Gabriels Fiktionaler Realismus.

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Consul
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So 26. Mai 2024, 20:23

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 26. Mai 2024, 07:53
Der Unterschied ist erheblich.

Nicht jeder weiß, was Gotham City ist. Man könnte vielleicht glauben es sei eine Stadt irgendwo in den Vereinigten Staaten. Damit hätte man jedoch den falschen Bereich angegeben. In den Vereinigten Staaten existiert keine Stadt namens Gotham City (zumindest vermute ich das, nehmen wir das also einfach um des Argumentes Willen an). Aus diesem Grund könnte ich auch keinen Flug nach Gotham City buchen, denn dieser Bereich der Wirklichkeit ist auf diese Weise nicht erreichbar. Zu erreichen ist er nur, indem ich mich an der entsprechenden Aufführung der Fiktion unter anderem durch Aufbietung meiner Einbildungskraft beteilige.

Entscheidend ist hier die Angabe des Bereiches. Der Bereich, in dem Gotham City existiert, ist u.a.die Fiktion "Der Batman", die gestern als Video bei Netflix herausgekommen ist. Ein Bereich, in dem Gotham City nicht existiert, sind die Vereinigten Staaten. Habe ich den Bereich einmal angegeben, habe ich deutlich gemacht, wovon wir sprechen, entweder die fragliche Fiktion oder die Vereinigten Staaten.
Ja, aber im Gegensatz zu New York ist Gotham City eine Fantasiestadt; und eine Stadt, die nur in der Fantasie existiert, existiert eben nicht wirklich, also gar nicht. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber die sogenannte "Existenz in der Fantasie" oder "Existenz in der Fiktion" ist keine echte Existenz, sondern bloß eingebildete "Pseudoexistenz", also eigentlich Nonexistenz. Es gibt einen Bereich der Wirklichkeit namens New York, aber keinen namens Gotham City.
"Was im Falle einer Pseudoexistenz wirklich existiert, sind jederzeit nur inhaltlich bestimmte Vorstellungen[.]"

(Meinong, Alexius. Über Gegenstandstheorie. 1904. In: Alexius Meinong, Über Gegenstandtheorie/Selbstdarstellung, 1-51 Hrsg. v. Josef M. Werle. Hamburg: Meiner, 1988. S. 36)
Es gibt keinen plausiblen Grund, Ficta zu den Realia zu zählen—auch nicht den von Kripke angeführten:
"I took natural language as my guide, which just quantifies over these things."

(Kripke, Saul. A. Reference and Existence. New York: Oxford University Press, 2013. p. x)
Das stimmt zwar; aber daraus ergibt sich nur dann eine ernsthafte ontologische Festlegung auf fiktive Entitäten, wenn man die ontologische Nichtneutralität der natursprachlichen Quantorenverwendung voraussetzt, also das ablehnt, was Jody Azzouni "Quantorenneutralismus" nennt.

Es gibt den "Allquantor" ("Universalquantor") und den sogenannten "Existenzquantor" ("mindestens ein", "einige") der klassischen Prädikatenlogik, der als ontologisch nichtneutral gilt. Es besteht aber keine logisch-semantische Notwendigkeit oder Unausweichlichkeit, den "Partialquantor" (C. McGinn) mit einem ontologisch verbindlichen "Existenzialquantor" gleichzusetzen, also "Einige Fs sind Gs" mit "Es existieren einige Fs, die Gs sind". Diese definitorische Gleichsetzung beruht auf einer theoretischen Entscheidung, die man nicht unbedingt hinnehmen muss.

McGinn argumentiert, dass der Partialquantor als ontologisch unverbindlicher "Intentionalquantor" verwendet werden kann. Der Satz "Einige Dinge existieren nicht" bedeutet dann nicht widersprüchlicherweise "Einige existierende Dinge existieren nicht", sondern nichtwidersprüchlicherweise "Einige gedachte/vorgestellte/besprochene Dinge existieren nicht".

Wie anfangs bereits gesagt, die Tatsache, dass wir über Ficta "quantifizieren", impliziert eine ernsthafte Ontologie fiktiver Entitäten also nur unter der anfechtbaren theoretischen Voraussetzung der ontologischen Nichtneutralität der Quantoren.

Wenn ich beispielsweise sage, dass einige fiktive Superhelden keine übernatürlichen Kräfte haben (z.B. Batman), dann sage ich damit nicht per se, dass fiktive Superhelden ohne übernatürliche Kräfte existieren, oder dass es solche Superhelden realiter/de facto gibt.

Der nichtneutrale klassische Existenzquantor lässt sich übrigens mittels des neutralen Partialquantors und einem nichtneutralen Existenzprädikat ("E!") definieren:

ExFx =def Px(E!x & Fx)
("Fs existieren" =def "Einiges existiert und ist F"/"Mindestens ein Etwas existiert und ist F")

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 26. Mai 2024, 07:53
Es ergibt allerdings keinen Sinn, diese Bereichsangabe gleichsam zu "verdoppeln". In der Fiktion "Der Batman" ist der Pinguin keine Fiktion, sondern einer der Gegenspieler von Batman. Der Ausdruck Batman ist hier also doppeldeutig, einmal verweist er auf den Namen des Filmes, nämlich "der Batman", einmal auf die Figur Batman, die darin die zentrale Rolle spielt. Würde ich sagen, dass der Pinguin in der Fiktion "der Batman" eine Fiktion ist, würde ich die Fiktion "Der Batman" falsch wiedergeben. Das Gleiche gilt natürlich für Batman selbst; würde ich sagen, dass Batman in der Fiktion "der Batman" eine Fiktion ist, würde ich den Film falsch wiedergeben.

Alle Gegenstände in dieser Fiktion sind nur existent, sofern es Autorinnen gibt, die sie ersinnen und Betrachterinnen, die sie gleichsam zum Leben erwecken.

Also kurz gesagt: ist der Bereich als Fiktion markiert, ist es falsch, die Figuren darin nochmals als Fiktion zu markieren, das wäre eine "Verdopplung" und würde im Regelfall den Inhalt des Bereiches falsch wiedergeben. Batman ist also keine fiktive Figur, sondern eine Figur in der gleichnamigen Fiktion.
Kripke erwähnt als Beispiel einer "Fiktion in der Fiktion" Gonzago aus Shakespeare's Hamlet. Im fiktionalen Werk Hamlet ist von einem fiktionalen Drama namens "The Murder of Gonzago" die Rede.
Sowohl Hamlet als auch Gonzago sind aus fiktionsexterner Sicht fiktive Personen. Aus fiktionsinterner Sicht ist Hamlet dagegen eine reale Person und Gonzago eine fiktive. – Aus fiktionsexterner Sicht ist Hamlet fictionaliter real und Gonzago fictionaliter fiktional, wobei das fictionaliter Reale und das fictionaliter Fiktionale aus dieser Sicht gleichermaßen irreal sind.

Die Personen Batman und Pinguin sind beide fictionaliter real—was nichts anderes bedeutet, als dass sie laut einem bestimmten Fingens real sind.
Ihre "fiktionsinterne Realität" ist aber keine Form von Realität neben der fiktionsexternen Realität als der Wirklichkeit schlechthin. Die Realität besteht ausschließlich aus dem "realiter Realen", und dazu zählen Batman, Pinguin, Hamlet (die Person) und Gonzago nicht.

Was Autorinnen oder Filmemacherinnen realiter zum Leben erwecken, sind Fingentia (fiktionale Repräsentationen) und nicht die davon repräsentierten Ficta. Fingentia existieren (als konkrete Dinge oder Ereignisse), aber Ficta nicht!



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Jörn Budesheim
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So 26. Mai 2024, 21:00

Consul hat geschrieben :
So 26. Mai 2024, 20:23
eine Stadt, die nur in der Fantasie existiert, existiert eben nicht wirklich, also gar nicht...
Eine Stadt, die nur in der Fantasie existiert, existiert, wenn auch nur in der Fantasie.
Consul hat geschrieben :
So 26. Mai 2024, 20:23
Die Realität
Ich glaube nicht, dass es so etwas wie die Realität gibt. Es gibt nur unendlich viele Bereiche. Unter anderem gibt es natürlich die Phantasie, Fiktionen, abstrakte und konkrete Gegenstandsbereiche also z.b. Zahlen und Steine, natürlich Werte und objektive Schönheit und so weiter und so fort. An dieser Stelle kommen wir nicht weiter, weil deine Grundüberzeugung, dass es so etwas wie die Realität gibt, und meine Grundüberzeugung, dass es viele verschiedene Bereiche gibt, sich nie treffen werden.

Du kannst mir jetzt noch einmal versichern, dass du das für Esoterik, Geister- oder Aberglauben hältst. Und ich versichere dir im Gegenzug, dass ich deine Position für unbegründete und dogmatische Metaphysik halte.

Unsere Positionen werden sich wahrscheinlich in allen Detailfragen wegen verschiedenen ontologischen Grundweichenstellungen unterscheiden. Da kommen wir einfach nicht weiter.




Timberlake
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Mo 27. Mai 2024, 00:37

Consul hat geschrieben :
So 26. Mai 2024, 20:23


Ja, aber im Gegensatz zu New York ist Gotham City eine Fantasiestadt; und eine Stadt, die nur in der Fantasie existiert, existiert eben nicht wirklich, also gar nicht. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber die sogenannte "Existenz in der Fantasie" oder "Existenz in der Fiktion" ist keine echte Existenz, sondern bloß eingebildete "Pseudoexistenz", also eigentlich Nonexistenz. Es gibt einen Bereich der Wirklichkeit namens New York, aber keinen namens Gotham City.

  • Ich verstehe unter „Existenz“ die Tatsache, das ein Gegenstand oder einige Gegenstände in einem Sinnfeld erscheinen.“
    Markus Gabriel ... Sinn und Existenz. (24)
Wenn man allerdings unter „Existenz“ die Tatsache, versteht , dass ein Gegenstand oder einige Gegenstände in einem Sinnfeld erscheinen , so existiert sowohl New York , wie auch Gotham City. Lässt sich doch beides einem Sinnfeld zuordneten. Wenn gleich diese Sinnfelder allerdings jeweils gänzlich anderer Natur sind . So erscheint die eine Stadt im Sinnfeld der Wirklichkeit und die andere im Sinnfeld der Fantasie.
  • "Das vorliegende Buch will demgegenüber ein neues Licht auf die traditionellen Fragen werfen, die unter den Oberbegriffen »Ontologie« und »Metaphysik« versammelt sind, indem es zwei Ideen aufgibt. Erstens die Assoziation von Ontologie und Metaphysik und zweitens die Idee, dass es eine vereinheitlichte Totalität dessen gibt, was existiert, ob man diese Totalität nun »die Welt«, »das Sein«, »die Realität«, »das Universum«, »den Kosmos« oder »die Wirklichkeit« nennt. Dagegen wird die positive Ontologie der Sinnfelder gesetzt, der zufolge es unzählige Sinnfelder gibt: bei einigen handelt es sich um objektiv bestehende Bereiche, in denen Gegenstände durch Regeln individuiert werden, unter denen sie stehen, sofern sie zu einem gegebenen Bereich gehören. Andere dagegen sind nicht von der Art, dass wir ihnen objektive Existenz zuschreiben, also derart, dass sie auch dann existiert hätten, wenn es niemals Begriffsverwender gegeben hätte."
    Markus Gabriel ... Sinn und Existenz. (4)
.. das will ich wohl meinen, dass damit die Idee einer vereinheitlichten Totalität dessen aufgegeben wird , was was existiert, ob man diese Totalität nun »die Welt«, »das Sein«, »die Realität«, »das Universum«, »den Kosmos« , »die Wirklichkeit« oder auch »New York« nennt. Existiert doch dadurch auch das , was man keine objektive Existenz zuschreiben würde »die Welt«, »das Sein«, »die Realität«, »das Universum«, »den Kosmos« , »die Wirklichkeit« oder auch »Gotham City« der The-Dark-Knight-Trilogie. So einfach ist das oder besser so einfach macht sich das Markus Gabriel. Das hat jedoch ( wo hier schon mal davon die Rede war ) mit Esoterik, Geister- oder Aberglauben herzlich wenig zu tun. Das ist eine "positive Ontologie" der zufolge es unzählige Sinnfelder gibt. Bei einigen handelt es sich , wie bei New York , um objektiv bestehende Bereiche. Andere dagegen , wie Gotham City , sind nicht von der Art, dass wir ihnen objektive Existenz zuschreiben. Macht aber , wie gesagt , vor dem Hintergrund , was Markus Gabriel unter Existenz versteht , für selbiges keinen Unterschied.




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Jörn Budesheim
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Mo 27. Mai 2024, 13:48

Timberlake hat geschrieben :
Mo 27. Mai 2024, 00:37
So erscheint die eine Stadt im Sinnfeld der Wirklichkeit und die andere im Sinnfeld der Fantasie.
"Wirklichkeit" ist eher ein "Modalbegriff" so wie Kontingenz, Möglichkeit und Notwendigkeit, obwohl er natürlich auch als "Totalitätsbegriff" Verwendung findet. Wie dem auch sei: New York liegt (u.a.) im Bereich Bundesstaat New York. Nick und Greg existieren nicht nur in der Fantasie. Sie sind auch ein Teil der "Partitur" CSI Las Vegas, die jede Betrachterin aufführen muss. Da kommen sicher auch noch andere Aspekte ins Spiel.

Wichtig: Gegenstand und Bereich verhalten sich nicht einfach wie der Keks und die Schachtel. Die Schachtel ist schließlich noch da, wenn alle Kekse aufgegessen sind. Während von der "Partitur" von CSI Las Vegas nichts übrig bleibt, wenn man alle Gegenstände "in ihr" entfernt. Mit anderen Worten: Wenn man die Existenz des Bereichs (die Fiktion CSI Las Vegas) akzeptiert, hat man damit auch die Gegenstände "in" ihr als existent akzeptiert, denn sie bilden schließlich in ihrem Zusammenwirken den Bereich.




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Jörn Budesheim
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Mo 27. Mai 2024, 14:59

Markus Gabriel ... Sinn und Existenz hat geschrieben : "Das vorliegende Buch will demgegenüber ein neues Licht auf die traditionellen Fragen werfen, die unter den Oberbegriffen »Ontologie« und »Metaphysik« versammelt sind, indem es zwei Ideen aufgibt. Erstens die Assoziation von Ontologie und Metaphysik und zweitens die Idee, dass es eine vereinheitlichte Totalität dessen gibt, was existiert, ob man diese Totalität nun »die Welt«, »das Sein«, »die Realität«, »das Universum«, »den Kosmos« oder »die Wirklichkeit« nennt. Dagegen wird die positive Ontologie der Sinnfelder gesetzt, der zufolge es unzählige Sinnfelder gibt: bei einigen handelt es sich um objektiv bestehende Bereiche, in denen Gegenstände durch Regeln individuiert werden, unter denen sie stehen, sofern sie zu einem gegebenen Bereich gehören. Andere dagegen sind nicht von der Art, dass wir ihnen objektive Existenz zuschreiben, also derart, dass sie auch dann existiert hätten, wenn es niemals Begriffsverwender gegeben hätte."
Da würde ich Gabriel widersprechen. Ich denke, dass alle Bereiche objektiv sind, und zwar deshalb, weil wir uns über die Tatsachen, die in den Bereichen bestehen, irren können.

Kleiner Widerspruch gegen den Widerspruch: In den fiktionalen Bereichen haben wir jedoch einen gewissen Spielraum. Zwei Beispiele: Bei dem, was wir uns vorstellen, was zwischen zwei Szenen in einem Film passiert, haben wir sicherlich einen gewissen Spielraum. Oder bei einem Roman kann es sein, dass wir vom "Drehbuch" selbst nicht festgelegt sind, welche Haarfarbe Protagonist X hat. Wenn wir das selbst "festlegen", ist die Möglichkeit des Irrtums (also die Objektivität) natürlich "eingeschränkt".




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Consul
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Mo 27. Mai 2024, 16:06

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 27. Mai 2024, 13:48
Wichtig: Gegenstand und Bereich verhalten sich nicht einfach wie der Keks und die Schachtel. Die Schachtel ist schließlich noch da, wenn alle Kekse aufgegessen sind. Während von der "Partitur" von CSI Las Vegas nichts übrig bleibt, wenn man alle Gegenstände "in ihr" entfernt. Mit anderen Worten: Wenn man die Existenz des Bereichs (die Fiktion CSI Las Vegas) akzeptiert, hat man damit auch die Gegenstände "in" ihr als existent akzeptiert, denn sie bilden schließlich in ihrem Zusammenwirken den Bereich.
Dann haben wir es hier mit dem mereologischen Verhältnis von Teil und Ganzem zu tun, das sich vom mengentheoretischen Verhältnis von Mitglied und Menge unterscheidet: Es kann eine mitgliedslose, leere Menge geben, aber kein teilloses, leeres Ganzes. Eine Summe von nichts ist selbst nichts.

Fußnote:
In der formalen Mereologie wird zwischen echten und unechten Teilen eines Ganzen unterschieden: Ein echter Teil eines Ganzen ist mit diesem nicht identisch, wohingegen ein unechter Teil mit dem Ganzen identisch ist. Ein Ganzes kann nur einen einzigen unechten Teil haben, während es viele echte Teile haben kann.
Ein mereologischer Grundsatz besagt, dass jedes Ganze mit echten Teilen mindestens zwei echte Teile hat. Dieser Grundsatz wird von den meisten Mereologen anerkannt—er ist ja intuitiv höchst plausibel—; aber es gibt welche, die ihn aus bestimmten theoretischen Gründen ablehnen. Ihnen zufolge kann ein Ganzes nicht nur einen einzigen unechten Teil haben, sondern auch einen einzigen echten Teil.



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Mo 27. Mai 2024, 17:17

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 26. Mai 2024, 21:00
Ich glaube nicht, dass es so etwas wie die Realität gibt. Es gibt nur unendlich viele Bereiche. Unter anderem gibt es natürlich die Phantasie, Fiktionen, abstrakte und konkrete Gegenstandsbereiche also z.b. Zahlen und Steine, natürlich Werte und objektive Schönheit und so weiter und so fort. An dieser Stelle kommen wir nicht weiter, weil deine Grundüberzeugung, dass es so etwas wie die Realität gibt, und meine Grundüberzeugung, dass es viele verschiedene Bereiche gibt, sich nie treffen werden.
Indem du vom Dasein einer (endlichen oder unendlichen) Vielheit von Gegenstandsbereichen sprichst, setzt du ein absolutes, allumfassendes Sein voraus, welches aus jener Vielheit besteht. Denn selbst wenn es unendlich viele Welten gibt, die voneinander (räumlich, zeitlich und ursächlich) absolut isoliert sind, so bildet die Vielheit jener Welten nichtsdestoweniger die Allheit des Seienden.

Es ist eine logisch notwendige Wahrheit, dass wenn es n Dinge (der Art A) gibt, es eine entsprechende N-heit als die eine Vielheit dieser Dinge gibt, welche zugleich deren Allheit ist, da es kein Ding (der Art A) geben kann, das nicht eines der vielen Dinge (der Art A) ist.
Im plurallogischen Sinn ist eine Vielheit als Allheit allerdings nicht ein Ding, sondern viele Dinge; das heißt, sie ist keine mengentheoretische oder mereologische Einheit.
Aber selbst wenn es so etwas wie die Menge oder die Summe aller Welten (Gegenstandsbereiche/Sinnfelder) nicht gibt, so gibt es zumindest die Vielheit aller Welten als deren Allheit (Gesamtheit). Folglich ist es immer logisch möglich, über alle Welten zu "quantifizieren".



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Jörn Budesheim
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Mo 27. Mai 2024, 17:48

Wenn es fünf Bereiche gibt, dann gibt es insgesamt fünf Bereiche, das gebe ich gerne zu. Aber daraus folgt nicht, dass es dann so etwas wie einen Masterbereich gibt, der das Maß aller Dinge ist, etwas, das die Welt im Innersten zusammenhält, einen Teppich der Tatsachen oder einen Bereich, über den man sozusagen "unterschiedslos" quantifizieren kann. An anderer Stelle sage ich, es gibt alles. Aber es gibt nicht Alles, den Bereich aller Bereiche. Es gibt dann in dieser Sichtweise zwar fünf Bereiche, aber keine Metaphysik in dem Sinne, dass man sagen könnte, alles ist Wasser, alles ist Geist, alles ist Materie, alles ist Sprache, alles ist MERZ oder was auch immer. Es gibt also für die Summe der Bereiche keine Gesamtanordnungsregel, nicht alles hängt mit allem zusammen.

Die fünf Bereiche dienen jetzt natürlich nur der Anschauung, denn genau genommen postuliert die fragliche Ontologie unendlich viele Bereiche.




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Jörn Budesheim
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Mo 27. Mai 2024, 18:33

Consul hat geschrieben :
Mo 27. Mai 2024, 17:17
Denn selbst wenn es unendlich viele Welten gibt, die voneinander (räumlich, zeitlich und ursächlich) absolut isoliert sind, so bildet die Vielheit jener Welten nichtsdestoweniger die Allheit des Seienden.
In dieser Ontologie gibt es keine Welt. Sonst gibt es alles. Und die unendlich vielen Bereiche sind auch nicht per se voneinander isoliert, ich "stelle mir das vor"* als ein unendlich verschlungenes Konglomerat von verwirrenden Verschachtelungen, die wir nur teilweise durchschauen können. Das völlige Gegenbild dazu wäre vielleicht ein unendliches Billardspiel, ein universelles, im Prinzip berechenbares Micro-banging of subatomic particles.

* die Anführungszeichen stehen da, weil ich nicht glaube, dass man sich jetzt wirklich gut veranschaulichen kann.




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