Gedankendinge

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Consul
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Sa 27. Jul 2024, 23:42

Consul hat geschrieben :
Sa 27. Jul 2024, 21:47
Im Grimmschen Wörterbuch finden sich noch mehr lateinische Wörter für "Ding" als die bereits erwähnten:

"Ding = ens, res, substantia, aliquid, causa, judicium, forum, conventus, status, opes, persona"

Quelle: https://www.dwds.de/wb/dwb/ding#GD02497

Seltsamerweise fehlt "corpus" = "Körper"/"Leib".

"aliquid" = "(irgend)etwas" ist die weiteste Bedeutung: "ein Ding" = "ein (seiendes oder nichtseiendes) Etwas".
In diesem absolut allgemeinen Sinn stehen alle ontologischen Kategorien für Dinge: Ereignisse, Vorgänge, Zustände, Eigenschaften, Beziehungen.
Es gibt eine monokategoriale Fundamentalontologie, die sich Reismus nennt (ausgesprochen/gelesen Re-ismus, nicht Reis-mus!).
Der Name stammt von dem polnischen Philosophen Tadeusz Kotarbiński (1886–1981), wird aber nicht nur auf dessen Ontologie, sondern auch auf die späte Ontologie Franz Brentanos (1838–1917) angewendet. Dem Reismus zufolge ist alles, was da ist/existiert/real ist, ein Ding.

Es fragt sich nur, was genau ein Ding ist?

Kotarbińskis Reismus ist sowohl konkretistisch als auch materialistisch, d.h. er betrachtet alle seienden Dinge als konkrete und materielle Dinge, als physische Substanzen, als Körper. Deshalb nennt er seine Ontologie alternativ Pansomatismus (Griech. soma = Körper).
Brentano ist dagegen ein substanzdualistischer Reist, weil es für ihn sowohl dreidimensionale Körper als auch nulldimensionale Geister (Seelen) gibt.

Der Reismus als solcher könnte jedoch auch abstrakte Dinge anerkennen, je nachdem, wie eng oder weit "Ding" definiert wird.

Brentano gebraucht "Ding" stellenweise im allgemeinsten Sinn von "Etwas", was man als Reist aber nicht tun sollte, weil der Reismus dadurch ontologisch nichtssagend und belanglos werden würde. Das tritt nicht ein, wenn man "Ding" im deutlich engeren Sinn von "Substanz" oder im noch engeren Sinn von "materielle Substanz" ("Körper"/"Leib") verwendet.

Fußnote:
Wie verhält sich der Reismus zum Nominalismus?
Es gibt zwei Versionen des Nominalismus:
1. Partikularismus: Es gibt keine Universalien.
2. Konkretismus: Es gibt keine abstrakten Objekte.

Brentanos und auch Kotarbinskis Reismus ist sowohl partikularistisch als auch konkretistisch, und somit doppelt nominalistisch. Aber nicht alle Partikularisten oder Konkretisten sind Reisten; denn man kann an partikuläre oder konkrete Entitäten glauben, die keine Dinge im engen ontologischen Sinn sind, z.B. nichtuniverselle Eigenschaften oder mentale Ereignisse. Das heißt, keine der beiden Versionen des Nominalismus schließt den Reismus ein!

Der Reismus im Allgemeinen ist notwendigerweise partikularistisch, aber nicht notwendigerweise konkretistisch, weil er mit der ontologischen Anerkennung abstrakter Dinge vereinbar ist. (Ich kenne allerdings keinen Philosophen, der tatsächlich Reist & Abstraktist ist.)



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So 28. Jul 2024, 01:23

Consul hat geschrieben :
Sa 27. Jul 2024, 23:42
Es fragt sich nur, was genau ein Ding ist?
"Ding · Archetyp · Erscheinung · Erscheinungsform · Etwas · Gebilde · Gegenstand · Inkarnation · Körper · Motiv · Musterbeispiel · Objekt · Phänomen · Sache · Stoff · Substanz · Tatsache · Verkörperung · Welt der Erfahrung"

(Dornseiff, Franz. Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen. 9. Aufl. Berlin: De Gruyter, 2020. S. 85)
Mir gefällt das Wort Gebilde als Synonym von Ding im engeren ontologischen Sinn.



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So 28. Jul 2024, 01:34

Consul hat geschrieben :
Sa 27. Jul 2024, 21:47
Jonathan Lowe definiert Objekte dagegen im engen nichtpsychologischen, ontologischen Sinn als "individuelle Eigenschaftsträger nullter Ordnung" ("individual property-bearers of order zero" [*), wobei mit "nullter Ordnung" gemeint ist, dass Objekte Eigenschafts oder Beziehungsträger sind, die nicht selbst als Eigenschaften oder Beziehungen von etwas anderem getragen (besessen) werden.
Wenn es Eigenschaften oder Beziehungen höherer Ordnung gibt, d.i. Eigenschaften von Eigenschaften oder Beziehungen zwischen Beziehungen, dann sind diese zwar auch Eigenschafts- oder Beziehungsträger, aber nicht nullter (oder erster) Ordnung, sodass sie keine Objekte in Lowe's Sinn sind.

[* Lowe, E. J. The Four-Category Ontology: A Metaphysical Foundation for Natural Science. Oxford: Oxford University Press, 2006. p. 85]
Zum Vergleich:
"Wir sehen nur auf das, was die Dinge durchgängig sind: immer etwas, was die und die Eigenschaften hat, immer etwas, das soundso beschaffen ist. Dieses Etwas ist der Träger der Eigenschaften; das Etwas liegt den Beschaffenheiten gleichsam unter; dieses Etwas ist das Bleibende, auf das wir bei der Feststellung der Eigenschaften immer wieder als auf dasselbe zurückkommen. So sind nun einmal die Dinge selbst. Was ist demnach ein Ding? Ein Kern, um den viele wechselnde Eigenschaften herumliegen, oder ein Träger, dem diese Eigenschaften aufliegen, etwas, was anderes besitzt, an sich hat. Wie wir es auch drehen und wenden, der Bau der Dinge zeigt sich so; und um sie herum sind Raum und Zeit als ihr Rahmen. Das ist alles so einleuchtend und selbstverständlich, daß man sich fast scheut, solche Gemeinplätze noch eigens vorzutragen."
(S. 25)

"Was ist also ein Ding? Antwort: Ein Ding ist der vorhandene Träger vieler an ihm vorhandener und dabei wechselnder Eigenschaften. Diese Antwort ist so "natürlich", daß sie auch das wissenschaftliche Denken, und nicht nur das "theoretische" Denken, sondern allen Umgang mit den Dingen, ihre Berechnung und Abschätzung beherrscht."
(S. 26)

"Wir haben mit einem freilich sehr dürftigen Licht gleichsam den Horizont abgeleuchtet, in dem überlieferungsgemäß das Ding und die Bestimmung seiner Dingheit stehen. Hierbei ergab sich das Doppelte: einmal der Rahmen des Dinges, der Zeit-Raum, und die Begegnisweise des Dinges, das "Dieses", sodann der Bau des Dinges selbst, Träger von Eigenschaften zu sein, ganz allgemein und leer: das Eine für eine Vielheit zu bilden."
(S. 40)

(Heidegger, Martin. Die Frage nach dem Ding. Tübingen: Niemeyer, 1962.)



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So 28. Jul 2024, 01:57

Quk hat geschrieben :
Sa 27. Jul 2024, 11:31
Ein Gedanke an alle Anwesenden: Im ersten Gedanken-Schritt unterscheide auch ich zwischen "realem" Einhorn und "vorgestelltem" Einhorn; auf der "Realitäts"-Ebene wurde das Einhorn noch nie beobachtet, auf der "Vorstellungs"-Ebene schon. Nun, im zweiten Gedanken-Schritt stehe ich vor einem Problem: Ich kann nie sicher sein, welche der beiden Ebenen die Realität und welche die Vorstellung ist. Daraus ziehe ich die Konsequenz: Beide Ebenen sind wirklich. Sie haben nur unterschiedliche Intensitäten. Die Eigenschaften in der sogenannten "Realität" sind meistens ein bisschen intensiver als jene in der sogenannten "Vorstellung". Meistens. Manchmal ist es auch umgekehrt. Meistens wirken die Eigenschaften eines Realdings intensiver als die eines Gedankendings. In Schlafträumen, beispielsweise, gibt es Gedankendinge. Etwa eine grüne Wiese. In der "Realität" ist sie noch grüner. Die unterschiedliche Intensität ist ein Indiz dafür, dass es zweierlei Ebenen gibt. Meistens ist die intensivere wohl die "Realität". Gewiss ist das aber nie.
Man darf den Gedanken an ein Ding oder die Vorstellung eines Dinges nicht mit dem gedachten oder vorgestellten Ding verwechseln! Aus dem Dasein oder der Wirklichkeit des Gedankens oder der Vorstellung folgt nicht das Dasein oder die Wirklichkeit des Gedanken- oder Vorstellungsgegenstandes.

Eine geträumte Wiese kann eine wirkliche Wiese sein, von der man träumt; aber sie kann auch eine Traumvorstellung einer wirklichen oder unwirklichen Wiese sein. Im Fall einer bloß geträumten Wiese existiert nichts weiter als die Traumvorstellung davon.
Eine gemalte Landschaft kann eine wirkliche Landschaft sein, die gemalt wurde; aber sie kann auch das Gemälde einer wirklichen oder unwirklichen Landschaft sein. Im Fall einer bloß gemalten Landschaft existiert nichts weiter als das Gemälde davon.
"Das Gedankending wurde auf sehr verschiedene Weise erklärt. Einige nahmen es…so, dass die Vorstellungen und Begriffe für Gegenstände selbst genommen wurden.

(Tennemann, Wilhelm Gottlieb. Geschichte der Philosophie. Achter Band. Zweite Hälfte. Leipzig, 1811. S. 794)
Ebendiese Verwechslung hat für viele Missverständnisse und Irrtümer gesorgt!



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So 28. Jul 2024, 03:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 27. Jul 2024, 07:58
Consul hat geschrieben :
Do 25. Jul 2024, 23:43
Einhörner, die nicht außergeistig in der raumzeitlichen Wirklichkeit vorkommen, kommen auch nicht innergeistig in der Vorstellung vor; denn die Vorstellung von Einhörnern enthält keine Einhörner, sondern nur Einhorn-Vorstellungen, die selbst keine Einhörner sind.
Damit kommen wir zu der Diskussion, die wir an anderer Stelle schon hatten und es wird sicherlich kein Weiterkommen geben.

Hier dennoch kurz meine Position: In der biologischen Welt, wenn man sich so ausdrücken darf, kommen Einhörner nicht vor neben Zebras, Pferden, Eseln oder ähnlichem. Aber in Geschichten, die es natürlich nur gibt, wenn es Lebewesen gibt, die sie sich vorstellen, kommen sie durchaus vor. Einhörner können also in Vorstellungen vorkommen.

Im Märchen kommen Einhörner vor, sie können eine handlungstragende Rolle spielen. In Blade Runner kommt - flapsig gesagt - kein Einhorn vor, sondern ein Einhorn in einem Traum, das Einhorn kommt also in dem Film nicht in Los Angeles, sondern nur in Rick Deckard Traum vor. Aber da kommt es vor.

Wenn man den Bereich angibt: Film, Geschichte, Erzählung, Schauspiel und so weiter und so fort, dann hat man bereits angegeben, dass Vorstellungen eine entscheidende Rolle spielen. Und in diesen Vorstellungen können eben Einhörner vorkommen. Ebenso natürlich in Träumen; wenn wir davon erzählen, sagen wir, dass wir von einem Einhorn geträumt haben und wir sagen nicht (außer es hat sich so zugetragen) dass wir von einem geträumten Einhorn geträumt haben. Es gibt weder einen sprachlichen noch einen ontologischen Sinn, dass der Bereich verdoppelt angegeben werden muss, im Gegenteil es verfälscht die Tatsachen.

Genau den Unterschied, den man stark machen will, darf man halt nicht unterschlagen, auch wenn man von Geschichten, Filmen und ähnlichen erzählt, die es nur gibt, wenn jemand sie sich vorstellt: es gibt einen Unterschied zwischen "vorgestellten Einhörnern" (um die verfehlte Sprechweise hier mal als Zitat zu verwenden) und Einhörnern; beide können (vereinfacht gesagt) nur in Vorstellungen vorkommen, sind aber verschieden, und zwar durch die Bereiche, in denen sie erscheinen. In den meisten Bereichen kommen Einhörner nicht vor, z. B. in der biologischen Wirklichkeit oder in der Reihe der natürlichen Zahlen, aber in manchen Bereichen schon, nämlich in Geschichten und ähnlichem.

Deine Position krankt meines Erachtens an mindestens zwei Dingen: Sie setzt voraus, was strittig ist, dass es Einhörner nämlich nur dann gibt, wenn sie neben Pferden, Zebras und Eseln existieren. Und zweitens zwingt sie uns, alle Märchen, Filme etc. falsch zu erzählen. Gemäß dieser verfehlten Ontologie kommen z. B. in Hänsel und Gretel nur vorgestellte Hänsel und Gretel vor, aber das ist falsch, die Geschichte lautet eben anders und nicht so: "Am Rande eines großen vorgestellten Waldes wohnte ein vorgestellter armer Holzhacker mit seiner vorgestellten Frau und seinen zwei vorgestellten Kindern, Hänsel und Gretel. Sie waren so arm, dass sie oft kein vorgestelltes Essen hatten..."
Nein, du irrst dich! Denn mein fiktionaler Antirealismus zwingt mich keineswegs zu einer solchen unrichtigen Ausdrucksweise. Ich kann jeder fiktionalen Geschichte oder Erzählung ein Vorwort oder einen Vorspann voranstellen, das/der alles Folgende seiner behauptenden Kraft beraubt, sodass dessen Unwahrheit in rein erzählerischer Hinsicht keine Rolle mehr spielt. Zum Beispiel:

"Laut der folgenden unwahren (frei erfundenen/erdichteten/ausgedachten) Geschichte hat sich Folgendes zugetragen: Am Rande eines großen Waldes wohnte ein armer Holzhacker mit seiner Frau und seinen zwei Kindern, Hänsel und Gretel. Sie waren so arm, dass sie oft kein Essen hatten.…"

ABER: Was laut einer unwahren/falschen Geschichte wahr oder der Fall ist, ist natürlich nicht wirklich wahr oder der Fall.

Wenn wir unter einer Vorstellung ganz allgemein eine sprachliche oder bildliche Repräsentation, d.i. ein Zeichen oder Zeichengebilde, verstehen, dann kommen in komplexen Zeichengebilden wie Texten oder Filmen nur andere Zeichen vor und nicht das von ihnen Bezeichnete.
In einem Satz wie "Hänsel und Gretel waren bettelarm" kommen die Namen "Hänsel" und "Gretel" vor, aber nicht Hänsel und Gretel selbst.

Dem Märchen nach kommen Hänsel und Gretel selbst in der Wirklichkeit vor; aber diese Geschichte entspricht bekanntlich nicht der Wirklichkeit, sodass Hänsel und Gretel als nonexistente Personen nirgendwo vorkommen oder "erscheinen" (im Gegensatz zu den Eigennamen "Hänsel" und "Gretel" oder fiktionalen Bildern von Hänsel und Gretel). Sie werden zwar im Märchen(text) erwähnt, aber das bedeutet kein Vorkommen oder Dasein in einem besonderen Seinsbereich.

Das Gleiche gilt für alle Phantasievorstellungen wie diejenigen von Einhörnern. In solchen Vorstellungen kommen, streng und wörtlich genommen, keine Einhörner vor, sondern nur Einhornbilder.

Wenn ich mir ein Einhorn vorstelle, dann ist der Gegenstand meiner Phantasievorstellung ein Einhorn und deren Inhalt ein geistiges Einhornbild, wobei der Vorstellungsgegenstand in diesem Fall nicht existiert—im Gegensatz zum existenten Vorstellungsinhalt. Denn Einhörner existieren ja nicht.

Es ist allgemein so, dass der Inhalt einer geistigen Vorstellung (Imagination) nicht zugleich deren Gegenstand ist. Der bildliche Inhalt ist dasjenige, das in der Vorstellung real gegenwärtig ist, wohingegen der Gegenstand dasjenige (Reale oder rein Imaginäre) ist, das durch den Vorstellungsinhalt vergegenwärtigt (repräsentiert) wird.



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Jörn Budesheim
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So 28. Jul 2024, 06:39

Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 03:40
Nein, du irrst dich! Denn mein fiktionaler Antirealismus zwingt mich keineswegs zu einer solchen unrichtigen Ausdrucksweise. Ich kann jeder fiktionalen Geschichte oder Erzählung ein Vorwort oder einen Vorspann voranstellen, das/der alles Folgende seiner behauptenden Kraft beraubt, sodass dessen Unwahrheit in rein erzählerischer Hinsicht keine Rolle mehr spielt. Zum Beispiel:...
Ein paar Zeilen später bekräftigst du jedoch, was du am Anfang abgelehnt hast.
Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 03:40
In solchen Vorstellungen kommen, streng und wörtlich genommen, keine Einhörner vor, sondern nur Einhornbilder.
Dann müsstest du die Geschichte eben so erzählen: Am Rande eines großen Waldbildes wohnte ein armes Holzhackerbild mit seinem Frauenbild und seinen zwei Kinderbildern, den Namen Hänsel und Gretel. Sie waren so arm, dass sie oft keine Essensbilder hatten.…"
Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 03:40
In solchen Vorstellungen kommen, streng und wörtlich genommen, keine Einhörner vor, sondern nur Einhornbilder.
Eine Vorstellung von einem Einhornbild ist etwas vollständig anderes als eine Vorstellung von einem Einhorn. Bei einem Einhornbild stelle ich mir z.B ein Kinderzimmer vor, bei dem ein Poster mit einem Einhorn an der Wand hängt.
Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 03:40
Denn Einhörner existieren ja nicht.
Andreas Luckner und Sebastian Ostritsch, Existenz hat geschrieben : Dass wir es hier mit einer notorischen Unklarheit, ja einem Rätsel zu tun haben, zeigt sich vor allem daran, dass wir nicht recht verstehen können, was ‚Nicht-Existenz‘ überhaupt bedeuten soll. Während wir leicht begreifen können, was es heißt, dass etwas nicht real existiert (sondern z. B. nur in meiner Fantasie oder meinem Denken), wissen wir nicht, wohin oder an was wir denken sollen, wenn wir sagen, dass etwas oder jemand schlechthin nicht existiert. Das liegt freilich daran, dass wir, insofern wir von etwas und jemandem sprechen oder denken, schon damit auch dessen Existenz gesetzt haben – freilich nicht im engen Sinne realer Existenz, sondern im weiten Sinne von ‚Existenz überhaupt‘, im Sinne von ‚das oder den gibt es‘ (ob real oder irreal, konkret oder abstrakt usw.). Was würde, ja könnte denn nicht existieren? Nichts. Was, umgekehrt, existiert überhaupt? Alles.
Meines Erachtens bietet die sogenannte Sinnfeld Ontologie von Markus Gabriel für diese Problematik einer äußerst elegante Lösung an. Was würde ja könnte denn nicht existieren? Nichts! Richtig! Da alles existiert, existieren auch Einhörner sowie Hänsel und Gretel und so weiter. Da wir also nicht recht verstehen können, was ‚Nicht-Existenz‘ überhaupt bedeuten soll, akzeptiert Gabriel, meines Erachtens zurecht, dass alles existiert, nichts jedoch existiert schlechthin, alles existiert nur in bestimmten Kontexten/Sinnfeldern. Das sogenannte "Rätsel der Nicht-Existenz verschwindet damit, denn Hänsel und Gretel existieren zwar im Märchen, aber z.B nicht in Wuppertal. Einhörner existieren in der Fantasie, aber nicht im Zoo. Die 1 existiert in der Reihe der natürlichen Zahlen, aber nicht in MERZ. (Obwohl darüber vielleicht gar keine Einigkeit vorliegt.)




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Jörn Budesheim
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So 28. Jul 2024, 07:15

Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 03:40
Wenn ich mir ein Einhorn vorstelle, dann ist der Gegenstand meiner Phantasievorstellung ein Einhorn und deren Inhalt ein geistiges Einhornbild, wobei der Vorstellungsgegenstand in diesem Fall nicht existiert—im Gegensatz zum existenten Vorstellungsinhalt. Denn Einhörner existieren ja nicht.
Diese Unterscheidung von Gegenstand und Inhalt verstehe ich so nicht, ich kenne das zwar auch, aber etwas anderes und zwar wie folgt: der Gegenstand der Rede von Müller waren die Menschenrechte, der Inhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen: "[Zusammenfassung]". Der Gegenstand ist in diesem Fall das, wovon die Rede handelt, der Inhalt ist das was von dem Gegenstand gesagt wird. Zwei verschiedene Reden können denselben Gegenstand haben, aber verschiedene Inhalte.




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Jörn Budesheim
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Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 03:40
ABER: Was laut einer unwahren/falschen Geschichte wahr oder der Fall ist, ist natürlich nicht wirklich wahr oder der Fall.
Das war für mich der erstaunlichste Teil in deinem Text. Willst du wirklich sagen, dass Geschichten, also Märchen, Romane, Science-Fiction etc. unwahr sind?




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Quk
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So 28. Jul 2024, 12:02

Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 01:57
Man darf den Gedanken an ein Ding oder die Vorstellung eines Dinges nicht mit dem gedachten oder vorgestellten Ding verwechseln!
Das verwechsle ich nicht.

Mein Text war wohl etwas undeutlich, weil er nur zwei Sachen erwähnte. Eigentlich wollte ich vier Sachen darstellen. Außerdem habe ich schlampigerweise das Wort "Vorstellung" gewählt statt "Nichtrealität", weil mir kein besseres Wort für "Nichtrealität" einfiel.

Neuer Versuch:

1A. Das erfahrene Ding im beobachtenden Geist
1B. Das entsprechende Ding in der sogenannten "Realität" (anders gesagt: Wirklichkeit)

2A. Das gedachte Ding im träumenden Geist
2B. Das entsprechende Ding in der sogenannten "Nichrealität" (anders gesagt: weichere Wirklichkeit)

Ich wollte darauf hinaus, dass nicht nur 1B, sondern auch 2B wirklich sein kann, nur eben mit schwächerer Eigenschafts-Intensität. Poetisch ausgedrückt: Auch 2B ist wirklich, nur eben schwammiger; und entsprechend schwammig ist auch 2A. Sowohl in 1 als auch in 2 darf man A und B nicht verwechseln. Was 1 und 2 unterscheidet ist dies: 2 ist schwammiger als 1. Aber auch 2B kann wirklich sein; die traditionelle Behauptung, so etwas müsse "nichtreal" oder "nur geträumt" sein, ist und bleibt eine ungewisse Behauptung.

Der Materialismus müsste mit meiner These kompatibel sein, da man die nötigen zu entdeckenden Zusammenhänge ja nur dem Schulfach "Physik" zuzuordnen braucht, so, wie man vor 100 Jahren jene irrwitzigen Quantenzusammenhänge der Physik zuverwaltete.




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Jörn Budesheim
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So 28. Jul 2024, 20:47

Quk hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 12:02
1A. Das erfahrene Ding im beobachtenden Geist
1B. Das entsprechende Ding in der sogenannten "Realität" (anders gesagt: Wirklichkeit)

2A. Das gedachte Ding im träumenden Geist
2B. Das entsprechende Ding in der sogenannten "Nichrealität" (anders gesagt: weichere Wirklichkeit)
Hast du dafür Beispiele, damit man es sich besser vorstellen kann?

Bei 1a und 1b habe ich schon Probleme, eingefallen sind mir Kopfschmerzen, das würde möglicherweise passen.

Für 2a und 2b habe ich allerdings keine Idee.




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Quk
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So 28. Jul 2024, 21:08

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 20:47
Quk hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 12:02
1A. Das erfahrene Ding im beobachtenden Geist
1B. Das entsprechende Ding in der sogenannten "Realität" (anders gesagt: Wirklichkeit)

2A. Das gedachte Ding im träumenden Geist
2B. Das entsprechende Ding in der sogenannten "Nichrealität" (anders gesagt: weichere Wirklichkeit)
Hast du dafür Beispiele, damit man es sich besser vorstellen kann?

Bei 1a und 1b habe ich schon Probleme, eingefallen sind mir Kopfschmerzen, das würde möglicherweise passen.

Für 2a und 2b habe ich allerdings keine Idee.
Du als radikaler Realist kannst und willst Dir das nicht vorstellen und wirst mir gleich widersprechen, aber ich gebe trotzdem ein Beispiel:

1A. Ein Oregano-Geschmacks-Quale erscheint mir während ich Oregano esse.
1B. Oregano-Brösel auf meiner Zunge.

2A. Ein Oregano-Geschmacks-Quale erscheint mir beim Gedanken an Oregano (weniger intensiv als bei 1A).
2B. Vielleicht sind oder waren irgendwo diejenigen Oregano-Brösel, deren Geschmacks-Quale mir gerade erscheint.

Es bleibt spekulativ, ob es 1B und 2B tatsächlich gibt. Auf 2B würde ich nicht wetten, aber ausschließen kann ich es auch nicht.




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Quk hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 21:08
widersprechen
Ich wollte dir nicht widersprechen, ich habe ein Beispiel für 1a und 1b gepackt gebracht und zwar Kopfschmerzen. Die Kopfschmerzen befinden sich im Geist, das kann man vielleicht so sagen und außerdem in der Realität.

Deine eigenen Beispiele sind mehr zu kompliziert, das verstehe ich alles nicht.




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Quk
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So 28. Jul 2024, 21:30

Was meinst Du mit "Kopfschmerz"? Das Quale? Die medizinische Beschreibung? Kopfschmerz als Ding in der Raumzeit des Schädels? ...?

Als Quale ist der Schmerz sich selbst. Da brauchts keine Entsprechung, denke ich.
Zuletzt geändert von Quk am So 28. Jul 2024, 21:32, insgesamt 1-mal geändert.




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So 28. Jul 2024, 21:31

Die Frage verstehe ich nicht. Du weißt doch, was Kopfschmerzen sind, oder?




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So 28. Jul 2024, 21:35

Als Quale kenne ich ihn. Aus medizinischer Sicht kenne ich ihn nicht. Aus Wikipedia lerne ich: Als Kopfschmerz werden Schmerzempfindungen im Bereich des Kopfes bezeichnet. Sie beruhen auf der Reizung von schmerzempfindlichen Kopforganen. Die eigentliche Gehirnsubstanz ist nicht schmerzempfindlich. Nach ICD-10 R50-R69 zählt Kopfschmerz zu den Allgemeinsymptomen.




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So 28. Jul 2024, 21:36

Wenn du nicht weißt was Kopfschmerzen sind, dann kommen wir an der Stelle halt nicht weiter.




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So 28. Jul 2024, 21:41

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 07:15
Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 03:40
Wenn ich mir ein Einhorn vorstelle, dann ist der Gegenstand meiner Phantasievorstellung ein Einhorn und deren Inhalt ein geistiges Einhornbild, wobei der Vorstellungsgegenstand in diesem Fall nicht existiert—im Gegensatz zum existenten Vorstellungsinhalt. Denn Einhörner existieren ja nicht.
Diese Unterscheidung von Gegenstand und Inhalt verstehe ich so nicht, ich kenne das zwar auch, aber etwas anderes und zwar wie folgt: der Gegenstand der Rede von Müller waren die Menschenrechte, der Inhalt lässt sich wie folgt zusammenfassen: "[Zusammenfassung]". Der Gegenstand ist in diesem Fall das, wovon die Rede handelt, der Inhalt ist das was von dem Gegenstand gesagt wird. Zwei verschiedene Reden können denselben Gegenstand haben, aber verschiedene Inhalte.
Siehe das Twardowski-Zitat in diesem Beitrag von mir!



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So 28. Jul 2024, 21:47

Ich weiß, wie sich der Kopfschmerz anfühlt. Ich erlebe ihn als Quale. Wenn 1A und 1B das selbe Quale meinen, dann kann 1B nicht der Wahrmacher für 1A sein, sondern 1B und 1A sind dann identisch. Das ist witzlos. Da gibts keine A-B-Korrespondenz. Ich sagte ja bereits, dass Du mit meinen Korrespondenz-Beispielen nichts wirst anfangen können. Für Dein Verständnis muss A und B identisch sein, denn alles sei direkt real, ohne jegliche Entsprechung anderswo.




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Mo 29. Jul 2024, 08:28

Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 01:57
Man darf den Gedanken an ein Ding oder die Vorstellung eines Dinges nicht mit dem gedachten oder vorgestellten Ding verwechseln!
Nehmen wir ein paar (hoffentlich anschauliche) Beispiele:
  • Ich zeige auf den Stuhl. Gegenstand dieses intentionalen Aktes ist der Stuhl selbst.
  • Trotzdem sind der Akt des "Auf den Stuhl Zeigens" und "Stuhl" verschieden, wobei der Stuhl selbst Teil der Bedeutung des Zeigens, wenn auch nicht des Aktes ist.
----------------
  • Wenn ich versuche, mir den Geschmack des Currys vorzustellen, das ich gestern im Garten gegessen habe, dann ist der Gegenstand der Vorstellung der Geschmack des Currys, das ich gestern im Garten gegessen habe.
  • Der Geschmack des Currys und die Vorstellung des Geschmacks sind in der Regel verschieden.
----------------
  • Wenn ich mir ganz individuell ein Einhorn vorstelle, dann sind der Akt der Vorstellung und der Gegenstand der Vorstellung identisch, denn das Einhorn existiert in der Vorstellung.
  • (Auch das dürfte jedoch Grenzen haben, wenn ich mir das Einhorn als Regenwurm vorstelle, hab ich nicht wirklich eine Einhorn-Vorstellung)
---------------
  • Wenn ich mir Hänsel und Gretel vorstelle, liegen die Dinge deutlich komplizierter. Die Fiktion existiert zwar (für mich) nicht, ohne, dass ich sie mir vorstelle, aber der Text (und vielleicht auch die Rezeptionsgeschichte und ähnliches) limitieren diejenigen Vorstellungen, die als angemessen gelten dürfen. In diesem Fall können der Akt der Vorstellung und der Gegenstand der Vorstellung (auch wenn sie sich überlappen) verschieden sein. Wenn ich mir Hänsel als Greis vorstelle, ist das vermutlich durch den Text nicht gedeckt.
  • Vorstellung und Gegenstand der Vorstellung sind verschieden, weil der Text den Raum der angemessenen Vorstellungen limitiert.
---------------
  • Wenn ich eine Tatsache erfasse ("die Bahn ist spät"), dann sind Gedanke und Tatsache identisch.
  • Verschieden sind Tatsache und Akt des Denkens.




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Mo 29. Jul 2024, 22:48

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Jul 2024, 08:28
Consul hat geschrieben :
So 28. Jul 2024, 01:57
Man darf den Gedanken an ein Ding oder die Vorstellung eines Dinges nicht mit dem gedachten oder vorgestellten Ding verwechseln!
Nehmen wir ein paar (hoffentlich anschauliche) Beispiele:
  • Ich zeige auf den Stuhl. Gegenstand dieses intentionalen Aktes ist der Stuhl selbst.
  • Trotzdem sind der Akt des "Auf den Stuhl Zeigens" und "Stuhl" verschieden, wobei der Stuhl selbst Teil der Bedeutung des Zeigens, wenn auch nicht des Aktes ist.
Der Stuhl ist das von dem Zeigefinger "Bedeutete", Bezeichnete.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Jul 2024, 08:28
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  • Wenn ich versuche, mir den Geschmack des Currys vorzustellen, das ich gestern im Garten gegessen habe, dann ist der Gegenstand der Vorstellung der Geschmack des Currys, das ich gestern im Garten gegessen habe.
  • Der Geschmack des Currys und die Vorstellung des Geschmacks sind in der Regel verschieden.
Ja, und letztere ist eine erinnernde, reproduktive Vorstellung—im Gegensatz zu einer produktiven (frei kreativen) Vorstellung (Phantasievorstellung), die keine Erinnerung ist. Die erinnernde Vorstellung des zuvor wahrgenommenen Curry-Geschmacks besteht in einer Simulation der ursprünglichen Geschmacksempfindung. Imagination ist für mich allgemein die Simulation von Perzeption.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Jul 2024, 08:28
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  • Wenn ich mir ganz individuell ein Einhorn vorstelle, dann sind der Akt der Vorstellung und der Gegenstand der Vorstellung identisch, denn das Einhorn existiert in der Vorstellung.
  • (Auch das dürfte jedoch Grenzen haben, wenn ich mir das Einhorn als Regenwurm vorstelle, hab ich nicht wirklich eine Einhorn-Vorstellung)
Ich weiß, ich wiederhole mich, aber ich muss abermals betonen, dass die Rede von "in Gedanken/Vorstellungen existierenden Einhörnern" höchst missverständlich und irreführend ist; denn Einhörner sind fiktive Gedanken-/Vorstellungsgegenstände, die weder außerhalb noch innerhalb eines Geistes existieren.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Jul 2024, 08:28
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  • Wenn ich mir Hänsel und Gretel vorstelle, liegen die Dinge deutlich komplizierter. Die Fiktion existiert zwar (für mich) nicht, ohne, dass ich sie mir vorstelle, aber der Text (und vielleicht auch die Rezeptionsgeschichte und ähnliches) limitieren diejenigen Vorstellungen, die als angemessen gelten dürfen. In diesem Fall können der Akt der Vorstellung und der Gegenstand der Vorstellung (auch wenn sie sich überlappen) verschieden sein. Wenn ich mir Hänsel als Greis vorstelle, ist das vermutlich durch den Text nicht gedeckt.
  • Vorstellung und Gegenstand der Vorstellung sind verschieden, weil der Text den Raum der angemessenen Vorstellungen limitiert.
Ja, andererseits sind der Phantasie im Reich der Fiktion keine Grenzen gesetzt. Ich kann mir Superman als schwulen Mann vorstellen, wenn ich will, auch wenn das von der traditionellen Standard-Beschreibung seiner Person abweicht. Fiktive Personen haben keine objektive Identität, sondern nur eine intentional zugeschriebene Identität, die sich ein Autor willkürlich ausgedacht hat, und die sich ebenso willkürlich abwandeln lässt.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Jul 2024, 08:28
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  • Wenn ich eine Tatsache erfasse ("die Bahn ist spät"), dann sind Gedanke und Tatsache identisch.
  • Verschieden sind Tatsache und Akt des Denkens.
Wenn Tatsachen nicht als wahre Gedanken (Aussagen) aufgefasst werden, sondern als bestehende, wirkliche Sachverhalte, dann sind Gedanken (Aussagen) und Tatsachen nicht identisch.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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