Wie oft kann man in den selben Fluss steigen?

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Mo 30. Okt 2023, 18:06

Ich bin durchaus der Ansicht, dass es viele Dinge gibt, die nicht aus selbst aus sich heraus bestehen. Das will ich nicht bestreiten und schon gar nicht widerlegen. Aber was ist dein Punkt?

Aus irgendwelchen Gründen bist du der Ansicht, dass der Umstand, dass Dinge nicht aus sich selbst heraus bestehen, gegen meine Position spricht. Ich kann darauf nicht antworten, weil ich nicht weiß, warum das so sein sollte. Solange ich nicht verstehe, aus welchen Gründen das gegen meine Position spricht, weiß ich nicht, was ich dazu sagen soll.




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Stefanie
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Mo 30. Okt 2023, 18:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 17:47
Quk hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 16:48
Selbigkeit muss doch auf zwei zu vergleichende Eigenschaften fokusiert sein. Ohne Eigenschaften gibt es keine Frage der Selbigkeit.
(...)
Selbigkeit ist die Beziehung, die Dinge zu sich selbst haben. Dass jedes Ding mit sich selbst identisch ist, ist eine notwendige, wenn auch triviale Wahrheit.
(...)
Wenn es die Beziehung zu sich selbst ist, also der Fluss, wie auch wir, mit sich selbst identisch sind, ändert sich daran auch nichts, wenn ein Wandel stattgefunden hat. Die Selbigkeit zu sich selber ändert sich nicht. Ergo kann man in den den selben Fluss zweimal steigen.

Ich bin bei diesem Thema so oft gedanklich in einem der Flüsse ertrunken, dann macht jetzt ein falsche Antwort auch nichts mehr aus.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Mo 30. Okt 2023, 18:21

Stefanie hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:16
Wenn es die Beziehung zu sich selbst ist, also der Fluss, wie auch wir, mit sich selbst identisch sind, ändert sich daran auch nichts, wenn ein Wandel stattgefunden hat. Die Selbigkeit zu sich selber ändert sich nicht. Ergo kann man in den den selben Fluss zweimal steigen.
Yo. So sehe ich es auch.




Jonas Kahnwald
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Mo 30. Okt 2023, 18:24

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:06
Ich bin durchaus der Ansicht, dass es viele Dinge gibt, die nicht aus selbst aus sich heraus bestehen. Das will ich nicht bestreiten und schon gar nicht widerlegen. Aber was ist dein Punkt?

Aus irgendwelchen Gründen bist du der Ansicht, dass der Umstand, dass Dinge nicht aus sich selbst heraus bestehen, gegen meine Position spricht. Ich kann darauf nicht antworten, weil ich nicht weiß, warum das so sein sollte. Solange ich nicht verstehe, aus welchen Gründen das gegen meine Position spricht, weiß ich nicht, was ich dazu sagen soll.
Benenne ein Ding. Ich bin doch hier in einem Philosophie Forum, da gehe ich davon aus, dass man seine Standpunkte belegen möchte. Ich habe dich nun 3x aufgefordert mir deinen Standpunkt zu belegen und du hast es immer noch nicht getan und wirst es auch im nächsten Post wieder nicht machen. Warum eigentlich?




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Stefanie
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Mo 30. Okt 2023, 18:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:21
Stefanie hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:16
Wenn es die Beziehung zu sich selbst ist, also der Fluss, wie auch wir, mit sich selbst identisch sind, ändert sich daran auch nichts, wenn ein Wandel stattgefunden hat. Die Selbigkeit zu sich selber ändert sich nicht. Ergo kann man in den den selben Fluss zweimal steigen.
Yo. So sehe ich es auch.
Wie echt, ich habe was verstanden?



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Nauplios
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Mo 30. Okt 2023, 18:32

Die Unfairness meiner Gesprächstaktik ist ja seit Samstag erkannt; insofern paßt der Hinweis auf Hans Blumenberg ins Bild:

"Mit Recht wird als tiefe Weisheit bewundert, was als Fragment des Heraklit überliefert ist: man könne nicht zweimal in denselben Fluß steigen. Es ist eine absolute Metapher und darin eine der frühesten Errungenschaften der Philosophie, daß man die Wirklichkeit nicht festhalten kann, weil sie nicht das ist, als was sie uns erscheint. Die bloße Vermutung, der Fluß könne immer derselbe sein, wann man auch in ihn steige, beruht auf dem Anblick, den er dem Zuschauer als ein Stück Landschaft bietet.

Merkwürdig aber ist, daß dieser Spruch niemals weitergedacht worden ist. Tut man es, stößt man auf eine andere Unselbstverständlichkeit, die in der Metapher verborgen ist. Man kann nicht zweimal in denselben Fluß steigen, aber man kehrt an dasselbe Ufer zurück, und dies sogar dann, wenn man sich im Fluß, um mit ihm als demselben wenigstens für eine Zeit eins zu bleiben, hat treiben lassen. Ist man an das Ufer zurückgekehrt, ist es dasselbe, an welcher seiner Stellen auch immer. Da schert es einen nicht mehr, daß es nicht mehr der selbe Fluß ist, in den man ein weiteres Mal steigen würde." (Hans Blumenberg; Quellen, Ströme, Eisberge; S. 103)

Der Sprachgebrauch der "absoluten Metapher", daß man nicht zweimal in denselben Fluß steigen kann, führt ein weites Feld aquatischer Bildlichkeit mit sich. Dazu gehören zum Beispiel die "Strömung", die "Inspirationsquelle", das "Fluidum", der "Niederschlag" und natürlich: der "Einfluß".

Merke: "Folgerichtig kommt es bei geistigen Strömungen nicht so sehr auf die Richtung als vielmehr aufs Gefälle an." (Hans Blumenberg)

:o




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Jörn Budesheim
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Mo 30. Okt 2023, 18:42

Jonas Kahnwald hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:24
Benenne ein Ding.
Du weist darauf hin, dass deiner Meinung nach die Dinge nicht aus sich selbst heraus existieren. Kein Problem! Nehmen wir einfach mal als gegeben an, dass es sich genauso verhält, wie du sagst. Okay?

Und was machen wir jetzt? Warum widerspricht das meiner Position? Das ist die Stelle, die ich nicht verstehe.




Jonas Kahnwald
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Mo 30. Okt 2023, 18:44

Nauplios hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:32
Die Unfairness meiner Gesprächstaktik ist ja seit Samstag erkannt; insofern paßt der Hinweis auf Hans Blumenberg ins Bild:

"Mit Recht wird als tiefe Weisheit bewundert, was als Fragment des Heraklit überliefert ist: man könne nicht zweimal in denselben Fluß steigen. Es ist eine absolute Metapher und darin eine der frühesten Errungenschaften der Philosophie, daß man die Wirklichkeit nicht festhalten kann, weil sie nicht das ist, als was sie uns erscheint. Die bloße Vermutung, der Fluß könne immer derselbe sein, wann man auch in ihn steige, beruht auf dem Anblick, den er dem Zuschauer als ein Stück Landschaft bietet.

Merkwürdig aber ist, daß dieser Spruch niemals weitergedacht worden ist. Tut man es, stößt man auf eine andere Unselbstverständlichkeit, die in der Metapher verborgen ist. Man kann nicht zweimal in denselben Fluß steigen, aber man kehrt an dasselbe Ufer zurück, und dies sogar dann, wenn man sich im Fluß, um mit ihm als demselben wenigstens für eine Zeit eins zu bleiben, hat treiben lassen. Ist man an das Ufer zurückgekehrt, ist es dasselbe, an welcher seiner Stellen auch immer. Da schert es einen nicht mehr, daß es nicht mehr der selbe Fluß ist, in den man ein weiteres Mal steigen würde." (Hans Blumenberg; Quellen, Ströme, Eisberge; S. 103)

Der Sprachgebrauch der "absoluten Metapher", daß man nicht zweimal in denselben Fluß steigen kann, führt ein weites Feld aquatischer Bildlichkeit mit sich. Dazu gehören zum Beispiel die "Strömung", die "Inspirationsquelle", das "Fluidum", der "Niederschlag" und natürlich: der "Einfluß".

Merke: "Folgerichtig kommt es bei geistigen Strömungen nicht so sehr auf die Richtung als vielmehr aufs Gefälle an." (Hans Blumenberg)

:o
Das ist ja genau der gleiche Irrtum wie bei dem Fluss - auch das Ufer ist nicht das selbe Ufer, weil weder Ufer noch Fluss inhärent existieren.




Jonas Kahnwald
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Mo 30. Okt 2023, 18:48

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:42
Jonas Kahnwald hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:24
Benenne ein Ding.
Du weist darauf hin, dass deiner Meinung nach die Dinge nicht aus sich selbst heraus existieren. Kein Problem! Nehmen wir einfach mal als gegeben an, dass es sich genauso verhält, wie du sagst. Okay?

Und was machen wir jetzt? Warum widerspricht das meiner Position? Das ist die Stelle, die ich nicht verstehe.
Wieder nichts benannt.

Was du nicht verstehst ist, dass du ein Selbst oder wie du es nennst "Selbstigkeit" attestierst, aber keinen einzigen Beleg bringst. Fordert man von dir einen Beleg, verweigerst du ihn. Dies nennt man unfaire Gesprächstaktik und ist ein sogenannten "No Go" in philosophischen Kreisen (zumindest in denen, welche ich kenne, wie es sich hier verhält weiß ich noch nicht im Gesamten).

Benenne ein Ding.




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Stefanie
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Mo 30. Okt 2023, 19:10

Befehle sind auch nicht besser.

Jörn geht davon aus, dass es um das geht "Du weist darauf hin, dass deiner Meinung nach die Dinge nicht aus sich selbst heraus existieren" und versteht nicht, warum das gegen seine poistion Spricht und jetzt willst Du "Was du nicht verstehst ist, dass du ein Selbst oder wie du es nennst "Selbstigkeit" attestierst, aber keinen einzigen Beleg bringst".

Was nun?



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Stefanie
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Mo 30. Okt 2023, 19:14

Nauplios hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:32
Die Unfairness meiner Gesprächstaktik ist ja seit Samstag erkannt; insofern paßt der Hinweis auf Hans Blumenberg ins Bild:
Das hast aber nur Du gelesen. Der Umstand, dass man Deiner Argumentation nicht so folgt, wie vielleicht gedacht oder widerspricht, bedeutet nicht, dass man Dir eine unfaire Gesprächstaktik unterstellt.



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Jonas Kahnwald
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Mo 30. Okt 2023, 19:26

Stefanie hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 19:10
Befehle sind auch nicht besser.

Jörn geht davon aus, dass es um das geht "Du weist darauf hin, dass deiner Meinung nach die Dinge nicht aus sich selbst heraus existieren" und versteht nicht, warum das gegen seine poistion Spricht und jetzt willst Du "Was du nicht verstehst ist, dass du ein Selbst oder wie du es nennst "Selbstigkeit" attestierst, aber keinen einzigen Beleg bringst".

Was nun?
Das ist kein Befehl sondern eine Forderung, die ja üblich ist in Diskussionen.

Was nun?

Jörn sollte ein Ding benennen. Darauf hin kann es weiter gehen. Ich kann und möchte nicht über Standpunkte und Thesen diskutieren, bei denen man sich weigert, sie auch möglichst konsequent und logisch zu belegen. Mein Standpunkt ist bekannt und ich habe ihn belegt mit Beispielen (Fluss, Tisch). Jörns Standpunkt ist auch bekannt, aber wurde in keinster Weise belegt. Das ist eben das Problem - sagen kann man alles.




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Quk
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Mo 30. Okt 2023, 19:37

Ich hatte es schon vorher aufgegeben :-) Jonas, als Du diesen Faden wieder raufgeholt hattest, fühlte ich mich motiviert, einen weiteren Versuch zu starten. Ich glaube, das war jetzt der vierte oder fünfte ... :-) Ich gebs jetzt wirklich auf. Ganz wirklich.




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Jörn Budesheim
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Mo 30. Okt 2023, 19:48

Jonas Kahnwald hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 19:26
Jörn sollte ein Ding benennen.
Hut




Jonas Kahnwald
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Mo 30. Okt 2023, 19:56

Na geht doch! Benannt wurde: Hut

Jetzt fehlt nur noch die Darstellung, warum ein Hut aus sich selbst heraus existieren soll?

Um das Ganze nicht ewig in die Länge zu ziehen liefere ich auch direkt meine Belege mit:

Ein Hut kann nicht aus sich selbst heraus existieren, da es jemanden brauch, der den Hut herstellt - Hüte sind nicht aus sich heraus einfach "da". Ein Hut (Form) ist auch abhängig von seiner Beschaffenheit (Grundlage). Ein Filzhut ist somit abhängig von Filz.

Jetzt kommst du Jörn 8-)




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Jörn Budesheim
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Mo 30. Okt 2023, 20:00

Ich stimme zu, ein Hut besteht nicht aus sich selbst heraus.




Jonas Kahnwald
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Mo 30. Okt 2023, 20:23

Dann ist die Sache ja klar weil du dich selbst widerlegt hast.




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Jörn Budesheim
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Und was hat es jetzt mit dem Fluss, indem man (nicht) zweimal steigen kann, zu tun?




Jonas Kahnwald
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Mo 30. Okt 2023, 20:27

Das ich Recht habe und man nicht zweimal in den selben Fluss steigen kann, was du ja jetzt selbst bestätigt hast.




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Nauplios
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Di 31. Okt 2023, 00:46

Stefanie hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 19:14
Nauplios hat geschrieben :
Mo 30. Okt 2023, 18:32
Die Unfairness meiner Gesprächstaktik ist ja seit Samstag erkannt; insofern paßt der Hinweis auf Hans Blumenberg ins Bild:
Das hast aber nur Du gelesen. (...)
Und woher weißt Du das? -

Es gibt von Heraklit mehrere sogenannte "Flußfragmente". Das Fragment, das diesem Thread den Titel gab ist das Fr. 91:

Man kann nicht zweimal in denselben Fluß steigen.

(ποταμῷι γὰρ οὐκ ἔστιν ἐμβῆναι δὶς τῷι αὐτῷι)

Ein weiteres Flußfragment ist Fr. 49a:

Wir steigen in denselben Fluß und doch nicht in denselben, wir sind es und wir sind es nicht.

(ποταμοῖς τοῖς αὐτοῖς ἐμβαίνομέν τε καὶ οὐκ ἐμβαίνομεν, εἶμέν τε καὶ οὐκ εἶμεν.)

In 49a sieht man eine Erweiterung. Die Rede vom Fluß ist hier der Rede vom Sein vorangestellt. Das erste ist eine Veranschaulichung des zweiten, ist eine metaphorische Sprechweise, die Heraklits Lehre von den Gegensätzen illustriert. Wir sind es (εἶμέν) und wir sind es nicht (οὐκ εἶμεν). Und dieser Gegensatz wird durch die Metapher vom Fluß vorbereitet, der derselbe ist, in den wir einsteigen (ἐμβαίνομέν) und der nicht derselbe ist, in den wir einsteigen (οὐκ ἐμβαίνομεν). - Das ionische Altgriechisch Heraklits gebraucht die Partikel τε καὶ, die bei Platon nur eine bloße Reihung ist im Sinne von "und", viel stärker im Sinne eines "sowohl - als auch". Betont wird damit die Verbindung eng zusammengehöriger Begriffe und Sätze. Die Stellung von τε καὶ ist in beiden Satzteilen völlig symmetrisch. Damit bekommt das "einsteigen" und "nicht einsteigen" und auch das "wir sind es" und "wir sind es nicht" die Form einer Gleichung: "einsteigen" = "nicht einsteigen" sowie "wir sind es" = "wir sind es nicht".

Kann man denn jetzt in denselben Fluß steigen? - Erweitert man Fr. 91 um Fr. 49a kann man es und kann man es nicht.

Die Fragmente der Vorsokratiker kann man nicht wie eine Denksportaufgabe lösen. Dann geht es in diesem Fr. Heraklits am Ende nur um "ja" oder "nein". Die einen sagen so, die anderen sagen so. Bei der Gegensatzlehre Heraklits und seiner Flußmetapher geht es um viel mehr, nämlich darum, "daß man die Wirklichkeit nicht festhalten kann, weil sie nicht das ist, als was sie uns erscheint". (Blumenberg) Das ist eigentlich weniger ein erkenntnistheoretischer, sondern mehr ein anthropologischer Befund.

Ob jemand Blumenbergs "Quellen, Ströme, Eisberge" gelesen hat, weiß ich nicht; aber darauf kommt es auch nicht an. Mir geht es um eine Erweiterung der Blickrichtung auf den philosophiehistorischen Kontext, in dem Fr. 91 steht und seine Auslegungs- und Wirkungsgeschichte. Genauso ging es mir bei der Frage "Was ist Gesellschaft" um den soziologischen Kontext. Und genauso ging es mir beim Thema "Was ist der Mensch" um den anthropologischen Kontext dieser Frage. In allen drei Fällen bin ich damit gescheitert. ;)

Mir ist schleierhaft, wie man Themen von solchem Gewicht behandeln will, ohne sie in diese Kontexte zu stellen.




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