Realität und mögliche Verstehensweisen eines Neuen Realismus

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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iselilja
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Sa 13. Feb 2021, 20:49

Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:34
iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:23
Also würdest Du soweit zustimmen, dass wir einen Realitätsbegriff benötigen, um zwischen Wahrheit und naja Nichtwahrheit unterscheiden zu können.
Ja, ich stimme zu, dass wir einen Realitätsbegriff benötigen, um zwischen Wahrheit und Unwahrheit unterscheiden zu können, aber ich stimme nicht zu, dass das Reale für die Wahrheit steht und das Nichtreale für die Unwahrheit. Beides ist real: das Wahre und das Unwahre.
Aha.. da haben wir den Punkt.

Ok, jetzt müssen wir konkreter werden. Deswegen ein Beispiel, was schon keiner mehr hören kann: Der Mond ist aus grünem Käse. Ich denke mal wir stimmen ebenfalls soweit überein, dass dies unwahr ist. Was bliebe für Dich hier das reale daran. Ist es lediglich der Umstand, dass dieser Satz oder Gedanke in der Welt als solcher vorkommt? Und wenn ja, woher willst du dann wissen, dass es unwahr ist?




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Alethos
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Sa 13. Feb 2021, 21:02

iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:49
Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:34
iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:23
Also würdest Du soweit zustimmen, dass wir einen Realitätsbegriff benötigen, um zwischen Wahrheit und naja Nichtwahrheit unterscheiden zu können.
Ja, ich stimme zu, dass wir einen Realitätsbegriff benötigen, um zwischen Wahrheit und Unwahrheit unterscheiden zu können, aber ich stimme nicht zu, dass das Reale für die Wahrheit steht und das Nichtreale für die Unwahrheit. Beides ist real: das Wahre und das Unwahre.
Aha.. da haben wir den Punkt.

Ok, jetzt müssen wir konkreter werden. Deswegen ein Beispiel, was schon keiner mehr hören kann: Der Mond ist aus grünem Käse. Ich denke mal wir stimmen ebenfalls soweit überein, dass dies unwahr ist. Was bliebe für Dich hier das reale daran. Ist es lediglich der Umstand, dass dieser Satz oder Gedanke in der Welt als solcher vorkommt? Und wenn ja, woher willst du dann wissen, dass es unwahr ist?
Da haben wir den Punkt fast, ja.

Wir stimmen nicht überein, dass die Aussage: „Der Mond besteht aus grünem Käse.“ in jedem Fall falsch ist. Im Fall, dass der Satz in einer fiktionalen Geschichte vorkommt, kann es ja wahr sein, dass der Mond aus grünem Käse besteht. Es nützt nun nichts zu sagen: „Aber halt, das ist nicht der reale Mond.“, weil es keine prävalierende Mondrrealität gibt.
Für den Mond im Universum in raumzeitlicher Hinsicht gilt: Er besteht nicht aus Käse. Vor dem Hintergrund dieser Mondrealität ist die Aussage über Mondkäse falsch.



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Jörn Budesheim
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Sa 13. Feb 2021, 21:09

Ganz falsch ist dieser Satz auch nicht. Immerhin behauptet er etwas nämlich, dass der Mond existiert und aus etwas besteht, was beides stimmt.




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Alethos
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Sa 13. Feb 2021, 21:14

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 21:09
Ganz falsch ist dieser Satz auch nicht. Immerhin behauptet er etwas nämlich, dass der Mond existiert und aus etwas besteht, was beides stimmt.
So habe ich es nicht betrachtet, aber wir sollten die, die Angst vor Realitätsverlust haben, nicht noch mehr durcheinander bringen.

Zudem, ist so ein Wahrheitsbegriff wirklich nützlich, wenn wir durch ihn genötigt werden zu sagen: Es regnet in London auch nicht, weil es zwischen den Regentropfen Lücken gibt?



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iselilja
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Sa 13. Feb 2021, 21:39

Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 21:02
iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:49
Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:34


Ja, ich stimme zu, dass wir einen Realitätsbegriff benötigen, um zwischen Wahrheit und Unwahrheit unterscheiden zu können, aber ich stimme nicht zu, dass das Reale für die Wahrheit steht und das Nichtreale für die Unwahrheit. Beides ist real: das Wahre und das Unwahre.
Aha.. da haben wir den Punkt.

Ok, jetzt müssen wir konkreter werden. Deswegen ein Beispiel, was schon keiner mehr hören kann: Der Mond ist aus grünem Käse. Ich denke mal wir stimmen ebenfalls soweit überein, dass dies unwahr ist. Was bliebe für Dich hier das reale daran. Ist es lediglich der Umstand, dass dieser Satz oder Gedanke in der Welt als solcher vorkommt? Und wenn ja, woher willst du dann wissen, dass es unwahr ist?
Da haben wir den Punkt fast, ja.

Wir stimmen nicht überein, dass die Aussage: „Der Mond besteht aus grünem Käse.“ in jedem Fall falsch ist. Im Fall, dass der Satz in einer fiktionalen Geschichte vorkommt, kann es ja wahr sein, dass der Mond aus grünem Käse besteht. Es nützt nun nichts zu sagen: „Aber halt, das ist nicht der reale Mond.“, weil es keine prävalierende Mondrrealität gibt.
Für den Mond im Universum in raumzeitlicher Hinsicht gilt: Er besteht nicht aus Käse. Vor dem Hintergrund dieser Mondrealität ist die Aussage über Mondkäse falsch.
Ok, das war jetzt eine etwas ausführlichere Wiederholung der Behauptung, dass die Aussage oder der Gedanke falsch sei. Aber warum? Warum ist sie falsch?




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Alethos
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Sa 13. Feb 2021, 21:45

iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 21:39
Ok, das war jetzt eine etwas ausführlichere Wiederholung der Behauptung, dass die Aussage oder der Gedanke falsch sei. Aber warum? Warum ist sie falsch?
Ich sagte ja, dass sie nicht durchweg falsch ist. Wir stimmen in diesem Punkt nicht überein, weil ich nicht der Meinung bin, dass die Aussage: „Der Mond besteht aus grünem Käse“ in jedem Fall falsch ist.

Du bist aber der Meinung, dass sie in jedem Fall falsch ist. Warum ich meine Ansicht vertrete, habe ich erläutert, warum du deine Ansicht für richtig hälst, ist mir nach wie vor unklar. Nochmal meine Frage, die noch unbeantwortet blieb: Durch welchen Weltbegriff ist dir möglich zu bestimmen, was unwirklich ist?
Zuletzt geändert von Alethos am Sa 13. Feb 2021, 21:49, insgesamt 1-mal geändert.



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Nauplios
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Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 20:24

Wenn wir uns überlegen, wie viel Wirkliches es gibt, von dem wir nichts wissen, dann schiene es eine ziemliche Vergeudung von Wirklichkeit zu sein, wenn sie vornehmlich eine Berufungsinstanz für wahre Ansichten wäre.
Wie ist der Bezug zur Wirklichkeit in der Lebenswelt? - Die Lebenswelt ist eine Welt im Rücken. Der epistemologische Zugriff auf die Wirklichkeit der Lebenswelt erfolgt immer ex negativo, also dann, wenn etwas nicht stimmt. "Was ist denn das?" - Die Wirklichkeit der Lebenswelt ist epistemologisch unauffällig. Es wäre eine völlige Überlastung, wollte man sich beständig die Frage vorlegen, was es mit der Wirklichkeit auf sich hat. Die Lebenswelt entlastet von der permanenten Unruhe, die Dinge könnten allesamt ganz anders sein als sie scheinen. Nur in Einzelfällen kommt es zu solcher Irritation. "Was war DAS denn?" - Unser Umgang mit und in der Lebenswelt ist vom größt möglichen Maß an Pragmatismus gekennzeichnet. Husserl nannte das in der Frühzeit der Phänomenologie die "natürliche Einstellung". In ihr sind wir zuvörderst handelnd und nicht erkenntnistreibend. Zur Erkenntnis kommen wir - in der Lebenswelt - wenn uns etwas zwingt, genauer nachzuschauen. Dann verlassen wir gewissermaßen die Lebenswelt. Gegebenenfalls betreiben wir Theorie. Doch in lebensweltlichen, pragmatischen Zusammenhängen bemerken wir das Wirkliche nicht. Es ist einfach selbstverständlich da. Wenn ich die Treppe zum Arbeitszimmer hochgehe, denke ich über alles Mögliche nach: was werde ich jetzt lesen? Hab' ich noch Wein oben? Soll ich das Telephon mitnehmen. Hat Murphy noch genug Futter? Aber während ich hochgehe, denke ich nicht: ist die nächste Stufe auch noch da, wo sie gestern war? - Die Stufe wird dann zur Wirklichkeit, wenn sie nicht mehr da ist und ich auf die Nase falle. "Aua! Was ist denn JETZT los? Wo ist denn die Stufe?" - Jetzt wird die fehlende Stufe zu einem Objekt meiner Aufmerksamkeit. Ich will wissen, warum sie nicht mehr da ist. Paradox formuliert: erst wenn die Stufe nicht wirklich ist, wird sie zu einer Wirklichkeit, die mich erkenntnismäßig beschäftigt. - Das Wirkliche ist (in der Lebenswelt!) das Selbstverständliche. Es ist bereits verständlich. "Wahre Ansichten" erfordert es nicht. -

Ich schreibe dies mit dem Handy aus der Gästetoilette heraus (kein Scherz). Die Wirklichkeit von Tür, Sitz und Fenster war während des Schreibens in meinem Rücken. Zu keinem Zeitpunkt spielten "wahre Ansichten" über Tür, Sitz und Fenster eine Rolle, zu jedem Zeitpunkt allerdings deren epistemologische Unauffälligkeit und pragmatische Verläßlichkeit. -




Nauplios
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Sa 13. Feb 2021, 21:50

Der letzte Absatz mag Beleg dafür sein, daß nicht alles, was ich soeben geschrieben habe, "amtlichen" Status hat. ;)




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Alethos
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Nauplios hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 21:46
Es wäre eine völlige Überlastung, wollte man sich beständig die Frage vorlegen, was es mit der Wirklichkeit auf sich hat. Die Lebenswelt entlastet von der permanenten Unruhe, die Dinge könnten allesamt ganz anders sein als sie scheinen.
Anders gesagt, können wir uns auf die Realität verlassen. Ich meine damit nicht, dass sie uns nicht enttäuschen kann, aber sie ist doch recht beständig darin, uns immer wieder zu bestätigen, auch unsere Irrtümer als solche zu bestätigen.



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Nauplios
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Sa 13. Feb 2021, 22:03

Wenn wir also von "richtigen Ansichten" sprechen - nicht, daß es die nicht gibt - dann sprechen wir von Ansichten, denen ein "Ausnahmezustand" vorherging. Die NOTwendigkeit, sich solcherart "richtiger Ansichten" zu vergewissern, erfordert Not. Abweichung vom "Geradehin" (Husserl), Durchbrechung der "natürlichen Einstellung". Wenn es keine hinreichende Erklärung für die "Ausnahme" gibt, erfordert das Theorie, in besonderen Fällen Philosophie. Deshalb nannte Blumenberg die Lebenswelt das "Antipodische" der Philosophie. - Es kann also in der Lebenswelt alles Mögliche geben, nur eines nicht: Philosophie. ;)




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iselilja
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Sa 13. Feb 2021, 22:26

"Wenn die «realitates» oder «formalitates» tatsächlich unabhängig vom sie erkennenden Intellekt sind – und durch diesen Umstand unterscheiden sie sich von Grund auf vom «fictum» oder vom «ens rationis» –, dann sind diese «realitates» (weit davon entfernt schlicht und einfach mit der «res» zusammenzufallen) in sich formale Merkmale oder Gesichtspunkte («rationes»), die in unterscheidbarer Weise das vollständige Wesen der «res» ausmachen, wobei dieses Wesen an sich in den Blick kommt, und zwar in der Vielheit seiner Aspekte oder seiner intelligiblen Bestimmungen." <Historisches Wörterbuch der Philosophie, <realitas>>

Mir geht es mit diesem Auszug, der einen skotistischen Deutungsansatz wiedergibt, vor allem um den markierten Teil. Hier wird also zwischen rationes und realitates noch kategorisch und nicht nur begrifflich unterschieden. Postcartesianisch aber fallen rationes und realitates ineinander, womit die Gedankenwelt der Realität zugerechnet wird, da sie mindestens genau so real sein muss wie ich selbst.

Doch was geschieht nun mit Dem Neuen Realismus? Hier fallen nun auch noch fictum und formalitates hinzu. Wir haben also im Grunde eine komplette Vereinheitlichung von zuvor 4 wesentlichen Unterscheidungen. Wichtig hierbei ist, es findet sich bisher keine plausible Begründung (im Sinne einer Notwendigkeit) für diesen Zusammenzug.




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iselilja
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Sa 13. Feb 2021, 22:40

Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 21:45
iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 21:39
Ok, das war jetzt eine etwas ausführlichere Wiederholung der Behauptung, dass die Aussage oder der Gedanke falsch sei. Aber warum? Warum ist sie falsch?
Ich sagte ja, dass sie nicht durchweg falsch ist. Wir stimmen in diesem Punkt nicht überein, weil ich nicht der Meinung bin, dass die Aussage: „Der Mond besteht aus grünem Käse“ in jedem Fall falsch ist.

Du bist aber der Meinung, dass sie in jedem Fall falsch ist. Warum ich meine Ansicht vertrete, habe ich erläutert, warum du deine Ansicht für richtig hälst, ist mir nach wie vor unklar. Nochmal meine Frage, die noch unbeantwortet blieb: Durch welchen Weltbegriff ist dir möglich zu bestimmen, was unwirklich ist?
Nein das meinte ich nicht. Dass sie im rationalen Sinne wahr sein könne ist unstrittig, spätestens seit Descartes wurde daran nicht mehr gezeifelt. Das ist aber nicht die Frage.. ich will ja wissen warum du meinst, dass der reale Mond nicht aus Käse ist. Wie erklärst Du das mit einem Sinnfeld, denn das war doch der Ausgangspunkt.
Zuletzt geändert von iselilja am Sa 13. Feb 2021, 22:50, insgesamt 1-mal geändert.




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Alethos
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Sa 13. Feb 2021, 22:49

iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 22:40
Denn Fiktion bedeutet ja (heute) sinngemäß auch nicht-real. Es handelt sich also lediglich um eine Negation der Negation bei genauer Betrachtung. Das ist aber nicht die Frage.. ich will ja wissen warum du meinst, dass der reale Mond nicht aus Käse ist. Wie erklärst Du das mit einem Sinnfeld, denn das war doch der Ausgangspunkt.
Sorry, wir kommen da einfach nicht zusammen, fürchte ich. Die Fiktion ist real. Das Fiktive ist nicht nicht-real. Hier scheiden sich schon unsere Wege.

Und dann geht es weiter mit dem „realen Mond“.. Was soll das heissen? Du verwendest hier „real“, um ein bestimmtes Mondvorkommen als privilegiert auszuzeichnen: Aber dann bist du Nominalist, kein Vollblut-Realist. :)

Wenn wir die wahre Ansicht haben: „Der Erdtrabant besteht aus Staub und Gestein“, dann meinen wir damit, dass es wahr über diesen Gegenstand ist, dass er aus Staub und Gestein besteht.

Sinnfeld → Raumzeitstelle in der Umlaufbahn der Erde. Frage: Gibt es dort einen Gegenstand aus Käse? Antwort: Nein. Die Ansicht: „Der Mond besteht nicht aus Käse“ ist wahr.

Sinnfeld → Textstelle in einem
Astronomiebuch: Gibt es dort einen Gegenstand aus Käse? Antwort: Nein. Die Ansicht: „Der Mond besteht nicht aus Käse“ ist wahr.

Sinnfeld → Textstelle in der fiktionalen Geschichte „Der grüne Käsemond“: Gibt es dort einen Gegenstand aus Käse? Antwort: Ja. Die Ansicht: „Der Mond besteht nicht aus Käse“ ist falsch.

In diesen drei Beispielen ist der Mond real.
Zuletzt geändert von Alethos am Sa 13. Feb 2021, 23:02, insgesamt 1-mal geändert.



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Sa 13. Feb 2021, 22:51

Sorry ich habe mich da gedanklich kurz vertan.. ich hab's eben korrigiert.. ist schon spät. :-)




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iselilja
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Sa 13. Feb 2021, 22:53

Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 22:49


Und dann geht es weiter mit dem „realen Mond“.. Was soll das heissen? Du verwendest hier „real“ zum Auszeichnen einer bestimmten Art und Weise des Vorkommens von Mond als privilegierte auszuzeichnen: Aber dann bist du Nominalist, kein Realist.
Das Thema birgt so seine Schwierigkeiten. Die in gewisser Weise auch der Schriftlichkiet geschuldet sind. Aber wenn ich zum Himmel zeige und Richtung Mond und die Frage erneut stelle. Wie würdest Du begründen, dass es falsch ist zu meinen, das Ding da oben sei aus grünem Käse.

Inwiefern würde es den Wahrheitsgehalt der Aussage verändern, wenn ich nun Nominalist oder Relalist oder auch nur Forist bin. Die Frage bliebe doch die selbe???




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Alethos
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Sa 13. Feb 2021, 23:08

iselilja hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 22:53
Alethos hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 22:49


Und dann geht es weiter mit dem „realen Mond“.. Was soll das heissen? Du verwendest hier „real“ zum Auszeichnen einer bestimmten Art und Weise des Vorkommens von Mond als privilegierte auszuzeichnen: Aber dann bist du Nominalist, kein Realist.
Das Thema birgt so seine Schwierigkeiten. Die in gewisser Weise auch der Schriftlichkiet geschuldet sind. Aber wenn ich zum Himmel zeige und Richtung Mond und die Frage erneut stelle. Wie würdest Du begründen, dass es falsch ist zu meinen, das Ding da oben sei aus grünem Käse.
Ich würde zustimmen, dass dieser Gegenstand „da oben“ nicht aus grünem Käse besteht, weil er nicht aus grünem Käse besteht.

Der Grund, das zu meinen, liegt in den Tatsachen, die wir über diesen Gegenstand herausgefunden haben, und insofern spricht alles dafür, dass die Ansicht, er bestünde aus Käse, falsch ist.



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Alethos
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So 14. Feb 2021, 00:11

Angenommen, ich würde etwas basteln, das ungefähr einem Modell der Sonne und der Erde gleichte. Zwei Kugeln, die eine grösse als die andere, in einer bestimmten Distanz zueinander etc.

Es wäre nach meinem Dafürhalten falsch, wenn wir sagen würden, das sei nicht die Erde oder es handle sich nicht um die „wirkliche Erde“, denn selbstverständlich ist das ein Modell der Erde, das heisst, dass die Erde im Modell vorkommt. Das Modell könnte auch Alpha Centauri und einen um diesen Stern kreisenden Planeten zeigen, aber das Modell zeigt die Sonne und die Erde.
Selbstverständlich lebt dort nicht Alethos und auch sonst leben keine Menschen dort, sie hat keine Atmosphäre, überhaupt sieht die Kugel eher aus wie ein Ei, weil ich ein schlechter Bastler bin, aber unbestritten ist, dass das die Erde in der Gegebenheitsweise des Modells ist. Wie gesagt: Weder du noch ich stehen auf ihr, weder dreht sie sich um die eigene Achse noch dreht sie sich synchron mit dem Planeten im All um die Sonne: Es handelt sich ja nur um ein Modell der Sonne und der Erde und somit um ein anderes Gegebensein von Sonne und Erde.

Beide Erden sind real: die im Modell vorkommende und diejenige, auf der wir gerade sitzen, liegen, schlafen oder wachen. Es ist sogar dieselbe Erde, wenn wir sie als logisches Subjekt betrachten. In beiden Fällen: „Die Erde wird abgebildet im Modell“ und „Die Erde als Heimat der Menschen“ , bezieht sich die Erde auf den Gegenstand, der im Modell aus Pappe besteht und im Kosmos viel grösser ist und aus Stein besteht. In der reinen Betrachtungsweise der Ontologie ist nicht die eine Erde wirklicher als die andere, sondern in ihrer Gegenständlichkeit sind beide vollkommen real: Die Modellerde in meinem Bastelraum und die Kosmoserde im Universum.

Das heisst aber nicht, dass ich Wahrheiten über meine Modellerde auf die Kosmoserde übertragen kann, das gerade können wir mit diesem Realitätsbegriff nicht. Vielmehr wird uns vor Augen geführt, dass wir nicht von hier nach dort schliessen dürfen, sondern die Wahrheit in den Tatsachen selbst suchen müssen. Es kommt meine Modellerde aber in anderen Tatsachen vor als die Kosmoserde, weshalb die Wahrheiten über sie andere sind als die Wahrheiten über die Kosmoserde.
Und wir merken, dass wir bloss aus pragmatischen Gründen eine Realität nominiert haben, von der wir über die Erde sagen können, sie sei die wirkliche. Aus der reinen ontologischen Perspektive können wir beide nicht als wirklichere voneinander unterscheiden, nur, wenn wir uns darauf einigen, diese für die wirkliche zu halten. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, dass wir sie dadurch nicht zur wirklicheren machen, sondern wir sie nur für die wirklichere nehmen.



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NaWennDuMeinst
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So 14. Feb 2021, 01:58

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 00:11
Und wir merken, dass wir bloss aus pragmatischen Gründen eine Realität nominiert haben, von der wir über die Erde sagen können, sie sei die wirkliche.
Was meinst Du mit "pragmatischen Gründen"?
Welche pragmatischen Gründe sind das?
Aus der reinen ontologischen Perspektive können wir beide nicht als wirklichere voneinander unterscheiden, nur, wenn wir uns darauf einigen, diese für die wirkliche zu halten
Findest Du?
Ich finde dass wir das sehr wohl sinnvoll voneinander unterscheiden können. Das machen wir indem wir uns klar machen, dass es ohne die echte Erde gar keine Erdmodelle geben würde. Es kann keine Erdmodelle geben, die von der Erde inspiriert sind, wenn es keine echte Erde als Quelle der Inspiration gibt.
Das heißt die Existenz der Erdmodelle ist von der Existenz der echten Erde abhängig (im Sinne von kausal ihr folgend, nachfolgend), aber nicht umgekehrt. Die echte Erde ist sozusagen primär existent. Das Modell ist sekundär existent also eben gerade nicht beide gleichwertig existent.
Gibt es die primäre Existenz (das Vorbild, die Inspirationsquelle) nicht, dann sprechen wir von einer reinen Fiktion.

NR und SO nun wollen diesen wichtigen Unterschied in den Existenzformen aufheben. Warum (und was das bringen soll) ist mir nach wie vor unklar. Und egal wie oft das hier schon versucht wurde zu erklären, es wird nicht klarer (weil es für mich keinen Sinn ergibt). Vielleicht muss ich mir die Antworten mal bei "Gabriel selbst" holen.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

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Jörn Budesheim
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So 14. Feb 2021, 06:35

Nauplios hat geschrieben : Wenn wir also von "richtigen Ansichten" sprechen - nicht, daß es die nicht gibt - dann sprechen wir von Ansichten, denen ein "Ausnahmezustand" vorherging.
Nauplios hat geschrieben :
Sa 13. Feb 2021, 21:46
"Wahre Ansichten" erfordert es nicht.
Wenn dein Fuß die nächste Stufe findet, dann doch weil du die wahre Ansicht hast, dass dort eine nächste Stufe ist. Wahre Ansichten sind nichts, was ausformuliert vorliegen müsste. Jede/r von uns hat unendlich viele wahre Ansichten, die er/sie vielleicht nie je explizit gedacht hat.




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Jörn Budesheim
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So 14. Feb 2021, 06:58

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 00:11
Aus der reinen ontologischen Perspektive können wir beide nicht als wirklichere voneinander unterscheiden, nur, wenn wir uns darauf einigen, diese für die wirkliche zu halten
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 01:58
Ich finde dass wir das sehr wohl sinnvoll voneinander unterscheiden können.




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