Was existiert überhaupt? Alles.
- Jörn Budesheim
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Andreas Luckner und Sebastian Ostritsch, Existenz, Grundthemen Philosophie, de Gruyter
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Dass wir es hier mit einer notorischen Unklarheit, ja einem Rätsel zu tun haben, zeigt sich vor allem daran, dass wir nicht recht verstehen können, was ‚Nicht-Existenz‘ überhaupt bedeuten soll. Während wir leicht begreifen können, was es heißt, dass etwas nicht real existiert (sondern z. B. nur in meiner Fantasie oder meinem Denken), wissen wir nicht, wohin oder an was wir denken sollen, wenn wir sagen, dass etwas oder jemand schlechthin nicht existiert. Das liegt freilich daran, dass wir, insofern wir von etwas und jemandem sprechen oder denken, schon damit auch dessen Existenz gesetzt haben – freilich nicht im engen Sinne realer Existenz, sondern im weiten Sinne von ‚Existenz überhaupt‘, im Sinne von ‚das oder den gibt es‘ (ob real oder irreal, konkret oder abstrakt usw.). Was würde, ja könnte denn nicht existieren? Nichts. Was, umgekehrt, existiert überhaupt? Alles.
...
Hätten wir einen klaren Begriff von Existenz, müsste es uns leichtfallen, zu verstehen, was es heißen soll, nicht (also überhaupt nicht) zu existieren. Existenz aber scheint dermaßen fundamental zu sein, dass wir sie begrifflich nicht hintergehen können. Seit Anbeginn der Philosophie wissen wir, Seiendes existiert, Nichtseiendes existiert nicht.
...
In Bezug auf das Dass-Sein [ist] alles, was es irgendwie gibt, gleich (‚Sein‘ qua ‚Existenz‘ ist univok). Das Dass-Sein kommt jedem Seiendem als die vorgängige „Eigenschaft“ des Überhaupt-Seins zu, ohne die wir es nicht mit einem Seienden zu tun hätten. Real existierende Individuen, etwa die Autoren dieses Buches, aber auch dieses Buch selbst, was Sie in den Händen halten, sind hinsichtlich ihres Dass-Seins nicht mehr oder anders existent als fiktive Individuen wie Sherlock Holmes, Donald Duck oder der Ring des Nibelungen. Es gibt dieses alles, nur eben einmal in der Realität, das andere Mal in der Fiktion. Auch wenn die Frage, ob es etwas oder jemanden wirklich gibt oder nicht, eine Frage ist, die uns im normalen Leben sehr wichtig sein kann, gibt es keine Arten von Existenz; das Dass-Sein Donald Ducks unterscheidet sich nicht vom Dass-Sein Donald Trumps oder einer Wolke oder eines Engels. Wer sagt, dass es keine Engel gibt, meint, dass sie nicht wirklich, also nicht real [im Unterschied zu fiktiv] existieren, sprich, dass wir sie nicht in der raumzeitlichen Welt antreffen können."
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Dass wir es hier mit einer notorischen Unklarheit, ja einem Rätsel zu tun haben, zeigt sich vor allem daran, dass wir nicht recht verstehen können, was ‚Nicht-Existenz‘ überhaupt bedeuten soll. Während wir leicht begreifen können, was es heißt, dass etwas nicht real existiert (sondern z. B. nur in meiner Fantasie oder meinem Denken), wissen wir nicht, wohin oder an was wir denken sollen, wenn wir sagen, dass etwas oder jemand schlechthin nicht existiert. Das liegt freilich daran, dass wir, insofern wir von etwas und jemandem sprechen oder denken, schon damit auch dessen Existenz gesetzt haben – freilich nicht im engen Sinne realer Existenz, sondern im weiten Sinne von ‚Existenz überhaupt‘, im Sinne von ‚das oder den gibt es‘ (ob real oder irreal, konkret oder abstrakt usw.). Was würde, ja könnte denn nicht existieren? Nichts. Was, umgekehrt, existiert überhaupt? Alles.
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Hätten wir einen klaren Begriff von Existenz, müsste es uns leichtfallen, zu verstehen, was es heißen soll, nicht (also überhaupt nicht) zu existieren. Existenz aber scheint dermaßen fundamental zu sein, dass wir sie begrifflich nicht hintergehen können. Seit Anbeginn der Philosophie wissen wir, Seiendes existiert, Nichtseiendes existiert nicht.
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In Bezug auf das Dass-Sein [ist] alles, was es irgendwie gibt, gleich (‚Sein‘ qua ‚Existenz‘ ist univok). Das Dass-Sein kommt jedem Seiendem als die vorgängige „Eigenschaft“ des Überhaupt-Seins zu, ohne die wir es nicht mit einem Seienden zu tun hätten. Real existierende Individuen, etwa die Autoren dieses Buches, aber auch dieses Buch selbst, was Sie in den Händen halten, sind hinsichtlich ihres Dass-Seins nicht mehr oder anders existent als fiktive Individuen wie Sherlock Holmes, Donald Duck oder der Ring des Nibelungen. Es gibt dieses alles, nur eben einmal in der Realität, das andere Mal in der Fiktion. Auch wenn die Frage, ob es etwas oder jemanden wirklich gibt oder nicht, eine Frage ist, die uns im normalen Leben sehr wichtig sein kann, gibt es keine Arten von Existenz; das Dass-Sein Donald Ducks unterscheidet sich nicht vom Dass-Sein Donald Trumps oder einer Wolke oder eines Engels. Wer sagt, dass es keine Engel gibt, meint, dass sie nicht wirklich, also nicht real [im Unterschied zu fiktiv] existieren, sprich, dass wir sie nicht in der raumzeitlichen Welt antreffen können."
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Ob ich mich der Konvention von Andreas Luckner und Sebastian Ostritsch bezüglich der Ausdrücke "real existieren" im Gegensatz zu "fiktiv existieren" anschließe, kann ich im Moment noch nicht sagen, wahrscheinlich eher nicht, aber es ist ein Vorschlag, über den man sicher diskutieren kann.
Mir ist aber wichtig zu sehen, dass nach beiden Autoren letztlich alles existiert. Das unterschreibe ich mit der Einschränkung, dass die Welt nicht existiert bzw. das Sein nicht existiert. Ich kann es nicht beschwören, aber bei meiner Lektüre am Nachmittag habe ich das auch bei den Autoren gefunden (in Bezug auf das Sein), aber leider nicht die entsprechende Stelle markiert. Wenn ich es später finde, werde ich es nachreichen.
Ob wir tatsächlich keinen klaren Existenzbegriff haben, wie die Autoren behaupten, möchte ich offen lassen, ich für meinen Teil finde den Vorschlag von Markus Gabriel in "Sinn und Existenz" sehr vernünftig. Aber das müssen wir an dieser Stelle nicht diskutieren.
Mir ist aber wichtig zu sehen, dass nach beiden Autoren letztlich alles existiert. Das unterschreibe ich mit der Einschränkung, dass die Welt nicht existiert bzw. das Sein nicht existiert. Ich kann es nicht beschwören, aber bei meiner Lektüre am Nachmittag habe ich das auch bei den Autoren gefunden (in Bezug auf das Sein), aber leider nicht die entsprechende Stelle markiert. Wenn ich es später finde, werde ich es nachreichen.
Ob wir tatsächlich keinen klaren Existenzbegriff haben, wie die Autoren behaupten, möchte ich offen lassen, ich für meinen Teil finde den Vorschlag von Markus Gabriel in "Sinn und Existenz" sehr vernünftig. Aber das müssen wir an dieser Stelle nicht diskutieren.
Ich habe das schon im Heideggerismus nie verstanden, warum so viel Aufsehen gemacht wird um verschiedene Seinsarten. Ich denke, das Sein liegt bereits in der Eigenschaft einer Sache. Dieser Eigenschaft füge ich nicht noch ein zweites Seinseiendes hinzu. Das wäre doppelt gemoppelt. Demnach gibt es quasi unendlich viele Seinsarten. Salz ist salzig. Salzkristall ist kristallig. Hotzenplotz ist räuberisch. Und so weiter.
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Für mich gibt es nur eine Form, konsistent Sein und Nichts zu denken, die überdies den Vorteil hat, vollständig zu sein. Ich nenne das den transzendierenden/transzendentalen Materialismus, ein Begriff, der nicht gebräuchlich ist, es vielleicht nie wird, von dem ich aber hoffe, daß er von einer relevanten Zahl von Wissenschaftlern/Philosophen wenigstens einmal ins Auge gefaßt wird.
Es ist ein Materialismus mit emergierendem Sinn. Dh, die Materie nimmt eine Form an, die rekursiv, reflexiv ist, wodurch das Materielle mehr ist als sein extensionales Sein. Materie, die Sinn, Bedeutung trägt. Isoliert man die Bedeutung von ihrem materiellen Substrat, verschwindet sie. Es gibt nichts, was nicht extensional verankert ist, also keine rein intensionale Geisteswelt. Isoliert man aber die materielle Seite, verschwindet die Bedeutung ebenfalls. Sein, Etwas kann also einfache Materie sein oder rekursive, reflexive und daher Sinn tragen, ein doppeltes sein.
Also: Sein ist Alles, Nichts gibt es nicht - nur als Leerbegriff, wie die leere Menge, eine Menge, die keine Menge ist, sondern die Abwesenheit einer Menge, eine Ordinalzahl, die nichts zählt, die zur Ordinalzahl wird, indem sie als Menge gefaßt wird und zählt, bevor gezählt werden kann. Das kann man konsistent axiomatisieren.
Es ist ein Materialismus mit emergierendem Sinn. Dh, die Materie nimmt eine Form an, die rekursiv, reflexiv ist, wodurch das Materielle mehr ist als sein extensionales Sein. Materie, die Sinn, Bedeutung trägt. Isoliert man die Bedeutung von ihrem materiellen Substrat, verschwindet sie. Es gibt nichts, was nicht extensional verankert ist, also keine rein intensionale Geisteswelt. Isoliert man aber die materielle Seite, verschwindet die Bedeutung ebenfalls. Sein, Etwas kann also einfache Materie sein oder rekursive, reflexive und daher Sinn tragen, ein doppeltes sein.
Also: Sein ist Alles, Nichts gibt es nicht - nur als Leerbegriff, wie die leere Menge, eine Menge, die keine Menge ist, sondern die Abwesenheit einer Menge, eine Ordinalzahl, die nichts zählt, die zur Ordinalzahl wird, indem sie als Menge gefaßt wird und zählt, bevor gezählt werden kann. Das kann man konsistent axiomatisieren.
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Ich nehme an, du meinst in etwa, dass es nichts gibt, was nicht materiell "verankert" ist, richtig?Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Sa 18. Mai 2024, 14:08Es gibt nichts, was nicht extensional verankert ist, also keine rein intensionale Geisteswelt.
Das folgende Beispiel gehört meiner Meinung nach nicht in die Welt des Geistes, aber es stellt deine Vorstellung, dass alles materiell verankert ist, in Frage. Nehmen wir an, wir lassen einen der neuen, noch leistungsfähigeren Computer eine Primzahl finden, die noch größer ist als die bisher bekannte größte. Nach einer gewissen Zeit spuckt die Maschine ein richtiges Ergebnis aus. Vorher war diese Zahl nicht bekannt und in keiner Weise materiell verankert, danach ist sie im Computer digital und - wenn man so will - "materiell verankert". Das Problem für deine Theorie ist aber, was war vorher? Der Computer hat diese Zahl ja nicht erfunden, sondern gefunden. Das heißt, sie war schon da, bevor sie "materiell verankert" wurde. Man kann es auch einfacher sagen: Alle, ausnahmslos alle mathematischen Entdeckungen zeigen meiner Meinung nach, dass mit deiner Theorie etwas nicht stimmen kann.
Erstens stimmt etwas nicht mit der Zweiteilung in Materie und Geist - das ist meines Erachtens weit davon entfernt vollständig zu sein. Und zweitens gibt es offensichtlich Dinge, die nicht "materiell verankert" sind.
Der große Nachteil deiner Theorie ist, dass sie auf einem "Axiom" aufbaut, das nicht begründet und nicht plausibel ist. Warum sollte alles materiell verankert sein? Ich sehe dafür keinen Grund und es ist meines Erachtens auch völlig unplausibel. Damit wird eine ontologische Provinz zum Masterbereich erklärt, ohne ausreichende Indizien.
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Warum nutzt du dieses Begriffspaar "transzendierenden/transzendentalen"? Verstehst du diese Begriffe synonym oder möchtest Du damit auf verschiedene Tendenzen hinweisen? Transzendieren heißt schließlich übersteigen, während transzendental eher Grundlagen der Erkenntnis oder ähnliches meint?Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Sa 18. Mai 2024, 14:08Ich nenne das den transzendierenden/transzendentalen Materialismus
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Nein. Den Umweg über den Computer hättest Du Dir sparen können. Wir sind uns völlig einig, daß der menschliche Geist findet und erfindet. Er erzeugt etwas, was vorher nicht da war. Das ist das Emanieren oder Transzendieren des Geistes. Was Du zu einem Dritten erklärst, ist neben dem materiellen und dem geistigen Sein ein potentielles geistiges Sein. Potentielles Sein jedoch ist nicht.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 07:08es stellt deine Vorstellung, dass alles materiell verankert ist, in Frage.
Um in Deinem Beispiel zu bleiben: Abgesehen davon, daß auch ein blindes Huhn manchmal ein Korn findet, weiß der mathematisch Versierte durch einen kinderleichten indirekten Beweis, daß es unendlich viele Primzahlen gibt, mehr noch, er weiß, daß er zu jeder bekannten Primzahl eine größere noch unbekannte Primzahl finden kann, durch endlich viele Rechenschritte, die er im Prinzip selbst ausführen kann, aber wozu hat man denn die Maschine, für Fleißarbeiten. Die Rechenoperationen fischen eine Zahl heraus, von der ich weiß, daß es sie gibt, ich kann sie finden. Als Mathematiker gehe ich darüber hinaus, ich erfinde neue mathematische Theorien, indem ich neue Begriffe bilde und untersuche, welche Konsequenzen sich daraus ergeben. Geist ist finden, erfinden und als Wissen speichern.
Der Irrtum in Deinem Beispiel liegt darin, daß Du den rein materiellen Vorgang in der Maschine als geistigen interpretierst. Aber die Maschine weiß nichts, nicht, was sie macht, nicht, was eine Primzahl ist. Zu etwas Geistigem wird das Resultat des mechanischen Vorgangs, sobald es von Menschen als dies Geistige interpretiert wird. Deine dritte Welt gibt es nicht.
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Ich könnte mich auf eine Bezeichnung festlegen. Ich benutze diese Doppelbezeichnung, um beim Leser Mißverständnisse zu vermeiden.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 07:57
Warum nutzt du dieses Begriffspaar "transzendierenden/transzendentalen"?
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Deine Beitrag habe ich nicht verstanden. Eine Antwort auf meinen Einwand suche ich vergebens. Ich kann dir allerdings sicher sagen, dass ich niemals den Vorgang für einer Maschine als geistig interpretieren würde.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 10:14Der Irrtum in Deinem Beispiel liegt darin, daß Du den rein materiellen Vorgang in der Maschine als geistigen interpretierst.
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Bei mir hast du offensichtlich damit welche ausgelöst stattdessen :)Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 10:16Ich benutze diese Doppelbezeichnung, um beim Leser Mißverständnisse zu vermeiden.
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Machen wir es einfacher: gibt es mathematische Entdeckungen?
Ich würde dazu sagen: Innerhalb der Mathematik bzw. der "mathematischen Welt (zusammen mit deren Denkern)": Ja.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 11:36Machen wir es einfacher: gibt es mathematische Entdeckungen?
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
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Nehmen wir also zum Spaß an, es wurde irgendwann die erste Primzahl mit 10.000 Stellen entdeckt. Bevor sie entdeckt wurde, wusste niemand etwas davon. Niemand kannte sie, nirgends war sie aufgeschrieben, sie war also in keiner Hinsicht materiell verankert.
Da die Zahlen aber entdeckt wurde, muss es sie schon gegeben haben, bevor sie materiell verankert war.
Da die Zahlen aber entdeckt wurde, muss es sie schon gegeben haben, bevor sie materiell verankert war.
Sicher hat es die Primzahl in der Welt der Mathematik schon gegeben, sie gab es in ihr schon immer. Nur was hat das mit materieller Verankerung zu tun?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 11:48Nehmen wir also zum Spaß an, es wurde irgendwann die erste Primzahl mit 10.000 Stellen entdeckt. Bevor sie entdeckt wurde, wusste niemand etwas davon. Niemand kannte sie, nirgends war sie aufgeschrieben, sie war also in keiner Hinsicht materiell verankert.
Da die Zahlen aber entdeckt wurde, muss es sie schon gegeben haben, bevor sie materiell verankert war.
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Wie Burkart sagt: ja. Mathematik ist die Wissenschaft, die abstrakte Strukturen erschafft und dann die Eigenschaften entdeckt, die implizit in ihnen stecken. Lassen sich diese gedachten Strukturen auf die Realität anwenden, also Realität so interpretieren, daß sie zu den Strukturen paßt, wird die gedachte, abstrakte Wahrheit zu einer realen, inhaltlichen, freilich immer unter dem Vorbehalt, daß es sich hier um eine Abbildung handelt, bestenfalls homomorph aus der Realität in die mathematische Abstraktion.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 11:36Machen wir es einfacher: gibt es mathematische Entdeckungen?
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Solche impliziten Eigenschaften sind dann nicht materiell verankert, weil sie noch nicht entdeckt wurden. Mit anderen Worten auch in dieser Auffassung der Mathematik gibt es Strukturen, die nicht materiell verankert sind.
Keine mathematische Struktur als solche ist materiell verankert. Gibt es hier denn Dissens?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 12:54Solche impliziten Eigenschaften sind dann nicht materiell verankert, weil sie noch nicht entdeckt wurden. Mit anderen Worten auch in dieser Auffassung der Mathematik gibt es Strukturen, die nicht materiell verankert sind.
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Auch hier noch einmal genauer: Wenn ich zu zählen anfange, die Theorie der Elementararithmetik aufstelle mit Addition und Multiplikation und dann die Umkehroperation Division definiere, existiert der Sachverhalt "Primzahl". Ich werde sehr schnell dazu kommen, ihn explizit zu definieren. Und dann kann ich entdecken, welche Zahlen darunterfallen, welche nicht. Die Primzahleigenschaft ist eine Eigenschaft des natürlichen Zahlen- und Rechensystems, sie ist mit diesem System gesetzt, nur weiß ich das nicht simultan mit der Setzung. Ohne die Systemsetzung bzw den intuitiven Umgang mit solchen Objekten gibt es keine verborgenen, zu entdeckenden Wahrheiten wie die Feststellung der Primzahleigenschaft.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 19. Mai 2024, 11:48
Da die Zahlen aber entdeckt wurde, muss es sie schon gegeben haben, bevor sie materiell verankert war.
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... auch in dieser Auffassung gibt es also Dinge, die entdeckt werden können, die also zuvor - wie du sagst - implizit waren, die also nicht materiell verankert waren.
Nach dieser Sichtweise müssten alle mathematischen Sachverhalte, die wir nach deiner Sicht der Dinge selbst erzeugen, immer irgendwo materiell verankert sein, um wahr zu sein, aber das ist absurd, weil wir es an allen Ecken und Enden mit Unendlichkeiten zu tun haben.
Mit anderen Worten: Wir könnten in dieser Sichtweise nie etwas entdecken, nie ein neues Ergebnis erhalten, weil alles, was existiert, immer schon irgendwo materiell verankert sein muss. Dann wären wir in der Mathematik immer genau da, wo wir angefangen haben, kein Schritt vorwärts in unbekanntes Terrain wäre möglich.