Metaphysik und Ontologie

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn P Budesheim
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Mi 1. Okt 2025, 18:33

Pommesbude hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 17:46
Sobald jemand glaubt, dass es Tatsachen oder andere Abstrakta als eigenständige, raum- und zeitlose Entitäten gibt, die notwendig existieren, handelt es sich um eine platonische Position – klassische Metaphysik.
Dein Beitrag und mein Beitrag haben sich leider überschnitten, ich war mit meinem noch nicht fertig, aber dein Beitrag bietet einen perfekten Bezug auf das, was ich sagen will.

Kurz zuvor war ich auf der Suche nach meinem wunderbaren Lehrbuch der Metaphysik, in dem es meiner Erinnerung nach eine sehr schöne, handliche Definition des Begriffs gab. Leider konnte ich das Buch nicht finden. Hier eine passende Alternative. :)
Axel Hutter, Sprachanalyse und Metaphysik hat geschrieben : [Die Metaphysik] fragt in einem strengen und radikalen Sinne nach der Welt.Die Metaphysik ist also dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht eine Welt, sondern die Welt untersucht.
Meiner Erfahrung nach ist das eine relativ weit verbreitete Sichtweise auf die Disziplin Metaphysik.

Oftmals wird Metaphysik jedoch auch in einem Atemzug mit der Ontologie genannt. Johannes Hübner schreibt in "Metaphysik: Die Türken der Existenz": „Keiner der Versuche, die Metaphysik von der Ontologie, der Theorie des Seienden, abzugrenzen, hat sich durchgesetzt.“

Ich schätze jedoch, das hängt damit zusammen, dass der Gedanke einer „Welt als Ganze” in dem strengen und radikalen Sinne, in dem man von „der” Welt spricht, implizit vorausgesetzt wird. Nicht davon ausgehe dass es dieser Welt gibt ist für mich der Unterschied von Bedeutung.

Wenn ich von Metaphysik spreche, dann gehört für mich daher immer der zentrale Bezug auf diese Welt als Ganze in ihrer Totalität dazu. Wenn ich hingegen von Ontologie spreche, dann mache ich diesen Bezug nicht.

Deshalb ist für mich die Behauptung, dass es Zahlen existieren, nicht notwendig Metaphysik, sondern Ontologie.




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Jörn P Budesheim
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Mi 1. Okt 2025, 18:36

Pommesbude hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 17:46
Sobald wir etwas beobachten, denken, vorstellen oder formulieren, steht es immer bereits in Bezug zu uns und kann nicht mehr als vollständig unabhängig bezeichnet werden.
Die Rede von X steht in Bezug zu uns, weil wir es eben sind, die reden. Aber daraus folgt nicht, dass X selbst in Bezug zu uns steht. Und auch daraus, dass wir uns auf X beziehen, folgt ja nicht, dass auch X sich auf uns bezieht oder in irgendeiner Form abhängig von uns wäre.




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Consul
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Do 2. Okt 2025, 15:49

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 18:33
Kurz zuvor war ich auf der Suche nach meinem wunderbaren Lehrbuch der Metaphysik, in dem es meiner Erinnerung nach eine sehr schöne, handliche Definition des Begriffs gab. Leider konnte ich das Buch nicht finden. Hier eine passende Alternative. :)
Axel Hutter, Sprachanalyse und Metaphysik hat geschrieben : [Die Metaphysik] fragt in einem strengen und radikalen Sinne nach der Welt.Die Metaphysik ist also dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht eine Welt, sondern die Welt untersucht.
Meiner Erfahrung nach ist das eine relativ weit verbreitete Sichtweise auf die Disziplin Metaphysik.
Oftmals wird Metaphysik jedoch auch in einem Atemzug mit der Ontologie genannt. Johannes Hübner schreibt in "Metaphysik: Die Türken der Existenz": „Keiner der Versuche, die Metaphysik von der Ontologie, der Theorie des Seienden, abzugrenzen, hat sich durchgesetzt.“
Ich schätze jedoch, das hängt damit zusammen, dass der Gedanke einer „Welt als Ganze” in dem strengen und radikalen Sinne, in dem man von „der” Welt spricht, implizit vorausgesetzt wird. Nicht davon ausgehe dass es dieser Welt gibt ist für mich der Unterschied von Bedeutung.
Wenn ich von Metaphysik spreche, dann gehört für mich daher immer der zentrale Bezug auf diese Welt als Ganze in ihrer Totalität dazu. Wenn ich hingegen von Ontologie spreche, dann mache ich diesen Bezug nicht.
Im Wort "Metaphysik" ist kein etymologischer Bezug zur Welt (Kosmos) enthalten.

Wenn aus einer Definition von "Metaphysik" folgt, dass Gabriels Sinnfeld-Ontologie keine metaphysische Theorie ist, dann spricht allein dies gegen eine solche Definition.

Die spekulative Kosmologie ist zweifellos Teil der Metaphysik. Gabriel betreibt zwar keine spekulative Kosmologie im monistischen Sinn einer (Eine-)Welt-Lehre, aber er betreibt sehr wohl spekulative Kosmologie im pluralistischen Sinn einer (Viele-)Welten-Lehre (im allgemeinen Sinn, in dem nicht speziell die modallogische Mögliche-Welten-Theorie gemeint ist). Den einen allumfassenden Kosmos (cosmos) gibt es laut Gabriel nicht, aber seine "Sinnfelder" bilden eine Vielheit von Kosmen (cosmoi).
Eine pluralistische Kosmologie als "Kosmenphilosophie" muss übrigens nicht voraussetzen, dass die vielen Welten vollständig voneinander getrennt sind, d.h. nicht überlappen, sich nicht überschneiden.



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Markus Gabriel? Axel Hutter!




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Do 2. Okt 2025, 16:04

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 18:36
Pommesbude hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 17:46
Sobald wir etwas beobachten, denken, vorstellen oder formulieren, steht es immer bereits in Bezug zu uns und kann nicht mehr als vollständig unabhängig bezeichnet werden.
Die Rede von X steht in Bezug zu uns, weil wir es eben sind, die reden. Aber daraus folgt nicht, dass X selbst in Bezug zu uns steht. Und auch daraus, dass wir uns auf X beziehen, folgt ja nicht, dass auch X sich auf uns bezieht oder in irgendeiner Form abhängig von uns wäre.
Richtig.
Wir müssen aber unterscheiden zwischen Bezug als semantischer Beziehung (Referenz, aboutness) im Rahmen intentionaler Akte und Bezügen als nichtsemantischen Beziehungen zwischen dem Denken bzw. Denkenden und dem Gedachten (räumlich-zeitliche B.en, kausale B.en, Abhängigkeitsb.en). Wenn das Gedachte nicht existiert, dann kann es keine nichtsemantischen Beziehungen zwischen ihm und dem Denken/Denkenden geben.
Zuletzt geändert von Consul am Do 2. Okt 2025, 16:06, insgesamt 1-mal geändert.



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Do 2. Okt 2025, 16:06

Consul hat geschrieben :
Do 2. Okt 2025, 15:49
"Metaphysik"
Weit verbreitet in der Metaphysik sind Aussagen wie diese: Alles ist Wasser, alles ist Atome und Leere, alles ist Geist, alles ist MERZ. Dieses Metaphysikverständnis ist im Prinzip gemeint. Man kann auf dieser Sicht (wenigstens vom Prinzip her) immer unterschiedslos über das gesamte Feld quantifizieren, wenn man so sagen will. Und in diesem Sinn ist die SFO antimetaphysisch, weil sie solche materialen Aussagen (Alles ist Wasser, alles ist Atome ...) nicht macht. Was es gibt, ist eine unendliche Pluralität von Sinnfeldern, über die man eben nicht unterschiedslose "quantifizieren" kann, weil es eben auch eine unendliche Vielfalt verschiedener Bereiche gibt, die in keine Hinsicht material vereinheitlicht sind.




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Fr 3. Okt 2025, 15:43

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Okt 2025, 16:06
Weit verbreitet in der Metaphysik sind Aussagen wie diese: Alles ist Wasser, alles ist Atome und Leere, alles ist Geist, alles ist MERZ. Dieses Metaphysikverständnis ist im Prinzip gemeint. Man kann auf dieser Sicht (wenigstens vom Prinzip her) immer unterschiedslos über das gesamte Feld quantifizieren, wenn man so sagen will. Und in diesem Sinn ist die SFO antimetaphysisch, weil sie solche materialen Aussagen (Alles ist Wasser, alles ist Atome ...) nicht macht. Was es gibt, ist eine unendliche Pluralität von Sinnfeldern, über die man eben nicht unterschiedslose "quantifizieren" kann, weil es eben auch eine unendliche Vielfalt verschiedener Bereiche gibt, die in keine Hinsicht material vereinheitlicht sind.
Der letzte Satz bringt eine metaphysische Annahme über das Sein/die Wirklichkeit zum Ausdruck!
Die Metaphysik kann ganz allgemein als "hyperempirische Theoretik" definiert werden. Das Hyperempirische daran ist, dass metaphysische Sätze keine empirischen Beobachtungssätze sind und sich daraus auch nicht deduktiv oder induktiv ableiten lassen. Die Metaphysik bewegt sich also im Bereich theoretischer Spekulation, bestehend in spekulativer Ontologie/Kosmologie.



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Fr 3. Okt 2025, 16:10

Nur zur Sicherheit: Alle metaphysischen Sätze, lassen sich nicht empirisch überprüfen. Daraus folgt aber nicht, dass alle Sätze, die sich nicht empirisch überprüfen lassen, metaphysisch sind.




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Fr 3. Okt 2025, 23:21

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Okt 2025, 16:10
Nur zur Sicherheit: Alle metaphysischen Sätze, lassen sich nicht empirisch überprüfen. Daraus folgt aber nicht, dass alle Sätze, die sich nicht empirisch überprüfen lassen, metaphysisch sind.
Folgt daraus, dass sich metaphysische Sätze nicht (deduktiv oder induktiv) aus empirischen Sätzen ableiten lassen, dass sie davon auch grundsätzlich nicht widerlegt werden können? Ich bin mir nicht sicher. (Poppers Falsifikationskriterium als Abgrenzungskriterium von Wissenschaft und Nicht-/Pseudowissenschaft ist umstritten.)

Hast du Beispiele für empirisch nichtüberprüfbare nichtmetaphysische Sätze?
Die mathematische Kontinuumshypothese ist eines.
Die physikalische Stringtheorie ist dem Vorwurf der Untestbarkeit ausgesetzt.

In meinem vorherigen Beitrag habe ich die Metaphysik als hyperempirische Theoretik definiert; und Letzteres ist auch die reine Mathematik, obgleich sie keine metaphysische Disziplin ist (im Gegensatz zur Philosophie der Mathematik). Was die Metaphysik von der reinen Mathematik unterscheidet, ist, dass sie keine strenge Wissenschaft oder überhaupt keine Wissenschaft ist.

George Henry Lewes (1817–1878) hat eine interessante Unterscheidung zwischen empirischer Metaphysik und "metempirischer" Metaphysik getroffen, die meiner Gleichsetzung von Metaphysik und hyperempirischer (nichtmathematischer/nichtlogischer) Theoretik zuwiderläuft:
Empirische Metaphysik bewegt sich und verbleibt im wissenschaftlichen Rahmen wirklicher und möglicher Erfahrung sowie logischer Erweiterungen und Verallgemeinerungen derselben (durch Deduktion und Induktion), wohingegen nichtempirische Metaphysik oder "Metempirik" diesen Rahmen verlässt. Im Oxford English Dictionary wird "Metempirik" ("metempirics") auch als "transzendentale Metaphysik" ("transcendental metaphysics") bezeichnet. Lewes war ein entschiedener Gegner dieser Art von Metaphysik.
"[W]elche Ideen auch immer durch logische Erweiterungen der Erfahrung erreicht werden können und sich als mit ihr vereinbar erweisen lassen, sind legitime Produkte, die als Prinzipien für weitere Forschung dienen können. Im Gegensatz dazu ist alles illegitim, was jenseits der Grenzen der Erfahrung liegt und einen anderen Ursprung als den der Induktion und Deduktion aus etablierten Daten beansprucht. Es kann niemals zu einem Forschungsprinzip werden, sondern nur zum Gegenstand unfruchtbarer Debatten. Der metempirische Bereich ist die Leere, in der die Spekulation ungehindert umherstreift, wo der Sinn [die Sinneswahrnehmung] keinen Halt hat, wo das Experiment keine Kontrolle ausüben kann, und wo Berechnungen in unmöglichen Größen enden. Kurz gesagt, Physik und Metaphysik befassen sich mit Dingen und ihren Beziehungen, wie sie uns bekannt sind und wie wir glauben, dass sie in unserem Universum existieren; die Metempirik verlässt diesen Bereich auf der Suche nach der Andersartigkeit der Dinge: Sie versucht, die Dinge nicht so zu betrachten, wie sie in unserem Universum sind – nicht so, wie sie für uns sind – und ersetzt so die idealen Konstruktionen der Wissenschaft durch die idealen Konstruktionen der Fantasie." [Google Translate mit Änderungen meinerseits]

(Lewes, George Henry. Problems of Life and Mind: First Series; The Foundations of a Creed, Vol. I. Boston: J. R. Osgood & Co., 1874. pp. 14-6)

"Es gibt also eine rationale und eine irrationale Ontologie sowie eine empirische und eine metempirische Metaphysik. Es ist ganz und gar eine Frage der Art und Weise, wie die Abstraktionen gebildet werden, und nicht des Grades der Abstraktheit." [Google Translate]

(Lewes, George Henry. Problems of Life and Mind: First Series; The Foundations of a Creed, Vol. I. Boston: J. R. Osgood & Co., 1874. p. 61)



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Jörn P Budesheim
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Sa 4. Okt 2025, 12:55

Consul hat geschrieben :
Fr 3. Okt 2025, 23:21
[1] Folgt daraus, dass sich metaphysische Sätze nicht (deduktiv oder induktiv) aus empirischen Sätzen ableiten lassen, dass sie davon auch grundsätzlich nicht widerlegt werden können? Ich bin mir nicht sicher. (Poppers Falsifikationskriterium als Abgrenzungskriterium von Wissenschaft und Nicht-/Pseudowissenschaft ist umstritten.)

[2] Hast du Beispiele für empirisch nichtüberprüfbare nichtmetaphysische Sätze?
Die mathematische Kontinuumshypothese ist eines.
Die physikalische Stringtheorie ist dem Vorwurf der Untestbarkeit ausgesetzt.

[Nummerierung von mir]
[1] Deinen ersten Punkt habe ich nicht ganz verstanden.

[2] Zwar gibt es auch empirische Ethik, aber insofern Ethik normativ sein will, kann sie nicht rein empirisch sein. Ähnliches gilt für die Ästhetik. Dass Mathematik nicht empirisch arbeitet, hast du ja selbst bereits erwähnt. Auch begriffliche Untersuchungen, wie sie die Philosophie oft vorlegt, sind naturgemäß nicht primär empirisch.




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Sa 4. Okt 2025, 15:35

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Sa 4. Okt 2025, 12:55
Consul hat geschrieben :
Fr 3. Okt 2025, 23:21
[1] Folgt daraus, dass sich metaphysische Sätze nicht (deduktiv oder induktiv) aus empirischen Sätzen ableiten lassen, dass sie davon auch grundsätzlich nicht widerlegt werden können? Ich bin mir nicht sicher. (Poppers Falsifikationskriterium als Abgrenzungskriterium von Wissenschaft und Nicht-/Pseudowissenschaft ist umstritten.)

[2] Hast du Beispiele für empirisch nichtüberprüfbare nichtmetaphysische Sätze?
Die mathematische Kontinuumshypothese ist eines.
Die physikalische Stringtheorie ist dem Vorwurf der Untestbarkeit ausgesetzt.
[Nummerierung von mir]
[1] Deinen ersten Punkt habe ich nicht ganz verstanden.
Es geht darum, ob metaphysische Sätze grundsätzlich (per definitionem) sowohl empirisch unableitbar als auch empirisch unwiderlegbar sind.

Übrigens, ich habe oben nur die Deduktion und die Induktion erwähnt, aber sowohl in der Wissenschaft als auch in der Philosophie spielt auch die Abduktion (* als eine dritte Art von Schlussfolgerungen eine wichtige Rolle.
(* Google Translate übersetzt abduction im Titel und einige Male im Text völlig falsch mit Entführung.)
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Sa 4. Okt 2025, 12:55
[2] Zwar gibt es auch empirische Ethik, aber insofern Ethik normativ sein will, kann sie nicht rein empirisch sein. Ähnliches gilt für die Ästhetik. Dass Mathematik nicht empirisch arbeitet, hast du ja selbst bereits erwähnt. Auch begriffliche Untersuchungen, wie sie die Philosophie oft vorlegt, sind naturgemäß nicht primär empirisch.
Ja, es gibt neben der Metaphysik andere nichtempirische philosophische Disziplinen.
Allerdings, nach George Henry Lewes (aber unabhängig von ihm) hat auch Donald Williams (1899–1983) die Idee einer empirischen Metaphysik vertreten.
"Williams glaubt, dass Metaphysik eine empirische Wissenschaft ist. Eine empirische Wissenschaft wird durch, wie er es nennt, „Erfahrungssachen“ [„items of experience“] bestätigt oder widerlegt. Eine Erfahrungssache ist einfach eine empirische Tatsache. Doch Metaphysik ist nicht nur eine empirische Wissenschaft. Sie ist „die durch und durch empirische Wissenschaft“ (Williams, „On the Elements of Being: I“, 3; Principles of Empirical Realism, 74). Metaphysik als durch und durch empirische Wissenschaft befasst sich mit dem allgemeinsten, allumfassendsten Gegenstand aller Wissenschaften. Metaphysiker untersuchen alle Dinge und ihre allgemeinsten Merkmale. Metaphysiker zielen darauf ab, „jede Art von Tatsache durch ein einfaches Prinzip oder eine einfache Reihe von Prinzipien zu erklären“ (Williams, „Naturalism and the Nature of Things“, 431; Principles of Empirical Realism, 227). Eine metaphysische Theorie ist „direkt relevant für und durch jedes Element jeder Erfahrung bestätigbar oder widerlegbar“ (Williams, „Naturalism and the Nature of Things“, 431; Principles of Empirical Realism, 227). Im Gegensatz dazu untersuchen Wissenschaftler begrenzte Bereiche der Realität: Biologen erforschen biologische Dinge, Chemiker chemische Dinge und Physiker physikalische Dinge. Sie versuchen, einen begrenzten Satz von Fakten zu erklären. Nicht jedes Element der Erfahrung ist direkt relevant für die Bestätigung oder Widerlegung ihrer Theorien. Williams fand diese Auffassung von Metaphysik im Werk [Samuel] Alexanders und ließ sich zudem von der aristotelischen Auffassung der Metaphysik als Lehre vom Sein als Sein inspirieren." [Google Translate]

A. R. J. Fisher: Donald C. Williams’s Defence of Real Metaphysics (2016)



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Sa 11. Okt 2025, 19:01

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 13:33
Eine Entität ist per definitionem etwas Seiendes, Existierendes, sodass der Ausdruck "seiende/existierende Entität" pleonastisch (wie "alter Greis") und der Ausdruck "nichtseiende/nichtexistierende/Entität" kontradiktorisch ist (wie "rundes Quadrat").
Wenn man das Kunstwort "Aliquität" verwenden will, dann kann man widerspruchsfrei von nichtseienden/nichtexistierenden Aliquitäten sprechen. Denn alle Entitäten sind Aliquitäten, aber nicht alle Aliquitäten sind Entitäten.
"Mit dem modischen Suffix -(i)tas drückte man in der Philosophie bestimmte logische Kategorien der besprochenen Dinge aus. …Nach nihil erzeugte man nihilitas 'Nichtsheit', nach aliquid verkürzend aliquitas '*Etwasheit'…"

(Stotz, Peter. Handbuch zur lateinischen Sprache des Mittelalters. Bd. 2. München: C.H. Beck, 2000. S. 293)
Consul hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 13:33
Was den Ausdruck "in-/nonexistentes Objekt" anbelangt, so halte ich ihn nicht für selbstwidersprüchlich, zumal es hier um intentionale Objekte geht, die entweder existieren oder nicht existieren. Ein intentionales Objekt ist als Denkgegenstand etwas Gedachtes, ein cogitatum oder Kogitat; und es gilt eben nicht: cogitari est esse – denn aus dem Gedachtsein/-werden von etwas folgt nicht dessen Sein.
Die Rede von in-/nonexistenten Kogitaten (Denkobjekten) ist also nicht widersprüchlich.
"Was zunächst Gegenstand ist, formgerecht zu definieren, dazu fehlt es an genus wie an differentia; denn alles ist Gegenstand."

(Meinong, Alexius. "Selbstdarstellung." 1921. Nachdr. in Über Gegenstandstheorie & Selbstdarstellung, hrsg. v. Josef M. Werle, 53-121. Hamburg: Meiner, 1988. S. 68)
Richard Routley/Sylvan [Routley übernahm 1983 den Nachnamen seiner zweiten Ehefrau] nennt seine Variante der meinongschen Gegenstandstheorie Item Theory.
"[T]here is simply no limit to items. Everything, whether existent or not, possible or not, objective or not, even absurd or not, is an item. Like genuine subjects, there is no limit either to their variety. They can be as large, small, complex, unstructured, dynamic, variable, vague, paradoxical, perverse, as you like, and even more so. They are not restricted to objects, in some restricted senses or other of ‘object’ (…) or otherwise."

(Sylvan [Routley], Richard. "Re-exploring Item Theory: Object-Theory Liberalized, Pluralized and Simplified but Comprehensivized." 1995. Reprinted in Richard Routley, Exploring Meinong's Jungle and Beyond. Vol. 1 of The Sylvan Jungle, 546-581. Edited by Maureen Eckert. Cham: Springer, 2018. p. 554)
Der etymologische Ursprung des englischen Substantivs "item" ist das lateinische Adverb "item".
Ich habe entdeckt, dass es auch im Deutschen ein entsprechendes Substantiv "Item" gibt – ausgesprochen I|tem, nicht Ei|tem (wie im Englischen).
Im Grimmschen Wörterbuch findet sich ein Zitat mit der Pluralform "Items"; aber ich habe alte Quellen gefunden, worin die Pluralform "Iteme" vorkommt.

Mein Punkt ist folgender: So wie man widerspruchsfrei von nichtexistenten Aliquitäten und nichtexistenten Objekten sprechen kann, kann man auch von nichtexistenten Itemen sprechen.
"Item, das lateinische Wort, deßgleichen, ingleichen wirds ein Substantivum im Teutschen.
Kaysersb. Post. Einem ein Item machen, seine Fehler zehlen und merken, wann er es noch einmahl gethan.
In Gerichts-Händeln bey Rechnungen und Inventarien, bedeutet es einen neuen Artikel.
die Iteme des ausgegangenen Mandats.
man hat denselben Itemen nicht nachgelebt.
durch Item und Artikel, capitulatim, Pict.
die Item, Artikel und Namen der Persohnen, id."

(Frisch, Johann Leonhard. Teutsch-Lateinisches Wörter-Buch. Berlin, 1741. S. 491)
"Item, diese lateinische Continuations-Partikel war in der ältern Geschäftssprache sehr beliebt, den Anfang eines neuen Satzes, eines neuen Artikels zu bezeichnen. Nomen quod appellant articulum aut vulgo ein Item, Voc. v. 1618. So pflegte in manchem Urbarbuche jedes Urbarstück mit vorangehendem Item aufgeführt zu stehen. "Daß der Kastner jeden Urbarsmann auch seine Gilt an Geld und Getraid, dergleichen alle andern Gefäll von Item zu Item eigentlich beschreibe," Kr. Lhdl. XVIII. 33/2.

Daher findet man oft ein solches einzelnes Urbarstück selbst ein Item genannt. "Die Bauerngüter enthalten wieder mehrere Iteme, welche verschiedenen Grundherrschaften unterworfen sind, deswegen sieht man so viele Zäune, wodurch die Iteme abgesondert werden," (Hübner). Im salzb. Pangau ist ein Item, absonderlich ein durch Kauf, Erbschaft ec. einem größern Bauerngute einverleibtes Stück (Feld, Wald, Haus, Alpe ec.)."

(Schmeller, J. Andreas. Bayerisches Wörterbuch. Erster Theil. Stuttgart/Tübingen: Cotta, 1827. S. 129-30)



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Jörn P Budesheim
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So 12. Okt 2025, 12:14

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 13:33
Was den Ausdruck "in-/nonexistentes Objekt" anbelangt, so halte ich ihn nicht für selbstwidersprüchlich, zumal es hier um intentionale Objekte geht, die entweder existieren oder nicht existieren. Ein intentionales Objekt ist als Denkgegenstand etwas Gedachtes, ein cogitatum oder Kogitat; und es gilt eben nicht: cogitari est esse – denn aus dem Gedachtsein/-werden von etwas folgt nicht dessen Sein.
Die Rede von in-/nonexistenten Kogitaten (Denkobjekten) ist also nicht widersprüchlich.
Intentionale Objekte existieren auf jeden Fall. Die Frage ist nicht, ob sie existieren – das ist sicher, da sie gedacht wurden –, sondern ob sie außer in den Gedanken noch irgendwo existieren. Wenn ich jetzt an den Osterhasen denke, dann kommt er in meinen Gedanken vor – das ist unvermeidlich. Daraus folgt aber natürlich nicht, dass er im Garten hinter dem Haus existiert.




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So 12. Okt 2025, 14:49

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Sa 11. Okt 2025, 22:25
Der Begriff „Entitäten” ist in diesem Zusammenhang problematisch, wenn keine Einigkeit darüber herrscht, was es heißt, dass etwas existiert. In meiner Ontologie gibt es auch abstrakte Entitäten. Ich befürchte, dass dieser Dissens nicht auszuräumen ist.
Eine Entität ist etwas Existierendes; und existieren heißt schlicht da sein, vorhanden sein, nicht bloß gedacht/vorgestellt/eingebildet sein.

Zwei verschiedene Fragen:
1. Was bedeutet "existieren"?
2. Was existiert?

Es herrscht zumindest hinsichtlich der zweiten Frage eine Meinungsverschiedenheit zwischen uns, da du an abstrakte Entitäten glaubst und ich nicht. Du bist Abstraktist und ich bin Konkretist.
(Konkretismus: Alle Entitäten sind konkret. / Keine Entitäten sind abstrakt. – Abstraktismus: Nicht alle Entitäten sind konkret. / Einige Entitäten sind abstrakt. Wohlgemerkt: Konkretismus = Pankonkretismus, aber Abstraktismus ≠ Panabstraktismus.)

Was Gabriels Antwort auf die erste Frage betrifft, so halte ich seine Definition – "existieren" = "in einem Sinnfeld erscheinen" – nicht nur wegen ihrer impliziten Zirkularität für untauglich ("existieren" = "in einem [existierenden] Sinnfeld erscheinen"), sondern auch deshalb, weil er seine Sinnfeldontologie bereits in seine Existenz-Definition eingebaut hat, sodass diese nur für diejenigen akzeptabel ist, die seine Sinnfeldontologie akzeptieren. (Zu jenen gehöre ich nicht.) Der Existenzbegriff sollte jedoch so allgemein gefasst werden, dass er von keiner bestimmten ontologischen Theorie wie Gabriels Sinnfeldontologie abhängig und darauf beschränkt ist.



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So 12. Okt 2025, 15:01

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 12:14
Intentionale Objekte existieren auf jeden Fall. Die Frage ist nicht, ob sie existieren – das ist sicher, da sie gedacht wurden –, sondern ob sie außer in den Gedanken noch irgendwo existieren. Wenn ich jetzt an den Osterhasen denke, dann kommt er in meinen Gedanken vor – das ist unvermeidlich. Daraus folgt aber natürlich nicht, dass er im Garten hinter dem Haus existiert.
Wie gesagt, intentionale Objekte oder "Objektive" (intentionale Sachverhalte) müssen nicht existieren.
Wenn du an den Osterhasen denkst, dann sind die (nichtfregeschen) Osterhasen-Gedanken in deinem Kopf das einzige Vorkommende oder Vorhandene. Der Osterhase selbst als intentionaler Gegenstand deiner Osterhasen-Gedanken existiert hingegen nicht. Er kommt weder innerhalb noch außerhalb deiner Osterhasen-Gedanken vor. In deinen sprachlichen Osterhasen-Gedanken kommt nicht der Osterhase vor, sondern die Nominalphrase "der Osterhase".
(Wenn du dir den Osterhasen bildlich vorstellst, dann kommt in deiner Vorstellung nicht der Osterhase vor, sondern ein geistiges Osterhasen-Bild.)
"Der Vorstellende hat etwas zum Objekt, ohne dass es deshalb ist."

(Brentano, Franz. Brief an Anton Marty, 17. März 1905. In Wahrheit und Evidenz: Erkenntnistheoretische Abhandlungen und Briefe, hrsg. v. Oskar Kraus, 87-9. Leipzig: Meiner, 1930. S. 88)
Das ist der entscheidende, von mir bereits mehrmals vorgebrachte Punkt: Aus dem bloßen Vorgestellt- oder Gedachtsein von etwas folgt nicht dessen Dasein.



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Jörn P Budesheim
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So 12. Okt 2025, 15:35

Consul hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:01
Wenn du an den Osterhasen denkst, dann sind die (nichtfregeschen) Osterhasen-Gedanken in deinem Kopf das einzige Vorkommende oder Vorhandene. Der Osterhase selbst als intentionaler Gegenstand deiner Osterhasen-Gedanken existiert hingegen nicht.
Das ist allerdings ein innerer Widerspruch, den ich nicht kaufe. Der Osterhase kann ich gleichzeitig vorhanden sein und nicht vorhanden sein. Wenn in den Gedanken ein Osterhase vorkommt, dann kommt eben in den Gedanken ein Osterhase vor. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Dann kann man nicht mehr gleichzeitig behaupten, es käme nirgendwo ein Osterhase vor. Wenn er irgendwo vorkommt, egal wo, dann kommt er vor und existiert. Das ist ein glasklarer innerer Widerspruch und daher ist es zwingend falsch. Was in meinen Gedanken vorkommt, existiert, und zwar mindestens in meinen Gedanken.
Consul hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:01
Das ist der entscheidende, von mir bereits mehrmals vorgebrachte Punkt: Aus dem bloßen Vorgestellt- oder Gedachtsein von etwas folgt nicht dessen Dasein.
Genau das Gegenteil ist wahr. Schon aus dem bloßen Vorgestellt- oder Gedachtsein von etwas folgt zwingend dessen Dasein. Nämlich zumindest in den Vorstellungen und den Gedanken. Da führt einfach kein Weg dran vorbei.
Consul hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 14:49
Der Existenzbegriff sollte jedoch so allgemein gefasst werden, dass er von keiner bestimmten ontologischen Theorie [...] abhängig und darauf beschränkt ist.
Auch hier widersprichst du dir selbst, siehe folgendes Zitat.
Consul hat geschrieben : Eine Entität ist etwas Existierendes; und existieren heißt schlicht da sein, vorhanden sein, nicht bloß gedacht/vorgestellt/eingebildet sein.
Du schließt hier einfach - ohne jede Begründung - die Inhalte von Gedanken und Einbildungen aus.

Aber das führt zu einem Widerspruch: Da ich Einbildungen haben kann, was du offensichtlich zugibst, und da Einbildungen aus nichts anderem bestehen als in ihrem strukturierten Inhalt, müssen die Inhalte von Einbildungen selbst existieren, zumindest in den Einbildungen, denn ansonsten würden auch die Einbildungen nicht existieren, was wiederum zu einem Widerspruch führt, denn die Existenz der Einbildung wurde ja zugestanden. Wenn du zugibst, das Einbildungen existieren, existieren damit zugleich die Inhalte der Einbildung, das ist unvermeidlich.

Außerdem vertrittst du ja selbst eine ziemlich starke ontologische Theorie (Konkretismus, wie du es nennst) die ohne Begründung abstrakte Entitäten aus der Wirklichkeit ausschließt z.b Zahlen. Aber wie sollte etwas, über das wir wahre Gedanken haben können, nicht existieren, das halte ich für unmöglich. Einen wahren Gedanken haben bedeutet, einem Gegenstand eine Eigenschaft zurecht zuzuschreiben. Aber ein Gegenstand, der nicht existiert, kann keine Eigenschaften haben, denn Eigenschaften haben, setzt logischerweise Existenz voraus. Wenn die Zahl 12 die Eigenschaft hat, das Ergebnis der Addition von 7 + 5 zu sein, dann folgt daraus zwingend, dass es die Zahl 12 gibt. Und offensichtlich ist die Zahl 12 nichts konkretes, sie ist kein Gegenstand in Raum und Zeit.




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Jörn P Budesheim
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Bertrand Russell soll mal folgendes gesagt haben: "Wirklich ist all das, was in einer vollständigen Beschreibung der Welt genannt werden müsste." Das halte ich für vernünftig und nachvollziehbar.

Die Inhalte unserer Vorstellungen, Träume und Fantasien gehören mit Sicherheit zu dieser Beschreibung. Sicher unvollständig wären Beschreibungen, die sich mit sog. physikalischen Entitäten begnügen würden.




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Consul
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Mo 13. Okt 2025, 13:08

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:35
Consul hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:01
Wenn du an den Osterhasen denkst, dann sind die (nichtfregeschen) Osterhasen-Gedanken in deinem Kopf das einzige Vorkommende oder Vorhandene. Der Osterhase selbst als intentionaler Gegenstand deiner Osterhasen-Gedanken existiert hingegen nicht.
Das ist allerdings ein innerer Widerspruch, den ich nicht kaufe. Der Osterhase kann ich gleichzeitig vorhanden sein und nicht vorhanden sein. Wenn in den Gedanken ein Osterhase vorkommt, dann kommt eben in den Gedanken ein Osterhase vor. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Dann kann man nicht mehr gleichzeitig behaupten, es käme nirgendwo ein Osterhase vor. Wenn er irgendwo vorkommt, egal wo, dann kommt er vor und existiert. Das ist ein glasklarer innerer Widerspruch und daher ist es zwingend falsch. Was in meinen Gedanken vorkommt, existiert, und zwar mindestens in meinen Gedanken.
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:35
Consul hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:01
Das ist der entscheidende, von mir bereits mehrmals vorgebrachte Punkt: Aus dem bloßen Vorgestellt- oder Gedachtsein von etwas folgt nicht dessen Dasein.
Genau das Gegenteil ist wahr. Schon aus dem bloßen Vorgestellt- oder Gedachtsein von etwas folgt zwingend dessen Dasein. Nämlich zumindest in den Vorstellungen und den Gedanken. Da führt einfach kein Weg dran vorbei.
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:35
Consul hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 14:49
Der Existenzbegriff sollte jedoch so allgemein gefasst werden, dass er von keiner bestimmten ontologischen Theorie [...] abhängig und darauf beschränkt ist.
Auch hier widersprichst du dir selbst, siehe folgendes Zitat.
Consul hat geschrieben : Eine Entität ist etwas Existierendes; und existieren heißt schlicht da sein, vorhanden sein, nicht bloß gedacht/vorgestellt/eingebildet sein.
Du schließt hier einfach - ohne jede Begründung - die Inhalte von Gedanken und Einbildungen aus.

Aber das führt zu einem Widerspruch: Da ich Einbildungen haben kann, was du offensichtlich zugibst, und da Einbildungen aus nichts anderem bestehen als in ihrem strukturierten Inhalt, müssen die Inhalte von Einbildungen selbst existieren, zumindest in den Einbildungen, denn ansonsten würden auch die Einbildungen nicht existieren, was wiederum zu einem Widerspruch führt, denn die Existenz der Einbildung wurde ja zugestanden. Wenn du zugibst, das Einbildungen existieren, existieren damit zugleich die Inhalte der Einbildung, das ist unvermeidlich.
Es entsteht keinerlei Widerspruch, wenn man einen wichtigen Unterschied berücksichtigt, nämlich zwischen dem Inhalt einer Vorstellung/Denkung als demjenigen, das in der Vorstellung/Denkung vorgestellt/gedacht wird, und dem (intentionalen) Gegenstand einer Vorstellung/Denkung als demjenigen, das durch die Vorstellung/Denkung vorgestellt/gedacht wird. (Darauf habe ich an anderer Stelle bereits hingewiesen. Siehe diesen Beitrag samt Twardowski-Zitat!)

Ich habe geschrieben: "[E]xistieren heißt…nicht bloß gedacht/vorgestellt/eingebildet sein."

Die Rede von Gedachtem/Vorgestelltem/Eingebildetem ist insofern doppeldeutig, als damit entweder der Inhalt oder der Gegenstand gemeint ist.

Mit "nicht bloß gedacht/vorgestellt/eingebildet sein" meine ich "nicht bloß (gemeinter) Gegenstand eines Denkens/Vorstellens/Einbildens sein". Die geistigen (sprachlichen oder bildlichen) Inhalte eines Denkens/Vorstellens/Einbildens sind selbst nicht bloß (gemeinte) Gegenstände eines Denkens/Vorstellens/Einbildens, was bedeutet, dass sie existieren.

Bewusstseinsinhalte—seien es "Impressionen" (Empfindungen, Gefühle) oder "Ideen" (geistige Bilder sprachlicher oder nichtsprachlicher Art)—existieren, weil es nicht der Fall ist, dass sie selbst nichts weiter sind als bloße, nur gemeinte Gegenstände eines Denkens/Vorstellens/Einbildens.

Geistige Inhalte (innere Wörter/Sätze oder Bilder) sind stets in jedem Akt des Denkens/Vorstellens/Einbildens vorhanden, weil es ohne sie gar keine solchen Akte gäbe; aber der durch den Inhalt gedachte/vorgestellte/eingebildete Gegenstand muss nicht existieren—weder innerhalb noch außerhalb des Geistes. Der immer vorhandene Vorstellungsinhalt ist das geistige Mittel (Medium), durch das der nicht immer vorhandene intentionale Vorstellungsgegenstand (Intentum) vorgestellt wird.

Osterhasen-Vorstellungen haben existente geistige Osterhasen-Bilder als Inhalt und ein nichtexistentes Fabeltier als Gegenstand.

Es ist ein schwerwiegender Irrtum zu glauben, dass alle Vorstellungsgegenstände, die nicht außergeistig vorhanden sind, innergeistig vorhanden sind, im Geist vorkommen. Doch der Osterhase und alle anderen nichtexistenten Wesen existieren weder außerhalb noch innerhalb geistiger Vorstellungen, weil sie schlichtweg nirgendwo existieren. Sie sind absolut nichtexistent.
Der Osterhase als Gegenstand von Osterhasen-Vorstellungen ist niemals Teil der bildlichen Inhalte derselben. Kein Osterhasen-Bild in deinem Kopf ist der Osterhase!
"Der Gegenstand der Vorstellung, der "Intention", das ist und besagt der gemeinte Gegenstand. Stelle ich Gott oder einen Engel, oder ein intelligibles Sein an sich oder ein physisches Ding, oder ein rundes Viereck u.s.w. vor, so ist dieses hier Genannte und Transzendente eben gemeint, also (nur mit anderem Worte) intentionales Objekt; dabei ist es gleichgültig, ob dieses Objekt existiert, ob es fingiert oder absurd ist. Der Gegenstand ist ein "bloß intentionaler", heißt natürlich nicht: er existiert, jedoch nur in der intentio (somit als ihr reelles Bestandstück), oder es existiert darin irgendein Schatten von ihm; sondern es heißt: die Intention, das einen so beschaffenen Gegenstand Meinen existiert, aber nicht der Gegenstand. Existiert andererseits der intentionale Gegenstand, so existiert nicht bloß die Intention, das Meinen, sondern auch das Gemeinte. – Doch genug über diese noch heutigentags und von nicht wenigen Forschern so sehr missdeuteten Truismen."

(Husserl, Edmund. Logische Untersuchungen. Zweiter Teil: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Halle: Niemeyer, 1901. S. 398-9)

"Natürlich wird man nicht übersehen dürfen, daß wirklich nicht soviel besagt wie außerbewußtseiend, sondern soviel wie nicht bloß vermeintlich."

(Husserl, Edmund. Logische Untersuchungen. Zweiter Teil: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Halle: Niemeyer, 1901. S. 715)
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
So 12. Okt 2025, 15:35
Außerdem vertrittst du ja selbst eine ziemlich starke ontologische Theorie (Konkretismus, wie du es nennst) die ohne Begründung abstrakte Entitäten aus der Wirklichkeit ausschließt z.b Zahlen. Aber wie sollte etwas, über das wir wahre Gedanken haben können, nicht existieren, das halte ich für unmöglich. Einen wahren Gedanken haben bedeutet, einem Gegenstand eine Eigenschaft zurecht zuzuschreiben. Aber ein Gegenstand, der nicht existiert, kann keine Eigenschaften haben, denn Eigenschaften haben, setzt logischerweise Existenz voraus. Wenn die Zahl 12 die Eigenschaft hat, das Ergebnis der Addition von 7 + 5 zu sein, dann folgt daraus zwingend, dass es die Zahl 12 gibt. Und offensichtlich ist die Zahl 12 nichts konkretes, sie ist kein Gegenstand in Raum und Zeit.
Es ist wahr, dass der Osterhase nicht existiert; und diese Wahrheit hängt nicht widersprüchlicherweise von der Existenz des Osterhasen ab.

Was mathematische Sätze wie "7 + 5 = 12" betrifft, so kann man die platonistische Semantik infrage stellen, der nach die Ziffern (Zahlzeichen) "7", "5" und "12" Zahlen als abstrakte Objekte repräsentieren. Mathematische Formalisten tun genau dies—siehe unteres Zitat!
Und selbst wenn man, wie mathematische Fiktionalisten es tun, die platonistische Semantik akzeptiert, muss man nicht auch die platonistische Ontologie akzeptieren: Der mathematische Satz "7 + 5 = 12" handelt zwar von abstrakten Zahlen (bzw. gibt vor, davon zu handeln); aber weil es keine abstrakten Zahlen gibt, ist er falsch.
Ich habe bereits in einem anderen Beitrag meine Unterscheidung von Wahrheit/Unwahrheit und Gültigkeit/Ungültigkeit vorgestellt, welche es ermöglicht zu sagen: Der Satz "7 + 5 = 12" ist zwar falsch, aber gültig (im Kontext der Mathematik).
"Der Termformalismus ist die Ansicht, dass es in der Mathematik um Zeichen oder Symbole geht – Ziffernsysteme und andere sprachliche Formen. Das heißt, der Termformalist identifiziert die Entitäten der Mathematik mit ihren Namen. Die komplexe Zahl 8 + 2i ist einfach das Symbol ‚8 + 2i‘. Ein gründlicher Termformalist würde auch die natürliche Zahl 2 mit der Ziffer ‚2‘ identifizieren, …. Dem Termformalismus zufolge hat die Mathematik also einen Gegenstand, und mathematische Aussagen sind wahr oder falsch.

Die andere grundlegende Version des Formalismus vergleicht die Ausübung der Mathematik mit einem Spiel mit sprachlichen Zeichen. So wie man beim Schach mit einem Bauern ein Feld weiter diagonal schlagen kann, so kann man in der Arithmetik ‚x = 10‘ schreiben, wenn man zuvor ‚x = 8 + 2‘ erreicht hat. Nennen wir dieses Spielformalismus. Radikale Versionen dieser Ansicht behaupten rundheraus, die Symbole der Mathematik seien bedeutungslos. Mathematische Formeln und Sätze drücken keine wahren oder falschen Aussagen über irgendeinen Gegenstand aus. Die Ansicht ist, dass mathematische Zeichen nicht mehr Bedeutung haben als die Figuren auf einem Schachbrett. Der „Inhalt“ der Mathematik erschöpft sich in den Regeln für den Umgang mit ihrer Sprache. Gemäßigtere Versionen des Spielformalismus räumen zwar ein, dass die Sprachen der Mathematik eine gewisse Bedeutung haben können, diese Bedeutung ist in diesem Fall jedoch für die mathematische Praxis irrelevant. Für den praktizierenden Mathematiker könnten die Symbole der mathematischen Sprache ebenso gut bedeutungslos sein." [Google Translate]

(Shapiro, Stewart. Thinking about Mathematics: The Philosophy of Mathematics. Oxford: Oxford University Press, 2000. pp. 142+144-5)



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Jörn P Budesheim
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Andreas Luckner und Sebastian Ostritsch, Existenz hat geschrieben : 1 Einleitung
„Me genesthai!“, sagt der Weise, nicht geboren werden ist das Beste. Aber wer hat schon das Glück? Wem passiert das schon? Unter Hunderttausenden kaum einem. Alfred Polgar!

‚Existenz‘ — was meinen wir damit?! Was heißt es, wenn wir sagen, dass etwas existiert? Meistens wohl einfach, dass es dieses fragliche Etwas gibt. Also wirklich gibt. So kann es schon früh im Leben eines Menschen eine Frage sein, ob es das Christkind oder die Zahnfee wirklich gibt. In diesem Sinne können wir auch danach fragen, ob Außerirdische existieren, der Yeti oder Sherlock Holmes. Von letzterem kann man ja recht sicher sagen, dass er nicht in dem Sinne existiert, dass wir ihn treffen oder anrufen oder eine Tasse Tee mit ihm trinken könnten — und er hat auch damals, als Arthur Conan Doyle ihn als Hauptfigur seiner Kriminalromane erfand, nicht in diesem Sinne existiert.

Dass etwas (real) existiert, hat gemäß diesem Sprachgebrauch einen klaren Sinn: Im Unterschied zu solchem, was nicht (real) existiert, kann man auf das, was (real) existiert, irgendwo und irgendwann in der Welt stoßen. Reale Existenz impliziert raumzeitliche Antreffbarkeit. Wir wissen auch genau, was es heißt, von etwas oder jemandem zu sagen, dass er oder es nicht (real) existiert. Es gibt den oder das betreffende Nicht-Existente eben dann nur in der Vorstellung bzw. Fantasie, in der Fiktion, im Traum oder Wahnsinn usw.

Diese Redeweise von (realer) Existenz ist, so scheint es, recht unproblematisch und führt uns im Allgemeinen auch nicht in Verwirrung. Aber damit ist noch nicht viel darüber gesagt, was wir überhaupt mit ‚Existenz‘ meinen. Denn auch in Bezug auf Sherlock Holmes würden wir ja nicht sagen wollen, dass er in gar keinem Sinne existieren würde; Sherlock Holmes existiert, wenn auch nicht wirklich bzw. real, so doch immerhin als eine Figur in den Romanen von Sir Arthur Conan Doyle (nicht aber existiert Sherlock Holmes in den Dramen Goethes). In Bezug auf irreale oder abstrakte Gegenstände wie Zahlen oder Ideen zu sagen, dass sie existieren, scheint etwas anderes zu meinen, als zu sagen, dass sie real oder konkret in Raum und Zeit existieren (denn das tun sie offenbar nicht).

Seit Jahrtausenden gibt es einen Streit in der Philosophie darüber, ob nur individuelle Gegenstände in Raum und Zeit oder auch (überzeitliche) Eigenschaften existieren, mit denen wir Dinge klassifizieren. Auch in diesem Streit – dem Streit um die Existenz dessen, worauf wir uns mit Allgemeinbegriffen beziehen, dem Universalienstreit – stößt man regelmäßig auf die Frage, was wir mit ‚Existenz‘ eigentlich meinen. Dass wir es hier mit einer notorischen Unklarheit, ja einem Rätsel zu tun haben, zeigt sich vor allem daran, dass wir nicht recht verstehen können, was ‚Nicht-Existenz‘ überhaupt bedeuten soll.

Während wir leicht begreifen können, was es heißt, dass etwas nicht real existiert (sondern z. B. nur in meiner Fantasie oder meinem Denken), wissen wir nicht, wohin oder an was wir denken sollen, wenn wir sagen, dass etwas oder jemand schlechthin nicht existiert. Das liegt freilich daran, dass wir, insofern wir von etwas und jemandem sprechen oder denken, schon damit auch dessen Existenz gesetzt haben – freilich nicht im engen Sinne realer Existenz, sondern im weiten Sinne von ‚Existenz überhaupt‘, im Sinne von ‚das oder den gibt es‘ (ob real oder irreal, konkret oder abstrakt usw.).

Was würde, ja könnte denn nicht existieren? Nichts. Was, umgekehrt, existiert überhaupt? Alles.

Hätten wir einen klaren Begriff von Existenz, müsste es uns leichtfallen, zu verstehen, was es heißen soll, nicht (also überhaupt nicht) zu existieren. Existenz aber scheint dermaßen fundamental zu sein, dass wir sie begrifflich nicht hintergehen können …
Alles existiert – das ist fraglos wahr. Und doch sagt man bisweilen ganz zu Recht, dass etwas nicht existiert. Wie geht das zusammen? Wahrscheinlich so, wie es Gabriel vorschlägt: Es gibt zwar bei ihm alles, wie auch die Autoren betonen, aber keinen privilegierten Masterbereich, in dem (metaphorisch gesprochen) alles Platz hätte und zu dem etwas gehören müsste, um wirklich, wirklich zu existieren. Zu jeder Existenzangabe gehört vielmehr auch die Angabe des Bereichs, in dem etwas existiert.

Diese Angabe sparen wir uns in der Regel, weil meistens aus dem Zusammenhang klar wird, wovon wir sprechen. Wenn ich frage, ob noch Bier da ist, ist der Bereich in der Regel der Kühlschrank in der Küche – nicht die Wirklichkeit schlechthin, sonst wäre die Frage auch witzlos, denn so wie die Dinge gerade liegen, gibt es irgendwo ganz sicher Bier :-) Wenn ich frage, was aus der Mutter von Hänsel und Gretel wurde, ist ebenfalls klar, dass das Märchen gemeint ist und nicht ein Rechtsstreit um Elternschaft.

Auch wenn wir es nicht ausdrücklich erwähnen: Sherlock Holmes existiert nur in Filmen und Romanen, nicht aber in Kassel in meiner Nachbarschaft. Ich könnte ihm nicht begegnen, weil Holmes nicht aus den Geschichten heraustreten und ich nicht in sie hineingehen kann. Holmes existiert nur, sofern es Wesen gibt, die Geschichten lesen und ihnen eine "Bewusstseinsbühne" geben, auf der die Geschichten und ihre Figuren auftreten und zu Hause sein können. Das ist der Ort, wo sie existieren.

Zu sagen, dass etwas (nicht) existiert, heißt zu sagen, dass es in einem bestimmten Bereich (nicht) existiert. In den Geschichten von Sherlock Holmes kommen – soweit ich weiß – keine Hexen vor; in Goethes Faust dagegen sehr wohl - oder?




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Consul hat geschrieben :
Mo 13. Okt 2025, 13:08
"[E]xistieren heißt…nicht bloß gedacht/vorgestellt/eingebildet sein."
Grünsein heißt ... nicht Rotsein. Wer nicht weiß, was grün ist, weiß nach dieser Erklärung nicht mehr.

Und darüber hinaus: Warum gerade die Bewohner unserer Gedanken und Vorstellungen nicht existieren sollen, ist für mich ein Rätsel. Gerade, das, von dem man vermutlich am sichersten weiß, dass es existiert, soll das Maß des Nichtexistierens sein, das ist mir zu hoch.

Das „bloß” ist vielleicht der springende Punkt. Was ich mir vorstelle, existiert möglicherweise nur in meiner Vorstellung. Dass etwas in der Vorstellung existiert, heißt natürlich nicht automatisch, dass es auch außerhalb davon existiert. Im Alltag heißt es dann manchmal: „Das existiert bloß in deiner Vorstellung, das hast du dir bloß eingebildet.“ Damit ist aber nur gemeint, dass das, was sich jemand vorgestellt hat, nicht auch noch darüber hinaus existiert. Es existiert nur (=bloß) in der Vorstellung.




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