rolle was Du träumst. In der Realität spielen deine Handlungen aber sehr wohl eine Rolle.
Ich verstehe, dass Realität für dich das Physische meint, also eine Realität betrifft, die für Beinbrüche und waghalsige Stürze von Hochhäusern eine gewisse existenzielle Prädominanz hat. :) Und ich verstehe auch, dass sich das Geträumte oder das Erdachte für dich aus dem Blickwinkel dieser Realität von dieser unterscheidet dadurch, dass es Nichtreales zum Gegenstand hat, schliesslich breche man sich dort nicht wirklich das Bein und stürze man nicht wirklich in die Tiefe.

Ich glaube, dass es so etwas wie eine eingeübte Wirklichkeit gibt, die uns als Selbstverständlichkeit diskret begleitet, die uns erst auffällt, wenn etwas fragwürdig wird. Nauplios hat das ganz schön beschrieben.

Ich glaube aber nicht, dass wir durch Einübung eines physischen Realitätsverständnisses zu einem umfassenderen Verständnis über das Wesen der Wirklichkeit vordringen. Ich meine, gerade die Philosophie oder auch die Mathematik, die Poesie und die Kunst im Allgemeinen beweisen in actu, dass sie in Wirklichkeitsbereiche vorstossen, deren Gegenstände uns nicht durch ihr Körperlichsein stimulieren, indem sie auf uns wie Körper einwirken, sondern indem sie uns in Bedeutungswelten eigenen Rechts einladen. Wo es vielleicht Rechthaben gibt, aber dieses nicht so im Vordergrund steht wie der Schmerz eines gebrochenen Beins. Wo es vielleicht Wahrheit gibt, die aber nicht akut überall den Irrtum fürchtet, sondern sich freundlich und verständnisvoll zeigt für die armen Seelen, die wir sind ohne sie. :)



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