Quk hat geschrieben : ↑ Fr 15. Sep 2023, 21:02
Die Wahrnehmung ist ja eine Wurst. (Lass es eine vegane sein.) Jede Wurst hat zwei Enden. Ich möchte gerne wissen, an welchem Ende Du beginnst, sie aufzuessen, wenn Du sagst, "was wir wahrnehmen", beziehungsweise, "was wir essen". Wo beginnt das Essen? An welchem Ende? Links oder rechts? Wo beginnt die Wahrnehmung? An welchem Ende? Input oder Output? Oder gibt es da keine Kausalität, sondern eine zeitachsenfreie Korrelation: Wenn die tatsächliche Hand klatscht, klatscht zugleich, ohne Verzögerung, die Wahrnehmung dieser klatschenden Hand?
Quk hat geschrieben : ↑ Sa 16. Sep 2023, 09:39
Das ignoriert sämtliche Empirie auf diesem Gebiet, und daher kann ich hier nicht folgen.
Quk hat geschrieben : ↑ Sa 16. Sep 2023, 09:39
Es handelt sich hier um einen klar empirisch beobachtbaren kausalen, zeitverzögerten Signalverlauf.
Quk hat geschrieben : ↑ Sa 16. Sep 2023, 14:56
[der Lichtstrahl] ist der Startpunkt des Wahrnehmungsprozesses.
Quk hat geschrieben : ↑ So 17. Sep 2023, 10:02
Der Großteil der Signale reist nicht von den Augen zum Gehirn ...
Dieses Zitat ist ein schönes Beispiel für klare Sprache ...
Trotzdem verstehen wir das Zitat, das ich übrigens gestern genau so gepostet habe, ganz anders. Für mich bedeutet es, dass der Lichtstrahl in den meisten Fällen nicht der Ausgangspunkt des Wahrnehmungsprozesses, wie du es nennst, ist. Schon dieser Ausdruck ist für mich problematisch. Ich hoffe, dass im Verlauf der nächsten Absätze deutlich wird, warum.
Wie auch immer: Wenn man überhaupt sinnvoll von einem Ausgangspunkt der Wahrnehmung sprechen kann, was ich in verschiedener Hinsicht bezweifle, ja sogar für abwegig halte, dann sind es die Gegenstände der Wahrnehmung. Ich habe immer das Gefühl, dass wir über völlig verschiedene Dinge sprechen. Und heute Morgen bzw. im Laufe des Vormittags hatte ich eine Idee, wie man das vielleicht formulieren könnte. (Möglicherweise hat mich Husserl drauf gebracht.) Ich spreche von Internationalität und du sprichst davon, wie sie deiner Meinung nach "kausal realisiert" wird. Oder plakativer ausgedrückt: Ich spreche über unser Leben und du sprichst über die anonymen Prozesse, die dabei vielleicht im Hintergrund ablaufen.
Wenn ich von den Gegenständen der Wahrnehmung spreche, dann spreche ich von einem Sinnphänomen, vom Inhalt der Wahrnehmung, von dem, wovon die Wahrnehmung handelt. Immerhin können wir in manchen Fällen angeben, was wir wahrgenommen haben. Dieser gesamte semantische Bereich bleibt außen vor, wenn man von einem Wahrnehmungsprozess spricht.
Die Gegenstände, die wir wahrnehmen (die Birke zeigt erste Anzeichen des Herbstes z.b) müssen aber in der "physikalischen" Rekonstruktion des Vorgangs keineswegs die Ursache des aktuellen Wahrnehmungsgeschehens sein. Als ich heute morgen die Birke sah, war der Gegenstand meiner Wahrnehmung die Birke. Die aktuelle "Ursache" der ein oder anderen Episode auf dem Balkon war aber vielleicht ein gespeicherter Gedächtnisinhalt, der "vergegenwärtigt" wurde. Die Ursache und das intentionale Objekt sind einfach nicht dasselbe.
Wenn ich von Intentionalität spreche, halte ich den Begriff "Ausgangspunkt" für unangemessen, um es vorsichtig auszudrücken.
Aber auch in der "physikalischen" Rekonstruktion finde ich die Rede vom Licht als Ausgangspunkt schwierig. Das zeigen meines Erachtens die beiden Zitate der Wissenschaftler:innen, die ich gestern gepostet habe, ganz deutlich. Ich bin ziemlich erstaunt, dass du das nicht auch so siehst. In diesem Bild sehe ich überhaupt keinen Ausgangspunkt, sondern ein kompliziertes Zusammenspiel vieler verschiedener Faktoren, das keinen Raum für eine entsprechende Ordnung mit einem Ausgangspunkt lässt.