Es gibt eine monokategoriale Fundamentalontologie, die sich Reismus nennt (ausgesprochen/gelesen Re-ismus, nicht Reis-mus!).Consul hat geschrieben : ↑Sa 27. Jul 2024, 21:47Im Grimmschen Wörterbuch finden sich noch mehr lateinische Wörter für "Ding" als die bereits erwähnten:
"Ding = ens, res, substantia, aliquid, causa, judicium, forum, conventus, status, opes, persona"
Quelle: https://www.dwds.de/wb/dwb/ding#GD02497
Seltsamerweise fehlt "corpus" = "Körper"/"Leib".
"aliquid" = "(irgend)etwas" ist die weiteste Bedeutung: "ein Ding" = "ein (seiendes oder nichtseiendes) Etwas".
In diesem absolut allgemeinen Sinn stehen alle ontologischen Kategorien für Dinge: Ereignisse, Vorgänge, Zustände, Eigenschaften, Beziehungen.
Der Name stammt von dem polnischen Philosophen Tadeusz Kotarbiński (1886–1981), wird aber nicht nur auf dessen Ontologie, sondern auch auf die späte Ontologie Franz Brentanos (1838–1917) angewendet. Dem Reismus zufolge ist alles, was da ist/existiert/real ist, ein Ding.
Es fragt sich nur, was genau ein Ding ist?
Kotarbińskis Reismus ist sowohl konkretistisch als auch materialistisch, d.h. er betrachtet alle seienden Dinge als konkrete und materielle Dinge, als physische Substanzen, als Körper. Deshalb nennt er seine Ontologie alternativ Pansomatismus (Griech. soma = Körper).
Brentano ist dagegen ein substanzdualistischer Reist, weil es für ihn sowohl dreidimensionale Körper als auch nulldimensionale Geister (Seelen) gibt.
Der Reismus als solcher könnte jedoch auch abstrakte Dinge anerkennen, je nachdem, wie eng oder weit "Ding" definiert wird.
Brentano gebraucht "Ding" stellenweise im allgemeinsten Sinn von "Etwas", was man als Reist aber nicht tun sollte, weil der Reismus dadurch ontologisch nichtssagend und belanglos werden würde. Das tritt nicht ein, wenn man "Ding" im deutlich engeren Sinn von "Substanz" oder im noch engeren Sinn von "materielle Substanz" ("Körper"/"Leib") verwendet.
Fußnote:
Wie verhält sich der Reismus zum Nominalismus?
Es gibt zwei Versionen des Nominalismus:
1. Partikularismus: Es gibt keine Universalien.
2. Konkretismus: Es gibt keine abstrakten Objekte.
Brentanos und auch Kotarbinskis Reismus ist sowohl partikularistisch als auch konkretistisch, und somit doppelt nominalistisch. Aber nicht alle Partikularisten oder Konkretisten sind Reisten; denn man kann an partikuläre oder konkrete Entitäten glauben, die keine Dinge im engen ontologischen Sinn sind, z.B. nichtuniverselle Eigenschaften oder mentale Ereignisse. Das heißt, keine der beiden Versionen des Nominalismus schließt den Reismus ein!
Der Reismus im Allgemeinen ist notwendigerweise partikularistisch, aber nicht notwendigerweise konkretistisch, weil er mit der ontologischen Anerkennung abstrakter Dinge vereinbar ist. (Ich kenne allerdings keinen Philosophen, der tatsächlich Reist & Abstraktist ist.)