Wahrheitskriterium/Wahrheitsdefintion

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Sa 10. Feb 2018, 18:01

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 17:52
Dennoch könnte man der Auffassung sein, letztlich sei das alles physisch/materiell, nur eben so nicht erklärbar.
Und das ist halt kein ontologischer Pluralismus. Da beißt die Maus keinen Faden ab.




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Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 17:46
Nochmal die Frage: Mit welchem Argument klassierst du physikalische Dinge als ontologische und alle anderen Dinge als epistemologische?
Mit der Frage nach dem, was bleibt oder noch ist, wenn man alles Physische aus der Welt entfernt.
Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 17:46
Dass die Winkelsumme in Dreiecken immer gleich bleibt, hat ja kaum mit der epistemischen Erschliessung zu tun, als vielmehr mit der Tatsache, dass es über eine Form, die drei Ecken hat, wahr ist, dass sie ein Dreieck ist :)
Die Frage ist, ob das eine komische Wahrheit oder menschliche Erkenntnis ist. Ist es eine menschliche Erkenntnis, wäre das für mich ontologisch abhängig und ein Psychologismus.
Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 17:46
Ich meine, die Existenz von sprachlichen oder gedanklichen Dingen sind an die Epistemologie geknüpft, aber deshalb ist sie nicht ontologisch zweitrangig.
Nicht zweitrangig, sondern abhängig von oder Physis.
Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 17:46
Der Gedanke entspringt dem Denken, das Denken einer epistemologischen Verfasstheit, aber als Gedanke ist er Seiendes und als Seiendes ist er ontologisch lupenrein.

Im anderen Thread, wo es um kausale Ermergenz geht, rechnen uns Mathematiker vor, dass Kausalität nicht monistisch gedacht werden kann, sondern dass Kausalität immer wieder emergiert, neu entsteht.
Nicht, nicht monistisch, nicht reduktionistisch, das ist ein Unterschied.
Der Physikalismus muss aber nicht erklärend reduktonistisch sein, sondern er kann auch holistisch sein, darauf weist der Artikel hin.
Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 17:46
Die Existenz eines Gedankens und von Denkinhalten hat also nicht einfach nur die atomare Struktur des Hirns zur Ursache, sondern entsteht auf Basis eines neuen ontologischen Fundaments, so dass sie als der reinen physischen Verfasstheit kausal entwachsen gelten können.
Es heißt ja dort erst mal nur, dass sich kleinere Einheiten nach den "Bedürfnissen" der größeren richten und das Größere nicht aus dem Kleineren erklärt werden kann.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Sa 10. Feb 2018, 18:13

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:01
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 17:52
Dennoch könnte man der Auffassung sein, letztlich sei das alles physisch/materiell, nur eben so nicht erklärbar.
Und das ist halt kein ontologischer Pluralismus. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Nein, ein Monismus ist kein Pluralismus.
Hat aber auch nie jemand behauptet.
Behauptet wurde, dass ein ontologischer Monismus (der Physikalismus) + ein erkenntnistheoretischer Pluralismus das ist, heute vertreten wird.
Bestimmte Hardliner vertreten zwar tatsächlich einen ontologischen und erkenntnistheoretischen Physikalismus, müssen das was sie damit aber nicht erklären können, stets (seit Jahrzehnten schon) auf ein besseres Morgen vertagen. Gabriel vertritt einen ontologischen + erkenntnistheoretischen Pluralismus, kann aber (zumindest mir und wohl auch Herr K.) nicht plausibel machen, was seinen ontologischen Pluralismus ausmacht. M.M.n. ist das einfach ein verkappter erkenntnistheoretischer Pluralismus.

Gnaz ähnlich wie die radikalen Konstruktivisten ja ihre ontologische Abstinenz beschwören und die ontologischen Implikationen ihres Ansatzes selbst nicht sehen, oder aktiv leugnen.



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Sa 10. Feb 2018, 18:21

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:01
Mit der Frage nach dem, was bleibt oder noch ist, wenn man alles Physische aus der Welt entfernt.
Das ist jedoch eine Frage, die offenbar einen wichtigen Punkt "vergisst". Stellen wir uns ein X vor. X hat eine Reihe von notwendigen Eigenschaften, die zusammen genommen hinreichend sind. Entfernt man eine der notwendigen Eigenschaften verschwindet X. Stellen wir uns um des Argumentes willen vor, alles, was es gibt, hätte "physisch sein" als eine von vielen notwendigen Eigenschaften. Wenn man alles Physische aus der Welt entfernt, verschwinden alle Xe. Daraus folgt jedoch schlichtweg nur, dass alles "physisches" als notwendige Eigenschaft aufweist. Es folgt jedoch nicht, dass es nur Physisches gibt. Mit anderen Worten, die Frage führt zu nichts.




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Sa 10. Feb 2018, 18:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:21
Daraus folgt jedoch schlichtweg nur, dass alles "physisches" als notwendige Eigenschaft aufweist. Es folgt jedoch nicht, dass es nur Physisches gibt. Mit anderen Worten, die Frage führt zu nichts.
Wenn alle X nun notwendige physikalische Eigenschaften besitzen und ohne die nicht existieren können, klingt das für mich verdammt nach Physikalismus.

Andersherum würde es die Weltmeere nicht im geringsten tangieren, wenn wir die Logik oder Fiktionalität aus der Welt streichen. Sieht nach einer recht harten und hartnäckigen Asymmetrie aus. Meere können ganz ohne Fiktionales existieren, aber kann Fiktionales ganz ohne Physis existieren? Schwerlich.



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Sa 10. Feb 2018, 18:48

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:32
Wenn alle X nun notwendige physikalische Eigenschaften besitzen und ohne die nicht existieren können, klingt das für mich verdammt nach Physikalismus.
Aber nach Klang geht es nicht. Dass eine Eigenschaft notwendig ist, bedeutet nicht, dass sie hinreichend ist und daraus folgt, dass deine Frage ihr Ziel verfehlt. Daran gibt es nicht viel zu deuteln schätze ich.




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Sa 10. Feb 2018, 18:56

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:48
Dass eine Eigenschaft notwendig ist, bedeutet nicht, dass sie hinreichend ist und daraus folgt, dass deine Frage ihr Ziel verfehlt. Daran gibt es nicht viel zu deuteln schätze ich.
Physis ist für die Logik notwendig, meinetwenigen nicht hinreichend (aber wenn Logik etwas ist, was eine Schlussfolgerung in vernunftbegabten Wesen ist, dann sogar das). Logik ist für die Weltmeere weder hinreichend noch notwendig.
Das kannst Du zwar ignorieren oder versuchen zu relativieren, aber mich überzeugst Du damit nicht. Es gibt da also jede Menge zu deuteln und wie Du diese gravierende Asymmetrie, die ständig durchdrückt, begründet aus der Welt schaffen willst, kann ich nicht mal im Ansatz erkennen.



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Alethos
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Sa 10. Feb 2018, 18:57

Wenn man von einem physischen Ding alles Gedachte abzieht bleibt es ein physisches Ding. Wenn man aber von einem gedachten Ding alles Physische abzieht, bleibt nichts. Das ist dein Argument?

Aber was hat das für eine Aussagekraft mit Betreff auf die ontologische Selbständigkeit von Dingen? Die einen sind abhängig von ihrer Physis und die anderen von einer Physis, die sie bedenkt. Das berechtigt nicht zu sagen, alles sei Physik, denn offenbar ist die physische Komponente nur eine notwendige Bedingung unter vielen, und keine hinreichende, durch die ein nichtphysisches Ding ist.



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Jörn Budesheim
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Sa 10. Feb 2018, 19:03

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:56
Logik ist für die Weltmeere weder hinreichend noch notwendig.
Was willst du damit sagen? Wofür oder wogegen soll das ein Argument sein?




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Alethos
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Sa 10. Feb 2018, 19:05

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:56
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:48
Dass eine Eigenschaft notwendig ist, bedeutet nicht, dass sie hinreichend ist und daraus folgt, dass deine Frage ihr Ziel verfehlt. Daran gibt es nicht viel zu deuteln schätze ich.
Physis ist für die Logik notwendig, meinetwenigen nicht hinreichend (aber wenn Logik etwas ist, was eine Schlussfolgerung in vernunftbegabten Wesen ist, dann sogar das). Logik ist für die Weltmeere weder hinreichend noch notwendig.
Das kannst Du zwar ignorieren oder versuchen zu relativieren, aber mich überzeugst Du damit nicht. Es gibt da also jede Menge zu deuteln und wie Du diese gravierende Asymmetrie, die ständig durchdrückt, begründet aus der Welt schaffen willst, kann ich nicht mal im Ansatz erkennen.
Ansätze habe ich viele geliefert. Die Annahme, Logik entstehe im Kopf, sei ein psychologistischer Fehlschluss, war so ein Ansatz, den du fleissig unterschlägst :)

Es ist nicht möglich zu denken, dass das Wasser der Meere losgelöst von Naturgesetzen existiere. Es ist eine notwendige Bedingung von Physis, dass es Gesetzen gehorche, die konstant sind. Und diese Gesetze bilden eine innere Logik aus, ohne die sie gar nicht wären. Und so ist es mit Zahlen und mit allem überhaupt, dass ihnen eine Seinslogik innewohne, die nicht den Köpfen entspringen muss, damit sie sei.

Jedenfalls ist nicht einsichtig zu machen, dass Physis die Basis allen Seins darstelle.



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So 11. Feb 2018, 08:49

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 19:03
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:56
Logik ist für die Weltmeere weder hinreichend noch notwendig.
Was willst du damit sagen? Wofür oder wogegen soll das ein Argument sein?
Das ist ein Argument für die Asymmetrie, die zwischen z.B. der Logik, aber auch dem Fiktionalen und dem Physischen besteht.
Das Physische braucht weder die Logik, noch die Fiktionalität, weder als notwendige, noch als hinreichende Bedingung für seine Existenz. (Weiteres iin der Antwort an Alethos, danach.)
Logik und das Fiktionale brauchen ihrerseits das Physische mindestens als notwendige, evtl. aber sogar als hinreichende Bedingung.
In beiden Fällen drängt sich der Verdacht stark auf, dass die Logik und das Fiktionale damit einfach ontologische Spielarten der Materie sind.
Zwar nicht durch die Physik zu erklären, aber das setzt ein physikalischer Monismus auch nicht voraus.



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So 11. Feb 2018, 09:25

Tosa Inu hat geschrieben :
So 11. Feb 2018, 08:49
In beiden Fällen drängt sich der Verdacht stark auf, dass die Logik und das Fiktionale damit einfach ontologische Spielarten der Materie sind.
Dafür müsstest du allerdings ein ziemlich triftiges Argument vorbringen, denn dieser "Verdacht" drängt sich keineswegs auf. Ich denke eher, dass sich hier ein Vorurteil in Szene setzt, nämlich die alte metaphysische Angewohnheit, dass das Verschiedene am Ende doch nur Eins ist.




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So 11. Feb 2018, 09:33

Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 19:05
Ansätze habe ich viele geliefert. Die Annahme, Logik entstehe im Kopf, sei ein psychologistischer Fehlschluss, war so ein Ansatz, den du fleissig unterschlägst :)
Erstens, unterschlage ich da nichts, sondern in dem Psychologismus-Thread haben wir genau das breit diskutiert.
Zweitens, das Ergebnis war, dass den Platonismus (= der Gegenentwurf zum Psychologismus) niemand vertreten wollte und herauskam, dass die platonistischen Ansätze (= Logik ist eine eigene Welt) a) im Thread nicht erweisen konnten, dass dies so ist, b) wo die logische Welt sich ggf. befindet und c) wie sie auf die materielle Einfluss nimmt. d) erwies sich, dass die klassisch platonischen Ansätze und Einwände gegen den Psychologismus, vor allem von Frege und Husserl, heute beide nicht mehr ernst genommen werden (ich habe die Stelle aus standord.edu zitiert).
Drittens, ist der Psychologismus kein Fehlschluss (wenn doch, wo und warum?), sondern einfach der alternative Ansatz zum Platonismus.
Platonismus bedeutet, es gibt eine eigene logische Welt, irgendwo jenseits der physkalischen.
Psychologismus bedeutet, dass die Logik eine anstrahierende Konsequenz des menschlichen Denkens und seiner Alltagspraktiken ist.
Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 19:05
Es ist nicht möglich zu denken, dass das Wasser der Meere losgelöst von Naturgesetzen existiere. Es ist eine notwendige Bedingung von Physis, dass es Gesetzen gehorche, die konstant sind. Und diese Gesetze bilden eine innere Logik aus, ohne die sie gar nicht wären.
Diese Diskussion haben Herr K., er vorrangig, und auch ich in einem ganz anderen Forum schon mal geführt. Es ist nicht so, dass es notwendigerweise Naturgesetze geben muss, alternativ werden sogenannte Gesetzmäßigkeiten der Natur (Laws oft Nature) diskutiert.

Der Unterschied ist der, dass Naturgesetze eine irgendwo und irgendwie festgeschriebene/manifeste Notwendigkeit implizieren, nach denen sich die Materie zu verhalten hat, eine zwingende Notwedigkeit, die besagt, dass Elektronen immer negativ geladen und so und so groß sein müssen.
Die Laws of Nature sind Gesetzmäßigkeiten, die sich aus dem schieren Dasein von etwas ergeben. Es gibt nun mal Atome und aus der Tatsache, dass es sie gibt und sie bestimmte Eigenschaften haben, ist dies und das ein Ergebnis, eine Konsequenz, z.B. dass Protonen sich gegenseitig abstoßen oder ein fester Bleiwürfel nicht in Meerwasser schwimmt.
Tendenziell kann man eher die Notwendigkeit der Naturgesetze schlecht erklären, warum z.B. sollte in einem Masterplan Materie und Antimaterie geschaffen werden und die sich zum größten Teil wieder komplett auslöschen, so dass die Materie heute dominiert? Hätte man nicht gleich das gewünschte Maß erzeugen können? Viele zunächst als fest und unverrückbar geglaubte Naturkonstanten haben sich inzwischen als Variablen entpuppt und so weiter, aber das ist eine eigene und komplexe Diskussion. Und dann bleibt die Frage wo die Naturgesetze geschaffen wurde und wie sich auf die Materie einwirken.
Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 19:05
Und so ist es mit Zahlen und mit allem überhaupt, dass ihnen eine Seinslogik innewohne, die nicht den Köpfen entspringen muss, damit sie sei.
Muss nicht, aber durchaus kann.
Wir betrachten die Welt mit den Augen derer, die bestimmte Verhaltensweise von Matrie, Pflanzen, Tieren und Menschen gewohnt sind. Dieses Verhalten des Mesokosmos abstahieren wir als logisches Muss und wundern uns dann, wieso Mikro- und Makrokosmos sich in etlichen Stellen scheinbar überhaupt nicht für unsere Vorstellungen von Logik interessieren. Für die platonistische Idee, dass die Logik eine alle Seinsbereiche durchdringende Macht sei (wie Husserl und Frege annahmen) sieht das dann aber überhaupt nicht gut aus, für den Gedanken Kants, dass wir einfach gamäß der Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis unsere Welt betrachten und beschreiben (als in Kategorien geordnet) und auch gar nicht anders können, sieht das sehr viel besser aus.
Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 19:05
Jedenfalls ist nicht einsichtig zu machen, dass Physis die Basis allen Seins darstelle.
Auf der bislang diskutierten Basis ist das für mich um Längen plausibler, zumal ja alle wesentlichen Determinanten des alternativen Ansatzes nicht erklären können, wo die anderen Welten liegen, wie sie auf die physikalische Einfluss nehmen (z.B.. die Logik, die Natursetzte) und im Spezialfall Gabriel ist nicht klar, was Sinnfelder sind und was sie definiert und begrenzt: Ist ein Satz ein Sinnfeld? Ja, nein, warum? Die Erde, die Physik, die Logik, die logischen Unmöglichkeiten? Wenn "die Welt" als Ausdruck in Gabriels SFO ständig vorkommt, ist es dann nicht laut SFO so, dass es sie eindeutig gibt (die kommt ja bei Gabriel vor), da es ja auch Hexen einedeutig geben soll, da sie bei Goethe vorkommen.
Nichts davon ist auch nur im Ansatz geklärt.



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So 11. Feb 2018, 09:38

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 11. Feb 2018, 09:25
Tosa Inu hat geschrieben :
So 11. Feb 2018, 08:49
In beiden Fällen drängt sich der Verdacht stark auf, dass die Logik und das Fiktionale damit einfach ontologische Spielarten der Materie sind.
Dafür müsstest du allerdings ein ziemlich triftiges Argument vorbringen, denn dieser "Verdacht" drängt sich keineswegs auf. Ich denke eher, dass sich hier ein Vorurteil in Szene setzt, nämlich die alte metaphysische Angewohnheit, dass das Verschiedene am Ende doch nur Eins ist.
Das mache ich nun die ganze Zeit.
Was wäre denn ein Argument, was Du gelten lassen würdest und wie sieht Dein Argument einer eigenen Welt denn aus?
Ich sehe, dass man an sie Sinnfelder und ihre massiven theoretische Löcher in einem hohen Ausmaß glauben muss, ich sehe nichts, was nun besser erklärt ist, gerade im Hinblick auf die Wahrheit, die mal ein Kandidat dafür war.

Was hat sich mit der SFO geändert, was genau wissen wird, was wir vorher nicht wussten?



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So 11. Feb 2018, 09:48

@'Tosa Inu'

Abgesehen davon, dass ich deinen Standpunkt überhaupt nicht teilen kann, schätze ich deine Art zu argumentieren. Dieses kleine Kompliment geniesst in dieser manchmal hitzigen Ontologie-Diskussion zwischendurch ein gewisses Existenzrecht :-)



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So 11. Feb 2018, 12:34

Danke!

Mir ist die Lösung der vielen Welten emotional lieber und die Existenz der (mindestens) erkenntnistheoretisch verschiedenen Welten ist für mich keine Frage mehr, eine Reduktion auf die physische Welt scheint mit auch prinzipiell nicht zu klappen.

Aber gerade weil ich im Grunde Jörns und Deine Position lieber habe, will ich sie sauber formuliert haben (und Gabriel erlebe ich da leider nicht als hilfreich), den pragmatischen Nutzen habe ich selbst erkannt, die theoretisch-philosophischen Eckdaten kann ich aber nicht darstellen.

Bringt doch endlich mal Beispiele, die den Naturalisten Schwierigkeiten machen und nicht diesen sagenhaft unüberzeugenden Hexenkram. Mathematik könnte potenter sein, Archetypen fehlen völlig.



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So 11. Feb 2018, 16:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 9. Feb 2018, 05:37
Wenn man so will, dann ist der Satz "ich stehe jetzt hier", die kürzeste Widerlegung des Physikalismus, die denkbar ist :}
Sehr gut harmoniert das mit den wiederholten Meldungen, die wir gelegentlich zu lesen bekommen, dass die Naturwissenschaften (zum Beispiel die Hirnforschung) jetzt herausgefunden haben, dass es so etwas wie ein Ich gar nicht gibt. Genau das ist es! Die Naturwissenschaften können es mit ihren Mitteln nicht ausmachen. Daraus folgt aber nicht, dass es so etwas wie ein Ich gar nicht gibt. Denn esse est percipii ist auch dann falsch, wenn es ein Naturwissenschaftler von sich gibt :-) (Sorry Alethos)

Einer der erstaunlichen Aspekte des Satzes "ich stehe jetzt hier" ist, dass sein Gehalt, so wie ich ihn im Moment gedacht habe, nur als mein eigener Gedanke in diesem Moment an diesem Ort wahr ist.




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So 11. Feb 2018, 16:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 11. Feb 2018, 16:21
Sehr gut harmoniert das mit den wiederholten Meldungen, die wir gelegentlich zu lesen bekommen, dass die Naturwissenschaften (zum Beispiel die Hirnforschung) jetzt herausgefunden haben, dass es so etwas wie ein Ich gar nicht gibt. Genau das ist es! Die Naturwissenschaften können es mit ihren Mitteln nicht ausmachen. Daraus folgt aber nicht, dass es so etwas wie ein Ich gar nicht gibt. Denn esse est percipii ist auch dann falsch, wenn es ein Naturwissenschaftler von sich gibt :-)
Es gibt wohl ein Ich, nur nicht als eine Instanz:
psyheu hat geschrieben : Die Neurobiologie hat insgesamt schöne Fortschritte gemacht. Die Paukenschläge mögen ausgeblieben sein, aber neben der Neuroprothetik, die für die Betroffenen mitunter ein Segen sein kann, ist man vor allem auf dem Gebiet der Affektforschung vorangekommen und auf dem der Ichbildung. Das Zentrum des Ichseins gibt es nicht, nach Gerhard Roth verschiedene Zentren, die aktiv sind, wenn wir Ich sind. In einer Vorlesung der Lindauer Psychotherapiewochen von 2001 stellt Roth dies selbst dar:

„In Entsprechung zu den oben genannten Bewusstseinszuständen, ist das Ich modular, d.h. aus funktional unterschiedlichen Untereinheiten aufgebaut. Hierzu gehören:

(1) das Körper-Ich (dies ist mein Körper),
(2) das Verortungs-Ich (ich befinde mich gerade an dem und dem Ort),
(3) das Ich als Zentrum individuellen Verhaltens und Erlebens (perspektivisches Ich),
(4) das Ich als Subjekt perzeptiver, kognitiver und emotionaler Leistungen und Zustände (ich habe diese Wahrnehmungen, Ideen, Gefühle),
(5) das Handlungs-Ich (ich tue gerade das und das),
(6) das Autorschafts- bzw. Zurechnungs-Ich (ich bin Verursacher und Kontrolleur meiner Gedanken und Handlungen),
(7) das autobiographische Ich (ich bin derjenige, der ich gestern / früher war),
(8) das sprachliche Ich (Reden über sich selbst als überdauernde Einheit),
(9) das (selbst-)reflexive Ich (Nachdenken über sich selbst), und
(10) das ethische Ich bzw. das Gewissen.“[8]

Otto Kernberg schätzt Roths Pionierleistung auf diesem Gebiet, spricht von sieben oder acht aktiven Bereichen, die das Selbstkonzept ausmachen, doch es liegt im Dunkeln, was diese konzertierte Aktion steuert und er bezeichnet dies als den am tiefsten reichenden Einfluss der Psyche auf den Körper. Kernberg fragt ebenso nach der Korrelation zwischen Psyche und Neurologie bei posttraumatischen Belastungsstörungen, doch insbesondere schreibt er von den differenzierten psychoanalytischen Konzepten des Zwangs, bei dem kognitiv alles verstanden aber nichts gefühlt wird und der Hysterie, bei der jede Menge empfunden, aber nichts verstanden wird.

Dies müsste die Hirnforschung darstellen können und abermals handelt es sich dabei, an der Grenze von psychoanalytischer Affekttheorie und neurobiologischer Affektforschung, um Bereiche, die ineinander übergehen sollten. Zudem aber auch um die Grenzlinien von Körper und Geist, fundamental für unser Verständnis von Bewusstsein.[9] Vielleicht sind das keine Knallbonbons für die Gazetten, auf lange Sicht könnten diese Ergebnissen jedoch viel bedeutender sein, als Fragen nach Gott und Freiheit.

Quelle und Rest



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So 11. Feb 2018, 17:08

Alethos hat geschrieben :
Fr 9. Feb 2018, 22:45
Aber dass du das nicht so siehst, hatte ich nicht bezweifelt :) Mir war es darum herauszufinden, warum du Sätze wie: 'Ein Vogel sitzt auf dem Ast' oder 'Der Planet kreist um die Sonne' für leichter erfassbar hältst.
Nehmen wir noch mal das "leichter" und geben ihm eine Wendung.

Wir vergleichen diese beiden Sätze:
  1. Die Erde dreht ich um die Sonne.
  2. Ich stehe jetzt hier
Legen wir diese beiden Sätze einer beliebigen Person vor, ergibt sich folgende Asymmetrie: Satz 1 ist identisch mit seinen Wahrheitsbedingungen. Satz 2 offenbart diese jedoch nicht, obwohl der Satz jedermann/frau verständlich ist, weil wir nicht wissen, wer diesen Satz, wann und wo geäußert hat. Es geht dabei jedoch nicht um ein zufälliges Nichtwissen. Wenn wir eine vollständige physikalische Beschreibung des Universums hätten, wären wir nämlich immer noch nicht schlauer.




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Alethos
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So 18. Mär 2018, 23:24

Ich habe mir soeben diese Zwiegespräch zwischen Friedmann und Gabriel angehört. Es verschafft einen kleinen Überblick über die verschiedenen Aspekte der Wahrheitsproblematik.

Wer Lust hat...hier:

http://m.dw.com/de/auf-ein-wort-wahrheit/av-41231562



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