Re: Das Wesen der Dinge
Verfasst: So 2. Mai 2021, 11:16
Nur mal als Gedankenspielerei: angenommen, alle Tische wären schwarz, wäre schwarz sein, dann eine wesentliche Eigenschaft von Tisch?
Nur mal als Gedankenspielerei: angenommen, alle Tische wären schwarz, wäre schwarz sein, dann eine wesentliche Eigenschaft von Tisch?
Was ich sagen wollte, war, dass Tisch nicht Tisch ist wegen seines Blau- oder Brauseins oder wegen des Materials, aus dem er gemacht ist. Er ist Tisch, wenn er diese Eigenschaften hat, die ihn zum Tisch machen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 11:12Ich bin mir nicht ganz sicher, wie das gemeint ist, aber eigentlich ist es nicht meine Ansicht, schätze ich.Alethos hat geschrieben : Ich teile deine Einschätzung, dass ein Tisch Tisch ist wegen bestimmter Merkmale und Tisch nicht ist wegen anderer.
Mal extrem vereinfacht: wir haben ein x. Sagen wir, um des Gedankens Willen, dieses x hätte exakt 100 Eigenschaften und wir hätten eine Liste davon. Zudem hätten wir eine Liste von 5 Eigenschaften, die etwas haben muss, damit es ein W ist. Wenn diese fünf Eigenschaften in der x Liste vorkommen, dann ist das x ein W. Die anderen 95 Eigenschaften sagen nicht, dass x W nicht ist.
Das Wesen von W sind diese 5 Eigenschaften.
Die Unterscheidung zwischen allgemeinem und konkretem Gegenstand ist m.E. für die Erörterung der Frage nach dem Wesen wichtig.AndreaH hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 09:58Vielleicht sollte man ganz klar unterscheiden,
☆ Das Wesentliche von einem individuellen Gegenstand.
also, der bestimmte blaue Tisch in der Kunst.
☆ Das Wesentliche von dem allgemeinen Gegenstand.
Alle Tische, die es generell gibt.
Wenn man nach dem allgemeinen Wesentlichen in einem Gegenstand sucht, ist es denke ich wichtig, die Gemeinsamkeiten zu finden, die alle Tische miteinander beinhalten.
Ich habe keine Sichweise angegriffen, sondern eine aufgegriffen und in eine Richtung weitergedacht. Im Beispiel mit Andrea habe ich ihre Sichtweise nicht angegriffen, auch wenn dort gelegentlich ein „Aber“ steht. Wenn du es nochmal liest, fällt dir vielleicht auf, dass ich ihre Sichtweise vielmehr bestärken möchte.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 12:58Meines Erachtens greifst du regelmäßig Sichtweisen an, von denen ich nicht weiß, wer sie überhaupt vertritt (und wie sie lauten).
Das ist eine sehr interessante Frage!Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 11:16Nur mal als Gedankenspielerei: angenommen, alle Tische wären schwarz, wäre schwarz sein, dann eine wesentliche Eigenschaft von Tisch?
Ich denke, daß die "was"-Fragen Definitionen als Antwort erwarten und keine Fragen nach dem "Wesen" sind. Entweder man spricht über das Wesen (der Dinge) im Rahmen eines der o.a. metaphysischen Konzepte oder aber, wenn man das nicht will, müßte man "Wesen" wie eine absolute Metapher behandeln - glaube ich (ich bin vorsichtig). "Wesen" (Substantiv), wie wir es im allgemeinen Sprachgebrauch benutzen, kann man weder über- bzw. ersetzen noch umschreiben. Wenn man nach dem Wesen der Dinge fragt, dann kommt es mir so vor, als wolle man den Dingen "Leben" oder eine "Seele" einhauchen. Diese beiden Wörter zumindest verbinde ich mit "Wesen".Alethos hat geschrieben : ↑Sa 1. Mai 2021, 22:18Ja, ich schätze, dass es solche Was-Fragen sind, die nach dem Wesen von Dingen fragen. In der philosophischen Tradition hat der Wesensbegriff eine grosse Bedeutung, er wurde teilweise unterschiedlich ausgelegt: Bei Platon als Urbild oder Idee, in einer aristotelischen Lesart als Substanzbegriff, in der Scholastik als Essenz, bei Leibniz in der Form von Monaden etc.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 1. Mai 2021, 20:40Aber ist es das, wonach der philosophische Begriff "Wesen" fragt? Meistens geht das ja mit "was ist Fragen" einher: was ist Mut? Was ist Materie? Was ist Geist? Was sind Raum und Zeit? Was ist Vernunft? Was ist der Mensch? Was sind Emotionen? Was ist Kunst? Das sind meines Erachtens typische Fragen nach dem Wesen von etwas.
[...] Der Wesensbegriff selbst gerät in der philosophischen Tradition jedenfalls immer mehr in den Hintergrund zugunsten einer referenziellen Lesart des Dingbegriffs.
Ja, dieser Eindruck täuscht nicht, aber offenbar bringen mich mir weder Schweizer Sackmesser noch Ideenreichtum à la McGyver weiter.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 15:17Mein Problem ist, dass ich nicht so Recht die Pointe deiner Kritik verstehe. Ich begreife nicht, worum es dir geht. Aber ich habe das Gefühl, dass du irgendetwas kritisierst, angreifst, in Frage stellst - nenn' es wie du willst
Aber das ist meines Erachtens gar nicht die Frage, die man stellt, wenn man nach dem Wesen fragt. Dieses Missverständnis zieht sich durch den gesamten Faden, nach meinem Gefühl. Wenn ich frage, was ist das Wesen der Kunst, dann frage ich nicht nach einem bestimmten Kunstwerk und versuche sein Wesen zu erforschen - das ist eine ganz andere Frage, dazu habe ich weiter oben ja auch schon einiges geschrieben. Wenn ich nach dem Wesenseigenschaften der Kunst frage, dann frage ich nach denjenigen Eigenschaften, die ein Gegenstand notwendig haben muss und welche zusammen hinreichend für seinen Kunstsein sind.Alethos hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 17:35Meine Kritik ist also die: Einen Gegenstand erfassen wir nicht wesentlich dadurch, dass wir sagen, er sei g (Krug), weil er eben viel pluraler ist, in diesem Beispiel dieser konkrete „von Hand gefertigte Lehmkrug“. Er ist eine Vereinigungsmenge ganz vieler Eigenschaften und daher Begriffe.
Das könnte ein vielversprechender Ansatz sein. Müssten wir vertiefen.
Der Wesensbegriff wirkt irgendwie metaphysisch, da hat Frederike schon recht. Was soll das „Wesen der Dinge“ denn mehr sein als eine leere Begriffshülle, wenn wir nicht die Einzeldinge in Rechnung stellen, die sie ausmachen?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 19:01Wenn ich frage, was ist das Wesen der Kunst, dann frage ich nicht nach einem bestimmten Kunstwerk und versuche sein Wesen zu erforschen - das ist eine ganz andere Frage, dazu habe ich weiter oben ja auch schon einiges geschrieben. Wenn ich nach dem Wesenseigenschaften der Kunst frage, dann frage ich nach denjenigen Eigenschaften, die ein Gegenstand notwendig haben muss und welche zusammen hinreichend für seinen Kunstsein sind.
Ich versuche, Alethos' Auffassung klar zu kriegen. Den Gegenstand "Tisch" oder das Ding "Tisch" (Gegenstand und Ding setze ich an dieser Stelle synonym) gibt es nicht. Stoffliche Dinge können niemals nur in eine Gegenstands-Kategorie fallen. Alle materialisierten Dinge existieren nur in Form des Einzeldinges. Eine konkrete Laterne fällt zwar unter den Begriff "Laterne". Da aber der Begriff "Laterne" sich von der sichtbaren, gegenständlichen Laterne unterscheidet, ist die gegenständliche Laterne niemals nur "Laterne".Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 2. Mai 2021, 19:01Aber das ist meines Erachtens gar nicht die Frage, die man stellt, wenn man nach dem Wesen fragt. Dieses Missverständnis zieht sich durch den gesamten Faden, nach meinem Gefühl. Wenn ich frage, was ist das Wesen der Kunst, dann frage ich nicht nach einem bestimmten Kunstwerk und versuche sein Wesen zu erforschen - das ist eine ganz andere Frage, dazu habe ich weiter oben ja auch schon einiges geschrieben. Wenn ich nach dem Wesenseigenschaften der Kunst frage, dann frage ich nach denjenigen Eigenschaften, die ein Gegenstand notwendig haben muss und welche zusammen hinreichend für seinen Kunstsein sind.
Vielleicht läuft es am Ende aber darauf hinaus, wie ich es (das "Mißverstehen") oben zu klären suchte.Alethos hat geschrieben : Was soll das „Wesen der Dinge“ denn mehr sein als eine leere Begriffshülle, wenn wir nicht die Einzeldinge in Rechnung stellen, die sie ausmachen?
Hallo FriederikeFriederike hat geschrieben : ↑Mo 3. Mai 2021, 11:32Ich versuche, Alethos' Auffassung klar zu kriegen. Den Gegenstand "Tisch" oder das Ding "Tisch" (Gegenstand und Ding setze ich an dieser Stelle synonym) gibt es nicht. Stoffliche Dinge können niemals nur in eine Gegenstands-Kategorie fallen. Alle materialisierten Dinge existieren nur in Form des Einzeldinges. Eine konkrete Laterne fällt zwar unter den Begriff "Laterne". Da aber der Begriff "Laterne" sich von der sichtbaren, gegenständlichen Laterne unterscheidet, ist die gegenständliche Laterne niemals nur "Laterne".
Da bist du bestimmt nicht die Einzige!