Ontologie der Sachverhalte und Tatsachen

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn P Budesheim
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Di 30. Sep 2025, 09:28

@Timberlake, danke für deine Beispiele. Meiner Meinung nach sind das jedoch keine echten Beispiele für Tatsachen im philosophischen Sinn, sondern Konjunktionen mehrerer Sachverhalte, deren Wahrheit jeweils für sich geprüft werden müsste. „Markus Gabriel sitzt auf einer schwarzen Ledercouch in seinem Büro an der Universität Bonn und blickt skeptisch auf eine Milchtüte“ zerfällt zumindest in folgende Sachverhalte: (1) Gabriel sitzt auf einer Couch, (2) die Couch ist schwarz, (3) Gabriel blickt auf die Milchtüte. (4) ...etc. Zudem sind die Beispiele nicht sehr vielfältig gewählt; das hilft mir nicht wirklich zu erkennen, was du unter einer Tatsache verstehst. Für die Diskussion hätte dann ein einziges solches Beispiel gereicht, fünfmal dieselbe Art von Beispiel ist nicht sehr hilfreich.

Zur Erläuterung: Sachverhalt verstehe ich (vereinfacht) als eine mögliche Tatsache*, Tatsache als ein bestehender Sachverhalt. Konjunktionen (oder wie man es nennen will) sind dann "Verknüpfungen" mehrerer Sachverhalte.

Meine Liste von fünf Tatsachen aus verschiedenen Bereichen (dann klappt es auch mit dem Gabriel) - auch hier ließe sich über implizite Konjunktionen streiten – for the sake of simplicity lasse ich sie für erste so:
  1. Der Mond umkreist die Erde (astronomisch).
  2. Hamburg liegt nördlich von München (geografisch).
  3. Uran hat eine höhere Atommasse als Eisen (chemisch).
  4. 2 + 2 = 4 (mathematisch/analytisch).
  5. Mord ist verwerflich (moralisch).
Consul würde wohl wenigstens (4) und (5) nicht akzeptieren, schätze ich :-)

--------------------------

*Gemäß Philipp Hübl:
(i) Sachverhalte sind Anordnungen von Objekten (zum Beispiel «Napoleon lebt im Jahr 2014» oder «Napoleon lebt nicht im Jahr 2014» oder «Napoleon ist ein Dackel»).
(ii) Ein bestehender (wahrer) Sachverhalt ist eine positive Tatsache (zum Beispiel «Napoleon lebt nicht im Jahr 2014.»).




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Di 30. Sep 2025, 10:30

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 08:41
Denn: "... insofern wir von etwas und jemandem sprechen oder denken, haben wir damit auch schon dessen Existenz gesetzt."
Wir können auch über Unmögliches sprechen, das gar nicht existieren kann.
"Laut David Hume ist das Unmögliche unvorstellbar. Moritz Schlick behauptete, das logisch Unmögliche, etwa eine explizite Inkonsistenz, sei schlicht undenkbar. Hegel hingegen beklagte, es sei „eines der Grundvorurteile der bisherigen Logik“, dass „das Widersprüchliche weder vorgestellt noch gedacht werden kann“ (Hegel 1831: 430). Nach diesem Ansatz sind unsere Darstellungsmöglichkeiten nicht auf das Mögliche beschränkt: Wir sind in der Lage, Unmöglichkeiten zu begreifen, zu beschreiben und manchmal sogar zu glauben."

SEP: Unmögliche Welten [Google Translate]



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Di 30. Sep 2025, 10:51

Timberlake hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 13:21
Consul hat geschrieben :
So 28. Sep 2025, 15:37
Die uralte wörtliche Bedeutung, der gemäß eine Tatsache (als factum) in einem Tun, einer Tätigkeit besteht, damit einhergeht oder daraus hervorgeht, ist seit langem völlig verblasst und spielt in der zeitgenössischen Ontologie der Tatsachen keinerlei Rolle.
Das mag ja so sein, dass das seit langem völlig verblasst ist und in der zeitgenössischen Ontologie der Tatsachen keinerlei Rolle mehr spielt. . Entscheidend ist es jedoch, ob es tatsächlich zutrifft, dass, wie von mir hier anhand des Eifelturms beschrieben, bei einer Tatsache, eine Tätigkeit der Sache vorausgeht. Um an dieser Stelle übrigens zugleich auf den Unterschied zu .. "einer Sache, welche in einer That bestehet, eine wirklich geschehene, vorgefallene Sache" .. aufmerksam zu machen. Wie dem auch sei, für mich klingt jedenfalls beides plausibel. Insofern ich doch schon sehr gespannt darauf wäre, weil in der zeitgenössischen Ontologie der Tatsachen keinerlei Rolle mehr spielend, von dir zu erfahren , warum dem nicht so ist.

Möglicherweise ja deshalb, um solche Diskussionen führen zu können, wie wir sie derzeit zwischen dir und Jörn erleben. Diskussionen, wo ich mich mitunter ernsthaft Frage, wenn nun mehr das in der zeitgenössischen Ontologie der Tatsachen eine Rolle spielt, ob das nicht ein Rückschritt im Vergleich zur uralten wörtlichen Bedeutung des Begriffs Tatsache darstellt. Sehe ich doch nicht, so wie man dort, so zumindest in meiner Wahrnehmung, um den heißen Brei herumredet, wo sie schlussendlich hinführen.Möglicherweise liegt das aber auch nur daran, dass ich im Vergleich zur uralten wörtlichn bzw. meiner Bedeutung des Begriffs Tatsache, davon kein Wort verstehe.
Der Eiffelturm ist als wirkliche Sache eine Tatsache in einem bestimmten Sinn von "Tatsache", und als Bauwerk ist er natürlich das Ergebnis von Taten/Tätigkeiten. Aber wenn Russell sagt, die Sonne sei eine Tatsache, dann haben wir es mit einer wirklichen Sache als einer Tatsache zu tun, die kein Kunstwerk ist und somit auch nicht von lebenden Akteuren erschaffen wurde.
Timberlake hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 13:21

Was ist ein Beispiel für eine nicht-propositionale Aussage?
"Interjektionen wie „Ups!“, „Heilige Kuh!“ und „Wow!“ können Beispiele für nicht-propositionale Ausdrücke sein. Solche Ausdrücke können bedeutungsvoll sein, ohne wahr oder falsch zu sein"
Ja, aber ein einzelnes Wort oder eine Wortgruppe, die keinen ganzen Satz bildet, kann keine Proposition ausdrücken, weil das nur Aussagesätze können.

Wenn mit "Aussage" eine Proposition (im aktuellen ontologischen Sinn) gemeint ist, dann ist "nicht-propositionale Aussage" ein selbstwidersprüchlicher Ausdruck; und wenn damit ein Aussagesatz gemeint ist, dann ist eine Aussage nicht selbst eine Proposition, sondern nur eine sprachliche Repräsentation einer Proposition.



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Di 30. Sep 2025, 10:56

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 14:42
Consul hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 11:11
Die (nichtpropositionale) Tatsache, dass der Eiffelturm 330m hoch ist, befindet sich entsprechend dort, wo der Eiffelturm ist.
Ich muss aber nicht nach Paris fahren, um diese Tatsache zu erfassen, oder?
Nein, du kannst Kenntnis von dieser Tatsache erlangen, ohne den Eiffelturm jemals selbst gesehen und seine Höhe gemessen zu haben.



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Jörn P Budesheim
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Di 30. Sep 2025, 11:22

Consul hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 10:56
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 14:42
Consul hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 11:11
Die (nichtpropositionale) Tatsache, dass der Eiffelturm 330m hoch ist, befindet sich entsprechend dort, wo der Eiffelturm ist.
Ich muss aber nicht nach Paris fahren, um diese Tatsache zu erfassen, oder?
Nein, du kannst Kenntnis von dieser Tatsache erlangen, ohne den Eiffelturm jemals selbst gesehen und seine Höhe gemessen zu haben.
Das spricht dagegen, dass sich die Tatsache in Paris beim Eiffelturm befindet, finde ich.




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Di 30. Sep 2025, 11:29

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
So 28. Sep 2025, 09:09
…Ontologie kann also, so verstehe ich sie, auch ganz ohne Metaphysik auskommen.

Dieser Faden heißt z.b Ontologie der Tatsachen und wer glaubt, dass Tatsachen abstrakte Entitäten sind, betreiben damit meines Erachtens ist nicht automatisch Metaphysik. Wie gesagt: dazu müsste man die Begriffe vielleicht noch etwas genauer klären. In manchen Kontexten wird die Ontologie auch als Teilbereich der Metaphysik betrachtet.
Siehe: viewtopic.php?p=95316#p95316



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Di 30. Sep 2025, 11:38

Pommesbude hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 17:40
Consul hat geschrieben :
So 28. Sep 2025, 19:37
Es sollte klar zwischen Sachverhalten und Propositionen als "Begriffsverhalten" oder "Sinnverhalten" unterschieden werden. Fregesche Gedanken als Sinne oder (nichtfregesche) Bedeutungen von Aussagesätzen sind Sinnverhalte.
Alles Gedachte ist real als Vorgang – und alles Gedachte ist immer Transformation der sich zeigenden Erscheinungswelt.
Jeder Gedanke ist in der Welt als Ereignis – und richtet sich auf die Welt als Abbild oder Behauptung.
Fregesche Gedanken sind keine konkreten Denkvorgänge oder geistigen Ereignisse in irgendwelchen Köpfen, sondern abstrakte "Sinnverhalte" (Propositionen) in einem "dritten Reich" (neben den Reichen des Psychischen und des Physischen).
"Die Gedanken sind weder Dinge der Außenwelt noch Vorstellungen. Ein drittes Reich muss anerkannt werden. Was zu diesem gehört, stimmt mit den Vorstellungen darin überein, dass es nicht mit den Sinnen wahrgenommen werden kann, mit den Dingen aber darin, dass es keines Trägers bedarf, zu dessen Bewusstseinsinhalt es gehört. So ist z.B. der Gedanke, den wir im pythagoreischen Lehrsatz aussprachen, zeitlos wahr, unabhängig davon wahr, ob irgendjemand ihn für wahr hält. Er bedarf keines Trägers. Er ist wahr nicht erst, seitdem er entdeckt worden ist, wie ein Planet, schon bevor jemand ihn gesehen hat, mit anderen Planeten in Wechselwirkung gewesen ist."

(Frege, Gottlob. "Der Gedanke: Eine Logische Untersuchung." Beiträge zur Philosophie des deutschen Idealismus I (1918/1919): 58-77. Nachdruck in Gottlob Frege: Logische Untersuchungen, hsrg. v. Günther Patzig, 30-53. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1966 [u.ö.]. S. 43-4)



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Di 30. Sep 2025, 11:47

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 11:22
Consul hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 10:56
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Mo 29. Sep 2025, 14:42
Ich muss aber nicht nach Paris fahren, um diese Tatsache zu erfassen, oder?
Nein, du kannst Kenntnis von dieser Tatsache erlangen, ohne den Eiffelturm jemals selbst gesehen und seine Höhe gemessen zu haben.
Das spricht dagegen, dass sich die Tatsache in Paris beim Eiffelturm befindet, finde ich.
Wenn es sich bei der Tatsache, dass der Eiffelturm 330m hoch ist, um eine wahre abstrakte Proposition handelt, dann befindet sie sich selbstverständlich nicht in Paris, sondern nirgendwo. Doch, wie gesagt, armstrongsche Tatsachen sind keine abstrakten Begriffs- oder Sinnverhalte, sondern konkrete Sachverhalte, die aus konkreten Partikularien wie dem Eiffelturm und konkreten Universalien wie der Höhe von 330m bestehen.



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C3PO
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Di 30. Sep 2025, 13:39

Was ist eine Tatsache?
Ein Zwischenstand für Leser und Leserinnen

Eine Grundfrage der Philosophie entfacht eine rege Debatte
Im Forumsbereich "Metaphysik und Ontologie" ist eine grundlegende philosophische Frage neu entflammt: Was genau ist eine Tatsache? Die Debatte hat sich schnell zu einem intensiven Austausch mit mittlerweile 88 Beiträgen entwickelt. Hier eine Zusammenfassung der zentralen Positionen.

Die Teilnehmer und ihre Kernpositionen
Jörn P Budesheim: Als Initiator der Diskussion vertritt er die Position, dass Tatsachen abstrakte Entitäten sind, die notwendigerweise existieren. Für ihn sind konkrete Gegenstände untrennbar "in Tatsachen eingebettet". Eine Tatsache ist (in Anlehnung an Markus Gabriel) "etwas, was über etwas wahr ist", nicht der Gegenstand selbst.
Consul: Argumentiert aus einer materialistischen und konkretistischen Sicht. Er lehnt die Existenz abstrakter Entitäten als "intellektuelle Phantasterei" ab und unterscheidet – unter Rückgriff auf viele Quellen – verschiedene Arten von Sachverhalten.
Timberlake: Plädiert mit Verweis auf Denker wie Lessing und die "wackern Männer" der Geschichte für eine Rückkehr zu einer einfacheren Definition: Tatsachen als konkrete "geschehene Dinge" oder Ereignisse. Damit stellt er sich bewusst gegen die seiner Ansicht nach übermäßig komplexen Theorien der modernen Philosophie.
Pommesbude: Bringt eine poetische Perspektive ein. Für ihn sind Metaphysik und Fiktionen tief in der menschlichen Erfahrung und sozialen Ordnung verwurzelt.

Der zentrale Konflikt: Abstrakt und geistunabhängig vs. Konkret und materiell
Der Hauptkonflikt entzündet sich zwischen: – Jörn P. Budesheim: Tatsachen als abstrakte, notwendige Wahrheiten, in die Objekte "eingebettet" sind. – Consul: Materialistische Sichtweise, die Rede vom Abstrakten nur als Teil einer konventionellen "Oberflächenontologie". Wirklich existieren kann für ihn nur das Materielle in einer fundamentalen "Tiefenontologie".

Ausblick: Die Debatte geht weiter
Die Diskussion ist noch lange nicht abgeschlossen. Neben den klar gezogenen Fronten zwischen einer – platonisch-abstraktiven Sichtweise (Jörn P. Budesheim) und einer – materialistisch-konkretistischen Sichtweise (Consul) wird die Debatte zusätzlich durch – den Ruf nach einer historischen, ereignisbasierten Definition (Timberlake) und durch – poetische Reflexionen über die Rolle der Metaphysik (Pommesbude) bereichert.

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Timberlake
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Di 30. Sep 2025, 14:10

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 09:28

Meiner Meinung nach sind das jedoch keine echten Beispiele für Tatsachen im philosophischen Sinn, sondern Konjunktionen mehrerer Sachverhalte, deren Wahrheit jeweils für sich geprüft werden müsste. „Markus Gabriel sitzt auf einer schwarzen Ledercouch in seinem Büro an der Universität Bonn und blickt skeptisch auf eine Milchtüte“ zerfällt zumindest in folgende Sachverhalte: (1) Gabriel sitzt auf einer Couch, (2) die Couch ist schwarz, (3) Gabriel blickt auf die Milchtüte. (4) ...etc. Zudem sind die Beispiele nicht sehr vielfältig gewählt; das hilft mir nicht wirklich zu erkennen, was du unter einer Tatsache verstehst. Für die Diskussion hätte dann ein einziges solches Beispiel gereicht, fünfmal dieselbe Art von Beispiel ist nicht sehr hilfreich.

Zur Erläuterung: Sachverhalt verstehe ich (vereinfacht) als eine mögliche Tatsache*, Tatsache als ein bestehender Sachverhalt. Konjunktionen (oder wie man es nennen will) sind dann "Verknüpfungen" mehrerer Sachverhalte.

Meine Liste von fünf Tatsachen aus verschiedenen Bereichen (dann klappt es auch mit dem Gabriel) - auch hier ließe sich über implizite Konjunktionen streiten – for the sake of simplicity lasse ich sie für erste so:
  1. Der Mond umkreist die Erde (astronomisch).
  2. Hamburg liegt nördlich von München (geografisch).
  3. Uran hat eine höhere Atommasse als Eisen (chemisch).
  4. 2 + 2 = 4 (mathematisch/analytisch).
  5. Mord ist verwerflich (moralisch).
Consul würde wohl wenigstens (4) und (5) nicht akzeptieren, schätze ich :-)



@Jörn, danke für deine Liste, deiner fünf Tatsachen. Um erkenntlich zu machen , was ich unter einer Tatsache verstehe, fasse ich mal meine Beispiele und deine Beispiele zusammen.
Timberlake hat geschrieben :
Fr 26. Sep 2025, 14:46

"Tatsache ist eine Sache, welche besteht[.]"

(Goldschmied, Jakob. Handbuch der voraussetzungslosen Fundamentalwissenschaft. Wien: W. Braumüller, 1915. S. 46)
. und weil solche "Taten" der "Sache" vorausging, reden wir von einer "Tatsache".

Im philosophischen Sinn, dass meiner Meinung nach bei Tatsachen, "Taten" der "Sache" vorausgehen, so ging bei meinen Beispielen , weil unter Bezugnahme auf .. Markus Gabriel: "Real ist, was real ist", die Tat der Wahrnehmung dieser Sachen desjenigen voraus, für den diese Beispiele Tatsachen sind, wie auch bei dir, die Tat der Wahrnehmung jener Sachen vorausging, welche für dich Beispiele für Tatsachen sind.

Ich verstehe also unter Tatsachen ein "Wahrgenommen seins" ...


KI-Antwort
""Wahrgenommen seins" bezieht sich auf den Zustand, wahrgenommen zu werden oder das Erleben von Wahrnehmung. Es ist der Prozess der Aufnahme und Verarbeitung von Reizen durch die Sinnesorgane, um ein inneres Abbild der Umwelt zu schaffen und sich in dieser zu orientieren. Dieser Vorgang ist nicht passiv, sondern ein aktiver Prozess, der von Erfahrungen und der Interpretation des Gehirns beeinflusst wird, was bedeutet, dass jeder Mensch die Welt subjektiv wahrnimmt"
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 09:28

Consul würde wohl wenigstens (4) und (5) nicht akzeptieren, schätze ich :-)
Womit übrigens Schätzungen, wie diese, als solches, also der "Tatsache", dass jeder Mensch die Welt subjektiv wahrnimmt, quasi mit eingepreist wären.
"Laut David Hume ist das Unmögliche unvorstellbar. Moritz Schlick behauptete, das logisch Unmögliche, etwa eine explizite Inkonsistenz, sei schlicht undenkbar. Hegel hingegen beklagte, es sei „eines der Grundvorurteile der bisherigen Logik“, dass „das Widersprüchliche weder vorgestellt noch gedacht werden kann“ (Hegel 1831: 430). Nach diesem Ansatz sind unsere Darstellungsmöglichkeiten nicht auf das Mögliche beschränkt: Wir sind in der Lage, Unmöglichkeiten zu begreifen, zu beschreiben und manchmal sogar zu glauben."

SEP: Unmögliche Welten [Google Translate]

Wo wir schon mal dabei sind , dass laut David Hume das Unmögliche unvorstellbar ist.
  • "Allererst da, wo alle Aussagen a priori aufhören, mithin in dem ganz empirischen Theil unserer Erkenntniß der Körper, also in der Form, Qualität und bestimmten Wirkungsart derselben, offenbart sich jener Wille, den wir als das Wesen an sich der Dinge bereits erkannt und festgestellt haben. Allein diese Formen und Qualitäten erscheinen stets nur als Eigenschaften und Aeußerungen eben jener Materie, deren Daseyn und Wesen auf den subjektiven Formen unsers Intellekts beruht: d.h. sie werden nur an ihr, daher mittelst ihrer sichtbar. Denn, was immer sich uns darstellt ist stets nur eine auf speciell bestimmte Weise wirkende Materie. Aus den inneren und nicht weiter erklärbaren Eigenschaften einer solchen geht alle bestimmte Wirkungsart gegebener Körper hervor; und doch wird die Materie selbst nie wahrgenommen, sondern eben nur jene Wirkungen und die diesen zum Grunde liegenden bestimmten Eigenschaften, nach deren Absonderung die Materie, als das dann noch übrig Bleibende, von uns nothwendig hinzugedacht wird: denn sie ist, laut der oben gegebenen Auseinandersetzung, die objektivirte Ursächlichkeit selbst. – Demzufolge ist die Materie Dasjenige, wodurch der Wille, der das innere Wesen der Dinge ausmacht, in die Wahrnehmbarkeit tritt, anschaulich, sichtbar wird.
    Schopenhauer ..Die Welt als Wille und Vorstellung
Im philosophischen Sinn, dass auch Materie die Welt subjektiv wahrnimmt, wäre es meiner Meinung nach durchaus "vorstellbar", dass auch bei ihr, in Folge des hier beschriebenen Willens, Taten der Sache vorausgehen. Wie dem auch sei, jener Ansatz, dass unsere Darstellungsmöglichkeiten nicht auf das Mögliche beschränk sind, wir also demzufolge in der Lage sind , Unmöglichkeiten zu begreifen, zu beschreiben und manchmal sogar zu glauben, dürfte damit jedenfalls allemal erfüllt sein.


KI-Antwort
  • "Warum "wahrgenommen seins"?
    Die Formulierung betont die Bedeutung des Seins im Zustand der Wahrnehmung, d.h., wie wir selbst die Welt erfassen und wie diese Wahrnehmung durch unsere Erfahrungen und unser Gehirn geformt wird."
Zumal unser Gehirn bekanntlich aus Materie besteht.
Zuletzt geändert von Timberlake am Di 30. Sep 2025, 15:02, insgesamt 1-mal geändert.




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Di 30. Sep 2025, 15:02

Timberlake hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 14:10
Ich verstehe also unter Tatsachen ein "Wahrgenommen seins
Auf Markus Gabriel kannst du dich mit deiner Position zu 100% sicher nicht beziehen. Auch für meine Beispiele ist es die "Tat des Wahrnehmens" nicht konstitutiv. Der Mond hat sich schon lange und die Erde gedreht, bevor es irgendjemand wahrgenommen hat. Die entsprechende Tatsache bestand also lange vor uns. Und wer genau soll es denn heutzutage wahrgenommen haben? Du etwa?




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Mi 1. Okt 2025, 14:13

"Tatsache. Wittgenstein schrieb, die Welt sei die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge. Doch obwohl Tatsachen den schönen, soliden Klang haben, der sie Werten oder Theorien gegenüberstellt, erweisen sie sich als heikle Materie, aus der sich alles konstruieren lässt. Tatsachen scheinen die gleiche Form wie Sätze zu haben: Es ist eine Tatsache, dass Hunde bellen und Steine ​​versinken. Es kann auch eine Tatsache sein, dass Kinder Rechte haben, oder dass Sonne und Regen Regenbögen erzeugen." [Google Translate]

(Blackburn, Simon. Oxford Dictionary of Philosophy. 2nd ed. Oxford: Oxford University Press, 2005. p. 129)
"Wittgenstein sagte in seinem Tractatus unter 1.1, dass die Welt die Gesamtheit der Tatsachen und nicht der Dinge sei. Ich denke, er hat hier (auf bemerkenswerte Weise) Russells Idee wiedergegeben, dass die Welt eine Welt der Tatsachen ist. Ich bringe denselben Punkt zum Ausdruck, indem ich sage, dass die Welt eine Welt der Sachverhalte ist. Zu sagen, dass die Welt eine Welt der Dinge ist, scheint einen offensichtlichen Punkt außer Acht zu lassen: wie diese Dinge zusammenhängen, was Teil der Realität sein muss. Interessanterweise argumentierte mein eigener Lehrer in Sydney, John Anderson, immer, dass die Realität ‚propositional‘ sei und schien damit im Wesentlichen dasselbe zu meinen wie Russell und Wittgenstein. Man könnte metaphorisch sagen, dass die Realität am besten als satzartig und nicht als listenartig zu begreifen ist." [Google Translate]

(Armstrong, D. M. Sketch for a Systematic Metaphysics. Oxford: Oxford University Press, 2010. p. 34)
Sachverhalte, Tatsachen (als bestehende Sachverhalte/wahre Gedanken), fregesche Gedanken, Propositionen erscheinen in der Tat wie nichtsprachliche Entsprechungen sprachlicher Sätze (Aussagesätze).

Armstrongs Einwand gegen die reistische Ansicht, dass die Welt eine Welt von Dingen ist, lässt sich leicht entkräften, indem man einfach hinzufügt: "…eine Welt zusammenhängender Dinge". Eine Welt von Dingen ist sicher keine Welt beziehungsloser Dinge. (Wohlgemerkt: Das Dasein aufeinander bezogener Dinge schließt nicht notwendigerweise das Dasein von Beziehungen als Entitäten sui generis ein!)
Ich sehe nur nicht ein, weshalb ein innerer Weltzusammenhang eine "satzartig", "propositional" strukturierte Wirklichkeit in Gestalt eines riesigen Gefüges von (bestehenden) Sachverhalten erfordert.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Jörn P Budesheim
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Do 2. Okt 2025, 07:48

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 14:13
"… eine Welt zusammenhängender Dinge"
Und warum sollen das keine Tatsachen sein? Die Art und Weise, wie die Dinge zusammenhängen, ist doch ebenfalls real. Wobei ich hier noch einwerfen will: Es gibt nicht nur eine Art und Weise, wie die Dinge zusammenhängen, es gibt also nicht nur eine Art von Tatsachen.




Timberlake
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Do 2. Okt 2025, 14:12

Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 15:02
Timberlake hat geschrieben :
Di 30. Sep 2025, 14:10
Ich verstehe also unter Tatsachen ein "Wahrgenommen seins
Auf Markus Gabriel kannst du dich mit deiner Position zu 100% sicher nicht beziehen. Auch für meine Beispiele ist es die "Tat des Wahrnehmens" nicht konstitutiv. Der Mond hat sich schon lange und die Erde gedreht, bevor es irgendjemand wahrgenommen hat. Die entsprechende Tatsache bestand also lange vor uns. Und wer genau soll es denn heutzutage wahrgenommen haben? Du etwa?
Da wäre ich mir nicht so sicher!
Wie würde denn auch etwas in einem Sinnfeld erscheinen können und infolgedessen dem entsprechen, was als Überschrift in diesem Thred steht und zwar einer Ontologie der Sachverhalte und Tatsachen, wenn nicht infolge des "Wahrgenommen seins"? Das gilt übrigens auch für den Mond, der sich schon lange um die Erde dreht. Nur das für ihn, dem Mond, dergleichen ganz sicher nicht als Sinnfeld erscheint. Nur frage ich mich schon, muss denn etwas in einem Sinnfeld erscheinen, um zu existieren? Ist das, was ich unter Tatsachen verstehe , das "Wahrgenommen seins", mit den Menschen, auf eine Spezies beschränkt, die mit Sinnfeldern etwas anzufangen wissen? Was ist mit den anderen Lebewesen, die damit nichts anzufangen wissen, wie beispielsweise meine Miezekatze "Purzi" , mit vollen Namen Purzel Matz? Offenbar weiß sie, wenn ich sie damit rufe und sie daraufhin zu mir kommt, dass Futter bzw. Streicheleinheiten auf sie warten. Gleichwohl selbiges als solches, nur mir bzw. uns Menschen in einem Sinnfeld erscheint.

Wohlgemerkt namentlich !

Deshalb würde ich meinen, das sowohl "Purzi", Futter bzw. Streicheleinheiten, als auch die Erde , der Mond und das letzteres um demselben kreist, im Sinne von "für sich" nur für uns namentlich in Sinnfeldern erscheinen. "An sich" tut das den Sinnfeldern selbst keinerlei Abbruch. Deshalb, weil Sinnfelder "an sich" bestehend, hat sich schon lange der Mond und die Erde gedreht. Wie auch deshalb übrigens auch meine Miezekatze zu mir kommt, ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, in welchen Sinnfeldern sie mir dabei namentlich erscheint.

Wenn ich also unter Tatsachen ein "Wahrgenommen seins" verstehe, so schließt das bei mir alle Lebewesen, wie auch, wie dem Mond oder die Erde, bloße Materie mit ein. "… eine Welt zusammenhängender Dinge", infolge von Sinnfeldern , die gänzlich unabhängig "von uns" , die wir sie als soches namentlich wahrnehmen können, existieren.
  • "Allererst da, wo alle Aussagen a priori aufhören, mithin in dem ganz empirischen Theil unserer Erkenntniß der Körper, also in der Form, Qualität und bestimmten Wirkungsart derselben, offenbart sich jener Wille, den wir als das Wesen an sich der Dinge bereits erkannt und festgestellt haben. Allein diese Formen und Qualitäten erscheinen stets nur als Eigenschaften und Aeußerungen eben jener Materie, deren Daseyn und Wesen auf den subjektiven Formen unsers Intellekts beruht: d.h. sie werden nur an ihr, daher mittelst ihrer sichtbar. Denn, was immer sich uns darstellt ist stets nur eine auf speciell bestimmte Weise wirkende Materie. Aus den inneren und nicht weiter erklärbaren Eigenschaften einer solchen geht alle bestimmte Wirkungsart gegebener Körper hervor; und doch wird die Materie selbst nie wahrgenommen, sondern eben nur jene Wirkungen und die diesen zum Grunde liegenden bestimmten Eigenschaften, nach deren Absonderung die Materie, als das dann noch übrig Bleibende, von uns nothwendig hinzugedacht wird: denn sie ist, laut der oben gegebenen Auseinandersetzung, die objektivirte Ursächlichkeit selbst. – Demzufolge ist die Materie Dasjenige, wodurch der Wille, der das innere Wesen der Dinge ausmacht, in die Wahrnehmbarkeit tritt, anschaulich, sichtbar wird.
    Schopenhauer ..Die Welt als Wille und Vorstellung
Um damit zugleich Schopenhauer darin zu ergänzen, dass Sinnfelder "an sich" jene "speciell bestimmte Weise" beschreiben, demzufolge die Materie das innere Wesen der Dinge ausmacht. Das sie bei uns "für sich" namentlich anschaulich in die Wahrnehmbarkeit tritt und sichtbar wird, setzt dem i , lediglich dem I -Punkt auf. Namentlich für sich übrigens auch als "Wille".

Eine ( namentliche) "Ontologie der Sachverhalte und Tatsachen" würde demzufolge lediglich dem Vermögen der Materie, sich Sinnfelder an sich zu fügen, in diesem Sinne "aufsetzen". :!:
Jörn P Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Okt 2025, 07:48
Consul hat geschrieben :
Mi 1. Okt 2025, 14:13
"… eine Welt zusammenhängender Dinge"
Und warum sollen das keine Tatsachen sein? Die Art und Weise, wie die Dinge zusammenhängen, ist doch ebenfalls real. Wobei ich hier noch einwerfen will: Es gibt nicht nur eine Art und Weise, wie die Dinge zusammenhängen, es gibt also nicht nur eine Art von Tatsachen.
Demzu folge gäbe es tatsächlich nur eine Art von Tatsachen und zwar die Tatsache , dass sich Materie Sinnfeldern an sich fügt.
Zuletzt geändert von Timberlake am Do 2. Okt 2025, 15:08, insgesamt 4-mal geändert.




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Timberlake hat geschrieben :
Do 2. Okt 2025, 14:12
Wie würde denn auch etwas in einem Sinnfeld erscheinen können u[...] wenn nicht infolge des "Wahrgenommen seins"?
Der Mond erscheint in tausend Sinnfeldern. Eins davon ist unser Sonnensystem, bestehend seit Milliarden Jahren aus der Sonne, acht Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun), deren Monden, Zwergplaneten wie Pluto, sowie zahlreichen Asteroiden und Kometen und deren komplexen Bahnen am Rande der Milchstraße.




Timberlake
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Do 2. Okt 2025, 15:13

.. und für wen erscheint der Mond in tausend Sinnfeldern und wer ist ggf. versucht daraus eine Ontologie der Sachverhalte und Tatsachen zu konstruieren? Doch wohl nur ein Organismus, der über ein Gehirn verfügt! Und woraus besteht ein Gehirn? Doch wohl zu guter Letzt sicherlich aus Materie!
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Jörn P Budesheim
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Do 2. Okt 2025, 15:20

Vor Milliarden Jahren sicher für niemanden. "Erscheinen" meint nicht grundsätzlich "Erscheinen für". Es geht nicht grundsätzlich ums "Erscheinen für", sondern ums "Erscheinen in".




Timberlake
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Do 2. Okt 2025, 15:23

Wenn etwas grundsätzlich in einem erscheint, muss der oder dasjenige grundsätzlich zunächst einmal dazu in der Lage sein.
  • Für-Sich (philomag.de)
    "Als Gegenpart zum An-Sich bezeichnet das Für-Sich das, was bewirkt, dass ein Lebewesen ein Bewusstsein seiner eigenen Existenz hat. Es darf nicht verwechselt werden mit dem cogito – jenem „Ich denke“, das sich nicht auf ein individuelles Bewusstsein bezieht, sondern auf die Existenz eines universellen „Ich“. Das Für-Sich ist also verknüpft mit einer Neuausrichtung des Seins auf seine eigene Besonderheit."
Ein Für-Sich , verknüpft mit einer Neuausrichtung des Seins auf eben diese eigene Besonderheit.
Zuletzt geändert von Timberlake am Do 2. Okt 2025, 15:34, insgesamt 3-mal geändert.




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Jörn P Budesheim
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Do 2. Okt 2025, 15:30

Wenn dich "erscheinen" irritiert, kannst du auch (fürs Erste auch) "vorkommen" o.ä. sagen. Die 7 erscheint in der Reihe der natürlichen Zahlen, läuft auf dasselbe hinaus wie die 7 kommt in der Reihe der natürlichen Zahlen vor. Statt Sinnfeld kann man auch Kontext sagen oder Bereich. Das Entscheidende ist: Es gibt keine "Dinge schlechthin". Alle, was es gibt, kommt immer in irgendeinem Bereich oder Kontext (Sinnfeld) vor. Der Kontext des Mondes ist neben vielem anderen unser Sonnensystem.




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Consul
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Do 2. Okt 2025, 17:19

"Stellen wir uns vor, es gebe genau drei Gegenstände: x, y, z. Unter einer Tatsache verstehe man etwas, das über etwas wahr ist, und unter Wahrheit den Umstand, dass etwas in einem bestimmten Zusammenhang auf etwas zutrifft (ontische Wahrheit) und deswegen auch zutreffend ausgesagt werden kann (Aussagenwahrheit). So könnte es beispielsweise über x wahr sein, dass es ein Bär, und über y, dass es ein Hase ist, während es über z wahr sein könnte, dass es sich um einen Wald handelt. Natürlich wird dies weitere Tatsachen nach sich ziehen, wie etwa diejenigen, dass Bär und Hase im Wald leben oder dass der Bär regelmäßig versucht, den Hasen zu töten. Der Einfachheit halber wollen wir annehmen, es gebe endlich viele Wahrheiten über die x-y-z-Welt, das heißt endlich viele Tatsachen: T1, T2, …, Tn. Als Nächstes beschließen wir, eine Liste anzufertigen, die alle Tatsachen dieser Welt erfasst, in welche die Gegenstände jeweils eingebettet sind. Diese Liste wäre eine Darstellung der Totalität der Tatsachen, ein Weltbild."

(Gabriel, Markus. Sinn und Existenz: Eine realistische Ontologie. Frankfurt/Main: Suhrkamp, 2016. S. 46)
"Ein Objekt ist etwas, das in eine Tatsache eingebettet ist. Eine Tatsache ist etwas, das über ein Objekt wahr ist." (S. 68) [Google Translate mit einer Änderung meinerseits]

"Eine Tatsache wird durch Sinne bestimmt. Der Sinn, ein Staatsoberhaupt zu sein, unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht vom Sinn, ein Mensch zu sein. Sicherlich hängen diese Tatsachen insofern zusammen, als derzeit nur Menschen in der Lage sind, Staatsoberhäupter zu sein (sofern „Staatsoberhaupt“ bestimmte Rollen auswählt, die durch rechtliche Verfahren definiert sind, und nicht irgendeinen umfassenderen Begriff einer Hierarchie, die durchaus auch anderswo im Tierreich vorkommen könnte). Eine Tatsache präsentiert ihre Objekte auf eine bestimmte Art und Weise." (S. 70) [Google Translate]

"FOS ist also eine Form der Faktenontologie, die auf einem realistischen Sinnverständnis beruht." (S. 72) [Google Translate]

"Laut FOS ist ein Objekt etwas, über das etwas wahr ist. Eine Tatsache ist etwas, was über ein Objekt wahr ist." (S. 80) [Google Translate]

(Gabriel, Markus. Sense, Nonsense, and Subjectivity. Cambridge, MA: Harvard University Press, 2024.)
Frege hat den Sinn eines Zeichens als "die Art des Gegebenseins" des Zeichengegenstandes definiert (im Englischen meistens als "mode of presentation" übersetzt); und darauf bezieht sich Gabriel wohl, wenn er sagt: "Eine Tatsache präsentiert ihre Objekte auf eine bestimmte Art und Weise."
Gabrielsche Tatsachen scheinen somit dasselbe zu sein wie wahre fregesche Gedanken als "Sinnverhalte". Wenn dies zutrifft, dann können aber keine Gegenstände darin "eingebettet" sein, die selbst keine Wortsinne (und auch keine Wörter) sind. Der Bezugsgegenstand einer sinnverhaltlichen (oder begriffsverhaltlichen) Tatsache kann kein Bestandteil davon sein. Wahre Propositionen über Bären oder Hasen enthalten keine Bären oder Hasen!

P.S.:
Kurz bevor ich auf Absenden klicken wollte, ist mir die Unterscheidung von fregeschen Propositionen und russellschen Propositionen wieder eingefallen.
"Singuläre Propositionen (auch „Russellsche Propositionen“ genannt) sind Propositionen, die sich auf ein bestimmtes Individuum beziehen, weil dieses Individuum ein direkter Bestandteil ist.

Wir gehen ohne weitere Argumentation von einer propositionalistischen Semantik aus, nach der Sätzen (im Kontext) Propositionen als Inhalte zugewiesen werden, die primäre Träger von Wahrheitswerten, Träger modaler Eigenschaften wie Kontingenz und Notwendigkeit und Objekte propositionaler Einstellungen wie Glauben, Hoffen und Sagen sind. Wir können zwei große Klassen von Theorien über Propositionen unterscheiden. Vertreter der ersten, fregeschen Sichtweise akzeptieren Freges Unterscheidung zwischen Sinn und Referenz, Vertreter der zweiten, russellschen Sichtweise hingegen nicht. Wenn der Fregeanismus wahr ist, ist alles Denken über konkrete Individuen indirekt, vermittelt durch Sinne, die von diesen Individuen unabhängig sind. (Manche behaupten, Frege habe de-re-Sinne – Sinne, deren Existenz und Identität von ihrer Referenz abhängt – als Inhalt von Eigennamen anerkannt; in diesem Fall hätte er sich nicht einer fregeschen Theorie, wie oben beschrieben, angeschlossen.)

Am einfachsten lässt sich dies verstehen, wenn man sich Sinne als rein qualitative Erfüllungsbedingungen vorstellt. Eine solche Bedingung bestimmt ein Objekt aufgrund der Eigenschaften, die es verkörpert. Dem Russellianismus zufolge können wir andererseits direkt über ein Individuum nachdenken; wir können einen Gedanken über ein Individuum haben, indem wir dieses Individuum als unmittelbaren Bestandteil des Gedankens haben. Nach der Standardinterpretation Freges sind Individuen keine Bestandteile von Propositionen. Propositionen bestehen aus Sinnen, nicht aus Individuen, und Sinne werden unabhängig von jedem Individuum individualisiert. Wenn der Fregeanismus wahr ist, gibt es keine singulären Propositionen. Wenn der Russellianismus wahr ist, dann spielen singuläre Propositionen eine entscheidende Rolle in der Semantik und jeder vollständigen Theorie des Denkens."

SEP: Singuläre Propositionen [Google Translate]
Russellsche Propositionen (als etwas von fregeschen Propositionen Verschiedenes) ergeben für mich keinen rechten Sinn. Was enthalten sie denn noch neben außersprachlichen Gegenständen? Wenn die prädikative Komponente in Eigenschaften besteht, dann unterscheiden sich russellsche "Propositionen" nicht von nichtpropositionalen Sachverhalten (à la Armstrong).

"Dem Russellianismus zufolge können wir andererseits direkt über ein Individuum nachdenken; wir können einen Gedanken über ein Individuum haben, indem wir dieses Individuum als unmittelbaren Bestandteil des Gedankens haben." – Ja, der erste Teil stimmt, aber der zweite Teil nicht; denn der Gegenstand eines geistigen (nichtfregeschen) Gedankens in meinem Kopf kann kein Bestandteil des Gedankens sein. Ich habe keinen Bären oder Hasen im Kopf, wenn ich über einen nachdenke oder mir einen vorstelle.
Zuletzt geändert von Consul am Do 2. Okt 2025, 17:28, insgesamt 1-mal geändert.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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