EberhardWesche über "Warum es die Welt nicht gibt"

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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So 18. Feb 2018, 05:37

Unser neuer User @'EberhardWesche' hat sich übrigens auf seiner Webseite http://www.ethik-werkstatt.de/ ausführlich mit Markus Gabriels Buch "Warum es die Welt nicht gibt" beschäftigt > http://www.ethik-werkstatt.de/Gabriel_E ... Welt_2.htm




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Jörn Budesheim
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Ich bringe daraus ein kurzes Zitat, es ist der Beginn des Textes.
EberhardWesche hat geschrieben : Bedeutungsaenderungen bei zentralen Begriffen

Ein philosophisches Werk zu verfassen, das innerhalb eines Jahres bereits in der 7. Auflage erscheint, ist ein aussergewoehnlicher Erfolg. Markus Gabriel hat dies mit seinem Buch "Warum es die Welt nicht gibt" geschafft. Im Folgenden geht es allerdings nicht um eine Wuerdigung des Buches sondern ausschließlich um dessen Hauptthese: "Die Welt gibt es nicht", oder schärfer formuliert: "Die Welt kann "prinzipiell nicht existieren". (Seite 22) Gabriel sieht in dieser These den "Grundgedanken" einer neuen Philosophie. Er kuendigt an, dass seine These "mit Hilfe nachvollziehbarer Gedankenexperimente, Beispiele und Paradoxien bewiesen wird". (S.17) Sehen wir, welcher Mittel er sich in seiner Argumentation bedient.

Gabriel arbeitet vor allem mit einer - manchmal krassen - Umdeutung der in seiner These verwendeten sprachlichen Ausdruecke wie "Welt" und "Existenz". Hinzu kommen eigene Wortschoepfungen wie "Sinnfeld", die eher vage bleiben. Das sieht dann folgendermaßen aus:

(1) "Sinnfelder" sind "Orte, an denen überhaupt etwas erscheint." (S.267, Neuschöpfung)

(2) Mit dem Wort "Existenz" bezeichnet Gabriel "die Eigenschaft von Sinnfeldern, dass etwas in ihnen erscheint." (S.264, Umdeutung)

(3) "Welt" schliesslich ist für Gabriel "Das Sinnfeld aller Sinnfelder, das Sinnfeld, in dem alle anderen Sinnfelder erscheinen." (S.268, Umdeutung)

(3a) "Ausserhalb der Welt gibt es nichts." (S.97, weitere Eigenschaft der Welt)

Mit Hilfe derartiger Umdeutungen und Neuschöpfungen von Begriffen kann sich Gabriel nun an die Aufstellung der kuehnen Behauptung machen: "Die Welt kann prinzipiell nicht existieren."

Aus dem Satz (2) entnimmt er, dass etwas - also auch die Welt - nur dann existiert, wenn es bzw. sie - in einem Sinnfeld erscheint.

Die Welt kann aber nicht in einem Sinnfeld erscheinen, weil es dann die Welt plus dieses Sinnfeld geben wuerde. Dies widerspraeche dem Satz (3a), dass es ausserhalb der Welt nichts gibt.

Folglich kann die Welt nicht existieren. So einfach ist das.

Heisst dies nun, dass der Autor recht behalten hat mit seiner These, dass es die Welt gar nicht gibt? Dazu ist festzustellen, dass man jeden Satz wahr machen kann, wenn man die Bedeutung der sprachlichen Ausdrücke entsprechend ändert. Um ein krasses Beispiel zu nehmen: Der wahre Satz "Egon hat gelogen" wird falsch, wenn Egon in "Emil" umbenannt wird.

Man kann natürlich an der Position des Autors festhalten, doch sollte die 8. Auflage des Buches in diesem Fall ehrlicherweise den Titel tragen: "Warum das Sinnfeld, in dem alle Sinnfelder erscheinen, nicht in einem Sinnfeld erscheint."

Wenn man dagegen unter der "Welt" die Gesamtheit dessen versteht, was wirklich existiert, und wenn man als "existent" das bezeichnet, was jedermann - sei es direkt oder indirekt - wahrnehmen kann, so fuehrt die Behauptung: "Die Welt gibt es nicht bzw. existiert nicht" offenbar zu einem performativen Widerspruch des Behauptenden: Insofern er selber Teil der Welt ist, kann er nicht existieren, wenn die Welt nicht existiert. Wer jedoch nicht existiert, der kann auch nichts behaupten.

Hier kann man weiterlesen > http://www.ethik-werkstatt.de/Gabriel_E ... _Begriffen




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So 18. Feb 2018, 05:39

Eberhard,du sprichst von Umdeutungen und Neuschöpfungen. Gemeint sind dabei im wesentlichen die drei durchaus zentralen Begriffe Sinnfeld, Welt und Existenz, wenn ich recht sehe.

Ich für meinen Teil finde jedoch nicht, dass es sich bei den fraglichen Begriffen, so wie Gabriel sie verwendet, einfach um bloße Umdeutungen und Neuschöpfungen handelt. Ich will im folgenden erläutern, was ich damit meine.

Vorneweg: Der Begriff Urknall ist sowohl eine Umdeutungen als auch eine Neuschöpfungen. Der Begriff Knall wird umgedeutet und die Zusammenfügung von Ur und Knall dürfte eine Neuschöpfung sein. Beides spricht jedoch nicht wirklich gegen den Begriff. Falls er auf etwas zutrifft, dann ist alles okay damit, wie umgedeutet oder neugeschöpft er auch sein mag.

Sinnfeld. Der Begriff Sinnfeld mag zwar neu sein. Aber er ist keineswegs einfach eine Neuschöpfung gleichsam aus dem Nichts heraus. Vielmehr steht der Begriff Sinnfeld in einer altehrwürdigen Traditionslinie, die nahezu so alt ist wie die Philosophie selbst. Der Begriff taucht bereits bei Aristoteles auf und ist seither in der Philosophie wohletabliert. Ziel Gabriels ist, den Begriff "Bereich" zu beerben und zu präzisieren. Damit ist natürlich nicht gesagt, dass alle vorhergehenden Autoren unter dem Begriff das gleiche verstanden haben. Insbesondere bei der Frage, ob "Bereiche" Teile der Wirklichkeiten sind, die es auch ohne uns gegeben hätte oder ob es sich dabei eher um Formen der wissenschaftlichen Arbeitsteilung oder ähnliches handelt, ist natürlich - wie in der Philosophie üblich - notorisch umstritten. Ähnliche Begriffe, die vergleichbares meinen, sind je nach Kontext: Domain, Sphäre, Raum, Feld, ggf. auch Menge etc.




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So 18. Feb 2018, 05:40

Eberhard hat geschrieben : "Welt" schliesslich ist für Gabriel "Das Sinnfeld aller Sinnfelder, das Sinnfeld, in dem alle anderen Sinnfelder erscheinen." (S.268, Umdeutung)
Welt als Sinnfeld aller Sinnfelder. Auch das ist nicht einfach eine Umdeutung (von was eigentlich?) oder Neuschöpfung. Gabriel bezieht sich damit vielmehr auf einen Gedanken, der in der Philosophie bekannt ist, greift ihn auf und versucht, ihn weiter zu führen. Nach meiner Einschätzung ist das bei Gabriel übrigens eine seiner Hauptvorgehensweisen. Er bezieht sich bei seiner Arbeit oftmals auf Vorschläge, Ansichten und Ergebnisse seiner philosophischen Vorläufer von den Vorsokratikern bis zu zeitgenössischen Denkern. Was seinen Einwänden standhält, behält er bei, was nicht standhält, lehnt er natürlich ab. Meines Erachtens ist das eine gut etablierte Vorgehensweise.

Die Formulierung, auf die Gabriel sich mit dem "Sinnfeld aller Sinnfelder" bezieht, stammt von Martin Heidegger, der vom "Bereich aller Bereiche" spricht, soweit ich mich recht entsinne. Gabriel schlägt diesen Weltbegriff der Metaphysik zu. Dabei ist metaphysisch alles, was über die "Welt als Ganzes" Aussagen macht nach Heinrich Schmidinger (aus Grundkurs Metaphysik). Und dürfte ziemlich nah an Gabriels Verständnis liegen.

Mit anderen Worten: Sowohl mit seiner Verwendung des Begriffs "Metaphysik" als auch des Begriffs "Welt" kann Gabriel sich auf herkömmliche und traditionelle philosophische Traditionslinien berufen.




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So 18. Feb 2018, 05:41

Eberhard hat geschrieben : Mit dem Wort "Existenz" bezeichnet Gabriel "die Eigenschaft von Sinnfeldern, dass etwas in ihnen erscheint." (S.264, Umdeutung)
Existenz. Auch hier ist die Behauptung, es handle sich um eine Umdeutung meines Erachtens etwas zu kurz gegriffen. Gabriel will den Begriff Existenz nicht einfach "umdeuten" und tut es meines Erachtens auch nicht, sondern er versucht herausarbeiten, was man sinnvollerweise darunter verstehen sollte. Auch hier bezieht er sich auf bedeutende Vorläufer (insbesondere Kant und Frege) hat aber durchaus auch die Alltagssprache (!) auf seiner Seite. In Sinn und Existenz schreibt Gabriel:

"[...] Jonathan Barnes hat darauf hingewiesen, dass Existenzausdrücke häufig lokativ sind.[7] Als Beispiele kann man anführen: Dasein, Existenz (existence, existência etc.), il y a, c’è und, zur Vermeidung des Eurozentrismus: (you) und (cúnzài). Letzteres ist im Chinesischen eine über das Japanische vermittelte phonetisch motivierte Übersetzung des Deutschen »Seins«, ist aber gleichwohl bedeutsam. Denn »cún« bedeutet »enthalten«, und »zài« heißt »in, bei, an«. Das auch in der antiken chinesischen Philosophie verwendete Zeichen (you, haben) bedeutet auch »Sein«, was an das Französisch »il y a« erinnert. Heidegger hat in Erinnerung der indoeuropäischen Etymologie darauf hingewiesen, dass das Griechische Wort φύσις (physis) ein Existenzausdruck ist, der im Sanskrit als bhavati (werden) auftaucht, womit auch das heutige Hindiverb hona (sein, existieren) etymologisch verwandt ist. Heidegger legt dies bekanntlich dahingehend aus, φύσις bezeichne ursprünglich ein Hervortreten, das unabhängig davon ist, dass wir es kontrollieren, hervorbringen oder manipulieren.[8] Sinnfelder sind der Hintergrund, vor dem dasjenige hervortritt, was es gibt. Damit beerbt die Sinnfeldontologie die Grundidee der Bereichsontologie. [...]




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So 18. Feb 2018, 05:41

Eberhard hat geschrieben : wenn man als "existent" das bezeichnet, was jedermann - sei es direkt oder indirekt - wahrnehmen kann
Mit diesem Existenzbegriff wäre man entweder Solipsist oder zumindest ein ziemlich krasser Idealist. Denn aus diesem Existenzbegriff würde zwingend folgen, dass nichts existieren würde, wenn es uns nicht geben würde, was offensichtlich absurd ist.
Wenn man dagegen unter der "Welt" die Gesamtheit dessen versteht, was wirklich existiert
was passiert dann mit den Dingen, die nicht "wirklich existieren". Gibt es die neben der Welt? Was sind das im übrigen für Dinge?




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So 18. Feb 2018, 05:43

Eberhard hat geschrieben : Hinzu kommen eigene Wortschöpfungen wie "Sinnfeld", die eher vage bleiben.
Gabriel in 'Glossar, Warum es die Welt nicht gibt' hat geschrieben : Gegenstandsbereich: Ein Bereich, der eine bestimmte Art von Gegenständen enthält, wobei Regeln feststehen, die diese Gegenstände miteinander verbinden.

Hauptsatz der positiven Ontologie, Zweiter: Jedes Sinnfeld ist ein Gegenstand. Wir können über jedes Sinnfeld nachdenken, obwohl wir nicht alle Sinnfelder erfassen können.

Sinn: Die Art, wie ein Gegenstand erscheint.

Sinnfelder: Orte, an denen überhaupt etwas erscheint.

Sinnfeldontologie: Die Behauptung, dass es nur dann etwas und nicht nichts gibt, wenn es ein Sinnfeld gibt, in dem es erscheint. Existenz = Erscheinung in einem Sinnfeld.
Ich finde Gabriels diverse Erläuterungen, was ein Sinnfeld/Bereich ist, anders als du @'EberhardWesche sehr gut verständlich und nachvollziehbar. Ich will hier noch mal kurz erläutern, wie ich die Begriffe verstehe.

Gabriel vertritt eine pluralistische Ontologie, das heißt es gibt nach seiner Auffassung viele verschiedene Bereiche, genau genommen indefinit viele Bereich. Alles, was es gibt, ist Beispiel dafür. Einige wenige Beispiele für Bereiche seien hier genannt: Bundesrepublik Deutschland, Natur, Zahlen, Biologie … Was unterscheidet diese Bereiche? Im Glossar steht die Antwort: Jeder dieser Bereiche enthält eine bestimmte Art von Gegenständen, die sich von den Gegenständen der anderen Bereiche unterscheiden. Denn es gibt je verschiedene Anordnungsregeln, denen die Gegenstände des Bereiches unterstehen, sofern sie ihm angehören. Die Anordnungssregeln in den Bereichen BRD, natürliche Zahlen und Natur sind ganz verschiedene, das scheint mir unzweifelhaft wahr zu sein. Die Regeln, wie man zum Beispiel in der Reihe der natürlichen Zahlen voranschreitet 1, 2, 3, 4 … unterscheiden sich deutlich von den Naturgesetzen. Daher werden die Bereiche auch von ganz verschiedenen Disziplinen erforscht - zum Beispiel Politologie, Mathematik und Naturwissenschaften.

Niklas Luhmann hat mal in Bezug auf seine Systemtheorie gesagt, dass man sich Systeme nicht wie Fettaugen auf der Suppe vorstellen sollte. Ähnliches gilt, nach meiner Einschätzung, für die Bereichsontologie Gabriels. Die Bereiche sind keineswegs streng abgezirkelte Zonen, die sich nie berühren. Bereiche sind also keine Fettaugen. Bereiche sind auch nicht einfach nach dem Vorbild Descartes berühmt/berüchtigten Substanzen zu verstehen, also als grundsätzlich ganz und gar getrennte Seinssphären, deren Zusammenspiel problematisch bleibt. Gabriels Bereiche unterscheiden sich voneinander dadurch, dass in ihnen aufgrund ihrer verschiedenen Anordnungsregeln andere Gegenstände bzw. “dieselben Gegenstände” unter "anderen Beschreibungen" erscheinen, wie er zum Beispiel in "Sinn und Existenz" ausführt. Das bedeutet, dass ein Gegenstand sowohl zum Bereich BRD gehören, als auch ein Teil der Natur sein kann. Viele Bereiche überlappen sich in dieser oder ähnlicher Art und Weise.

Jedoch gibt es keine Gegenstände schlechthin, sie existieren nicht von Bereichen isoliert. Gegenstände sind also keine Absoluta, wie Gabriel geltend macht, sondern Relata. Sie existieren immer nur relativ zu dem Bereich, in dem sie vorkommen und Bereiche sind ihrerseits relativ zu ihren Gegenständen bestimmt, sofern die Anordnungsregeln, die einen Bereich bestimmen und ihn von anderen Bereichen unterscheiden, bestimmte Gegenstände erscheinen lassen. Das heißt, da ist nicht erst ein Bereich, in den im zweiten Schritt ein Gegenstand eingefügt wird. Um ein Beispiel zu geben: Wir haben also nicht erst den leeren Raum der natürlichen Zahlen, in welchen sozusagen "später" die Zahlen eingetragen werden, sondern Bereich und Gegenstände sind eine Relation und gehören immer zusammen.




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So 18. Feb 2018, 05:44

EberhardWesche hat geschrieben : Gabriel schreibt: "Ich behaupte, dass es Polizeiuniform tragende Einhörner auf der Rückseite des Mondes gibt, denn dieser Gedanke existiert in der Welt und mit ihm die Polizeiuniform tragenden Einhörner." (S.23)

Bei dieser etwas seltsamen Aussage handelt es sich nicht um ein nachvollziehbares Argument, was man durch die folgende einfache Überlegung zeigen kann.

Wenn man den Ausdruck "es gibt" im üblichen Sinne versteht, so fragt man mit dem Satz: "Gibt es auf der Rückseite des Mondes Polizeiuniform tragende Einhörner?" nicht nach der Existenz eines Gedankens sondern nach der Existenz einer Tierart. Die elementare Unterscheidung zwischen der Existenz eines bestimmten Gedankens und der Existenz des Gedachten wird verwischt, wenn man die Existenz des Gedachten mit der Existenz des betreffenden Gedankens begruendet ( "... , denn dieser Gedanke existiert in der Welt und mit ihm die Polizeiuniform tragenden Einhörner.")

Die Frage, ob etwas Bestimmtes existiert (z. B. die Frage, ob es außerhalb der Erde intelligente Wesen gibt), ist eine Frage nach der Beschaffenheit der Wirklichkeit, also der vorhandenen Welt. Die Beschaffenheit der vorhandenen Welt kann man jedoch nicht durch Bezug auf Gelogenes oder Geträumtes erkennen, sondern nur durch die Einbeziehung von Beobachtetem und logisch Gefolgertem. Diese Unterscheidung ist grundlegend für alle Bemühungen um Erkenntnis der Wirklichkeit.
EberhardWesche hat geschrieben :
Fr 2. Feb 2018, 19:41
Auch nach meinem Sprachgebrauch hängt die Wahrheit eines Satzes davon ab, in welchem Zusammenhang er geäußert wird.
EberhardWesche hat geschrieben : Wenn man den Ausdruck "es gibt" im üblichen Sinne versteht ...
Wenn die Wahrheit eines Satzes davon ab, in welchem Zusammenhang er geäußert wird, dann muss das auch für den Ausdruck "es gibt" gelten, denn auch Existenzbehauptungen können wahr oder falsch sein. Diesen Umstand, den du selbst hervorgehoben hast, berücksichtigst du in deinem Einwand nicht ausreichend, wie ich finde. Konstruieren wir ein einfaches alltägliches Gespräch.

Ben: Ich hab mir das neue Supermanspiel gekauft!
Jonas: Gibt's da wieder diese ekligen Glibber-Monster?
Ben: Na klar, fünf Stück - er mach sie alle platt.
Jonas: Wow, cool Mann!

Ich denke, so eine Unterhaltung ist keineswegs selten und der Existenzquantor wird dort in einer üblichen Art und Weise verwendet. Es gibt Glibber-Monster, aber nicht etwa in der Biologie-Stunde oder im Vorgarten, sondern im neuen Supermanspiel.

Du machst klar, dass nach deiner Ansicht die Frage, ob etwas Bestimmtes existiert (z. B. die Frage, ob es außerhalb der Erde intelligente Wesen gibt), ist eine Frage nach der Beschaffenheit der Wirklichkeit, also der vorhandenen Welt. Zu dieser Welt gehören jedoch auch Supermanspiele, Gedanken und Träume, aber auch natürlich Lügen und Fakenews. All das gilt es zu berücksichtigen und zwar so, dass die Dinge, die es ausschließlich im Traum, im Computerspiel oder in der Literatur gibt, einerseits nicht unter den Tisch fallen, sie aber andererseits nicht mit Planeten, Atomen und Giraffen in einen Topf geworfen werden. Solche Unterschiede darf man natürlich nicht verwischen, da geträumte 100 Euro nicht als Zahlungsmittel in Manhattan taugen.

Formal lässt sich der Vorschlag Gabriels so darstellen, dass zu jeder Existenzangabe im Grunde ein Index gehört, der klar macht wovon die Rede ist:

a) Es gibt[supermanspiel] fünf eklige Glibbermonster!
b) Es gibt[kassel] fünf eklige Glibbermonster!

Satz a) ist wahr, Satz b) ist falsch.

Aber Moment! Wie ist es mit folgendem Einwand: Wenn Hans sagt, "in Kassel gibt es fünf eklige Glibbermonster!", dann gibt es sie doch! Schließlich gibt es laut Gabriel ja alles bis auf die Welt. Die Glibbermonster kommen tatsächlich irgendwo vor, nämlich in der falschen Behauptung, es gebe sie in Kassel. Der Witz bei Gabriel ist, dass wir stets eine "Ortsangabe" brauchen. Damit ist allerdings nicht per se eine Raumzeitliche Ortsangabe gemeint. Gemeint ist der infrage stehende Bereich. Dass in der Behauptung "in Kassel gibt es fünf eklige Glibbermonster!" fünf eklige Glibbbermonster vorkommen, ist trivial wahr, dass sie jedoch in Kassel vorkommen ist (nach meinem Wissen) empirisch falsch.




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EberhardWesche
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Di 20. Feb 2018, 22:27

@ Jörg

herzlichen Dank für Deine ausführliche Gegenkritik.

Ich antworte sobald es geht.

Bis dann. Eberhard.




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Do 22. Feb 2018, 11:37

@ Jörg

Meine Kritik an Gabriels These "Die Welt gibt es nicht" stützt sich auf dessen eigenwillige Umdeutungen der Wörter "Welt" und "Existenz".

Nehmen wir das Wort "Welt". Unter "Welt" verstehe ich die Gesamtheit dessen, was es gegenwärtig gibt, was es ehemals gegeben hat oder was es zukünftig geben wird.

Diese Bedeutung des Wortes "Welt" erscheint mir verhältnismäßig eng am üblichen Gebrauch des Wortes zu liegen.

WIKIPEDIA gibt für "Welt" die Bedeutung an: "Welt bezeichnet all das, was ist. Der Begriff umfasst also nicht Einzelerscheinungen, sondern eine Totalität. Diese Allheit des Vielen in Einem, eine Welt, kann aufgefasst werden als Gesamtheit der bezogenen Objekte und als Ganzes der geteilten Beziehungen. Im Englischen heißt es "... world is the planet Earth and all life upon it, including human civilization. In a philosophical context, the world is the whole of the physical Universe".

Gabriel gibt dem Wort "Welt" die Bedeutung "Sinnfeld. in dem alle Sinnfelder erscheinen".

(wird fortgesetzt) E.




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EberhardWesche hat geschrieben :
Do 22. Feb 2018, 11:37
Gabriel gibt dem Wort "Welt" die Bedeutung "Sinnfeld. in dem alle Sinnfelder erscheinen".
Nein, das tut Gabriel ausdrücklich nicht.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So steht es jedoch nahezu wörtlich im Glossar von "Warum es die Welt nicht gibt". "Welt: Das Sinnfeld aller Sinnfelder, das Sinnfeld in dem alle anderen Sinnfelder erscheinen."




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 22. Feb 2018, 14:12
So steht es jedoch nahezu wörtlich im Glossar von "Warum es die Welt nicht gibt". "Welt: Das Sinnfeld aller Sinnfelder, das Sinnfeld in dem alle anderen Sinnfelder erscheinen."
Okay.
Ich hatte es so verstanden, als würde Gabriel affirmativ der Meinung sein, dass es zwar nicht die Welt, aber dafür ein Sinnfeld aller Sinnfelder gäbe.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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EberhardWesche hat geschrieben :
Do 22. Feb 2018, 11:37
@ Jörg

Meine Kritik an Gabriels These "Die Welt gibt es nicht" stützt sich auf dessen eigenwillige Umdeutungen der Wörter "Welt" und "Existenz".
Hallo Eberhard, eine Kleinigkeit vorweg. Ich heiße nicht Jörg, sondern Jörn. :-)

Wenn man deine Kritik an Gabriel liest und sein Buch, besser gesagt seine vielen Bücher, Reden, Artikel und seine Aufsätze nicht kennt, dann muss man einen seltsamen Eindruck davon erhalten. Im Grunde besteht - so wie du es darlegst - alles aus einem simplen Taschenspielertrick; das muss der Eindruck sein. Der Taschenspielertrick funktioniert im Prinzip folgendermaßen: Man nehme einen gängigen Begriff, nämlich den Begriff "die Welt", definiere ihn in einer gewissen Art und Weise um, um dann zu zeigen, dass es nichts geben kann, was auf diesen Begriff zutrifft. Fertig.

Das ist allerdings meines Erachtens ein ganz falscher Eindruck, der da erweckt wird. Erstens geht es in der Philosophie keineswegs einfach bloß darum die Begriffe, so wie wir sie verwenden, zu analysieren und ihre Verwendung unangetastet zu lassen. Es geht in der Philosophie auch darum herauszuarbeiten, wie wir diese Begriffe sinnvollerweise verwenden sollten. Nach meiner Meinung ist es nicht wirklich so, dass Gabriel sich einfach hinstellt, den Begriff mehr oder weniger nach Belieben definiert, um ihn dann entsprechend dieser Definition zu widerlegen.

In Wahrheit geht Gabriel in diesem Buch sowie in anderen Büchern und seinen Vorträgen durchaus der Begriffsgeschichte des Begriffs "Welt" nach und fragt selbstverständlich auch, wie wir den Begriff im Alltag verwenden. Aber nicht nur da, sondern auch in der Philosophie und in der Wissenschaft. Gabriel erörtert im übrigen ziemlich ausführlich den (relativ engen) Zusammenhang zwischen unserem Selbstbild und unserem Weltbild. Das heißt, er geht auch der Frage nach, was es für uns bedeuten kann, diesen oder jenen Begriff von "der Welt" zu haben. Dazu zwei Beispiele: Wer sich die Welt als ein wohlgeordnetes Ganzes, also einen Kosmos vorstellt, in dessen Zentrum wir stehen, der wird ein anderes Selbstbild haben, als derjenige, der meint die Welt wäre eine kalte Heimat, die uns selbst eigentlich nicht wirklich enthält - und wenn doch, dann nur ganz am Rande. Wer also glaubt, die Welt bestünde in Wahrheit nur aus "Atomen und Leere", wird möglicherweise der Ansicht sein, dass wir selbst nichts anderes sind, als auf Selbsterhaltung optimierte Biomaschinen

In Wahrheit geht es Gabriel in diesen und seinen anderen Büchern keineswegs und irgendwelche Glasperlenspiele, sondern um die Frage "Was bedeutet das alles?" und was ist unser Platz in diesem Kuddelmuddel.

Du schreibst: "Unter 'Welt' verstehe ich die Gesamtheit dessen, was es gegenwärtig gibt, was es ehemals gegeben hat oder was es zukünftig geben wird." Das besagt meines Erachtens nicht sehr viel, da die meisten Begriffe, die die nutzt, ihrerseits nach einer Klärung verlangen (was heißt "es gibt"?).

Und zudem (das scheint mir noch wichtiger zu sein) entspricht diese Redeweise nicht deinen eigenen Vorgaben. Denn du verwendest hier den Begriff "Welt" selbst nicht so ohne weiteres im alltäglichen Sinn. Dazu ein paar Beispiele: Im Alltag sprechen wir z.b. von der Welt der Musik, der Zirkuswelt oder der Welt der Finanzen. Das macht klar, dass es bei dem Begriff "Welt" in aller Regel um einen Gesamtzusammenhang geht, wobei die Dinge, die von diesem Gesamtzusammenhang umfasst werden, nicht einfach nach Belieben zusammen gewürfelt sind, sondern von einer bestimmten Art und Weise sind. Zu der Welt der Musik dürften Musiker, Musikstücke, Konzertsäle, Noten, Schallplatten Musik CDs, Radiosender, Flöten, Gitarren, Trommeln und vieles mehr zählen. Es dürfte allerdings klar sein, dass man sich in diesem Beispiel die Welt nicht etwa wie eine Schachtel vorstellen darf, in welche die fraglichen Dinge einfach hinein geschüttet werden. So eine Welt - wie die Welt der Musik - ist im Grund nichts anderes als ein Gegenstandsbereich, "der eine bestimmte Art von Gegenständen enthält, wobei Regeln feststehen, die diese Gegenstände miteinander verbinden."

Ein anderes Beispiel: Wir sagen z.b., dass Hans in seiner eigenen kleinen Welt lebt. Auch hier bezeichnet der Begriff Welt nicht etwa ein zufälliges Sammelsurium (oder eine Menge) von Dingen, sondern eine Gesamtheit, die in einer spezifischen Art und Weise "zusammen gehalten" wird, nämlich dadurch, dass sie Hans ganz eigene Welt ist.

Um etwas Vergleichbares, wie in den letzten Abschnitten dargestellt, geht es Gabriel selbst in folgender Passage:

»Die Welt ist alles, was der Fall ist«

Vom Universum muss man die Welt unterscheiden. Doch was ist das eigentlich, die Welt? Worauf bezieht sich der Ausdruck »die Welt«? Im Alltag verwenden wir ihn heutzutage unter anderem für die Erde, für unseren Planeten, auf dem wir leben. Im Englischen hat es sich auch eingebürgert, mehr oder weniger bewohnbare Planeten, auch außerhalb unseres Sonnensystems, als »Welten« zu bezeichnen. Darüber hinaus gibt es auch noch die Verwendung von »Welt« im Sinne der Welt eines Romans, der Welt der Aborigines, der Welt des Glücklichen oder der Welt der Römer. Sozusagen von Natur aus neigen wir alle erst einmal dazu, die Welt mit der Gesamtheit aller vorhandenen Gegenstände zu identifizieren. Doch damit es eine solche Gesamtheit geben kann, muss es eine Art Regel oder ein Gesetz geben, das diese Gesamtheit zusammenhält. Die Welt der Römer ist nicht einfach nur die Gesamtheit der Gegenstände, die es damals im Imperium Romanum gab, sondern auch ihr Verhältnis zueinander und eine bestimmte Art und Weise, mit diesen Gegenständen umzugehen, also die römische Kultur, ihre Sitten und Gebräuche. Ludwig Wittgenstein hat in den ersten Sätzen seines Tractatus logico-philosophicus als Erster auf diesen entscheidenden Punkt aufmerksam gemacht:

1. Die Welt ist alles, was der Fall ist.
1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.

Was damit gemeint ist, kann man folgendermaßen erläutern: ... [Es folgt eine kurze Erläuterung des Zusammenhangs von Gegenstand und Tatsache.]


Lange Rede, kurzer Sinn: Nach meinem Verständnis, ist die Art und Weise, wie Gabriel den Begriff Welt in seinem Buch einführt und verwendet, sehr weit von dem entfernt, wie du es darstellst.




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@ Jörn,

um was geht es uns mit unserer Diskussion?

Aus meiner Sicht suchen wir nach Antworten auf bestimmte Fragen.

Wir suchen nach Antworten, denen wir dauerhaft gemeinsam zustimmen können.

Das setzt voraus, dass wir mit den dabei verwendeten Wörtern und Sätzen dieselben Bedeutungen verbinden.

Gesichtspunkte einer geeigneten Terminologie ergeben sich aus dem Erkenntnisziel:

Es sollen widerspruchsfreie und theoretisch fruchtbare Antworten formuliert werden.

Wo sich keine derartigen Antworten finden lassen - z. B. bei dem Wort "Welt" - muss man die unterschiedlichen Konzepte durch unterschiedliche Wörter kennzeichnen - z. B. "Wort01", "Wort02 .

Einverstanden? E.




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@ Jörn,

um was geht es uns mit unserer Diskussion?

Aus meiner Sicht suchen wir nach Antworten auf bestimmte Fragen.

Wir suchen nach Antworten, denen wir dauerhaft gemeinsam zustimmen können.

Das setzt voraus, dass wir mit den dabei verwendeten Wörtern und Sätzen dieselben Bedeutungen verbinden.

Gesichtspunkte einer geeigneten Terminologie ergeben sich aus dem Erkenntnisziel:

Es sollen widerspruchsfreie und theoretisch fruchtbare Antworten formuliert werden.

Wo sich keine derartigen Antworten finden lassen - z. B. bei dem Wort "Welt" - muss man die unterschiedlichen Konzepte durch unterschiedliche Wörter kennzeichnen - z. B. "Wort01", "Wort02 .

Ohne eine derartige Begriffsklärung rührt man nur einen unschönen Brei.

Jörn, du kritisierst meine Terminologie und bemängelst, dass ich mich zu weit vom Sprachgebrauch entferne, etwa mit der Formulierung "Welt der Musik". Das ließe sich leicht nachholen , denn dass man den Begriff "Welt" im Plural verwendet, führt wohl in ganz andere Bereiche.




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EberhardWesche hat geschrieben :
Fr 23. Feb 2018, 14:05
Ohne eine derartige Begriffsklärung rührt man nur einen unschönen Brei.
Ich meine, die Begriffe sind durchaus geklärt. Dein Einwand war jedoch, dass Gabriel gewisse Umdeutungen und Neuschöpfungen ins Spiel bringt. Mein Einwand gegen deinen Einwand ist, verkürzt gesagt, dass du damit, das was Gabriel vorgelegt hat, nicht angemessen wiedergibst. Das habe ich weiter oben ausführlich erläutert und begründet.




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Fr 23. Feb 2018, 18:27

Ich fände es gut, wenn wir in diesem Thread sehr dicht an den Argumenten und Gegenargumenten von EberhardWesche bleiben würden.
Hier > http://www.ethik-werkstatt.de/Gabriel_E ... Welt_2.htm


Einen weiteren "allgemeinen" Gabriel-Thread brauchen wir nicht unbedingt. Daher habe ich die letzten Beiträge verschoben.
Hier > https://www.dialogos-philosophie.de/vie ... &start=840




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EberhardWesche hat geschrieben :
Do 22. Feb 2018, 11:37
Unter "Welt" verstehe ich die Gesamtheit dessen, was es gegenwärtig gibt, was es ehemals gegeben hat oder was es zukünftig geben wird.
Machen wir dazu ein kleines Gedankenexperiment im Sinne Gabriels. Stellen wir uns vor, es gäbe nichts außer einem Tisch und zwei Stühlen. Nach deiner Definition wäre diese Welt die selbe, egal ob die Stühle auf dem Tisch stehen oder unter dem Tisch. Gabriel würde hier (zurecht, wie ich finde) monieren, dass deine Definition, die Tatsachen auslässt - die Welt besteht eben nicht nur aus Gegenständen, wir finden auch noch Strukturen vor, die die Gegenstände "miteinander verbinden" - in Beziehung setzen oder wie immer man sich ausdrücken will. Es gibt nicht den Tisch und zwei Stühle, sondern wahrheiten über diese Dinge. Daher:

1. Die Welt ist alles, was der Fall ist.
1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.




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EberhardWesche
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So 25. Feb 2018, 15:19

Vorweg: Ich bitte zu berücksichtigen, dass ich seit langem behindert bin. Dadurch dauert manches etwas länger.

Jörn, Du schreibst, dass Du die zentralen Begriffe aus Gabriels These wie "Welt", "Existenz" und "es gibt" für hinreichend geklärt ansiehst. Gabriel habe sie unter Berücksichtigung der philosophischen Tradition geprüft.

Ich halte dies Vorgehen für methodisch problematisch, wenn nicht gleichzeitig die damit neu entstehenden Sätze und Theorien geprüft werden. Ich frage mich z.B., welche Bedeutung das Wort "Welt" nach erfolgter Klärung für dich hat. Wenn dein letztes Wort die Feststellung der notorischen Uneinigkeit der Autoren ist, sehe ich wenig Produktives. Wenn aus der Behauptung: "Die Welt kann es nicht geben" abgeleitet wird: "Das Sinnfeld aller Sinnfelder kann nicht selber in einem Sinnfeld erscheinen", so ist damit wenig gewonnen.

In unserm Fall ergeben sich durch Gabriels begriffliche Neuerungen nicht nur keine theoretischen Fortschritte. Stattdessen finden sich fragwürdige Angriffen auf jegliches Weltbild - insbesondere auf das Weltbild der Erfahrungswissenschaften. Die Begründung hierfür lautet: Es kann kein Weltbild geben, weil es die Welt nicht gibt.

E.




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