Tatsachen/Wahrheit/ontische Wahrheit

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Alethos
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Sa 25. Nov 2017, 09:29

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 09:17
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 09:11
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 05:52
Du unterschlägst hier die Unterscheidung, die ich weiter oben mache: nämlich die zwischen den ontischen- und den Aussagen-Wahrheiten. Nur Aussagen können wahr oder falsch sein.
Aber du gehst konsequent nicht auf den Einwand ein, dass Aussagen über die Wahrheit von Tatsachen eben Aussagen sind und nicht an sich vorkommende Wahrheit.
Na doch :-) Genau das habe ich doch geschrieben. Aussagenwahrheit und ontische Wahrheit sind nicht einfach eins.
Dann verstehe ich es einfach nicht.



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Jörn Budesheim
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Sa 25. Nov 2017, 09:31

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 09:16
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 06:00
Die Formulierung, dass die Tatsache wahr sei, haben entweder du oder Alethos ins Spiel gebracht, aber nicht ich.
Ah, du denkst also gar nicht, dass der Tatsache Wahrheit an sich zukommt, ohne dass man überhaupt eine Aussage über diese Tatsache macht?
Dass Satz, "dass der Tatsache Wahrheit an sich zukommt" ist keine gute Paraphrase, dessen was ich gesagt habe. Tatsachen bestehen und zwar unabhängig davon, was wir für wahr halten. Eine Tatsache ist nach der Auffassung, die ich teile, etwas, was über etwas wahr ist. Also zum Beispiel der Umstand, dass die Katze auf der Matte sitzt, dass es über sie wahr ist auf der Matte zu sitzen.

Ich schätze, dass dein Problem einfach dadurch entsteht, dass du dein Wahrheitsverständnis (Wahrheit ist Aussagenwahrheit) implizit auf meines projizierst. Und dann wird unverständlich wie Aussagen gleichsam ohne Aussagen nach da draußen kommen sollen. Aber das sind hausgemachte Probleme deiner Interpretation meines Punktes. :-)




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Jörn Budesheim
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Sa 25. Nov 2017, 10:29

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 09:29
Dann verstehe ich es einfach nicht.
Nehmen wir die Erde. Von der Erde oder über sie ist einiges wahr: sie dreht sich um die Sonne, sie ist kugel/birnenförmig, sie hat eine Atmossphäre, etc. Das sind Tatsachen, die schon bestanden, als es noch keinem aufgefallen war. Die Tatsachen sind nicht wahr, sondern die wahren Umstände (s.o.) sind die Tatsachen. Diese Tatsachen kann man auch aussagen, allerdings setzt das trivialer Weise Wesen voraus, die Aussagen machen können.

Ich für meinen Teil glaube, dass es dem vortheoretischen Verständnis von Wahrheit entspricht, dass es schon wahr war, dass sich die Erde um die Sonne drehte, als es uns noch nicht gab und wir es daher nicht feststellen konnten. Und es entspricht nach meiner Einschätzung auch dem vortheoretischen Verständnis zu sagen, dass das auch dann wahr gewesen wäre, wenn überhaupt niemals Wesen entstanden wären, die das hätten feststellen können.




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Alethos
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Sa 25. Nov 2017, 10:44

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 09:31
Dass Satz, "dass der Tatsache Wahrheit an sich zukommt" ist keine gute Paraphrase, dessen was ich gesagt habe. Tatsachen bestehen und zwar unabhängig davon, was wir für wahr halten. Eine Tatsache ist nach der Auffassung, die ich teile, etwas, was über etwas wahr ist. Also zum Beispiel der Umstand, dass die Katze auf der Matte sitzt, dass es über sie wahr ist auf der Matte zu sitzen.
Nun ja, nein. Mein Problem war, dass ich meinte gelesen zu haben, du hättest die Wahrheit in die Tatsachen gelegt. Das wäre ja im common sense-Jargon auch keine dissensfähige Position :)

Was mich irritierte war die Aussage, dass etwas über etwas wahr sein soll, das sich gar nicht (oder noch nicht) in unsere Erkenntnis einfügt. Der Satz: ‚Es war schon vor der Erkenntnis der Tatsache wahr, dass sich die Erde um die Sonne dreht‘ halte ich denn nicht für einen Beweis für die ontische Wahrheit. Vielmehr zeigt das Beispiel den ontologisch vorrangigen Status von Tatsächlichkeit gegenüber demjenigen des Fürwahrhaltens.

Wenn sich eine Tatsache zum Zeitpunkt x als wahr darstellt, die Tatsache sich aber zum Zeitpunkt x tatsächlich anders verhält, zeigt das doch, dass man falsch liegen kann. Man kann sich mit seinem Fürwahrhalten irren. Sollte man aber zum Zeitpunkt des Fürwahrhaltens gar nicht wissen, wie etwas sich tatsächlich verhält, kann man doch zum Zeitpunkt x gar nicht sagen, dass die Tatsache ‚wahrer‘ sei als das Fürwahrhalten? Das war mein Punkt.



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Alethos
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Sa 25. Nov 2017, 10:49

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 10:29
Ich für meinen Teil glaube, dass es dem vortheoretischen Verständnis von Wahrheit entspricht, dass es schon wahr war, dass sich die Erde um die Sonne drehte, als es uns noch nicht gab und wir es daher nicht feststellen konnten.
Ja, das sehe ich auch so. Nur setzt diese Vorstellung eine göttliche, überzeitliche Perspektive voraus, die über die Wahrheit der Umstände von Tatsachen Aussagen macht. Nur diese kann behaupten, dass etwas schon wahr war, bevor wir darüber wussten. Diese Allperspektive irrt sich nicht und kennt die Fakten :)
Zu sagen, dass sich die Erde dreht, sie sich also wohl schon immer drehte, auch als wir es nicht wussten, setzt voraus, dass wir die Perspektive des Wissenden einnehmen: 1. Es gibt eine Erde. 2. Sie dreht sich. 3. usw..

Ohne diese wissende Perspektive liesse sich doch über die Wahrheit der reinen Tatsächlichkeit doch nichts sagen?



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Jörn Budesheim
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Sa 25. Nov 2017, 10:54

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 10:49
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 10:29
Ich für meinen Teil glaube, dass es dem vortheoretischen Verständnis von Wahrheit entspricht, dass es schon wahr war, dass sich die Erde um die Sonne drehte, als es uns noch nicht gab und wir es daher nicht feststellen konnten.
Ja, das sehe ich auch so. Nur setzt dies eine göttliche, überzeitliche Perspektive voraus, die die Wahrheit der Umstände von Tatsachen kennt. Nur diese kann behaupten, dass etwas schon wahr war, bevor wir darüber wussten. Diese Allperspektive irrt sich nicht und kennt die nackten Fakten :)
Das kommt einem nur dann so vor, wenn man von dem Umstand nicht absehen kann, dass man selbst Wahrheit und Wissen verknüpft. Für die vortheoretische Perspektive ist Wahrheit einfach "da draußen".




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Alethos
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Sa 25. Nov 2017, 11:23

Ok. Aber dann können wir uns auf was einigen in Bezug auf Wahrheit? Dass sie in den Tatsachen gefunden werden muss, scheint mir einleuchtend. Dass sie ohne Suchenden nicht vorkommt, aber auch.



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Jörn Budesheim
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Sa 25. Nov 2017, 11:32

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 11:23
Ok. Aber dann können wir uns auf was einigen in Bezug auf Wahrheit?
Nicht auf viel, wie es aussieht. Wir können uns zum Beispiel offensichtlich nicht auf das folgende kontrafaktische Konditional einigen: Es wäre auch dann wahr, dass sich die Erde um die Sonne dreht, wenn niemand da wäre (auch kein Gott) der es konstatieren könnte.




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Sa 25. Nov 2017, 11:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 10:29
Von der Erde oder über sie ist einiges wahr: sie dreht sich um die Sonne, sie ist kugel/birnenförmig, sie hat eine Atmossphäre, etc.
Was "über" oder "von" etwas wahr ist, das sind - nach dem common sense - bestimmte Aussagen über oder von etwas - wie ja auch Deine Beispiele Aussagen über die Erde sind. Aber jetzt postulierst Du im nächsten Gedankenschritt, dass die Aussagen schon wahr waren, bevor es jemanden gab, der sie machen konnte. D.h. Du forderst dazu auf, die Tatsache zu vergessen, dass es sich um Aussagen eines Menschen handelt, und sie sich als freischwebende Wahrheiten vorzustellen.
Ich für meinen Teil glaube, dass es dem vortheoretischen Verständnis von Wahrheit entspricht, dass es schon wahr war, dass sich die Erde um die Sonne drehte, als es uns noch nicht gab und wir es daher nicht feststellen konnten. Und es entspricht nach meiner Einschätzung auch dem vortheoretischen Verständnis zu sagen, dass das auch dann wahr gewesen wäre, wenn überhaupt niemals Wesen entstanden wären, die das hätten feststellen können.
Nach meiner Einschätzung hat niemand, der nur kurz darüber nachdenkt, was er sagt, eine solche Auffassung von Wahrheit. Denn es bedeutet eine erhebliche Anstrengung der Phantasie, sich Aussagen vorzustellen, die keine sein sollen.

Was ich mich schon die ganze Zeit frage: Wie verhält es sich eigentlich mit der Unwahrheit? Wenn schon vor dem Auftauchen sprachbegabter Wesen alle Wahrheiten über die Erde existierten - existierten damit zugleich auch alle Unwahrheiten über sie? Oder ist Existenz nur ein Privileg der Wahrheiten, während Unwahrheiten nicht existieren?

Als die Menschen behaupteten, die Sonne kreise um die Erde, glaubten sie offenbar an etwas Nicht-Existentes. Und genau das war der Grund, aus dem ihre Behauptungen unwahr waren. Aber im Blick auf den "ontischen Wahrheitsbegriff" fragt sich ja, ob es auch bereits vor dem Auftauchen der Menschen unwahr über die Sonne war, dass sie um die Erde kreist. Existieren also mit allen Wahrheiten über die Dinge immer zugleich alle Unwahrheiten über sie?

Für Aussagen ist es selbstverständlich, dass sie grundsätzlich wahr oder falsch sein können. Und es kostet keine große Anstrengung einzusehen, dass Aussagen auch dann existieren, wenn sie unwahr sind. Aber existieren auch die Unwahrheiten als solche - nämlich analog zu den Wahrheiten als solchen? Was sagt der common sense dazu?




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Jörn Budesheim
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Hermeneuticus hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 11:40
Denn es bedeutet eine erhebliche Anstrengung der Phantasie, sich Aussagen vorzustellen, die keine sein sollen.
Wenn du meinst, dass es das ist, was du dir vorstellen musst, hast du vielleicht wirklich etwas zu kurz nachgedacht. :mrgreen:




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Alethos
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 11:32
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 11:23
Ok. Aber dann können wir uns auf was einigen in Bezug auf Wahrheit?
Nicht auf viel, wie es aussieht. Wir können uns zum Beispiel offensichtlich nicht auf das folgende kontrafaktische Konditional einigen: Es wäre auch dann wahr, dass sich die Erde um die Sonne dreht, wenn niemand da wäre (auch kein Gott) der es konstatieren könnte.
Doch, das können wir ganz gewiss. Ich zumindest würde diesen Satz unterschreiben.

Wir können uns aber nicht einigen, wenn die Aussage lautet: ‚Auch die uns nicht bekannten Tatsachen, deren Existenz wir nicht einmal vermuten, sind auch ohne unsere Kenntnis wahr.‘ Das würde ich nicht unterschreiben können, weil es kontradiktorisch ist.



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Jörn Budesheim
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Sa 25. Nov 2017, 12:07

gavagai.de hat geschrieben : 3.3 Identitätstheorie
Nach der Identitätstheorie besteht die Wahrheit einer Aussage in ihrer Identität mit einer Tatsache. Die Identitätstheorie ist eine verschärfte Korrespondenztheorie und setzt wie diese den Begriff der Tatsache voraus. [Georg W. F. Hegel, Gottlob Frege, George Edward Moore, John McDowell]
Brandom, in "wiedereinnerter Idealismus" hat geschrieben : ... Wittgenstein sagt: »Wenn wir sagen, meinen, daß es sich so und so verhält, so halten wir mit dem, was wir meinen, nicht irgendwo vor der Tatsache: sondern meinen, daß das und das – so und so – ist.« Der Inhalt dessen, was wir sagen oder meinen, ist in diesen Fällen die Tatsache. Ein solcher Ansatz wird zuweilen unter dem Titel einer »Identitätstheorie der Wahrheit« behandelt und unter diesem Label manchmal John McDowell zugeschrieben.
@HerrK. Das ist ja eine illustre Runde, die zusammen kommt und so exotisch scheint es mir dann doch nicht zu sein, wie du es dargestellt hast :) aber den Titel Identitätstheorie der Wahrheit kannte ich noch gar nicht, muss ich mich mal genauer beschäftigen, Brandom widmet dem in dem fraglichen Buch einige Abschnitte.




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Sa 25. Nov 2017, 12:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 12:07
gavagai.de hat geschrieben : 3.3 Identitätstheorie
Nach der Identitätstheorie besteht die Wahrheit einer Aussage in ihrer Identität mit einer Tatsache. Die Identitätstheorie ist eine verschärfte Korrespondenztheorie und setzt wie diese den Begriff der Tatsache voraus. [Georg W. F. Hegel, Gottlob Frege, George Edward Moore, John McDowell]
Man sollte aber nicht verschweigen, dass nach diesem Wahrheitsverständnis die Tatsachen begrifflich konstituiert sind.




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Sa 25. Nov 2017, 12:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 11:49
Hermeneuticus hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 11:40
Denn es bedeutet eine erhebliche Anstrengung der Phantasie, sich Aussagen vorzustellen, die keine sein sollen.
Wenn du meinst, dass es das ist, was du dir vorstellen musst, hast du vielleicht wirklich etwas zu kurz nachgedacht. :mrgreen:
Ja, Jörn, so kennen wir das: immer geschmeidig um die Sache herumreden. Gestellte Fragen nicht beantworten, auf Argumente nicht eingehen, Begründungen verweigern und stattdessen persönlich werden.




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Jörn Budesheim
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Wenn du einen Einwand hast, der zeigt, dass du dich ernsthaft auf das beziehst, was ich tatsächlich gesagt habe, dann werde ich auch antworten. Fragen, die damit anheben, dass nur Dummköpfe die fragliche Meinung vertreten können und dann nicht mal die Meinung, die sie kritisieren richtig wieder geben können, werde ich weiterhin so kommentieren, wie es mir angemessen erscheint.




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Alethos
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Sa 25. Nov 2017, 13:10

Ich verstehe, dass es emotional wird. Ich und meine Frau wurden soeben bei diesem Thema beim Brunch relativ ehrgeizig :)
Auch sie behauptet, dass die Tatsache wahr sei auch ohne Aussage über die Tatsache.

Dass sie schwanger sei, sei dann bereits wahr, wenn sie es nicht wisse. Dabei Bewahrheitet es sich doch erst, wenn die Symptome auftreten oder der Schwangerschaftstest vorliegt :) Vorher ist die Wahrheit der Tatsache lediglich supponiert wahr. Und eine Supposition ist einfach eine Aussage über etwas als vielleicht wahr oder vielleicht unwahr. Das müsste sie doch begreifen :)



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Sa 25. Nov 2017, 13:38

Hermeneuticus hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 11:40
Was ich mich schon die ganze Zeit frage: Wie verhält es sich eigentlich mit der Unwahrheit? Wenn schon vor dem Auftauchen sprachbegabter Wesen alle Wahrheiten über die Erde existierten - existierten damit zugleich auch alle Unwahrheiten über sie? Oder ist Existenz nur ein Privileg der Wahrheiten, während Unwahrheiten nicht existieren?
Die Unwahrheit kann nach meinem Begriff gar nicht existieren ohne den Begriff von Wahrheit, und dieser kann ohne eine Verifikationspraxis, also dem Herstellen von Aussagen über etwas als wahr und der Überprüfbarkeit dieser Aussagen an der Tatsächlichkeit, gar nicht entstehen.
Mit der Wahrheit kommt natürlich auch der Irrtum in die Welt, denn dieser ist das Fürwahrhalten einer Wahrheit, die nicht ist. Eine Wahrheit aber, die nicht ist, ist eine unwahre Aussage über eine Tatsache, die sich nicht so verhält, aber immer noch eine Aussage an sich.

Die Wahrheit einer Aussage entsteht also durch eine Korrespondenz der ausgesagten Tatsache mit der nichtsprachlichen Tatsache. Die nichtsprachliche Tatsache kann verifiziert werden, d.h. in gesagte Tatsachen überführt werden. Wie sollte aber je ein Verifikationsprozess in Gang gebracht werden können, ohne eine nichtsprachliche Tatsache als Erkenntnisgegenstand zu haben? Es bedarf eines Begriffs der Existenz einer nichtsprachlichen Tatsache, um über deren Wahrheit überhaupt etwas sagen zu können. Und dieser Begriff der Existenz einer nichtsprachlichen Tatsache ist an sich bereits eine Aussage. Denn die sinnliche Wahrnehmung liefert keine Erkenntnis, sondern nur Sinnesdaten, die ohne Begriffe nicht unterscheidbar sind.

Aussagenunabhängige Wahrheiten sind daher logisch nicht möglich.
Daher muss es so sein, dass die Unwahrheit genauso nicht an den Sachverhalten selbst vorkommt wie die Wahrheit, sondern nur als Vorgang des Irrens als Erkenntnisunvermögen von Individuen.



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Jörn Budesheim
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Sa 25. Nov 2017, 14:11

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 13:10
meine Frau
Am besten du erklärst ihr schnell, dass sie eigentlich nur kurz nachdenken muss, um zu sehen, dass sie falsch liegt, weil es eh Unsinn ist, was sie glaubt. Dann klappt es auch mit dem Brunch.




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Herr K.
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Sa 25. Nov 2017, 14:24

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 06:00
@'Herr K.' Richtig: Wahrmacher entfallen.

Das, was du eine unnötige Verdopplung nennst, spiegelt meines Erachtens einfach den Umstand wieder, dass es sowohl Aussagen gibt, als auch die Tatsachen, von denen sie handeln. "Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen." Und was der Fall ist, kann ausgesagt werden. [...] Der Sachverhalt, dass die Katze auf der Matte sitzt, besteht. Und zwar dann, wenn es über die Katze wahr ist, dass sie auf der Matte sitzt. Die entsprechende Aussage ist wahr, wenn die Tatsache besteht. Die Formulierung, dass die Tatsache wahr sei, haben entweder du oder Alethos ins Spiel gebracht, aber nicht ich.
Nun, in der Identitätstheorie entfallen Wahrmacher, aber Wahrheitsträger können nicht entfallen, denn ein Wahrheitsträger ist dasjenige, das wahr ist. Stimmt zwar, dass ich ins Spiel gebracht habe, dass wohl nach Deiner Ansicht Tatsachen wahr sind, ich also davon ausging, dass Du eine Identitätstheorie der Wahrheit verträtest, jedoch sehe ich auch keine Alternative für Dich. Wenn Aussagen (oder auch: Fregesche Gedanken) und Tatsachen nicht identisch sind, dann entfällt auch nicht der Wahrmacher.

Nehmen wir nun mal Deinen Satz "es ist über die Katze wahr, dass sie auf der Matte sitzt". Nun ist die Frage, auf was sich das "es" bezieht". Anscheinend möchtest Du es ja nicht auf eine Aussage derart, dass die Katze auf der Matte säße, bezogen sehen. Nun aber willst Du es auch nicht auf die fragliche Tatsache beziehen. Worauf aber sonst, was ist der Wahrheitsträger Deiner Ansicht nach, was (welche Entität) also ist hier Deiner Ansicht nach wahr? Diese Frage musst Du schon beantworten, ansonsten bleibt Deine Ansicht völlig unklar.
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Ich möchte noch ein bisschen was zu dem "vortheoretisch", bzw. "common sense", bzw. "üblichen Sprachgebrauch" sagen. Wir haben hier wohl einen Fall vorliegen, bei dem beide Seiten dies für ihre Ansicht in Anspruch nehmen, ein Fall, der meiner Erfahrung nach gar nicht so selten vorkommt. In so einem Fall müssten diese Behauptungen ("meine Ansicht entspricht dem common sense") entweder (empirisch) geklärt werden, oder, falls das nicht möglich ist, sollte diesbezüglich ein Patt konstatiert und dieser Punkt beiseite gelegt werden. Es wird ja sicher für die jeweligen Ansichten auch noch andere Argumente geben und daruf sollte man sich dann konzentrieren.




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Alethos
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Sa 25. Nov 2017, 14:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 14:11
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Nov 2017, 13:10
meine Frau
Am besten du erklärst ihr schnell, dass sie eigentlich nur kurz nachdenken muss, um zu sehen, dass sie falsch liegt, weil es eh Unsinn ist, was sie glaubt. Dann klappt es auch mit dem Brunch.
Würde ich das so sagen, da gibts morgen wohl keinen Brunch und heute Abend kein Kuscheln am Kamin.



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