Realität und mögliche Verstehensweisen eines Neuen Realismus

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Alethos
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So 14. Feb 2021, 13:22

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:17
Alethos. Warum nennen wir ein Erdmodell Erdmodell? Wo kommt das "Erd" in dem Begriff "Erdmodell" her? Wie ist das entstanden?
Lass gut sein, ich möchte nicht den ganzen Sonntag damit verbringen zu erklären, warum ich es für plausibel halte, dass das Erdmodell gleichberechtigte, nicht nachrangige Existenz besitzt. Das sparen wir uns für ein ander Mal :)



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Alethos
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So 14. Feb 2021, 13:27

iselilja hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 12:35
Wenn also das was mir in Erscheing tritt einen Sinn ergibt - welchen in diesem Moment auch immer - dann würde ich hier ggf von einem Sinnfeld sprechen.
Frege hat es uns mit seiner eigentümlichen Verwendung der Wörter ‚Sinn‘ und ‚Bedeutung‘ wirklich nicht einfacher gemacht.

Sinn nach Frege hat nichts mit „Sinn ergeben“ zu tun.



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NaWennDuMeinst
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So 14. Feb 2021, 13:28

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:20
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:11
Aber das Modell der Erde ist insofern abhängig von der echten Erde
„Echte Erde“ ist nur ein Name, keine ontologische Kategorie. Es gibt keine „echte“ Erde
Aber was ist es denn dann was dafür sorgt, dass Du in dem Erdmodell ein Modell der Erde erkennst?
Und wie kann es ein Erdmodell überhaupt geben? Haben wir aus Lehm einfach einen Klumpen geformt und gesagt "Dies sei eine Erde"?
Das "Erd" in dem Begriff "Erdmodell" ist doch nicht beliebig. Das kommt doch irgendwo her. Das bedeutet doch etwas.
Auch der Schraubenzieher ist nur zur Existenz gelangt, weil es einen Werkzeugmacher gibt
Schraubenzieher sind unsere Erfindung. Ein Erdmodell bezieht sich aber nicht auf irgendeine Erfindung von uns. Es hat ein reales Vorbild. Und es könnte als Abbildung eines Vorbildes gar nicht existieren ohne dieses Vorbild, weil Abbildungen eben etwas abbilden. Sie können keine Abbildungen von irgendwas sein, wenn das was sie abbilden nicht existiert.
Wenn Du ein Bild von mir malst, dann bin ich die Inspiration für dieses Bild. Gäbe es mich nicht, kann es auch kein Abbild von mir geben.
Leuchtet Dir das ein?
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 14. Feb 2021, 13:31, insgesamt 1-mal geändert.



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Alethos
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So 14. Feb 2021, 13:31

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:17
Alethos. Warum nennen wir ein Erdmodell Erdmodell? Wo kommt das "Erd" in dem Begriff "Erdmodell" her? Wie ist das entstanden?
Nur das lass’ gesagt sein: Dass die Erde vor dem Modell da war, dass das Modell ohne die Erde gar nicht Erdmodell werden konnte, hat keine Relevanz für den Umstand, dass das Erdmodell ganz eigenständig existiert. Eigenständig und gleichberechtigt im Sinn, dass es die echte Erde zeigt.



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iselilja
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So 14. Feb 2021, 13:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:03
iselilja hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 12:35
Wenn also das was mir in Erscheing tritt einen Sinn ergibt - welchen in diesem Moment auch immer - dann würde ich hier ggf von einem Sinnfeld sprechen. Ich könnte aber ggf. auch von einem Sinnbezug sprechen. Das hängt von dem Kontext der gerade gewählten Betrachtung ab.
Sinnfelder hängen für Gabriel nicht grundsätzlich davon ab, dass es uns gibt. Ein Beispiel dafür wäre unser Sonnensystem, das gab es lange bevor es uns gab. Das Sonnensystem ist diejenige Ordnung, in dem die Gegenstände des Sonnensystems vorkommen. Dabei sind Ordnung und Gegenstände relational zu verstehen: es gibt nicht die Ordnung ohne die Gegenstände und auch nicht die Gegenstände ohne die Ordnung. Der Ausdruck Sinn bezeichnet die Ordnung oder die Anordnungsregeln.

Gabriel nutzt in seiner Erläuterung des Begriffs, wie du richtig sagst, den Begriff der "Erscheinung". Das soll aber nicht zum Ausdruck bringen, dass uns die Dinge in der SO grundsätzlich erscheinen. Es geht nicht grundsätzlich um Erscheinungen im traditionellen Sinn des Wortes. Der Sinn des Begriffs ist ein anderer. Gabriel möchte vermeiden, dass, wie in einigen anderen Theorie üblich, der Begriff der Existenz mit dem Begriff der Abzählbarkeit verknüpft ist. Der Ausdruck Erscheinen soll deutlich machen, dass in dieser Theorie auch Vages, Verschwommenes und Undeutliches seinen Platz hat. Erscheinen heißt soviel wie "vorkommen" und das kann (muss aber nicht) auch wolkig, verschwommen und vage sein.

In unserem Sonnensystem erschienen (gemäß der Terminologie Markus Gabriel) die Planeten, auch wenn es niemanden gäbe, der dieses erscheinen bemerken würde. Es hat nicht grundsätzlich etwas damit zu tun, dass uns etwas erscheint. Auch die 5 erscheint in der Reihenfolge der natürlichen Zahlen zwischen der 4 und der 6 und zwar auch dann, wenn das keiner jemals bemerkt hätte.
Sehr gut. Das ist mir soweit auch klar. Zumindest in weiten Zügen würde ich das so unterschreiben.

Darum geht es aber nicht - und das ist keineswegs nur so gemeint wie: darum geht es mir nicht - sondern um das Begreifen, dass Realität nicht nur eine Frage unseres Verstehens oder Betrachtens ist, sondern dass sie für uns verfügbar ist. Mit anderen Worten: ich muss mir nichts ausdenken, wenn mir die Realität es bereits dadurch erklärt, dass sie so ist wie sie eben ist. Man muss also im Grunde nur die Augen aufmachen und verstehen was man sieht. Wenn man die Augen zwar offen hat aber dennoch "träumt" fällt man zurecht irgendwann in den Brunnen.

Und ich meine, dass man das an dem Beispiel mit den Quadraten gut verstehen kann, dass "an etwas denken" zwar real in der Welt passiert, aber nicht zwangsläufig auch das ist, was real passiert. Denn man würde ja auch nicht ohne weiteres an Quadrate denken, wenn Gabriel Moleküle an die Tafel gemalt hätte.

Und an dieser Unterscheidung in etwa (!) versuche ich dieses Thema aufzubauen - klar zu machen, das Realismus verschiedenes bedeuten kann. Ich jedenfalls halte mich durchaus für einen realistischen Menschen. :-)




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Alethos
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So 14. Feb 2021, 13:33

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:28
.
Wenn Du ein Bild von mir malst, dann bin ich die Inspiration für dieses Bild. Gäbe es mich nicht, kann es auch kein Abbild von mir geben.
Leuchtet Dir das ein?
Das leuchtet mir ein, es ist nur kein Argument gegen die Position, dass das auf dem Bild der echte NWDM ist. Nicht der echte, sondern der echte.



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So 14. Feb 2021, 13:33

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:31
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:17
Alethos. Warum nennen wir ein Erdmodell Erdmodell? Wo kommt das "Erd" in dem Begriff "Erdmodell" her? Wie ist das entstanden?
Nur das lass’ gesagt sein: Dass die Erde vor dem Modell da war, dass das Modell ohne die Erde gar nicht Erdmodell werden konnte, hat keine Relevanz für den Umstand, dass das Erdmodell ganz eigenständig existiert. Eigenständig und gleichberechtigt im Sinn, dass es die echte Erde zeigt.
Es ist eben nicht "gleichberechtigt" Es ist nachgelagert. Denn die echte Erde existiert auch ohne das Abbild, es kann aber kein Abbild einer Erde ohne eine Erde (ohne eine zuerst existierende irgendwie geartete Vorstellung von Erde) geben. Denn wenn das so wäre, wäre es kein Abbild von der Erde. Wir hätten ja gar keinen Begriff von Erde der uns erkennen und sagen lassen könnte, dass dies ein Erdabbild ist.



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Alethos
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So 14. Feb 2021, 13:39

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:33
Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:31
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:17
Alethos. Warum nennen wir ein Erdmodell Erdmodell? Wo kommt das "Erd" in dem Begriff "Erdmodell" her? Wie ist das entstanden?
Nur das lass’ gesagt sein: Dass die Erde vor dem Modell da war, dass das Modell ohne die Erde gar nicht Erdmodell werden konnte, hat keine Relevanz für den Umstand, dass das Erdmodell ganz eigenständig existiert. Eigenständig und gleichberechtigt im Sinn, dass es die echte Erde zeigt.
Es ist eben nicht "gleichberechtigt" Es ist nachgelagert. Denn die echte Erde existiert auch ohne das Abbild, es kann aber kein Abbild einer Erde ohne eine Erde (ohne eine zuerst existierende irgendwie geartete Vorstellung von Erde) geben. Denn wenn das so wäre, wäre es kein Abbild von der Erde. Wir hätten ja gar keinen Begriff von Erde der uns erkennen und sagen lassen könnte, dass dies ein Erdabbild ist.
Das habe ich alles verstanden und es leuchtet mir ein.

Nur verwechselst du die Tatsache, dass die Erde als Vorbild für das Abbild dient mit der Originalität des Gegenstands, die seine Echtheit anzeigt. Die Originalität des Gegenstands Modellerde ist der Gegenstand Modellerde selbst.



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So 14. Feb 2021, 13:42

iselilja hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:32
Und ich meine, dass man das an dem Beispiel mit den Quadraten gut verstehen kann, dass "an etwas denken" zwar real in der Welt passiert, aber nicht zwangsläufig auch das ist, was real passiert.
Das meiste, was du da schreibst, verstehe ich nicht. (Das betrifft auch die #ingangs-Beiträge, von denen ich quasi kein Wort verstanden habe.)

Das, was ich oben zitiert habe, male ich mir ungefähr so aus: du willst unterscheiden zwischen dem Vorkommnis des Gedanken und dessen Inhalt?

Nehmen wir an, ich denke, dass es in Kassel regnet. Dann gibt es den Gedanken, das scheint unstrittig zu sein. Der Gedanke hat aber glücklicherweise auch noch einen Inhalt, er handelt von einem Sinnfeld und sagt etwas über dieses Sinnfeld aus. Das Sinnfeld, von welchem der Gedanke handelt, ist Kassel und was aus gesagt wird ist: es regnet gerade. Den Gedanken gibt es also, aber er ist unwahr, weil es in dem Sinnfeld, von dem er handelt, gerade nicht regnet.

Wenn ich also sage, dass es den Gedanken gibt und dass er von Kassel handelt, sage ich damit ja nicht zugleich, dass der Gedanke auf jeden Fall wahr ist.

Oder was ist dein Punkt?




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So 14. Feb 2021, 13:47

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:33
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:28
.
Wenn Du ein Bild von mir malst, dann bin ich die Inspiration für dieses Bild. Gäbe es mich nicht, kann es auch kein Abbild von mir geben.
Leuchtet Dir das ein?
Das leuchtet mir ein, es ist nur kein Argument gegen die Position, dass das auf dem Bild der echte NWDM ist. Nicht der echte, sondern der echte.
Das ergibt keinen Sinn. Entweder Du sagst, das Bild hat als Vorbild den echten nwdm, dann haben wir eine klare Hierarchie, nämlich das Vorbild (das von irgendwo hergeholt wird, als VORHER existieren muss) gibt vor, was auf dem Bild zu erkennen ist.
Oder Du sagst das Bild hat gar kein Vorbild, dann wäre aber nwdm eine reine Fiktion, etwas Ausgedachtes. es wäre dann auch kein Abbild mehr, bezöge sich auf nichts Vorgelagertes.



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So 14. Feb 2021, 13:48

Anders formuliert: Die Erde, die du die echte nennst, ist nur notwendige, nicht hinreichende Bedingung für die Modellerde. Letztere ist etwas ganz anderes als erstere, nämlich ein echtes Modell der Erde. Diese Modellerde ist echt. Und sie zeigt die echte Erde im Modell.
Sie muss durch mich, den Bastler, erschaffen sein, sie besteht aus Papier und wird durch Drähte und Stäbe zusammengehalten. Sie hat ganz andere Eigenschaften als die andere Erde, aber sie bezieht sich auf die echte Erde, die nicht nur die ist, die da um die Sonne kreist, weil auch sie nur eine von vielen Weisen ist als Erde zu erscheinen.

Es gibt nicht einen Vorrang des astronomischen oder kosmologischen Bereichs, sodass der dort erscheinende Gegenstand „Erde“ die vorrangige Erdenexistenz zeigte.



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So 14. Feb 2021, 13:50

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:47
Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:33
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:28
.
Wenn Du ein Bild von mir malst, dann bin ich die Inspiration für dieses Bild. Gäbe es mich nicht, kann es auch kein Abbild von mir geben.
Leuchtet Dir das ein?
Das leuchtet mir ein, es ist nur kein Argument gegen die Position, dass das auf dem Bild der echte NWDM ist. Nicht der echte, sondern der echte.
Das ergibt keinen Sinn. Entweder Du sagst, das Bild hat als Vorbild den echten nwdm, dann haben wir eine klare Hierarchie, nämlich das Vorbild (das von irgendwo hergeholt wird, als VORHER existieren muss) gibt vor, was auf dem Bild zu erkennen ist.
Oder Du sagst das Bild hat gar kein Vorbild, dann wäre aber nwdm eine reine Fiktion, etwas Ausgedachtes. es wäre dann auch kein Abbild mehr, bezöge sich auf nichts Vorgelagertes.
Diese Hierarchie gibt es nicht. Natürlich bist du das Vorbild für die Zeichnung von dir. Aber die Zeichnung von dir bist ja nicht du sowenig wie du ja nur das Objekt aus Fleisch und Blut bist, sondern auch bspw. die Nummer auf deinem Sozialversicherungsausweis. Und sogar das noch sein wirst, wenn du längst zu Humus verwandelt worden sein wirst.

Es gibt keinen einzigen Sinn von „echter nwdm.“ darum gibt es auch keine Hierarchie, von der sich zu abgeleiteten Formen von nwdm absteigen liesse. Du bist die Gesamtkomposition deiner vielen Seinsweisen (wenn wir das einmal so plastisch formulieren dürfen).
Zuletzt geändert von Alethos am So 14. Feb 2021, 13:52, insgesamt 1-mal geändert.



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So 14. Feb 2021, 13:51

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:39
Nur verwechselst du die Tatsache, dass die Erde als Vorbild für das Abbild dient mit der Originalität des Gegenstands, die seine Echtheit anzeigt. Die Originalität des Gegenstands Modellerde ist der Gegenstand Modellerde selbst.
Was meinst Du mit "Originalität des Gegenstands"?



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So 14. Feb 2021, 14:00

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:42
iselilja hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:32
Und ich meine, dass man das an dem Beispiel mit den Quadraten gut verstehen kann, dass "an etwas denken" zwar real in der Welt passiert, aber nicht zwangsläufig auch das ist, was real passiert.
Das meiste, was du da schreibst, verstehe ich nicht. (Das betrifft auch die #ingangs-Beiträge, von denen ich quasi kein Wort verstanden habe.)

Das, was ich oben zitiert habe, male ich mir ungefähr so aus: du willst unterscheiden zwischen dem Vorkommnis des Gedanken und dessen Inhalt?

Nehmen wir an, ich denke, dass es in Kassel regnet. Dann gibt es den Gedanken, das scheint unstrittig zu sein. Der Gedanke hat aber glücklicherweise auch noch einen Inhalt, er handelt von einem Sinnfeld und sagt etwas über dieses Sinnfeld aus. Das Sinnfeld, von welchem der Gedanke handelt, ist Kassel und was aus gesagt wird ist: es regnet gerade. Den Gedanken gibt es also, aber er ist unwahr, weil es in dem Sinnfeld, von dem er handelt, gerade nicht regnet.

Wenn ich also sage, dass es den Gedanken gibt und dass er von Kassel handelt, sage ich damit ja nicht zugleich, dass der Gedanke auf jeden Fall wahr ist.

Oder was ist dein Punkt?
Wie Du bereits gesagt hast.. diese Punkte sind unstrittig. Und das sind sie eigentlich auch in der philosophischen Tradition seit ein paar Jahrhunderten. Insofern erschweren diese Einwürfe die Sache nur unnötig. Diese Unterscheidungen zwischen Inhalt und Form setze ich einfach mal voraus.

Die Realität, auf die im Titel verwiesen werden sollte, ist eine Realität, an der man sich stoßen kann, an der man Anstoß nehmen kann, die einen stört, einfach weil sie da ist. Wo die Dinge nicht immer zwangsläufig einen Sinn haben, auch wenn es für uns sinnvoll erscheint. Das ist die Realität, an der sich der Sinn der Wahrheit falsifizieren lässt. Das ist die Realität, mit der man irgendwie klar kommen muss. Das ist die Realität, die einen sagen lässt "jetzt sei doch mal realistisch".

Ich möchte auf dieses Verständnis hinaus, dort ankommen. Denn ohne diese Akzeptanz, dass mir gerade dies oder jenes passiert ist, kann ich auch keinen Realismus in irgendeiner Form entwerfen - im Sinne von vermittelbar machen. Was letztendlich der Punkt ist, den auch Du am Ende siehst. Denn es gibt ja offenbar diese Realität, der Du dann entnimmst, dass die Aussage falsch sei. Denn Du siehst ja, dass es nicht so ist. Es regnet also bei Dir da in Kassel gerade nicht. Soweit ich dich verstanden habe.




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So 14. Feb 2021, 14:01

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:50
Diese Hierarchie gibt es nicht.
Na doch. Wenn wir ein Abbild schaffen, dann zeigt dieses Abbild auf etwas. Dieses Etwas muss zwangsläufig vor dem Abbild existieren. Sonst wäre es ja kein Abbild.
Natürlich bist du das Vorbild für die Zeichnung von dir. Aber die Zeichnung von dir bist ja nicht du
Das sagt ja auch keiner. ich sage ja das Gegenteil. Ich sage, dass es keine Zeichnung von mir geben kann ohne eine vorgelagerte Vorstellung von mir auf die die Zeichnung zeigt.
Wie sonst sollte denn Jemand in der Zeichnung nwdm erkennen? Gäbe es diese vorgelagerte Vorstellung nicht, würden die Leute vor der Zeichnung stehen und Dich fragen: Was ist das?
Dann würdest Du sagen: Das ist ein nwdm.
Und sie würden dann fragen: Was ist ein nwdm?

Mit dem Erdmodell wäre es genauso. Wir erkennen die Erde nur deshalb in dem Modell, weil es eine vorgelagerte Vorstellung der Erde gibt.
Für die Entstehung eines Erdmodells als Erdmodell ist eben vorher eine Vorstellung von Erde nötig. Und die kommt eben nicht aus dem Modell selber sondern von woanders.
Entscheidend ist aber dass diese Vorstellung zuerst (primär) da war. Dieses "zuerst" lässt uns sagen: Das ist das Original, und das da sein Abbild (und nicht etwa umgekehrt).



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So 14. Feb 2021, 14:08

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:51
Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:39
Nur verwechselst du die Tatsache, dass die Erde als Vorbild für das Abbild dient mit der Originalität des Gegenstands, die seine Echtheit anzeigt. Die Originalität des Gegenstands Modellerde ist der Gegenstand Modellerde selbst.
Was meinst Du mit "Originalität des Gegenstands"?
Echtheit sei die Übereinstimmung zwischen einem Ding und seiner Darstellung. Es gibt aber keine grössere Übereinstimmung als die zwischen Ding und sich selbst. Die Modellerde ist das Original des Gegenstands Modellerde sowie die Kosmoserde das Original der Kosmoserde ist. Beide existieren als Originale gleichberechtigt und unabhängig voneinander.

Die Erde, die im Universum um die Sonne kreist, ist nicht echtere Erde als die Erde im Modell. Wenn auch das Modell diese Erde zum Vorbild hat, so ist es ja nicht Modell durch diese Erde, sondern weil sie referenziert auf sie, ohne sie zu sein. Sie ist etwas anderes, nämlich aus Papier bestehend oder aus Plastik, aber nicht weil sie sich auf die Erde als Abbild bezieht, existiert sie als Modellerde, sondern durch sich selbst - kraft der eigenen Originalität des Gegenstands Modellerde - existiert es als Modellerde. Ja, die Modellerde enstand erst, weil es einen Gegenstand Kosmoserde gab, auf den sich das Modell beziehen konnte, aber von da an geniesst es gleichrangige Existenz.

Auch Rechtssysteme ergeben sich aus Rechtstexten und diese gäbe es nicht ohne Gesetze schreibende Menschen. Und doch gelten diese Gesetze nicht, weil sie „von Menschen geschriebene“ sind, sondern weil sie Geltung entfalten als Rechtsgüter im Rechtssystem. Sie sind Rechtsojekte. Diese Rechte leiten sich nicht ab von Menschen, wenigstens nicht so, dass wir sagen müssten, sie seien bezüglich ihrer Existenz nachrangig zu den Menschen. Sie mögen später gekommen sein, aber sie haben keine hierarchisch abgeleitete Existenz als diese Rechtsobjekte



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So 14. Feb 2021, 14:24

Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:48


Es gibt nicht einen Vorrang des astronomischen oder kosmologischen Bereichs, sodass der dort erscheinende Gegenstand „Erde“ die vorrangige Erdenexistenz zeigte.
Aber selbstverständlich gibt es diese Vorränge.. ansonsten hätte der Mensch vermutlich auch eher über Globen, die zur Veranschaulichung der Erde dienen, gesprochen, als über die Erde, für die er später ein Modell entwarf. Das eine existiert ohne das andere, das andere aber nicht ohne das eine.




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So 14. Feb 2021, 14:36

iselilja hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 14:24
Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:48


Es gibt nicht einen Vorrang des astronomischen oder kosmologischen Bereichs, sodass der dort erscheinende Gegenstand „Erde“ die vorrangige Erdenexistenz zeigte.
Aber selbstverständlich gibt es diese Vorränge.. ansonsten hätte der Mensch vermutlich auch eher über Globen, die zur Veranschaulichung der Erde dienen, gesprochen, als über die Erde, für die er später ein Modell entwarf. Das eine existiert ohne das andere, das andere aber nicht ohne das eine.
Das sind aber nicht ontologische Vorränge, sondern nominale. Ich denke, das müsste klar werden, wenn nicht, bleibt auch dieser Sonntag schön. :)



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So 14. Feb 2021, 14:37

iselilja hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 14:24
Alethos hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 13:48


Es gibt nicht einen Vorrang des astronomischen oder kosmologischen Bereichs, sodass der dort erscheinende Gegenstand „Erde“ die vorrangige Erdenexistenz zeigte.
Aber selbstverständlich gibt es diese Vorränge.. ansonsten hätte der Mensch vermutlich auch eher über Globen, die zur Veranschaulichung der Erde dienen, gesprochen, als über die Erde, für die er später ein Modell entwarf. Das eine existiert ohne das andere, das andere aber nicht ohne das eine.
Alethos will sagen in der SO gibt es diese "Vorränge" nicht. Das ist auch mein größtes Problem mit dieser Ontologie. Ich weiß nun aber nicht, ob das tatsächlich Position in der SO ist, oder mehr so ein bißchen eine Alethos-Position.
Deshalb schrieb ich ja, ich muss mir das selber mal anschauen.



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So 14. Feb 2021, 14:38

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 14. Feb 2021, 14:01
Dieses Etwas muss zwangsläufig vor dem Abbild existieren. Sonst wäre es ja kein Abbild.
Aus einem zeitlichen Vorrang, folgt kein ontologischer Vorrang.

Ontologie ist für Gabriel die Erörterung der Frage, was es heißt zu existieren. Und seine Antwort lautet in meinen Worten: existieren heißt irgendwo vorkommen. Nichts existiert als Substanz schlechthin. Alles existiert nur in einem Zusammenhang, in dem es vorkommt. Wenn etwas in einem Zusammenhang vorkommt, egal welchem, dann existiert es. Ontologischer Vorrang würde nach meinem Verständnis bedeuten: es gibt einen einzigen bestimmten vorrangigen Zusammenhang, indem etwas vorkommen muss, damit wir sagen können, es existiert.

Wenn man annimmt, dass es diesen ontologischen Vorrang nicht gibt, dann meint man damit: auf die Dinge, die bei uns im Wohnzimmer auf dem Esszimmertisch liegen, trifft der Begriff existieren ebenso zu, wie auf die Dinge, die in dem Teilchenbeschleuniger in CERN erforscht werden. Das, was dort erforscht wird, mag vielleicht physikalisch grundlegend sein, aber nicht ontologisch.

Bild

Wenn ich ein Portrait zeichne, dann ist dies in der Regel ein Portrait von irgendjemandem. Es gibt eine logische Abhängigkeit des Porträts von der Porträtierten, denn das eine kann es ohne das andere nicht geben. (Nehmen wir das einfach mal an.) Daraus folgt aber nicht, dass es einen grundlegenden ontologischen Bereich gibt, zudem etwas gehören muss, damit wir von ihm sagen, es existiere. Und auch obwohl das Portrait ohne eine Porträtierte nicht denkbar ist, können wir hier denselben Begriff von Existieren anwenden, den wir immer anwenden, denn wir können ja aufzählen, was ist da oben auf der Zeichnung (das ist der Zusammenhang) gibt: es gibt da, mehr oder weniger deutlich zu erkennen ein Gesicht, ein schwarzes, undefiniertes etwas und einen Anzug.




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