Backe, backe Kuchen: Wir basteln uns eine Theorie von allem

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Tarvoc
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Mo 16. Okt 2017, 11:41

Tosa Inu hat geschrieben :
Mo 16. Okt 2017, 11:10
Bestätigungen sind natürlich immer gut, zeigen aber auch nur, das die Prämissen, die man unterstellt zu brauchbaren Ergebnissen führen. Was wiederum nicht heißt, dass alle anderen Ansätze Murks sind. Man kann noch Jahre Leute ins fMRT legen, was Denken ist, kriegt man so nicht raus.
Wie folgt denn jetzt der dritte dieser drei Sätze aus den ersten beiden? (Ob er nun stimmt oder nicht.)
Tosa Inu hat geschrieben :
Mo 16. Okt 2017, 11:10
Identität ist ja nicht nur eine Ansammlung technischer Daten, sondern in der Tat auch etwas, was mir eine Wertigkeit vermittelt (oder abspricht).
Da scheint mir eher der Wunsch Vater des Gedankens. Kommt mir aber bei Debatten um "Identität" öfters mal so vor.



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Tosa Inu
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Herr K. hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 14:35
Nehmen wir an, es gäbe keine Materie, sondern nur Bewusstsein, in dem Falle hätten wir einen Idealismus à la Berkeley. Dann müsste man ein Superbewusstsein annehmen, entweder eines, das viele Bewusstseine umfasst, in dem alles gespeichert und koordiniert wird, (aka Gott), was Berkeley annahm oder das Superbewusstsein wäre das eigene Bewusstsein, in dem Falle wäre man beim Solipsismus gelandet. Mir ist nun kein Philosoph bekannt, der heutzutage eine solche Position vertreten würde.
Den Solipsismus würde ich schon aus logischen Gründen ausschließen.
Ein allkoordinierendes Bewusstsein, evtl. noch mit einem gewissen teleologischen Sog ausgestattet, finde ich nicht schlecht, ob das zu einem klassischen Gottesbild gereicht, da bin ich etwas im Zweifel.
Herr K. hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 14:35
Kommen wir zum Substanzdualismus. Wenn die Welt kausal geschlossen ist, d.h. wenn jedes physikalische Ereignis (z.B.: das Schreiben dieses Beitrages) hinreichende physikalische Ursachen hat, dann kann das Bewusstsein dabei keine Rolle spielen, wäre epiphänomenal.
Allerdings wissen wir das nicht, aber wenn die Ursachen hinreichend wären, wäre das natürlich tautologisch wahr.
Herr K. hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 14:35
Falls man jedoch einen interaktionistischen Substanzdualismus vertritt, d.h. annimmt, dass Bewusstsein und Materie getrennte Substanzen seien, die dennoch aufeinander einwirken könnten, dann muss man erklären, wie das möglich ist - ein Problem, mit dem sich schon Descartes abgeplagt hat. Allerdings gibt es heutzutage einige Philosophen, die diesen (den letzteren, interaktionistischen) Standpunkt vertreten.
Mindestens von der phänomenalen Seite her betrachtet, ist das auch recht plausibel, bzw. die Gegenposition ist hinreichend insuffizient.

Die monistische bottom up Seite steht vor einem analogen Problem, denn eine komplette Sprache der neurobiologischen Ereignisse müsste ja auch übersetzt werden und erklären, wie die Zahnräder ineinander greifen. Ein Problem vor dem man allerdings nicht steht, da die semantische Fülle unserer Sprache nicht mal im Ansatz neurobiologisch eingefangen ist. Die Versprechen von vor 15 Jahren, dass man schon bald die Sprache der 1. Person in jener der 3. Person darstellen kann, haben sich schlicht nicht erfüllt. Natürlich kann man sagen, "das Hirn will" oder dass es sich entschieden hat oder perfide sei, nur hat man dann einfach das Ich durch das Hirn ersetzt und das erklärt überhaupt nichts.
Herr K. hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 14:35
Dann gibt es noch Panpsychismus, der sich in letzter Zeit wohl einer wachsenden Beliebtheit erfreut. Dessen Probleme sind a) das Kombinationsproblem (wie erwächst aus vielen, vielen (proto-)mentalen Bausteinen ein komplexes Bewusstsein wie das eines Menschen?) und b) dass zumindest mir völlig unklar ist, was (proto-)mental in dem Zusammenhang überhaupt bedeuten soll.
Unter protomental oder protobewusst würde ich Abläufe verstehen, die in einem Lebewesen ablaufen, ohne dass dies dieselben beeinflussen kann. Isr aber vermutlich Geschmackssache so wie man nicht weiß ob Viren oder Computerprogramme nun leben.
Entwicklung scheint ja ein Grundprinzip des Universums zu sein, warum das nur von unten erklärt werden muss ist mir nicht klar.
Die Erklärungssstrategien wechseln ja dabei, von energetischer Stabilität über evolutionären Nutzen (im Streben nach Fortpflanzung) zu so etwas wie Menschlichheit oder Fairness.
Herr K. hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 14:35
Die Frage, die sich dabei auch immer stellt, ist die: inwiefern können diese Positionen eigentlich Bewusstsein eigentlich besser erklären als der Materialismus, bzw. bei welchen Erklärungen schneiden sie besser ab?
Ich weiß überhaupt nicht, ob irgendwer Bewusstsein erklären kann, aber natürlich ist nicht zu leugnen, dass es Bewusstsein gibt.
M.M.n. können einige Theorien außergewöhnliche Bewusstseinserfahrungen besser erklären. Du hast es ja auch schon erwähnt, dass es irgendwie sonderbar ist, dass "der Geist" scheinbar über Sinnesorgane verfügt, aber es gibt nun mal diese Befunde.

Ich nehme die - wenn auch nur einen kleinen Teil davon - vermutlich ernster, als jemand, der sagt, das sei alles auf üblichem Wege zu erklären. Beides ist m.E. eine Frage der Gewichtung der Prämissen.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Mo 16. Okt 2017, 15:00

Tarvoc hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 20:52
Es stimmt, dass ich gerne mal "hitzig" diskutiere.
Das finde ich an sich nicht schlimm, meine Forensozialisation war sicher anstrengender.
Tarvoc hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 20:52
Worauf beziehst du dich da genau?
Das ist doch nicht so wichtig. Mir geht es um das Thema und ich setze einfach auf Deine Empathiefähigkeit.
Tarvoc hat geschrieben :
Mo 16. Okt 2017, 11:41
Wie folgt denn jetzt der dritte dieser drei Sätze aus den ersten beiden? (Ob er nun stimmt oder nicht.)
Das ist so eine Frage, die ich merkwürdig finde.
Muss da der Anspruch der logischen Abfolge überhaupt hinter sein? Ich meine, nein. Ist an der Aufzählung irgendwas falsch oder sonderbar? Ich finde auch, nein.
Das hat irgendwie so den Geschmack von Widerspruch um des Widerspruchs Willen.
Tarvoc hat geschrieben :
Mo 16. Okt 2017, 11:41
Da scheint mir eher der Wunsch Vater des Gedankens. Kommt mir aber bei Debatten um "Identität" öfters mal so vor.
Das würde ich allerdings verneinen, weil ich glaube, dass Identität ungeheuer wichtig ist.
Wobei mir jetzt auch nicht ganz klar ist, welchen Aspekt Du kritisierst. Stört Dich die Verknüpfung von Identität und Wertigkeit?



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Alethos
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Mo 16. Okt 2017, 18:54

Tarvoc hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 20:47
Alethos hat geschrieben :
So 15. Okt 2017, 13:42
Der Punkt, den du ausführen willst, so denke ich, ist, dass es Unterschiede gibt in der Betrachtungs- und Untersuchungsweise von Wirklichkeit, die zu unterschiedlichen Wirklichkeitskonzepten führen. Und mein Punkt ist, dass diese Konzepte nicht allein eine korrekte Wirklichkeitsbeschreibung zum Ziel haben, sondern die Funktion haben, der eigenen Lebenswirklichkeit einen Sinn zu verleihen.
Darf ich fragen, was du unter Sinn verstehst? Es gibt nämlich durchaus Leute, die behaupten, Wissenschaftlichkeit zeichne sich vor anderen Herangehensweisen dadurch aus, dass es ihr eben nicht darum gehe, der Welt Sinn zu verleihen. Diese Leute sind auch nicht alle nur "Naturalisten". Spontan fiele mir Slavoj Žižek als Beispiel ein, der geradezu alle Versuche, in materielle Vorgänge einen aparten Sinn hineinzulesen, als Ideologie diskreditiert. Es kommt aber natürlich eben sehr darauf an, was man hier unter "Sinn" versteht.
Nun ja, es ist natürlich schwierig, deine Frage vom Begriff Sinn her zu beantworten, weil wir sehr schnell in eine definitorische Krise geraten :) Ich möchte klarstellen, dass es mir nicht darum geht zu sagen, dass theoretische Modelle Weltsinn oder so etwas zu stiften in der Lage sind. Es ging mir vielmehr darum hervorzuheben, dass theoretische Modelle von Menschen gedacht werden, die bei der Ausbildung einer Präferenz für ein theoretisches Modell immer und unweigerlich Involvierte sind. Wir bringen bei der Aussage: "Ich bin Empiriker" oder "Ich bin Platoniker" oder "Ich bin Theist" resp. "Atheist" innere Einstellungen zum Ausdruck. Dass wir dies tun, zeigt noch nicht die Überlegenheit dieses theoretischen Modelles, als vielmehr eine innere Verfasstheit.

Aber dann können wir fragen: Was nützen denn unsere Gefühle solchen Modellen? Nichts, natürlich. Ein auf Empirie gründendes Urteil wird dadurch nicht unschärfer, weil Menschen involviert sind. Faktizität wird nicht weniger faktisch, denn gerade in dieser faktizitätsorientierten Methode gründet ja die Stärke des empirischen, realistischen Konzepts. Und ein konstruktivistisches Konzept wird nicht dadurch weniger intersubjektiv, weil Subjekte daran beteiligt sind. Das Modell selbst hat aber sehr wohl Rückwirkung auf den Menschen, denn er hat dieses Modell zu seinem Wahrheitskandidaten erhoben, gerade aus ganz spezifisch persönlichen Gründen, so dass der Mensch in dieser Rückwirkung des Modells auf ihn selbst den Sinn erfährt, von welchem ich spreche: Konsolidierung eines persönlichen Lebens- und Weltbezugs. Dass dies so ist, dass kein Modell dem anderen Apriori überlegen ist, d.h. qua von unseren inneren Einstellungen unabhängigen Kriterien, als Modell dem anderen überlegen sei, erhält Evidenz doch in der Tatsache, dass sich hier und natürlich andernorts auf der Welt gegensätzliche Modelle gegenüberstehen, und keines sich als ein führendes, und schon gar nicht als einziges, durchzusetzen vermag.



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Tarvoc
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Di 17. Okt 2017, 06:29

Tosa Inu hat geschrieben :
Mo 16. Okt 2017, 15:00
Wobei mir jetzt auch nicht ganz klar ist, welchen Aspekt Du kritisierst. Stört Dich die Verknüpfung von Identität und Wertigkeit?
Ja, die stört mich allerdings. Korrigiere mich bitte, wenn ich mich mit dem Folgenden irre, aber mir schien dein Argument ungefähr so motiviert zu sein:

Du willst dir selbst einen "Wert" zusprechen können, und du glaubst, dies ginge nur, wenn ein metaphysischer Identitätsbegriff zu rechtfertigen ist. Du hast Wert als Individuum. Folglich muss ein metaphysischer Identitätsbegriff zu rechtfertigen sein.

In der Logik ist Identität einfach A=A. Will man aus der persönlichen Identität einen Wert ableiten, reicht das aber nicht aus. Man will dann eine inhaltlich bestimmte Identität, ein metaphysisches "Wesen". Max Stirner hat das ja ganz gut kritisiert: Wer ein metaphysisches Wesen voraussetzt, um eine über die logische Identität hinausgehende metaphysische Identität zu postulieren, der hat im Grunde den paradoxen Wunsch, mit etwas identisch sein, das über ihn selbst hinausgeht. Der philosophische Identitätsbegriff selbst wird damit zum Chiffre der Selbstentfremdung. Einerseits ist es vielleicht gar nicht zwingend, dass die Zuschreibung von Wert diese Art von Identität voraussetzt. Andererseits sollte man vielleicht auch den Wertbegriff nicht unkritisiert lassen. Die Frage, die zu stellen wäre, ist, warum im Hinblick auf Individuen überhaupt in Begriffen des "Werts" denken. Als Selbstzweck und Selbstbestimmung lassen sich Individuen auch auffassen, ohne mit einem Wertbegriff operieren zu müssen, und sogar ohne eine über das logische A=A hinausgehende Identität behaupten zu müssen. Die Dialektik hält ja beim Wertbegriff nicht einfach an. Mit jedem Begriff des "Werts" ist ein Begriff des Unwerts bereits mitgedacht. Die Paradoxie ist die, dass wir mit dem Wertbegriff zwar den Gedanken des Selbstzwecks ausdrücken wollten, aber Gefahr laufen, das genaue Gegenteil damit zu erreichen, nämlich die instrumentelle Unterordnung des Individuums unter einen Wert und eine "Identität". (Ist es wirklich reiner Zufall, dass auch Rassisten wie z.B. die identitäre Bewegung auf einer ähnlichen Verknüpfung von Wert und "Identität" bestehen?)



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Di 17. Okt 2017, 08:35

Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 06:29
Korrigiere mich bitte, wenn ich mich mit dem Folgenden irre, aber mir schien dein Argument ungefähr so motiviert zu sein:

Du willst dir selbst einen "Wert" zusprechen können, und du glaubst, dies ginge nur, wenn ein metaphysischer Identitätsbegriff zu rechtfertigen ist. Du hast Wert als Individuum. Folglich muss ein metaphysischer Identitätsbegriff zu rechtfertigen sein.
Nein, ich komme da aus einer ganz anderen Richtung. Der Begriff der Identität ist zentral für die Psychologie. Über keine oder eine diffuse, inkonsistente identität zu verfügen ist Ausdruck einigermaßen knackiger psychischer Störungen.
Identitäten werden im Normalfall kulturell tradiert und auch hier ist mindestens der starke Verdacht da, dass eine Unterversorgung mit Identität, in ein Sinn-Vakuum oder mindestens eine Sinnkrise nach sich zieht.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 06:29
Andererseits sollte man vielleicht auch den Wertbegriff nicht unkritisiert lassen. Die Frage, die zu stellen wäre, ist, warum im Hinblick auf Individuen überhaupt in Begriffen des "Werts" denken.
Das ist eigentlich das, was Du am Begriff der "Würde" verteidigst.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 06:29
Mit jedem Begriff des "Werts" ist ein Begriff des Unwerts bereits mitgedacht.
Ja, aber wenn man sich der Problematik bewusst ist, kann man eben Konstrukte wie Würde oder Buddha-Natur setzen, die eben jedem Menschen zukommen
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 06:29
(Ist es wirklich reiner Zufall, dass auch Rassisten wie z.B. die identitäre Bewegung auf einer ähnlichen Verknüpfung von Wert und "Identität" bestehen?)
Mit "Ist es wirklich reiner Zufall ....? Ist es nicht merkwürdig, dass ...? u. dgl. m. beginnt nahezu jede Verschwörungstheorie.
Politik in Ehren, aber sie ist notgedrungen selektiv und eine Orgie an Projektionen. Darum hilft sie uns hier nicht und treibt bei auf diesem Ohr empfindsamen Menschen nur den Blutdruck hoch.

Politik ist für unseren Thread nur insofern fruchtbar zu machen, als sie eine typisch kulturelle Herangehensweise ist und als solche untersucht wird. Einige Menschen müssen sich alles in Politik übersetzen. Das Ergebnis ist exakt so spannend und unvorhersehbar, wie die Weltdeutung eines radikalen Evangelisten, Atheisten oder Szientisten ... gar nicht. Einmal ist es das Fremde, zum anderen der Neoliberalismus, in der Schnittmenge gerne die "Machtelite", die das schlechthin Böse darstellt.

Der Begriff der Identität ist konstituierend für das Ich, Störungen der Identität en detail auszubreiten ist Otto Kernbergs Lebenswerk, der Sammelbegriff für diese Störungen lautet Identitätsdiffusion oder auch Ich-Schwäche und ich fände es spannend, hier Äquivalente zu finden aus anderen Ansätzen, die sich fragen, wie so ein Ich überhaupt zustande kommt und wie nötig es ist, eines zu haben, über eine gesunde Ich-Identität zu verfügen.



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Tarvoc
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Di 17. Okt 2017, 10:03

Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 08:35
Nein, ich komme da aus einer ganz anderen Richtung. Der Begriff der Identität ist zentral für die Psychologie. Über keine oder eine diffuse, inkonsistente identität zu verfügen ist Ausdruck einigermaßen knackiger psychischer Störungen.
Wie kann eine Identität - philosophisch gesprochen - denn bitte überhaupt inkonsistent oder diffus sein?

Es ist doch recht klar, dass Identitätsbegriff in der Psychologie etwas anderes meint und auch gar nicht zur Bestimmung von Wert in dem Sinne taugt, um den es hier geht. Bei der philosophischen Frage nach dem Wert des Individuums kann es recht offensichtlich nicht um "Selbstwert" im psychologischen Sinne gehen - denn anderenfalls wäre zum Beispiel jemand, der ein schwaches Selbstwertgefühl hat, tatsächlich weniger wert als jemand mit einem starken Selbstwertgefühl, was doch eine recht unschöne Schlussfolgerung wäre. Überhaupt hätte die Psychologie vielleicht besser den Begriff der "Identifizierung" aufgenommen als der der "Identität". Damit würde klar, dass es hier um einen Vorgang psychologischer Integration geht und eben nicht um eine gegebene Identität im philosophischen Sinne.

Übrigens erwähnt der von dir zitierte Wikipedia-Artikel die Idee der "Gruppenidentität". Wenn man wirklich daran seinen individuellen Wert koppeln wollte, wird plötzlich deutlich, wo die logische (und eben nicht nur kontingent politische!) Verbindung zu rassistischen Diskursen besteht. Niemand behauptet, dass man auf soziale Zugehörigkeiten verzichten könnte oder dass dem keine psychologische Relevanz zukäme. Das heißt aber nicht, dass der Identitätsbegriff der Philosophie dafür theoretisch angemessen wäre. Insbesondere das hier ist interessant:
In gewisser Hinsicht dienen Gruppenidentitäten als notwendiger Prozess zur Heranbildung einer eigenen Persönlichkeit, aber sie bleiben stets ein Element der Fremdbestimmung und Zuschreibung. So hat jemand vielleicht kein Coming-out als „lesbisch“ oder „schwul“ freiwillig vollzogen (siehe auch Männer, die Sex mit Männern haben), wird jedoch dennoch von seiner Umgebung manchmal (ob zutreffend oder nicht) als Teil dieser Gruppen bezeichnet.
Willst du dich wirklich darauf einlassen, individuellen Wert an die Gruppenidentität zu koppeln, die in der Realität immer auch auf Fremdzuschreibung und Fremdbestimmung gründet? Genau darum handelt es sich nämlich, wenn man den Wert des Individuums an diesen Begriff von Gruppenidentität koppelt. Genau hier zeigt sich die von mir bereits erwähnte Dialektik: Die Selbstbestimmung des Individuums wird an etwas gekoppelt, das wesentlich auf Fremdbestimmung gründet.
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 08:35
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 06:29
Mit jedem Begriff des "Werts" ist ein Begriff des Unwerts bereits mitgedacht.
Ja, aber wenn man sich der Problematik bewusst ist, kann man eben Konstrukte wie Würde oder Buddha-Natur setzen, die eben jedem Menschen zukommen.
Eine begriffliche Problematik löst sich nicht einfach dadurch auf, dass man sich ihrer bewusst ist. Zumindest hättest du zu sagen, wie diese Problematik damit aufgelöst wird.
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 08:35
Der Begriff der Identität ist konstituierend für das Ich.
Ein einzelner Begriff ist selbstverständlich nicht konstituierend für mich als Person.
Zuletzt geändert von Tarvoc am Di 17. Okt 2017, 10:38, insgesamt 3-mal geändert.



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Tarvoc
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Di 17. Okt 2017, 10:48

Um das vielleicht nochmal klarzustellen: Ich unterstelle niemandem hier Rassismus. Es geht mir vielmehr darum, eine sehr grundsätzliche Kritik am philosophischen Identitätsbegriff zu präsentieren.
Zuletzt geändert von Tarvoc am Di 17. Okt 2017, 10:48, insgesamt 1-mal geändert.



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Di 17. Okt 2017, 10:48

Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Zumindest hättest du zu sagen, wie diese Problematik damit aufgelöst wird.
Die entwertende Komponente wird abgeschwächt, wenn man allen Menschen Würde zuspricht oder Buddha-Natur.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Überhaupt hätte die Psychologie besser den Begriff der "Identifizierung" aufgenommen als der der "Identität".
Hat sie, als "Identifikation", das meint aber was anderes.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Willst du dich wirklich darauf einlassen, individuellen Wert an Identität als Fremdzuschreibung und Fremdbestimmung zu koppeln? Genau darum handelt es sich nämlich, wenn man diesen Begriff von Gruppenidentität mit dem individuellen Wert koppelt.
Was heißt einlassen, es geht ja eher um eine Beschreibung eines existierenden Zustandes:
„Vamik Volkan (1999) hat dargelegt, wie nationale Identität schon früh in die individuelle Ich-Identität durch Sprache, Kunst, Sitten und Gebräuche, Speisen und vor allem transgenerationale Weitergabe von Narrativen historischer Triumphe und Traumata als Teil eines gemeinsamen Kulturguts eingewoben wird. Die individuelle Vielfalt der Menschen, die sich im Umfeld des Kindes und jungen Erwachsenen bewegen und die durch gemeinsame kulturelle Traditionen verbunden sind, trägt so zur Stärkung der Ich-Identität bei: Die Beziehung zu unterschiedlichsten Objekten lässt unterschiedlichste Selbstrepräsentanzen entstehen, die über gemeinsame Merkmale verbunden sind und die im Zuge der Entwicklung von der paranoid-schizoiden zur depressiven Position integriert werden müssen."
(Otto F. Kernberg, Liebe und Aggression, Schattauer 2014, S. 330)

Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Überhaupt kann es bei der philosophischen Frage um den Wert des Individuums nicht um "Selbstwert" im psychologischen Sinne gehen. Anderenfalls wäre jemand, der kein Selbstwertgefühl hat, tatsächlich wertlos.
Warum trennst Du das so rigide? Wert besteht aus Selbst- und Fremdzuschreibungen, das macht auch ihre psychologische Wirksamkeit aus (empathisch mit dem zu sein, also zu wissen, was der andere über mich denkt) und ich würde Philosophen nicht unterstellen a priori Rassisten zu sein, zumal das Aufknacken rassistischer Engführungen ja auch gute philosophische Tradition ist.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Ein einzelner Begriff ist selbstverständlich nicht konstituierend für mich als Person.
Was allerdings auch wiederum gar nicht behauptet wurde. Der einzelne Begriff ist eine dramaturgsiche Steigerung, die nicht von mir ist.



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Di 17. Okt 2017, 10:51

Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:48
Um das vielleicht nochmal klarzustellen: Ich unterstelle niemandem hier Rassismus. Es geht mir vielmehr darum, eine sehr grundsätzliche Kritik am philosophischen Identitätsbegriff zu präsentieren.
Okay, das nehme ich mal so zur Kenntnis, kann nur den Bezug zum doch recht breit angelegten Thema nicht recht erkennen.



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Di 17. Okt 2017, 10:54

Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:48
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Zumindest hättest du zu sagen, wie diese Problematik damit aufgelöst wird.
Die entwertende Komponente wird abgeschwächt, wenn man allen Menschen Würde zuspricht oder Buddha-Natur.
Also du meinst, dass man omnis determinatio est negatio dadurch abschwächt, dass man es leugnet?

Das Problem besteht doch genau darin, dass mit jedem Begriff von Wert ein Begriff von Unwert notwendig mitgedacht ist. Man kommt nicht dadurch darum herum, dass man einfach so tut, als wäre das nicht so.
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:48
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Willst du dich wirklich darauf einlassen, individuellen Wert an Identität als Fremdzuschreibung und Fremdbestimmung zu koppeln? Genau darum handelt es sich nämlich, wenn man diesen Begriff von Gruppenidentität mit dem individuellen Wert koppelt.
Was heißt einlassen, es geht ja eher um eine Beschreibung eines existierenden Zustandes:
„Vamik Volkan (1999) hat dargelegt, wie nationale Identität schon früh in die individuelle Ich-Identität durch Sprache, Kunst, Sitten und Gebräuche, Speisen und vor allem transgenerationale Weitergabe von Narrativen historischer Triumphe und Traumata als Teil eines gemeinsamen Kulturguts eingewoben wird. Die individuelle Vielfalt der Menschen, die sich im Umfeld des Kindes und jungen Erwachsenen bewegen und die durch gemeinsame kulturelle Traditionen verbunden sind, trägt so zur Stärkung der Ich-Identität bei: Die Beziehung zu unterschiedlichsten Objekten lässt unterschiedlichste Selbstrepräsentanzen entstehen, die über gemeinsame Merkmale verbunden sind und die im Zuge der Entwicklung von der paranoid-schizoiden zur depressiven Position integriert werden müssen."
(Otto F. Kernberg, Liebe und Aggression, Schattauer 2014, S. 330)
Soll das heißen, es ist ein existierender Zustand, dass Menschen nur dann einen Wert haben, wenn sie zu einer Nation gehören? :shock: :shock: :shock: Ich hoffe wirklich, dass ich dich gerade falsch verstehe.

(Übrigens hoffe ich auch, dass ich die Psychologen hier falsch verstehe. Dass man ein Nationalbewusstsein haben muss, um nicht paranoid-schizoid zu werden, würde ich auch rundheraus bestreiten.)
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:48
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Überhaupt kann es bei der philosophischen Frage um den Wert des Individuums nicht um "Selbstwert" im psychologischen Sinne gehen. Anderenfalls wäre jemand, der kein Selbstwertgefühl hat, tatsächlich wertlos.
Warum trennst Du das so rigide?
Das steht doch da. Ich trenne das so rigide, weil man sich sonst die von mir erwähnte Schlussfolgerung einkauft.
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:48
ich würde Philosophen nicht unterstellen a priori Rassisten zu sein
Die Behauptung war die einer Strukturanalogie zwischen dem philosophischen Identitätsbegriff und dem der Rassisten.

Übrigens sind nicht alle Philosophen Identitätsdenker. Es gibt sogar eine ganze Reihe von Philosophen, die diesen Identitätsbegriff kritisieren.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Ein einzelner Begriff ist selbstverständlich nicht konstituierend für mich als Person.
Was allerdings auch wiederum gar nicht behauptet wurde. Der einzelne Begriff ist eine dramaturgsiche Steigerung, die nicht von mir ist.
Du hattest geschrieben, der Begriff der Identität sei konstituierend für die Person. Willst du bestreiten, dass das ein einzelner Begriff ist?



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Di 17. Okt 2017, 12:56

Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:54
Das Problem besteht doch genau darin, dass mit jedem Begriff von Wert ein Begriff von Unwert notwendig mitgedacht ist.
Würde ich noch nicht mal zwingend so sehen. Etwas als wertvoll oder identitätsstiftend zu erachten, muss gar nicht notgedrungen bedeuten anderes zu entwerten.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:54
Soll das heißen, es ist ein existierender Zustand, dass Menschen nur dann einen Wert haben, wenn sie zu einer Nation gehören?
Zumindest ich habe es deutlich anders verstanden.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Du hattest geschrieben, der Begriff der Identität sei konstituierend für die Person. Willst du bestreiten, dass das ein einzelner Begriff ist?
Ich empfinde das als zu kleinteilig und breche es hier ab.

Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass Du hier eine irgendwie politische Debatte eröffnen willst, ich aber nicht.
Gerne in beliebig vielen anderen Threads, hier soll es bitte um die Lücke zwischen Materie und Bewusstsein gehen.
Den Begriff der Identität halte ich für wichtig, weil er mit dem Weltbild und den Einstellungen eines Menschen zu tun hat. Die haben m.E. einen großen Einfluss darauf, wie er Welt erlebt, sogar wenn Welt materiell auf ihn einwirkt. Bspw. sieht man das bei der Verstärkung, Hemmung und Überlagerung von Erwartungen und chemischer Wirkung etwa bei dem Phänome von Placebo-/Nocebo-Effekt.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Di 17. Okt 2017, 13:13

Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 12:56
Etwas als wertvoll oder identitätsstiftend zu erachten, muss gar nicht notgedrungen bedeuten anderes zu entwerten.
Der Punkt ist, dass das gar nichts aussagt, wenn es nicht irgendeinen Kontrast darstellt.
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 12:56
Ich habe nach wie vor das Gefühl, dass Du hier eine irgendwie politische Debatte eröffnen willst, ich aber nicht.
Der Begriff der Identität, um den es hier geht, hat nunmal auch politische Implikationen. Selbst in dem Artikel zum psychologischen Identitätsbegriff ging es u.A. um nationale Identität. Willst du bestreiten, dass das eine Frage mit politischer Implikation ist?
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 12:56
Den Begriff der Identität halte ich für wichtig, weil er mit dem Weltbild und den Einstellungen eines Menschen zu tun hat.
Wenn es um Weltbild und Einstellungen gehen soll, warum redet man dann nicht über Weltbild und Einstellungen, sondern über Identität?



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Tosa Inu
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Di 17. Okt 2017, 21:16

Mal als fragende Anregungen in die allgemeine Runde gestellt:

Was meint Ihr eigentlich, wo Körper und Psyche oder Geist sich begegnen, wo der Umschlagpunkt ist?

Wie wird aus dem Körpergemansche so etwas wie ein konsistentes Ich oder Selbst?
Gibt es einen primären Akt, der das befeuert haben könnte? Ist es, wenn jemand zum ersten Mal etwas bewusst oder experimentell, oder gar mit Schrecken selbst macht, anders macht, abweicht? Das Ich des "Ich kann auch anders"?

Steht da eine neuronale Entstehungsgeschichte Pate und irgendwann ist da ein neuronaler Zündfunke? Vielleicht durch zufälliges Synapsensprießen, im Zuge gleichstarker reaktionsauslösener Reize? Das Ich als Übersprungshandlung? Oder im Rahmen der Langeweile? Warum setzt sich das durch, fort, wo ist der Vorteil? Braucht nicht das erste Ich schon ziemlich notgedrungen Mitspieler? Wie kann diese Anschlussfähigkeit gegeben sein, so gnaz am Anfang?

Wo begegnet uns heute noch dieser Umschlagpunkt von Körper und Psyche? Im Halbschlaf, in psychosomatischen Symptomen, beim Stress?

Die Idealisten sahen das Ich als Klammer die Innen und Außen verband. Erst im und durch das Ich wird auch die Natur zu dem, was sie ist. Zu einem Erlebnis.

Was ist mit sprituellen Einheitserfahrungen, die gewohnte Grenzen transzendieren. Nur Hirngewitter? Wie kommt es zu diesem Empfindungen, was zeigen sie, was nicht?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Herr K.
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Di 17. Okt 2017, 22:46

Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 21:16
Was meint Ihr eigentlich, wo Körper und Psyche oder Geist sich begegnen, wo der Umschlagpunkt ist?
Du stellst komische Fragen. Diese Frage hier setzt einen Dualismus voraus, einen solchen muss man aber nicht annehmen. Wenn Körper und Psyche eins sind, dann begegnen sie sich logischerweise nicht, sind keine Gegensätze.
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 21:16
Wie wird aus dem Körpergemansche so etwas wie ein konsistentes Ich oder Selbst?
Es gibt kein "das Ich" - außer einer Band aus Bayern, die so heißt. 8-)

Falls die Frage aber so lauten soll: wie entsteht eine Person mit Selbstbewusstsein? - dann denke ich, dass dies nur in sozialen Bezügen in jungen Jahren der Fall sein kann - wiewohl die Anlagen dazu vorhanden sein müssen.

Was meinst Du eigentlich genau mit "das Ich"? So eine Art eigenständiger, außenstehender Homunkulus, der den Körper wie eine Marionette steuert, ein Puppenspieler? Wenn nicht so: was sonst?
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 21:16
Wo begegnet uns heute noch dieser Umschlagpunkt von Körper und Psyche?
Was für ein Umschlagpunkt?
Tosa Inu hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 21:16
Was ist mit sprituellen Einheitserfahrungen, die gewohnte Grenzen transzendieren. Nur Hirngewitter?
Ja, nur Hirngewitter, Einbildungen, Halluzinationen. Was denn auch sonst, etwa der Zugang zu anderen Welten?




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Tarvoc
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Di 17. Okt 2017, 22:50

Herr K. hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 22:46
Ja, nur Hirngewitter, Einbildungen, Halluzinationen. Was denn auch sonst, etwa der Zugang zu anderen Welten?
Wenn sich denn wissenschaftlich überprüfbare Hinweise auf Letzteres finden ließen, warum auch nicht? Im Moment gibt's meines Wissens keine.



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Tosa Inu
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Mi 18. Okt 2017, 09:45

Herr K. hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 22:46
Falls die Frage aber so lauten soll: wie entsteht eine Person mit Selbstbewusstsein? - dann denke ich, dass dies nur in sozialen Bezügen in jungen Jahren der Fall sein kann - wiewohl die Anlagen dazu vorhanden sein müssen.
Ja, das denke ich auch.
Herr K. hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 22:46
Was meinst Du eigentlich genau mit "das Ich"? So eine Art eigenständiger, außenstehender Homunkulus, der den Körper wie eine Marionette steuert, ein Puppenspieler? Wenn nicht so: was sonst?
Der kritisierte Homunkulus existiert nur in den Lehrbüchern der Neurologie, als über das Hirn sich ausbeitende Projektion. Ich kenne keinen Menchen, der so empfindet.

"Das Ich" gibt es in dem Sinne nicht, in dem es "den Menschen" auch nicht gibt. Wer von "der Mensch" redet, meint eine alle verbindende Gemeinsamkeit oder Konstante. Analoges gilt für "das Ich", was man als kohärentes Selbstbild beschreiben kann.
Einen Homunkulus zu empfinden wüde ich eher als dissoziative Störung sehen, mein (glaube ich vollkommen normales/durchschnittliches) Empfinden ist das einer all mein Erleben begleitenden Einheit. Wenn man mich fragt, ob ist gestern da und da war, dies und das gegessen oder gesagt habe, oder ob dies oder das meine Einstellung ist, dann kann ich dazu stehen und sagen: Ja, war ich, habe ich, fühle ich, denke ich, oder eben gemäß meines Eindruckes korrigieren, dass ich das nicht tue. Und auch wenn ich gesterm um 17.00 Uhr woanders war als Du, ist das was uns verbindet vermutlich dieses kohäretes Selbsterleben zu haben.
Dass man (ich natürlich auch) mitunter das Gefühl haben kann, es gäbe "zwei Herzen, ach in meiner Brust", dass man sich nicht so recht entscheiden kann, der Geist willig, aber das Fleisch schwach ist, ist normal, denn das erlebe ich ja, manchmal konflikthaft. Ich kann es ja auch so formulieren, dass ich es erlebe und vielleicht ein wenig darunter leide.

Nun gibt es verschiedene Grade, in denen diese Einheit des Ich zerfallen kann. Unter extremem(!) Stress kann das Ich als Einheit des "ich erlebe und bin das" aussteigen, manchmal mit dem Gefühl verbunden, man nehme all das von außen wahr, manchmal fühlt man einfach gar nichts und erinnert sich später auch nicht. Das ist ein echtes Trauma, wenn es in annähernd lebensbedrohlichen und nicht integrierbaren Kontexten vorkommt.

Ein Psychotiker hat im Rahmen einer akuten Psychose manchmal tatsächlich das Gefühl er würde buchstäblich von außen gesteuert, gehemmt oder gezwungen, bestimmte Dinge zu tun oder zu sagen. Er ist tatsächlich nicht in der Lage die Urheberschaft seiner Worte und Taten anzuerkennen, weil es es anders empfindet. Die Psychose ist allerdings dadurch definiert, kein Ich zu haben. (Auch wenn das im subjektive Erleben zuweilen bedeuten kann, es gäbe nur mich/das Ich.)

Die häufigste Form der Dissoziation ist das der Spaltung zwischen kognitiven und emotionalen Inhalten. Jemand stellt einen anderen Menschen als den einzigen dar, der ihn je verstanden hätte und dass man sich blind verstehen würde, 15 Minuten später ist derselbe Mensch ein durchtriebener Idiot, dem man kein Stück vertraut und dem man sich im Grunde kein bisschen verbunden fühlt. Angesprochen auf den völlig abweichenden Inhalt der beiden Aussagen, sind diese kognitiv bewusst - man leugnet nicht, dass man das beides gesagt hat - kann aber überhaupt nicht erklären, wie dieser Widerspruch zustande kommt und ist auch nicht sonderlich irritiert davon. VIelleicht genervt davon, dass man gerade so traktiert wird, im Leben erlebt man das aber nicht als irgendwie problematischen Bruch. Das wäre ein nicht kohärentes Ich mit einer sog. Identitätsdiffusion, von der es mehrere Spielarten gibt.
Noch immer ein Ich, aber ein für den Beobachter gespaltenes (was aber nichts mit Schizophrenie zu tun hat), selbst aber nicht so erlebendes Ich.
Herr K. hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 22:46
Wenn Körper und Psyche eins sind, dann begegnen sie sich logischerweise nicht, sind keine Gegensätze.
Herr K. hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 22:46
Was für ein Umschlagpunkt?
Der, der Dich möglicherweise gelegentlich sagen lässt, dass Dein Nacken verspannt ist, Dein Magen rebelliert oder Dein Knie schmerzt.
Gestaltpsychologen könnten Dir damit auf die Nerven gehen, dass sie Dich versuchen darauf aufmerksam zu machen, dass all das tatsächlich nicht Dein Nacken oder Magen ist, sondern, dass Du das bist. D.h. wir schieben Dinge und Bereiche, die wir als natürlicherweise zu uns gehörend ansehen würden, im normale Sprachspiel (falls Du nie so redest, es gibt Menschen, die es tun) aus unserem Bereich der Identifikation heraus.
Herr K. hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 22:46
Ja, nur Hirngewitter, Einbildungen, Halluzinationen. Was denn auch sonst, etwa der Zugang zu anderen Welten?
Zugang zu Erfahrungen, die man machen kann, die auch statistisch gar nicht selten sind, bezogen auf die Zahl der Menschen, die solche Erlebnisse hatten, aber in der Regel selten, bezogen auf die Häufigkeit der Erlebnisse im Vergleich mit normalen Erlebnissen, in denen außergewöhnliche Erfahrungen nicht auftreten, sonst hätten sie auch einen anderen Namen.

Da man testen kann, ob jemand halluziniert und auch, ob jemand dazu neigt, kann man dies auch tun und der Test kann ja negativ ausfallen (= jemand halluziniert nicht). Falschen Zuschreibungen kann kann in der Regel ja auch auf die Spur kommen. Nur muss es natürlich gute Gründe dafür geben, denn eine prima facie Berechtigung zur Deutung eigener Erfahrungen/Erlebnisse hat man auch in solchen Fällen. Die kann man jemandem absprechen (es ist das was deutende Psychologen andauernd tun), aber es müssen gute Gründe vorliegen und es muss die Deutung auch als die plausiblere angenommen werden.

Ansonsten muss man aushalten, dass der eine es so und der andere eben anders deutet. Beide werden vermutlich denken, ihre Sicht sei zutreffender (was aber auch vom kulturellen Kontext abhängt), wir neigen ein wenig dazu das rationalere Konzept zu bevorzugen und haben nicht so sehr auf dem Schirm, dass es auch eine Spaltung oder mindestens Abwehr gegen Gefühle geben kann, die andere Seite der Abwehr gegen das Verstehen.



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Tarvoc
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Mi 18. Okt 2017, 09:58

Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 09:45
Wenn man mich fragt, ob ist gestern da und da war, dies und das gegessen oder gesagt habe, oder ob dies oder das meine Einstellung ist, dann kann ich dazu stehen und sagen: Ja, war ich, habe ich, fühle ich, denke ich, oder eben gemäß meines Eindruckes korrigieren, dass ich das nicht tue. Und auch wenn ich gesterm um 17.00 Uhr woanders war als Du, ist das was uns verbindet vermutlich dieses kohäretes Selbsterleben zu haben.
Aber wo ist die Kohärenz bei "Ich erinnere mich nicht"? ;)
Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 09:45
Gestaltpsychologen könnten Dir damit auf die Nerven gehen, dass sie Dich versuchen darauf aufmerksam zu machen, dass all das tatsächlich nicht Dein Nacken oder Magen ist, sondern, dass Du das bist.
Dass die Sprache ein Possessivpronomen verwendet, wo eigentlich ein anderer Ausdruck der Zugehörigkeit angebracht wäre, der aber leider im Deutschen und in den meisten europäischen Sprachen (k.A. wie es bei nicht-europäischen ist) fehlt, ist in der Tat ein Problem - aber ein grammatisches, kein metaphysisches und streng genommen noch nicht mal ein psychologisches. Wirklich niemand käme auf die Idee, zu sagen, dass mein Magen schmerzt und dass ich Schmerzen im Magen empfinde, seien zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschlössen. Also niemand außer Gestaltpsychologen. :mrgreen:
Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 09:45
Ansonsten muss man aushalten, dass der eine es so und der andere eben anders deutet. Beide werden vermutlich denken, ihre Sicht sei zutreffender (was aber auch vom kulturellen Kontext abhängt), wir neigen ein wenig dazu das rationalere Konzept zu bevorzugen und haben nicht so sehr auf dem Schirm, dass es auch eine Spaltung oder mindestens Abwehr gegen Gefühle geben kann, die andere Seite der Abwehr gegen das Verstehen.
Das Problem scheint mir eher darin zu bestehen, dass auch hier im Westen die meisten Menschen nicht wirklich in wissenschaftlicher Methodik geschult sind.



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Mi 18. Okt 2017, 10:26

Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Wie kann eine Identität - philosophisch gesprochen - denn bitte überhaupt inkonsistent oder diffus sein?

Es ist doch recht klar, dass Identitätsbegriff in der Psychologie etwas anderes meint und auch gar nicht zur Bestimmung von Wert in dem Sinne taugt, um den es hier geht.
Ich habe ja explizit von der psychologischen Identität gesprochen, also geht es auch um die.

Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Bei der philosophischen Frage nach dem Wert des Individuums kann es recht offensichtlich nicht um "Selbstwert" im psychologischen Sinne gehen - denn anderenfalls wäre zum Beispiel jemand, der ein schwaches Selbstwertgefühl hat, tatsächlich weniger wert als jemand mit einem starken Selbstwertgefühl, was doch eine recht unschöne Schlussfolgerung wäre.
Dann müssten Philosophen aber Idioten sein, die kein Sprachgefühl haben. Das glaube ich nicht.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Überhaupt hätte die Psychologie vielleicht besser den Begriff der "Identifizierung" aufgenommen als der der "Identität". Damit würde klar, dass es hier um einen Vorgang psychologischer Integration geht und eben nicht um eine gegebene Identität im philosophischen Sinne.
Hat sie aber nicht und es geht auch nicht um psychologische Integration, als Internalisierung, sondern schon um das Gefühl der Identität: Wer bin ich, wo komme ich her, was macht mich aus? Nahe am alltagssprachlichen Verständnis. Psychologen, die die Identität von jemandem testen wollen, fragen auch genau das, nämlich was diesen Menschen, aus seiner Sicht einzigartig macht, was ihn von anderen unterscheidet, was ihn auszeichnet.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Übrigens erwähnt der von dir zitierte Wikipedia-Artikel die Idee der "Gruppenidentität". Wenn man wirklich daran seinen individuellen Wert koppeln wollte, wird plötzlich deutlich, wo die logische (und eben nicht nur kontingent politische!) Verbindung zu rassistischen Diskursen besteht.
Den Artikel habe ich nicht geschrieben, tatsächlich nicht mal zitiert, sondern nur verlinkt, in der Absicht zu zeigen, dass der Begriff der Existenz breit ist.
Dafür, dass Du erneut versuchst eine Rassismus-Diskussion hier reinzuquälen besteht keine Notwendigkeit, außer, dass Du offenbar in dieser Hinsicht starken Druck auf der Düse hast. ;) Ist aber nicht mein Ding, es spricht ja nichts dagegen einen Rassismus Thread zu eröffnen, hier sehe ich nicht, wie uns das weiter bringt.
Tarvoc hat geschrieben :
Di 17. Okt 2017, 10:03
Niemand behauptet, dass man auf soziale Zugehörigkeiten verzichten könnte oder dass dem keine psychologische Relevanz zukäme. Das heißt aber nicht, dass der Identitätsbegriff der Philosophie dafür theoretisch angemessen wäre. Insbesondere das hier ist interessant:
In gewisser Hinsicht dienen Gruppenidentitäten als notwendiger Prozess zur Heranbildung einer eigenen Persönlichkeit, aber sie bleiben stets ein Element der Fremdbestimmung und Zuschreibung. So hat jemand vielleicht kein Coming-out als „lesbisch“ oder „schwul“ freiwillig vollzogen (siehe auch Männer, die Sex mit Männern haben), wird jedoch dennoch von seiner Umgebung manchmal (ob zutreffend oder nicht) als Teil dieser Gruppen bezeichnet.
Willst du dich wirklich darauf einlassen, individuellen Wert an die Gruppenidentität zu koppeln, die in der Realität immer auch auf Fremdzuschreibung und Fremdbestimmung gründet? Genau darum handelt es sich nämlich, wenn man den Wert des Individuums an diesen Begriff von Gruppenidentität koppelt. Genau hier zeigt sich die von mir bereits erwähnte Dialektik: Die Selbstbestimmung des Individuums wird an etwas gekoppelt, das wesentlich auf Fremdbestimmung gründet.
Es ist nicht die Frage, ob ich das will, sondern wie so etwas zustande kommt. Wenn ich ein von der Gesellschaft abweichendes Verhalten zeige und psychisch halbwegs normal bin, werde ich wissen, dass ich dieses abweichende Verhalten, Erleben oder Denken zeige oder habe. In einer Gesellschaft, die Homosexuelle tötet könnte das u.U. lebenswichtig sein. Zeige ich ein Verhalten oder Neigungen, die von allen verachtet werden, hat das natürlich Einfluss auf mein Selbstbild, auch auf mein Selbstwertgefühl. Es ist sehr stabilisierend, wenngleich oft unerkannt und unterschätzt, wenn man als normal durchgeht und nich auffällt. Schon ein gut sichtbarer Neurodermitis Schub kann dazu führen, dass man sich angeglotzt fühlt, weil man weiß, dass man es wird.

Und natürlich hat man das Bild der Öffentlichkeit verinnerlicht. Wenn man Rückenschmerzen hat, hat man auch eine innere Stimme, die weiß, wie es eingeordnet wird, dass jemand "auf Rücken macht" und dass das eine gewisse Zeit tolieriert wird, danach "dann aber auch mal wieder gut sein muss". Wenn es aber nicht gut ist, hat man ggf. noch immer Schmerzen, im schlimmen Fall ohne hinreichend spektakulären Befund und noch den Druck der gesellschaftlichen Meinung im Nacken, weil man natürlich die Werte der eigenen Gesellschaft kennt, aus der man stammt und sie internalisiert hat.

Homosexuelle wissen sehr genau, dass es in Teilen eine öffentliche Meinung gibt, die überwiegend sagt: "Hach, ist doch alles kein Problem" und zugleich den Wunsch vieler Eltern, ihnen und ihren Kindern möge diese völlige Problemlosigkeit doch am besten erspart bleiben. Keine Frage, dass es auch Eltern gibt, die das tatsächlich als unpropblematisch sehen, wäre es das durch und durch, wäre Homosexualität heutre einfach überhaupt kein Thema mehr. Dann wäre der Satz "Ich bin schwul" so normal wie "Ich esse gerne Pizza." Das ist nicht der Fall.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

Tosa Inu
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Mi 18. Okt 2017, 10:29

Hä, wo ist denn der Beitrag geblieben, auf den ich eben geantwortet habe?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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