Das Wesen der Dinge

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jovis
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So 23. Jan 2022, 17:25

"Struktur" ist aber ein abstrakter Begriff, mithin einer des Denkens, nicht des Dinges. Wenn wir die Struktur eines Dinges beschreiben, dann tun wir das zwar nicht willkürlich, sondern im Wechselspiel mit dem Ding, das wir begrifflich erfassen wollen. Aber wir abstrahieren von vielem, was dem Ding auch zukommt, weil wir es für unwesentlich erklären. Was wir zur Struktur (oder zum Wesen) eines Dinges erklären, ist mindestens genauso sehr bestimmt durch unser Denken wie durch das Ding. Den Spieß also einfach umzudrehen (unsere Aussagen folgen der Struktur) scheint mir der Sache auch nicht gerecht zu werden.




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Friederike
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So 23. Jan 2022, 17:26

Ja @Burkart. Danke. Ich hatte Dich völlig mißverstanden.




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Jörn Budesheim
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So 23. Jan 2022, 17:31

Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 17:25
Was wir zur Struktur (oder zum Wesen) eines Dinges erklären, ist mindestens genauso sehr bestimmt durch unser Denken wie durch das Ding.
Wenn die Physiker den Urknall erforschen, greift dann unser Denken 14 Milliarden Jahre zurück in der Zeit? Oder wie genau meinst du es?




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Jovis
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So 23. Jan 2022, 18:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 17:31
Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 17:25
Was wir zur Struktur (oder zum Wesen) eines Dinges erklären, ist mindestens genauso sehr bestimmt durch unser Denken wie durch das Ding.
Wenn die Physiker den Urknall erforschen, greift dann unser Denken 14 Milliarden Jahre zurück in der Zeit? Oder wie genau meinst du es?
Na ja, das ist ein Extremfall, wo wir kaum "Ding", aber viel "Denken", also Theorie, haben. Und dieses Denken interpretiert die Forschungsergebnisse (die "Dinge"), die wir hier und jetzt vorliegen haben.

Aber das ist ein interessantes Beispiel, weil wir - oder besser gesagt: ich; ein Astrophysiker kann sich davon vielleicht lösen, zumindest abstrakt, in mathematischen Formeln - also weil ich nicht anders als in den Kategorien von Raum und Zeit denken kann, weshalb ich das Konzept des Urknalls faszinierend finde, weil damit Raum und Zeit ja erst angefangen haben sollen, es sie also vorher nicht gegeben hat. Wie aber hat man sich das vorzustellen - kein Raum, keine Zeit? Ich kann das nicht.




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Jörn Budesheim
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So 23. Jan 2022, 18:32

Nehmen wir stattdessen ein Beispiel aus der Lebenswelt, das zeigen soll, dass der Umstand, dass das Wesen von etwas durch unser Denken bestimmt wird, nicht automatisch bedeuten muss, dass wir das Wesen dadurch verfehlen. Das liegt nämlich dann vor, meine ich, wenn wir das Wesen von etwas bestimmen, dem wir das Wesen auch verleihen. Wenn wir das Wesen der Dinge bestimmen, die wir selbst herstellen, dann ist dieses Wesen natürlich (auch) durch unser Denken bestimmt.

In einem wichtigen Spezialfall, nämlich wenn wir uns selbst bestimmen, möchten wir sogar ganz dringend, dass unser Denken das Wesen mit bestimmt, denn das ist schließlich unsere Freiheit zur Selbstbestimmung.




Burkart
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So 23. Jan 2022, 18:40

Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 17:25
"Struktur" ist aber ein abstrakter Begriff, mithin einer des Denkens, nicht des Dinges. Wenn wir die Struktur eines Dinges beschreiben, dann tun wir das zwar nicht willkürlich, sondern im Wechselspiel mit dem Ding, das wir begrifflich erfassen wollen. Aber wir abstrahieren von vielem, was dem Ding auch zukommt, weil wir es für unwesentlich erklären. Was wir zur Struktur (oder zum Wesen) eines Dinges erklären, ist mindestens genauso sehr bestimmt durch unser Denken wie durch das Ding. Den Spieß also einfach umzudrehen (unsere Aussagen folgen der Struktur) scheint mir der Sache auch nicht gerecht zu werden.
Stimmt, Struktur und unser Denken sind miteinander verbunden. Nur sehe ich das Aussprechen, das Beschreiben der Strukturen nach unserem Denken über diese Strukturen.



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Jörn Budesheim
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So 23. Jan 2022, 19:06

Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 18:25
Und dieses Denken interpretiert die Forschungsergebnisse (die "Dinge"), die wir hier und jetzt vorliegen haben.
Sicher. Aber daraus folgt nicht, dass wir die Strukturen nicht exakt so erkennen können, wie sie sind, die Interpretationen, die wir machen, können ja wahr sein.




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Jovis
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So 23. Jan 2022, 19:49

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 19:06
Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 18:25
Und dieses Denken interpretiert die Forschungsergebnisse (die "Dinge"), die wir hier und jetzt vorliegen haben.
Sicher. Aber daraus folgt nicht, dass wir die Strukturen nicht exakt so erkennen können, wie sie sind, die Interpretationen, die wir machen, können ja wahr sein.
"Exakt" will ich jetzt mal dahingestellt sein lassen ... aber ja, ich vertrete ja gar nicht die Auffassung, dass unsere Interpretationen der Welt diese notgedrungen und immer verfehlen. Im Gegenteil, ich denke, in den meisten Fällen liegen wir durchaus richtig, denn wir erproben sie ja im Zusammenspiel mit den Dingen und werden so von ihnen immer wieder "korrigiert".

Was mich an der Aussage "... als folgten die Dinge der Struktur von sprachlichen Aussagen" so frappiert hat (und was ich auch noch nicht ganz verstanden habe), ist nicht so sehr ein erkenntnistheoretisches Problem als vielmehr der Gedanke, dass die Unterscheidung von Wesen und Eigenschaft oder von Substanz und Akzidenz möglicherweise gar nicht so zwingend ist, wie es uns erscheint. Der Satz "Der Ball ist rund" ist ja nicht verkehrt, aber die Struktur dieses Satzes gibt eine Hierarchie vor, die dem Ball. so er denn denken und sprechen könnte, vielleicht gar nicht in den Sinn käme. Er wäre für sich nicht "Ball", sondern diese springende, rote Rundheit. Substantive heißen ja vermutlich nicht zufällig so, sondern sie bezeichnen das, was wir für "Substanzen" halten. "Ball" aber ist ein Abstraktum.




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Jörn Budesheim
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So 23. Jan 2022, 20:10

Wie lernt ein Kind das Wort Ball? Wir geben ihm ja keine abstrakte Definition, sondern das Kind lernt den Begriff Ball am Ball. Natürlich muss auch noch einen kompetenter Sprecher im Spiel sein, aber die Dinge selbst spielen beim Sprachenlernen die allergrößte Rolle. Ich will damit andeuten, dass ich nicht glaube, dass es prinzipiell so ist, dass wir eine Art semantisches Netz haben, das wir wie Aliens über die Welt stülpen, die im Innersten irgendwie ganz anders ist, als die Aliens denken. Sondern dieses Netz lässt sich gar nicht knüpfen, wenn wir die Dinge nicht schon in Rechnung stellen und wir sind ja selbst in irgendeiner Weise auch (aber natürlich nicht nur) "Dinge" also Wesen mit bestimmter Größe, Ausdehnung, wir können mit anderen Dingen kollidieren, sind der Schwerkraft ausgesetzt ist etc. p.p.




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Jovis
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So 23. Jan 2022, 20:14

Burkart hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 18:40
Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 17:25
"Struktur" ist aber ein abstrakter Begriff, mithin einer des Denkens, nicht des Dinges. Wenn wir die Struktur eines Dinges beschreiben, dann tun wir das zwar nicht willkürlich, sondern im Wechselspiel mit dem Ding, das wir begrifflich erfassen wollen. Aber wir abstrahieren von vielem, was dem Ding auch zukommt, weil wir es für unwesentlich erklären. Was wir zur Struktur (oder zum Wesen) eines Dinges erklären, ist mindestens genauso sehr bestimmt durch unser Denken wie durch das Ding. Den Spieß also einfach umzudrehen (unsere Aussagen folgen der Struktur) scheint mir der Sache auch nicht gerecht zu werden.
Stimmt, Struktur und unser Denken sind miteinander verbunden. Nur sehe ich das Aussprechen, das Beschreiben der Strukturen nach unserem Denken über diese Strukturen.
Meinst du, es besteht ein prinzipieller Unterschied zwischen Denken und Aussprechen? In der Regel benutzen wir doch für beides Begriffe. Und diese Begriffe fügen wir zu Sätzen zusammen (beim Denken oft nicht so deutlich wie beim Sprechen), die, gerade wenn es um Strukturen geht, oft die Form haben "Etwas ist soundso".




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Jovis
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So 23. Jan 2022, 20:24

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 20:10
Wie lernt ein Kind das Wort Ball? Wir geben ihm ja keine abstrakte Definition, sondern das Kind lernt den Begriff Ball am Ball.
Das heißt, für das Kind ist da zunächst einmal "rund" (und all die anderen Eigenschaften), aber nicht "Ball". Was wir als erstes von der Welt erfahren, sind nicht die Substantive, sondern die Prädikate.




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Jörn Budesheim
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So 23. Jan 2022, 20:49

Ich glaube, bei Alice im Wunderland gibt es diese Katze, bei der zunächst das Lächeln erscheint und später erst die Katze folgt. Also erst kommt das Prädikat Lächeln und dann später kommt die Katzen-Substanz hinterher. Aber diese Trennung funktioniert meines Erachtens nur im Märchen. In unserer konkreten Lebenswelt gibt es keine schiere Rundheit ohne etwas, das rund ist.

Soweit ich überhaupt verstehe, was du ausdrücken willst.

(Ich habe vor ewig langer Zeit mal ein Buch über den kindlichen Spracherwerb gelesen, aber da ist nicht sehr viel hängen geblieben. Ich weiß noch, dass sie den Aspekt der Triangulation, sowie im z.b. Davidson vertritt, ebenso vertreten haben. Ich kann mich erinnern, dass Kinder zu Beginn oft ziemlich "anders" kategorisieren, z.b. Tischtennisbälle und Eier zusammen packen. Und ich weiß noch, das Sprechen Lernen nach Ansicht mancher Forscher so schwierig ist, dass es eigentlich nie jemand schaffen sollte :)




Burkart
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So 23. Jan 2022, 21:39

Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 20:14
Burkart hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 18:40
Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 17:25
"Struktur" ist aber ein abstrakter Begriff, mithin einer des Denkens, nicht des Dinges. Wenn wir die Struktur eines Dinges beschreiben, dann tun wir das zwar nicht willkürlich, sondern im Wechselspiel mit dem Ding, das wir begrifflich erfassen wollen. Aber wir abstrahieren von vielem, was dem Ding auch zukommt, weil wir es für unwesentlich erklären. Was wir zur Struktur (oder zum Wesen) eines Dinges erklären, ist mindestens genauso sehr bestimmt durch unser Denken wie durch das Ding. Den Spieß also einfach umzudrehen (unsere Aussagen folgen der Struktur) scheint mir der Sache auch nicht gerecht zu werden.
Stimmt, Struktur und unser Denken sind miteinander verbunden. Nur sehe ich das Aussprechen, das Beschreiben der Strukturen nach unserem Denken über diese Strukturen.
Meinst du, es besteht ein prinzipieller Unterschied zwischen Denken und Aussprechen?
Ja, du nicht? Alleine, weil Stumme nur Ersteres können, auch weil man viel mehr denken kann, z.B. wenn ich ans Schach spielen denke (die ganzen Überlegungen mache ich nicht in Wort-Begriffen).
In der Regel benutzen wir doch für beides Begriffe. Und diese Begriffe fügen wir zu Sätzen zusammen (beim Denken oft nicht so deutlich wie beim Sprechen), die, gerade wenn es um Strukturen geht, oft die Form haben "Etwas ist soundso".
Wir denken nur mehr, haben mehr Begriffe, für die wir z.T. keine Wörter haben. Die Wörter/sprachlichen Begriffe könnten vielleicht etwas wie eine Teilmenge der gedanklichen sein; ich nehme aber an, dass ich einige Wörter oder Satzwendungen zwar ausspreche, aber nicht wirklich in meinen eigentlichen Gedanken nutze (wie z.B. "den Elefanten im Porzellanladen" o.ä.).



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Mo 24. Jan 2022, 05:56

Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 17:25
"Struktur" ist aber ein abstrakter Begriff, mithin einer des Denkens, nicht des Dinges.
Der Physiker David Deutsch spricht von der Realität der Abstraktionen. Andere Forscher gehen soweit und sprechen von einem "mathematischen Universum". Ein weiterer gängiger Slogan lautet: "it from bit", die Idee dabei ist, dass Informationen zur basalen Wirklichkeit des Universums zählen. Dem muss man nicht folgen, aber es ist keineswegs ausgemacht, dass Abstraktionen und Strukturen allein dem Denken entspringen. Ich für meinen Teil gehe davon aus, dass wir im Denken Strukturen erfassen können, die für sich genommen bestehen.




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Mo 24. Jan 2022, 06:09

Jovis hat geschrieben :
So 23. Jan 2022, 20:14
"Etwas ist soundso".
Nach meiner Einstellung brauchen wir dazu allerdings keine Sprache im landläufigen Sinne (russisch, deutsch oder spanisch z.b.). Auch unsere sinnlichen Wahrnehmungen - wie z.b. Berührungen - sind bereits begrifflich strukturiert. Wenn ich jetzt meine Kaffeetasse hochhebe, um einen Schluck zu trinken, dann erfasse ich in der Berührung die Wärme der Tasse. Und das hat bereits die Struktur "Etwas ist soundso". Diese sinnlichen Begriffe sind in der Regel sogar um einiges feinkörniger als die Begriffe unserer Alltagssprachen.

"Etwas ist soundso", also: xF. Das ist ja die grundlegende Struktur der Prädikation und die grundlegende Struktur von Tatsachen. Das heißt meines Erachtens: In der Berührung ("die Tasse ist warm") sind wir (im Erfolgsfall) bereits im direkten Kontakt mit den Tatsachen.




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Übrigens: Der berühmte Bruder Gernot Böhme ist am letzten Donnerstag gestorben. Hier ein schöner Nachruf von Svenja Flaßpöhler.

https://www.philomag.de/artikel/zum-tod ... not-boehme




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Mo 24. Jan 2022, 07:43

Hartmut Böhme hat geschrieben : In der Regel werden Eigenschaften einem Ding, dem hypokeimenon, als Prädikate beigelegt: als folgten die Dinge der Struktur von sprachlichen Aussagen
"Beigelegt" ist ein seltsamer Ausdruck, wie ich finde. Meines Erachtens ist das keineswegs "in der Regel" so. Ich sehe rechts vor mir ein gelbes Reclam-Heftchen, was genau soll es bedeuten, dass ich ihm das Gelb beilege?




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Noch mal zum "Gelb". Markus Gabriel zitiert hier wiederholt den Philosophen Mark Johnston, der das so fasst: »But modes of presentation are not mental; they are objective, in that they come with the objects themselves as the very features of those objects that make them available for demonstration, thought and talk. And they are individuated by the objects they present.«

"Aber die "Präsentationsformen" [zum Beispiel Gelb] sind nicht mental, sondern objektiv, da sie mit den Objekten selbst als den Eigenschaften jener Objekte einhergehen, die sie zur Demonstration, zum Nachdenken und zum Sprechen zur Verfügung stellen. Und sie werden durch die Objekte, die sie präsentieren, individualisiert." (etwas holprig von deepl übersetzt)

In dieser Sicht der Dinge, der ich beipflichte, ist das Gelb eine Eigenschaft des Reclamheftes selbst und nicht etwas, was wir "beilegen".




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Jörn Budesheim
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Mo 24. Jan 2022, 10:52

Um sicherzugehen: Ich will keineswegs leugnen, dass Sprache unser Wahrnehmen lenken, verzerren, beeinträchtigen etc. kann. Ich glaube nur nicht, dass es generell so sein muss.




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Friederike
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Mo 24. Jan 2022, 12:13

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 24. Jan 2022, 07:43
Hartmut Böhme hat geschrieben : In der Regel werden Eigenschaften einem Ding, dem hypokeimenon, als Prädikate beigelegt: als folgten die Dinge der Struktur von sprachlichen Aussagen
"Beigelegt" ist ein seltsamer Ausdruck, wie ich finde. Meines Erachtens ist das keineswegs "in der Regel" so. Ich sehe rechts vor mir ein gelbes Reclam-Heftchen, was genau soll es bedeuten, dass ich ihm das Gelb beilege?
Das Heft ist gelb. Zum Gegenstand (allgemein) und dem Begriff "Heft" gehört die Eigenschaft "Farbe" nicht notwendig. Bei der Wahrnehmung ist es anders. Da sehen wir ein "gelbes Heft".




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