Was ist Natur?

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Quk
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Fr 8. Sep 2023, 11:11

Lernfragen:

Sollen die objektiven "richtig & falsch"-Unterscheidungen universal sein oder individuell per Lebewesen?

Steht so eine Frage überhaupt zur Debatte?




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Jörn Budesheim
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Fr 8. Sep 2023, 11:25

Quk hat geschrieben :
Fr 8. Sep 2023, 11:11
Steht so eine Frage überhaupt zur Debatte?
Für mich ist an dieser Stelle nur wichtig, dass "richtig und falsch" keine Projektionen sind, sondern objektiv vorgefunden werden, weil sie gemeinsam mit dem Leben erwachen.




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Jörn Budesheim
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Fr 8. Sep 2023, 11:29

Wenn wir fragen, was Menschen als Menschen tun oder lassen sollten, dann ist natürlich alles universal. Aber das ist für diese Faden erstmal nicht von Belang.




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Fr 8. Sep 2023, 11:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 8. Sep 2023, 11:25
Für mich ist an dieser Stelle nur wichtig, dass "richtig und falsch" keine Projektionen sind, sondern objektiv vorgefunden werden, weil sie gemeinsam mit dem Leben erwachen.
Wie du schon zitiert hattest:
"Der Unterschied von Selbst und Umwelt bringt dabei eine elementare Form der Normativität (also des Unterschieds zwischen richtigem und unrichtigem Verhalten) hervor, wie der bedeutende US-amerikanische Philosoph Robert Boyce Brandom 2019 in seinem Meisterwerk über Hegel, Im Geiste des Vertrauens, gezeigt hat. Lebensformen unterscheiden zwischen demjenigen, was für sie gut ist (Nahrung), und Schadstoffen, die sie sich nicht aneignen sollten. Auf diese Weise entsteht bereits auf einer elementaren Lebensstufe ein werthafter Unterschied zwischen einem Selbst und seiner Umwelt, aus der das Selbst Nahrungsstoffe für den Stoffwechsel bezieht, ...".

Richtig & Falsch sind so so relativ-normativ wie real existierend.

Oder so: Die normative System-Umwelt-Unterscheidung/-Differenz...




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Jörn Budesheim
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Fr 8. Sep 2023, 12:02

Relativ ist für mich hier kein guter Ausdruck, weil es nach Relativismus klingt. Das führt nur zu Missverständnissen. De facto geht es um Relationen, die in sich bestehen. Objektiv nicht relativ.




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Fr 8. Sep 2023, 12:04

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 8. Sep 2023, 12:02
Relativ ist für mich hier kein guter Ausdruck, weil es nach Relativismus klingt. Das führt nur zu Missverständnissen. De facto geht es um Relationen, die in sich bestehen. Objektiv nicht relativ.
Meinetwegen. Nur ist Vieles ja auch tatsächlich relativ. Also etwa im Sinn von "beides zugleich", "real UND relativ"...




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Quk
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Fr 8. Sep 2023, 12:36

Es geht wahrscheinlich um die Annahme, dass es für jede eindeutige Aussage nur eine einzige objektive Wahrheit gibt; also, dass eine eindeutige Aussage nur entweder richtig oder falsch sein kann, und nicht relativiert mal so oder mal so ausfallen kann. Ich bin Anhänger dieser Annahme.

Hartes Beispiel:
Aussage: "Im Hitler-Reich gab es den Holocaust."
Wenn man davon ausgeht, dass die Definitionen aller hier erwähnten Wörter bekannt sind, und die Fotos, Berichte, Erfahrungen den Tatsachen entsprechen, kann diese Aussage nur wahr sein. Sie kann nicht relativ zwischen wahr und falsch schwanken.
Wenn die Definitionen aller erwähnten Wörter nicht bekannt sind, mag es Schwankungen geben, aber dann nicht in Bezug auf die philosophische Annahme einer objektiven Wahrheit, sondern in Bezug auf die Unbekanntheit der hier verwendeteten Wortdefinitionen (im, Hitler, Reich, geben, Holocaust). Wenn jemand das Wort "Hitler" mit "Ghandi" verwechselt, dann ist die obige Aussage falsch in Bezug auf Ghandi. Also wenn es Relationen gibt, dann nur in Bezug auf die Wortdefinitionen, aber nicht in Bezug auf das Prinzip der einzigen objektiven Wahrheit, meiner Ansicht nach.




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Fr 8. Sep 2023, 13:08

Ich meinte doch auch nicht, dass "alles relativ ist"...




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Jörn Budesheim
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Fr 8. Sep 2023, 13:49

Hier gibt es einen Faden zum Thema Relativismus, da können wir das ja erörtern!




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Quk
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Fr 8. Sep 2023, 18:03

1+1=3 hat geschrieben :
Fr 8. Sep 2023, 13:08
Ich meinte doch auch nicht, dass "alles relativ ist"...
Ich weiß. Ich wollte nur dasjenige, was meiner Ansicht nach relativ sein kann, nämlich subjektive Wortdefinitionen, erläutern.




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Jörn Budesheim
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Fr 8. Sep 2023, 19:27

Gerade in einer Kiste mit Zeichnungen entdeckt, also natürlich die Zeichnung rechts oder unten. Kelvin und Hobbs sind in der Tat von diesen beiden Denkern inspiriert, aber was es mit den beiden Zitaten auf sich hat, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr, aber es passt gut hierher :)

BildBild




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Quk
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Sa 9. Sep 2023, 12:58

Weitere Denkschritte:

Da es für das Leben richtig ist, Nährstoffe aufzunehmen, und es falsch ist, Gifte aufzunehmen, könnte man daraus folgern, dass dieses "richtig & falsch" sich letztendlich immer auf die Lebenserhaltung bezieht -- egal entlang welcher Warum-Kette, sei sie chemischer, sozialer oder mechanischer Art?

Meiner Ansicht nach ist es offensichtlich, dass dieses "richtig & falsch"-Prinzip objektiv in jedem Leben steckt, sogar in einer Selbstmord-Situation.

Weist diese Offensichtlichkeit womöglich auf eine Tautologie?

Das Leben erhält sich richtigerweise, weil es sich richtig erhält?




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Jörn Budesheim
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Quk hat geschrieben :
Sa 9. Sep 2023, 12:58
Da es für das Leben richtig ist, Nährstoffe aufzunehmen, und es falsch ist, Gifte aufzunehmen, könnte man daraus folgern, dass dieses "richtig & falsch" sich letztendlich immer auf die Lebenserhaltung bezieht ...
Wie begründest du diese Folgerung? Ist das nicht eher abwegig, denn bei uns Menschen geht es beispielsweise doch ganz sicher im Leben nicht allein um die Lebenserhaltung?




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Quk
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Sa 9. Sep 2023, 16:27

Nicht allein, aber vielleicht letztendlich -- am Ende der Warum-Kette.

Ich quäle keine Kinder. Warum? Weil ich das Leben bejahe. Warum bejahe ich das Leben? Weil ich Leben bin.




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Jörn Budesheim
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Sa 9. Sep 2023, 16:53

Lebenserhaltung und Lebensbejahung - ist das für dich dasselbe? Lebensbejahung würde für mich persönlich bedeuten, dass das Leben immer mehr sein sollte als bloße Lebenserhaltung.




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Quk
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Sa 9. Sep 2023, 18:26

Guter Punkt.

Lebensbejahung kann ich sowohl als Lebenserhalt sehen, aber auch zum Beispiel als die Gesamtheit aller Lebensrituale, wie etwa den Kegelabend etc.

Das Problem:
Lebensbejahung im Sinn von Lebenserhalt gilt für alle Lebewesen.
Lebensbejahung im Sinn von Kegelabend gilt nur für Kegelnde. "Frau Meier, warum kegeln Sie?" -- "Kegelabende gehören für mich zum Leben."

Mir scheint, die Warum-Kette führt immer auf das Leben per se zurück, auf das bloße "Leben sein", und das könnte -- anders als der nie erreichbare Gottesbeweis -- ein Beweis sein für das objektive Dasein von "richtig & falsch"; Beweis im Sinn von wissenschaftlich-empirische Beobachtungen. Aber wahrscheinlich irre ich mich. Ich wollte den Gedanken nur mitteilen und dann später überprüfen.




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