Herr K. hat geschrieben : ↑ Di 17. Okt 2017, 22:46
Falls die Frage aber so lauten soll: wie entsteht eine Person mit Selbstbewusstsein? - dann denke ich, dass dies nur in sozialen Bezügen in jungen Jahren der Fall sein kann - wiewohl die Anlagen dazu vorhanden sein müssen.
Ja, das denke ich auch.
Herr K. hat geschrieben : ↑ Di 17. Okt 2017, 22:46
Was meinst Du eigentlich genau mit "das Ich"? So eine Art eigenständiger, außenstehender Homunkulus, der den Körper wie eine Marionette steuert, ein Puppenspieler? Wenn nicht so: was sonst?
Der kritisierte Homunkulus existiert nur in den Lehrbüchern der Neurologie, als über das Hirn sich ausbeitende Projektion. Ich kenne keinen Menchen, der so empfindet.
"Das Ich" gibt es in dem Sinne nicht, in dem es "den Menschen" auch nicht gibt. Wer von "der Mensch" redet, meint eine alle verbindende Gemeinsamkeit oder Konstante. Analoges gilt für "das Ich", was man als kohärentes Selbstbild beschreiben kann.
Einen Homunkulus zu empfinden wüde ich eher als dissoziative Störung sehen, mein (glaube ich vollkommen normales/durchschnittliches) Empfinden ist das einer all mein Erleben begleitenden Einheit. Wenn man mich fragt, ob ist gestern da und da war, dies und das gegessen oder gesagt habe, oder ob dies oder das meine Einstellung ist, dann kann ich dazu stehen und sagen: Ja, war ich, habe ich, fühle ich, denke ich, oder eben gemäß meines Eindruckes korrigieren, dass ich das nicht tue. Und auch wenn ich gesterm um 17.00 Uhr woanders war als Du, ist das was uns verbindet vermutlich dieses kohäretes Selbsterleben zu haben.
Dass man (ich natürlich auch) mitunter das Gefühl haben kann, es gäbe "zwei Herzen, ach in meiner Brust", dass man sich nicht so recht entscheiden kann, der Geist willig, aber das Fleisch schwach ist, ist normal, denn das erlebe ich ja, manchmal konflikthaft. Ich kann es ja auch so formulieren, dass ich es erlebe und vielleicht ein wenig darunter leide.
Nun gibt es verschiedene Grade, in denen diese Einheit des Ich zerfallen kann. Unter extremem(!) Stress kann das Ich als Einheit des "ich erlebe und bin das" aussteigen, manchmal mit dem Gefühl verbunden, man nehme all das von außen wahr, manchmal fühlt man einfach gar nichts und erinnert sich später auch nicht. Das ist ein echtes Trauma, wenn es in annähernd lebensbedrohlichen und nicht integrierbaren Kontexten vorkommt.
Ein Psychotiker hat im Rahmen einer akuten Psychose manchmal tatsächlich das Gefühl er würde buchstäblich von außen gesteuert, gehemmt oder gezwungen, bestimmte Dinge zu tun oder zu sagen. Er ist tatsächlich nicht in der Lage die Urheberschaft seiner Worte und Taten anzuerkennen, weil es es anders empfindet. Die Psychose ist allerdings dadurch definiert, kein Ich zu haben. (Auch wenn das im subjektive Erleben zuweilen bedeuten kann, es gäbe nur mich/das Ich.)
Die häufigste Form der Dissoziation ist das der Spaltung zwischen kognitiven und emotionalen Inhalten. Jemand stellt einen anderen Menschen als den einzigen dar, der ihn je verstanden hätte und dass man sich blind verstehen würde, 15 Minuten später ist derselbe Mensch ein durchtriebener Idiot, dem man kein Stück vertraut und dem man sich im Grunde kein bisschen verbunden fühlt. Angesprochen auf den völlig abweichenden Inhalt der beiden Aussagen, sind diese kognitiv bewusst - man leugnet nicht, dass man das beides gesagt hat - kann aber überhaupt nicht erklären, wie dieser Widerspruch zustande kommt und ist auch nicht sonderlich irritiert davon. VIelleicht genervt davon, dass man gerade so traktiert wird, im Leben erlebt man das aber nicht als irgendwie problematischen Bruch. Das wäre ein nicht kohärentes Ich mit einer sog. Identitätsdiffusion, von der es mehrere Spielarten gibt.
Noch immer ein Ich, aber ein für den Beobachter gespaltenes (was aber nichts mit Schizophrenie zu tun hat), selbst aber nicht so erlebendes Ich.
Herr K. hat geschrieben : ↑ Di 17. Okt 2017, 22:46
Wenn Körper und Psyche eins sind, dann begegnen sie sich logischerweise nicht, sind keine Gegensätze.
Herr K. hat geschrieben : ↑ Di 17. Okt 2017, 22:46
Was für ein Umschlagpunkt?
Der, der Dich möglicherweise gelegentlich sagen lässt, dass Dein Nacken verspannt ist, Dein Magen rebelliert oder Dein Knie schmerzt.
Gestaltpsychologen könnten Dir damit auf die Nerven gehen, dass sie Dich versuchen darauf aufmerksam zu machen, dass all das tatsächlich nicht Dein Nacken oder Magen ist, sondern, dass Du das bist. D.h. wir schieben Dinge und Bereiche, die wir als natürlicherweise zu uns gehörend ansehen würden, im normale Sprachspiel (falls Du nie so redest, es gibt Menschen, die es tun) aus unserem Bereich der Identifikation heraus.
Herr K. hat geschrieben : ↑ Di 17. Okt 2017, 22:46
Ja, nur Hirngewitter, Einbildungen, Halluzinationen. Was denn auch sonst, etwa der Zugang zu anderen Welten?
Zugang zu Erfahrungen, die man machen kann, die auch statistisch gar nicht selten sind, bezogen auf die Zahl der Menschen, die solche Erlebnisse hatten, aber in der Regel selten, bezogen auf die Häufigkeit der Erlebnisse im Vergleich mit normalen Erlebnissen, in denen außergewöhnliche Erfahrungen nicht auftreten, sonst hätten sie auch einen anderen Namen.
Da man testen kann, ob jemand halluziniert und auch, ob jemand dazu neigt, kann man dies auch tun und der Test kann ja negativ ausfallen (= jemand halluziniert nicht). Falschen Zuschreibungen kann kann in der Regel ja auch auf die Spur kommen. Nur muss es natürlich gute Gründe dafür geben, denn eine prima facie Berechtigung zur Deutung eigener Erfahrungen/Erlebnisse hat man auch in solchen Fällen. Die kann man jemandem absprechen (es ist das was deutende Psychologen andauernd tun), aber es müssen gute Gründe vorliegen und es muss die Deutung auch als die plausiblere angenommen werden.
Ansonsten muss man aushalten, dass der eine es so und der andere eben anders deutet. Beide werden vermutlich denken, ihre Sicht sei zutreffender (was aber auch vom kulturellen Kontext abhängt), wir neigen ein wenig dazu das rationalere Konzept zu bevorzugen und haben nicht so sehr auf dem Schirm, dass es auch eine Spaltung oder mindestens Abwehr gegen Gefühle geben kann, die andere Seite der Abwehr gegen das Verstehen.