Backe, backe Kuchen: Wir basteln uns eine Theorie von allem

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
Tosa Inu
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Mi 18. Okt 2017, 10:36

Tarvoc hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 09:58
Aber wo ist die Kohärenz bei "Ich erinnere mich nicht"? ;)
Man erinnert sich halt nicht. Das ist nicht inkohärent.
Tarvoc hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 09:58
Wirklich niemand käme auf die Idee, zu sagen, dass mein Magen schmerzt und dass ich Schmerzen im Magen empfinde, seien zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschlössen. Also niemand außer Gestaltpsychologen. :mrgreen:
Man muss es sehen, um es zu glauben, aber in der Tat schieben nicht wenige Menschen Teile ihres Körpers, manchmal den ganzen, weit weg.
Sich als irgendwo im Kopf oder Gehirn residierend zu betrachtet und den Körper in toto als davon irgendwie abgetrenten Organismus der mal mehr, mal weniger gut funktioniert, ist noch nicht mal selten.
Tarvoc hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 09:58
Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 09:45
Ansonsten muss man aushalten, dass der eine es so und der andere eben anders deutet. Beide werden vermutlich denken, ihre Sicht sei zutreffender (was aber auch vom kulturellen Kontext abhängt), wir neigen ein wenig dazu das rationalere Konzept zu bevorzugen und haben nicht so sehr auf dem Schirm, dass es auch eine Spaltung oder mindestens Abwehr gegen Gefühle geben kann, die andere Seite der Abwehr gegen das Verstehen.
Das Problem scheint mir eher darin zu bestehen, dass auch hier im Westen die meisten Menschen nicht wirklich in wissenschaftlicher Methodik geschult sind.
Nö, das glaube ich nicht.
Die wissenschaftliche Methodik zu kennen, ist kein Weg um eine Spaltung zwischen Kognition und Emotion zu überbrücken.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Tarvoc
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Mi 18. Okt 2017, 11:13

Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 10:36
Die wissenschaftliche Methodik zu kennen, ist kein Weg um eine Spaltung zwischen Kognition und Emotion zu überbrücken.
Bist du sicher? ;)



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Tarvoc hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 11:13
Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 10:36
Die wissenschaftliche Methodik zu kennen, ist kein Weg um eine Spaltung zwischen Kognition und Emotion zu überbrücken.
Bist du sicher? ;)
Ja. Denn dann dürfte es unter Wissenschaftlern, die die wissenschaftliche Methodik ja kennen, keine Menschen mit Persönlichkeitsstörungen geben. Die gibt es aber.



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Tarvoc
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Mi 18. Okt 2017, 21:20

Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 12:15
Tarvoc hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 11:13
Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 10:36
Die wissenschaftliche Methodik zu kennen, ist kein Weg um eine Spaltung zwischen Kognition und Emotion zu überbrücken.
Bist du sicher? ;)
Ja. Denn dann dürfte es unter Wissenschaftlern, die die wissenschaftliche Methodik ja kennen, keine Menschen mit Persönlichkeitsstörungen geben. Die gibt es aber.
Du denkst auch nicht weiter als bis zum Einzelindividuum, oder? Auch mit einem abgeschlossenen Medizinstudium mit Spezialisierung Psychiatrie (wissenschaftlich!) nebst abgeschlossener Ausbildung zum Psychotherapeuten (auf Wissenschaft aufbauend!) kann man noch lange nicht sich selbst therapieren. Aber das heißt eben nicht, dass man nicht trotzdem die Spaltung zwischen Kognition und Emotion mit Hilfe der wissenschaftlichen Methodik überbrücken kann. Nur eben nicht bei einem selbst. Welche bessere unwissenschaftliche Methode hättest du denn zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen anzubieten?



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Mi 18. Okt 2017, 21:40

Tarvoc hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 21:20
Welche bessere unwissenschaftliche Methode hättest du denn zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen anzubieten?
Ach, da könnte man nun durchaus länger drüber reden, was ich an dieser Stelle aber gar nicht tun will, da off topic. Daher nur kurz:
Als wohl überwiegend Kernberg, auch wenn man gewiss noch andere nennen muss, die schweren Persönlichkeitsstörungen erforschte, da tat er dies zu einem sehr hohen Maße auf dem Boden der Psychoanalyse, die lange Zeit und auch zu dieser Zeit als anekdotenhaft, unglaubwürdig und vor allem unwissenschaftlich galt. Nun, das hat Kernberg, der sich als Mann der Wissenschaft sieht, nicht sonderlich gejuckt, aber jahrzehntelang hat man die Psychoanalyse im Grunde nur belächelt.



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Tarvoc
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Mi 18. Okt 2017, 22:28

Dafür, dass "die Psychoanalyse" in der Wissenschaft belächelt wird, gibt es durchaus Gründe. Wie's bei Kernberg ist, kann ich nicht sagen, da ich mich mit ihm nicht näher beschäftigt habe, aber die Herangehensweisen so einiger Psychoanalytiker sind mehr als fragwürdig, u.A. auch von Freud selbst. Wie man etwa am Fall Emma Eckstein schön sehen kann, führt das mitunter zu sehr unschönen Ergebnissen. Der Fall war mehr als bloß eine misslungene Heilung. Es handelt sich bestenfalls um eine Reihe grober Fahrlässigkeiten auf höchst fragwürdiger theoretischer Grundlage.

Ich persönlich bin allerdings der Meinung, dass man Psychoanalyse durchaus auch wissenschaftlich betreiben kann. Ich halte z.B. eine ganze Menge von Jacques Lacans Herangehensweise.



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Do 2. Nov 2017, 13:10

Nicht, dass gedacht wird, dieser Thread sei tot. Er riecht nur komisch.

Wovon ich mir etwas verspreche, ist innere Welten zu skizzieren.
Wir kennen in der Außenwelt die Systemtheorie, die uns sagt (nicht unähnlich Gabriels Idee), dass verschiedene Bereiche eher als eigene in sich abgeschlossene, quasiautonome Systeme bestehen, mit einer je eigenen Sprache und auch mit eigenen Zielen und Modi. Darauf will ich hier nicht weiter eingehen, da die meisten das in Ansätzen kennen (und mehr als Ansätze sind hier nicht nötig).

Was aber ist mit unseren inneren Welten?
Wir kennen vor allem aus der Psychoanalyse innere Repräsentanzen. Aber Innenwelten, durchaus ausgedehnter Art sind auch dem gläubigen Menschen, dem Schriftsteller und seinen Lesern, dem Mathematiker, überhaupt dem Theoretiker und dem Meditierenden bekannt. Aber auch dem Kranken und dem sich - außerlich unsichtbar - irgendwie in einer Notlage befiindlichen.

Können wir das zuordnen? Gibt es diese ganz eigenen Bereiche auch innen? Die Innenwelt soll überragend viel mehr Neuronen beschäftigen, als diie Reize der Außenwelt das tun.

Was sind solche inneren Reiche? Was kennzeichnet sie und unterscheidet sie von anderen?



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Jörn Budesheim
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Do 2. Nov 2017, 13:54

Tosa Inu hat geschrieben :
Do 2. Nov 2017, 13:10
Was aber ist mit unseren inneren Welten? [...] dem Schriftsteller und seinen Lesern
Heute morgen bin ich an dieser Zeile hängengeblieben: "Aber wenn wir uns auf einen literarischen Text einlassen, sind wir bei uns." (aus dem Text, den @'Friederike' hier verlinkt hatte) und jetzt schreibst du das :-) Erstaunlich. Aber ist man beim Lesen wirklich in einer "inneren Welt"? Ich finde das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Vom Erleben her ist es ja oftmals eher so, dass man sich in andere Welten versetzt fühlt, also gerade nicht allein in eine innere Welt, oder? Irgendwie ist es ein Dialektik: Man ist bei sich, indem man außer sich ist.




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Do 2. Nov 2017, 14:05

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Nov 2017, 13:54
Aber ist man beim Lesen wirklich in einer "inneren Welt"? Ich finde das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Vom Erleben her ist es ja oftmals eher so, dass man sich in andere Welten versetzt fühlt, also gerade nicht allein in eine innere Welt, oder? Irgendwie ist es ein Dialektik: Man ist bei sich, indem man außer sich ist.
Kommt drauf an, was man liest.
Einerseits taucht man z.T. in die andere Welt ein, andererseits gibt es Momente, in denen man auf eigenen Gedanken davon driftet, manchmal dabei sogar einschläft, ohne dass das ein Zeichen von Langeweile wäre, manchmal von einem Gedanken so elektrisiert ist, dass man sofort von Schaffenswut durchdrungen, seine eigenen Gedanken zu Papier/online bringen muss.

Ich denke, da ich nicht der einzige, oder?



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Jörn Budesheim
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Do 2. Nov 2017, 14:19

Manchmal, wenn der Text gut ist, driftet man sogar öfter weg als einem lieb ist. Das kann auch bei philosophischen Texten der Fall sein. Die Schaffenswut mit eigenen (davon inspirierten) Gedanken kenne ich auch; man kommt allerdings schnell wieder auf den berühmten Boden der Tatsache, wenn versucht es in ein Forum zu bringen und die anderen anzustecken :-))




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Do 2. Nov 2017, 14:26

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Nov 2017, 14:19
Manchmal, wenn der Text gut ist, driftet man sogar öfter weg als einem lieb ist. Das kann auch bei philosophischen Texten der Fall sein. Die Schaffenswut mit eigenen (davon inspirierten) Gedanken kenne ich auch; man kommt allerdings schnell wieder auf den berühmten Boden der Tatsache, wenn versucht es in ein Forum zu bringen und die anderen anzustecken :-))
Ich hatte nen guten online-Partner als Gegenpart. Das waren exzessive Materialschlachten, Beleidigungen inklusive, aber lehrreich und gut.



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Friederike
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Do 2. Nov 2017, 14:40

Zur Außen- und Innenwelt ein einziger, der letzte Satz aus einem Prosa-Gedicht von Mayröcker*:

Auf der Straße der bleigraue Himmel sank immer tiefer auf mich.

Das ist eine innere Wirklichkeit, die von der äußeren Wirklichkeit gespiegelt wird und zugleich ist es die Wahrnehmung einer äußeren Wirklichkeit, die in der inneren Wirklichkeit wiedergefunden wird. Man kann das kaum oder gar nicht trennen? Was ist zuerst? (Übrigens ist mein Lieblingswort für die inneren Reiche oder Welten, wie Du sie nennst, @T.I., "Landschaften" :lol:).

*F.M., "Mein Arbeitstirol", 2003, S. 67.




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Friederike
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Do 2. Nov 2017, 14:57

Das Imaginieren von Farben, Bewegungen, komplexen Bildern, physiologischen Körperdetails (Zellen, Organe, Glieder, Muskeln usw.usf). Das heißt, die Imagination als ein Vermögen, komplette innere Welten/Wirklichkeiten zu erschaffen. Und, wie Jörn sagte, die Gedanken, die manchmal, eher eigentlich oft, Fetzen von purzelbaumschlagenden Gedanken sind. Jedenfalls auch ein Vermögen, innere Welten zu schaffen. Trotzdem, im Vollzug allein dieser beiden Fähigkeiten zeigt sich, meine ich, schon wieder, daß Innen- und Außenwelt so verbunden sind, daß eine Trennung sinn-los ist.




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Do 2. Nov 2017, 21:26

Friederike hat geschrieben :
Do 2. Nov 2017, 14:40
Das ist eine innere Wirklichkeit, die von der äußeren Wirklichkeit gespiegelt wird und zugleich ist es die Wahrnehmung einer äußeren Wirklichkeit, die in der inneren Wirklichkeit wiedergefunden wird. Man kann das kaum oder gar nicht trennen? Was ist zuerst?
Ich würde schon sehr weit mit gehen, bei der kontraintuitiven Sicht, dass das Innere überwiegt.



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Do 2. Nov 2017, 21:35

Friederike hat geschrieben :
Do 2. Nov 2017, 14:57
Trotzdem, im Vollzug allein dieser beiden Fähigkeiten zeigt sich, meine ich, schon wieder, daß Innen- und Außenwelt so verbunden sind, daß eine Trennung sinn-los ist.
Vielleicht ist das falsch rüber gekommen.
Es geht mir nicht so sehr darum Innen und Außen zu trennen, sondern eher das Innen so zu differenzieren, wie wir's mit dem Außen auch tun.
Bei Deinem Zitat war ich spontan an diesen Frsoch Haiku erinnert:

"Der alte Weiher:
Ein Frosch springt hinein.
Wasserplatschen."

Einmal ist das Ich ganz präsent. einmal ganz abwesend - oder doch nicht?
Vielleicht geht auch einmal die äußere Szene ganz in mir auf, ein anderes mal ich ganz in der Szene.
Man weiß es nicht.



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Friederike
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Fr 3. Nov 2017, 15:16

Tosa Inu hat geschrieben : Vielleicht ist das falsch rüber gekommen. Es geht mir nicht so sehr darum Innen und Außen zu trennen, sondern eher das Innen so zu differenzieren, wie wir's mit dem Außen auch tun.
Nein, es liegt nicht an Dir, Du hattest Deine Frage klar formuliert. Zumindest in Hinsicht auf die Außen- und Innenwelt. Was dann allerdings Deine Beispiele für Innen-Welten betrifft - hier würde ich lapidar sagen, daß jeder Mensch eine eigene innere Welt bzw. eine bestimmte eigene Wirklichkeit erlebt, denkt, fühlt, erfährt, das ist doch unabhängig davon, ob eine Person nun ein gläubiger, ein kranker und meditierender Schriftsteller ist? Und die von der Psychoanalyse eingeführten inneren Repräsentanzen sind, wie ich meine, doch etwas völlig anderes als die Wirklichkeit, die ein jeder Mensch erlebt. Sie sind ein Modell für die innere Struktur der menschlichen Psyche, haben also systematischen Charakter.




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Fr 3. Nov 2017, 19:24

Friederike hat geschrieben :
Fr 3. Nov 2017, 15:16
Was dann allerdings Deine Beispiele für Innen-Welten betrifft - hier würde ich lapidar sagen, daß jeder Mensch eine eigene innere Welt bzw. eine bestimmte eigene Wirklichkeit erlebt, denkt, fühlt, erfährt, das ist doch unabhängig davon, ob eine Person nun ein gläubiger, ein kranker und meditierender Schriftsteller ist?
Das ist eine Frage der Feinjustierung.
Rastert man sehhr grob kommt man zu dem Urteil, dass wir alle Menschen sind, mit bestimmten Gemeinsamkeit des Innern, die uns vom Waschbär unterscheiden. Sehr fein eingestellt ist jeder ein Individuum, unverwchselbar, gerade auch innerlich.
Beides hilft nicht so richtig weiter, weil man Individualität bis ins Letzte nicht vergleichen kann, so ist sie ja gerade definiert, in der groben Einstellung auch nicht, da sind wir eben Menschen.

Stellt sich die Frage ob es ein mittleres Terrain gibt und meine Antwort heißt, ja, es sind unsere Weltbilder. Damit meine ich spezifische Interpretationsmodi, die man mit anderen "Bewohnern" dieser inneren Welten teilt und die einen von den Bewohnern anderer Welten unterscheidet. Von hier aus kann man sich bis in die Individualität durchhangeln. Und es gibt verschiedene Perspektiven aus denen man so ein Weltbild betrachten kann, horizontal in Sinne eines Ineressengebietes (kann man eng oder weiter fassen), vertikal im Sinne einer Entwicklung, vielleicht auch noch regional und/oder familiär, im Sinne der regionalen Herkunft.
Friederike hat geschrieben :
Fr 3. Nov 2017, 15:16
Und die von der Psychoanalyse eingeführten inneren Repräsentanzen sind, wie ich meine, doch etwas völlig anderes als die Wirklichkeit, die ein jeder Mensch erlebt.
Das wäre richtig schlecht für die Analyse.
Friederike hat geschrieben :
Fr 3. Nov 2017, 15:16
Sie sind ein Modell für die innere Struktur der menschlichen Psyche, haben also systematischen Charakter.
Da geht es jetzt nicht nur um diese Es/Über-Ich Geschichten, sondern Objektrepräsentanzen die insofern interessant sind, weil sie sehr primitiv sein können (wenn das Kind sehr schecht behandelt wurde) oder differenzierter/organisierter und das hat wieder recht direkte Auswirkungen auf die "Wahl" (halb zog es ihn nieder ...) des Weltbildes.

Aber, Du hast schon recht, das geht sicher bunter und vielem, auch vielem Intaktem wird man so nicht gerecht. Gerade die Verschiedenheit auch der organisierten Psyche ist interessant.



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Jörn Budesheim
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Di 7. Nov 2017, 06:35

Es gibt, so liest man, ca eine Trillion Lebewesen allein auf diesem Planeten. Das macht eine Trillion Innenwelten, reichlich viel... Na ja, wie viele dieser Lebewesen wirklich so etwas wie eine Innenwelt haben, wissen wir natürlich nicht. Denn die Innenwelt ist schließlich nicht einfach das, was innerhalb des Organismus liegt. Die Speiseröhre gehört nicht zur Innenwelt. Auch Fliegen haben eine Speiseröhre, aber haben sie auch eine Innenwelt? Vermutlich doch nicht.

Was ist das - die Innenwelt? Man ist vielleicht geneigt, zu sagen, die Innenwelt ist das Bewusstsein... Wenn aber das Bewusstsein das ist, was gerade bewusst ist, dann wäre die Innenwelt keine Welt, sondern immer nur an Jetzt-Zustand. Bezeichnet der Begriff Welt nicht immer ein Ganzes? Was sollte dieses Ganze sein? Das ganze meiner Überzeugung? Die Geschichten, die ich erlebt habe, aus denen nicht bestehe gewissermaßen?

Was ist die Innenwelt? Und was bedeutet es für das Projekt einer Theorie von allem, dass es zig Milliarden Innenwelten gibt ...




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Di 7. Nov 2017, 09:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Nov 2017, 06:35
Denn die Innenwelt ist schließlich nicht einfach das, was innerhalb des Organismus liegt. Die Speiseröhre gehört nicht zur Innenwelt. Auch Fliegen haben eine Speiseröhre, aber haben sie auch eine Innenwelt? Vermutlich doch nicht.
Gut, dass Du das ansprichst, ein wichtiger Punkt:
Mit innen oder Innerlichkeit ist hier nicht das Innere des Körpers gemeint, sondern der Zugang zu Daten, die ich nur in mir finde und zu denen ich privilegierten Zugang habe.
Ich kann zwar einen Ultrschall der Leber oder ein MRT des Hirns machen, aber das sind äußerliche, objektivierende Zugänge.

Innerlichkeit meint tatsächlich, das "wie es ist" ... wie es sich anfühlt, Hunger zu haben, verliebt zu sein, etwas begriffen zu haben.
Oder eben allgemein die Einstellungen, die man so zur Welt hat. Was man meint, was die Menschen so antreibt, all die mehr oder weniger fertigen Theorien über die Welt.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Nov 2017, 06:35
Was ist das - die Innenwelt? Man ist vielleicht geneigt, zu sagen, die Innenwelt ist das Bewusstsein... Wenn aber das Bewusstsein das ist, was gerade bewusst ist, dann wäre die Innenwelt keine Welt, sondern immer nur an Jetzt-Zustand.
Klar, aber die Zustände wiederholen sich. Manche sind notorische Optimisten, da ist das Glas dann immer halb voll, bei anderen ist es immer halb leer.
Und bestimmte Einstellungen, die man hat, hat man fester, als man selbst glauben will. Tief sitzen auch die nach 5 Bier geäußerten: "Also, jetzt mal unter uns: ..." Äußerungen, bei denen man dann verkündet, wie Frauen, Männer oder die Welt so tickt, dass sich doch, wenn man ehrlich ist doch alles nur um Macht, Geld, Beziehungen, Einfluss, Bekanntschaften, Sex, Wissen ... dreht, dass das Leben ein Kampf ist, oder ein Geschicklichkeitsspiel, überhaupt ein Spiel ... das ist zu Weltbildern kondensierte Einstellung.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Nov 2017, 06:35
Bezeichnet der Begriff Welt nicht immer ein Ganzes? Was sollte dieses Ganze sein? Das ganze meiner Überzeugung? Die Geschichten, die ich erlebt habe, aus denen nicht bestehe gewissermaßen?
Ja die Summe Deiner Erfahrungen, gleich wer sie erlebt hat, die Dich dazu bringen, dies oder das von der Welt anzunehmen.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Nov 2017, 06:35
Was ist die Innenwelt? Und was bedeutet es für das Projekt einer Theorie von allem, dass es zig Milliarden Innenwelten gibt ...
Nix. Weil wir uns um die meisten nicht kümmern können, da wir keinerlei Zugang zu ihnen haben. Es bleibt, die diskursiven Wesen zu befragen und zu hoffen, dass sie antworten.



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Mi 8. Nov 2017, 18:34

Alethos hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 20:44
Natürlich habe ich nur diese 7 Paar Schuhe. Ich habe doch nur zwei Füsse?
Segler hat geschrieben :
Di 7. Nov 2017, 19:29
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Nov 2017, 21:06
Ich schätze, dass ich nicht viel mehr Schuhepaare habe als Finger an der Hand :-)
Ich habe ungefähr doppelt so viele Paar Schuhe wie Finger. :oops:

Allerdings gehöre ich nicht zu den Leuten, die sich ein Paar kaufen, dann runtertrampeln, wegwerfen und ein neues Paar kaufen. Ich trage niemals den gleichen Schuh zwei Tage hintereinander. Die ältesten Schuhe im Regal habe ich vor 20 Jahren gekauft. Die sind immer noch topp!
Finde ich schön für das Thema der Innenwelten, weil beide Aussagen natürlich viel mehr enthalten, als Informationen über Schuhe.
Auf einiges im Leben legen wir sehr viel wert, auf anderes dafür weniger.

Dann wird es Menschen geben, die alles, was sie tun sehr gründlich machen, andere, die überall ein bisschen schlampig sind.



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