EberhardWesche über "Warum es die Welt nicht gibt"

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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So 25. Feb 2018, 16:42

EberhardWesche hat geschrieben :
So 25. Feb 2018, 15:19
In unserm Fall ergeben sich durch Gabriels begriffliche Neuerungen nicht nur keine theoretischen Fortschritte
Alles klar, belassen wir es einfach dabei.




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Jörn Budesheim
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So 25. Feb 2018, 17:06

(Nachtrag: Meines Erachtens ist der philosophische Ertrag der Vorschläge Gabriels immens. Seine Frage lautet, was es heißt zu existieren. Während das Gros der philosophischen Theorien in dieser Hinsicht die Vielfalt der Phänomene in ein einseitiges Theorieraster packt, ist diese neue Theorie so gebaut, dass sie dieser Pluralität Rechnung trägt. Das ist nach meiner Sicht ein großer theoretischer Fortschritt.)




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EberhardWesche
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Di 27. Feb 2018, 12:43

@ Jörn, vielleicht kommen wir weiter, wenn wir unseren Dissens anhand deines Beispiels diskutieren.

Es gibt dort nur zwei Stühle und einen Tisch. Wenn ich diesen Sachverhalt durch die Auflistung der drei Gegenstände beschreibe, so entspricht dies deiner Ansicht nach nicht der Wirklichkeit, denn ich unterschlage dabei die realen Strukturen, in denen die Stühle und der Tisch angeordnet sind.

Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Das scheinbare Problem entsteht nur dadurch, dass nicht explizit gesagt wird, welche Frage man stellst und für welche Antwort man Geltung beansprucht.

Wenn die Frage lautet: "Wie viel Stühle gibt es?", und ich antworte: "Es gibt zwei Stühle", so ist die Antwort wahr.
Wenn die Frage lautet: "Wie viele Möbelstücke gibt es?" und ich antworte: "Es gibt drei Möbelstücke", so ist auch diese Antwort wahr.
E.




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Jörn Budesheim
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Di 27. Feb 2018, 13:15

EberhardWesche hat geschrieben :
Di 27. Feb 2018, 12:43
@ Jörn, vielleicht kommen wir weiter, wenn wir unseren Dissens anhand deines Beispiels diskutieren.

Es gibt dort nur zwei Stühle und einen Tisch. Wenn ich diesen Sachverhalt durch die Auflistung der drei Gegenstände beschreibe, so entspricht dies deiner Ansicht nach nicht der Wirklichkeit, denn ich unterschlage dabei die realen Strukturen, in denen die Stühle und der Tisch angeordnet sind.

Diese Kritik kann ich nicht nachvollziehen. Das scheinbare Problem entsteht nur dadurch, dass nicht explizit gesagt wird, welche Frage man stellst und für welche Antwort man Geltung beansprucht.

Wenn die Frage lautet: "Wie viel Stühle gibt es?", und ich antworte: "Es gibt zwei Stühle", so ist die Antwort wahr.
Wenn die Frage lautet: "Wie viele Möbelstücke gibt es?" und ich antworte: "Es gibt drei Möbelstücke", so ist auch diese Antwort wahr.
E.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 25. Feb 2018, 10:49
EberhardWesche hat geschrieben :
Do 22. Feb 2018, 11:37
Unter "Welt" verstehe ich die Gesamtheit dessen, was es gegenwärtig gibt, was es ehemals gegeben hat oder was es zukünftig geben wird.
Machen wir dazu ein kleines Gedankenexperiment im Sinne Gabriels. Stellen wir uns vor, es gäbe nichts außer einem Tisch und zwei Stühlen. Nach deiner Definition wäre diese Welt die selbe, egal ob die Stühle auf dem Tisch stehen oder unter dem Tisch. Gabriel würde hier (zurecht, wie ich finde) monieren, dass deine Definition, die Tatsachen auslässt - die Welt besteht eben nicht nur aus Gegenständen, wir finden auch noch Strukturen vor, die die Gegenstände "miteinander verbinden" - in Beziehung setzen oder wie immer man sich ausdrücken will. Es gibt nicht den Tisch und zwei Stühle, sondern wahrheiten über diese Dinge. Daher:

1. Die Welt ist alles, was der Fall ist.
1.1 Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.
Du schreibst, dass du die Kritik nicht nachvollziehen kann. Ich kann aber deiner Antwort nicht entnehmen, was das Verständnis-Problem ist. Hier noch mal kurz, worum es bei dem Argument geht: Du hast weiter oben geschrieben: "Unter "Welt" verstehe ich die Gesamtheit dessen, was es gegenwärtig gibt, was es ehemals gegeben hat oder was es zukünftig geben wird." Das Argument mit dem Tisch und dem Stuhl zeigt, dass dieses Ding-Modell fragwürdig ist. Damit wird der Umstand, dass es überhaupt Dinge gibt, gar nicht eingezogen. Daher läuft dein Einwand ins Leere. Zwar mag die Antwort auf die Frage "Wie viel Stühle gibt es?" mit "Es gibt zwei Stühle" wahr sein. Das hat aber keinen Bezug zum Einwand. Denn damit wird ja darauf hingewiesen, dass etwas in deiner "Weltdefinition" fehlt, nämlich die Tatsachen.




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EberhardWesche
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Mi 7. Mär 2018, 16:15

Marcus Gabriel stellt die kühne Behauptung auf: "Die Welt gibt es nicht".

Diese These kann ich nicht teilen.

Eine kurze Widerlegung ginge meines Erachtens wie folgt:

Wenn es die Welt nicht gibt, so kann es auch mich als Teil der Welt nicht geben.

Wenn es mich jedoch nicht gibt, so kann ich auch keine Kritik schreiben.

Das tue ich jedoch gerade jetzt..

Folglich muss es die Welt geben.

E.




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EberhardWesche hat geschrieben :
Mi 7. Mär 2018, 16:15
Marcus Gabriel stellt die kühne Behauptung auf: "Die Welt gibt es nicht".

Diese These kann ich nicht teilen.

Eine kurze Widerlegung ginge meines Erachtens wie folgt:

Wenn es die Welt nicht gibt, so kann es auch mich als Teil der Welt nicht geben.

Wenn es mich jedoch nicht gibt, so kann ich auch keine Kritik schreiben.

Das tue ich jedoch gerade jetzt..

Folglich muss es die Welt geben.

E.
Nein.
Gabriels These ist ja, dass es die Welt als metaphysisches Ganzes verstanden nicht gibt.
Es gibt nach ihm alle Bestandteile dessen, was man - Gabriels Meinung nach - klassisch als Welt (ein Ganzes, Sinnfeld aller Sinnfelder) versteht, aber dieses Ganze eben nicht.

Er würde denken, dass Du selbstverständlich diese Kritik schreiben kannst, nur richtet sich der Einwand gar nicht gegen Gabriels Argumentation.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Alethos
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EberhardWesche hat geschrieben :
Mi 7. Mär 2018, 16:15
Marcus Gabriel stellt die kühne Behauptung auf: "Die Welt gibt es nicht".

Diese These kann ich nicht teilen.

Eine kurze Widerlegung ginge meines Erachtens wie folgt:

Wenn es die Welt nicht gibt, so kann es auch mich als Teil der Welt nicht geben.

Wenn es mich jedoch nicht gibt, so kann ich auch keine Kritik schreiben.

Das tue ich jedoch gerade jetzt..

Folglich muss es die Welt geben.

E.
Dieses cartesische Prinzip gilt natürlich auch unter der Voraussetzung, dass die Sinnfeldontologie Gabriels richtig ist. Du kannst genau so existieren, wie alles andere, wenn es die Welt nicht gibt. Denn die Dinge in der Welt hören ja nicht auf zu sein, bloss deshalb, weil wir sagen können, dass Existenz Erscheinung in einem Sinnfeld bedeutet. Die Sinnfelder, in denen du erscheinst, haben den Umfang der Sinne, in denen du existierst. Nun aber gibt es keinen Umfang deines Seins oder eines Seins überhaupt, demnach auch keinen Seinssinn, der in seinem Bezug zur Welt als Ganzes liegt.



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Tosa Inu
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Tosa Inu hat geschrieben :
Mi 7. Mär 2018, 17:16
Er würde denken, dass Du selbstverständlich diese Kritik schreiben kannst, nur richtet sich der Einwand gar nicht gegen Gabriels Argumentation.
Ergänzend hier.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Mi 7. Mär 2018, 18:47

Der Beweis ist zirkulär. Er setzt voraus, dass es die Welt gibt ("mich als Teil der Welt") um das am Ende zu zeigen.

Wenn ich mich recht entsinne, muss man das Buch nicht mal öffnen, um zu lesen, wie Gabriels wirkliche These lautet. Es steht auf der Rückseite, meine ich. Sinngemäß lautet Gabriels These, dass es alles* gibt nur die Welt nicht. Was soll das besagen? Was ist der Witz dabei. Nach meiner Einschätzung geht es im wesentlichen um folgendes. Was ist ein Bereich? Was einen Bereich (im Unterschied zu anderen Bereichen) ausmacht, sind seine Anordnungsregeln. Der Bereich Bundesrepublik Deutschland hat eine andere Ordnung als der Bereich der Zahlen, der Bereich das Schachspiels etc. p.p. Meines Erachtens ist die wichtigste These Gabriels, dass es keine Anordnungsregel gibt, unter die alles fällt. Alle metaphysischen Sichtweisen, die anheben mit "Alles ist ..." werden damit zurückgewiesen.

*zum Beispiel als Polizisten verkleidete Einhörner auf der Rückseite des Mondes.




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EberhardWesche
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Do 8. Mär 2018, 19:52

@ ito sanu,

deiner Ansicht nach geht meine Kritik an Gabriels These vorbei, weil dessen Begriff von "Welt" ein anderer ist als meiner.

Ich habe die "Welt" definiert als die Gesamtheit all dessen was war, was ist und was sein wird.

Wenn Gabriel bereits in seiner zentralen These die Welt als ein "metaphysisches Ganzes" versteht, so so ist das methodisch etwas fragwürdig.

Da ich von einer Metaphysik als Wissenschaft nur wenig halte, müssten wir zuerst einmal unsere terminologischen Differenzen klären.

E.




Tosa Inu
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EberhardWesche hat geschrieben :
Do 8. Mär 2018, 19:52
Wenn Gabriel bereits in seiner zentralen These die Welt als ein "metaphysisches Ganzes" versteht, so so ist das methodisch etwas fragwürdig.

Da ich von einer Metaphysik als Wissenschaft nur wenig halte, müssten wir zuerst einmal unsere terminologischen Differenzen klären.
Da muss m.E. eigentlich gar nichts groß geklärt werden, weil Gabriel (wie jeder) alles Recht der Welt hat, etwas zu definieren, wie er lustig ist. Er kann nur niemanden dazu zwingen, dass er ihm folgt, etwa wenn die Definition sehr ungewöhlich ist. Wäre dann aber sein Problem und ein Stück weit könnte das der Fall sein, insofern, als Gabriel mindestens den Weltbegriff, den er zurückweist, mehr Leuten unterstellt, als dass diese den Begriff so verwenden würden, wie Gabriel meint. Du verwendest Welt ja auch anders, als Gabriel meint, ich auch, Wittgenstein auch ...

Die andere wichtige Frage ist dann, ob Gabriels Konzept konsistent ist und da habe ich meine Zweifel, bei all den definitorischen Lücken, die ich da sehe und auch Du hattest ja angedeutet, dass Dir z.B. nicht klar ist, was ein Sinnfeld ist. Akzeptiert man die Angebote von Jörn und Alethios dazu ploppen m.E. immer neue Frage auf, die allesamt unklar sind und wo dann zumindst meine Bereitschaft irgendwann abebbt, diese nur noch durch good will Interpretationen zu füllen.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Fr 9. Mär 2018, 06:48

Allerdings definiert Gabriel keineswegs, wie er lustig ist, sondern bezieht sich auf einen in der Philosophie seit ihren Anfängen geläufigen Welt Begriff.




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EberhardWesche
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Sa 10. Mär 2018, 10:04

@ Jörn

Wenn man den Ausdruck "es gibt" im üblichen Sinne versteht, so fragt man mit dem Satz: "Gibt es auf der Rückseite des Mondes Polizeiuniform tragende Einhörner?" nicht nach der Existenz eines Gedankens sondern nach der Existenz einer Tierart. Die elementare Unterscheidung zwischen der Existenz eines bestimmten Gedankens und der Existenz des Gedachten wird verwischt, wenn man die Existenz des Gedachten mit der Existenz des betreffenden Gedankens begründet ( "... , denn dieser Gedanke existiert in der Welt und mit ihm die Polizeiuniform tragenden Einhörner.")

Die Frage, ob etwas Bestimmtes existiert (z. B. die Frage, ob es außerhalb der Erde intelligente Wesen gibt), ist eine Frage nach der Beschaffenheit der Wirklichkeit, also der vorhandenen Welt. Die Beschaffenheit der vorhandenen Welt kann man jedoch nicht durch Bezug auf Gelogenes oder Geträumtes erkennen, sondern nur durch die Einbeziehung von Beobachtetem und logisch Gefolgertem. Diese Unterscheidung ist grundlegend für alle Bemühungen um Erkenntnis der Wirklichkeit.

E.




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Jörn Budesheim
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Sa 10. Mär 2018, 10:11

Auf all das habe ich bereits weiter oben sehr ausführlich geantwortet :-)) Ich freue mich auf Antworten auf die Antworten.




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Alethos
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EberhardWesche hat geschrieben :
Sa 10. Mär 2018, 10:04
Wenn man den Ausdruck "es gibt" im üblichen Sinne versteht
Dass es einen 'üblichen Sinn' von Existenz gibt, bestreitet weder Gabriel noch die Sinnfeldontologie.

Es gibt aber aus ontologischer Optik keinen überzeugenden Grund, nur einen üblichen Sinn von Sein festzuhalten. Denn vielmehr zwingt uns die Mannigfaltigkeit der Seienden die Erkenntnis auf, dass es keinen unfassenden Existenzsinn geben kann, der allen Seienden, sofern sie sind, gerecht würde, weil der jeweilige Sinn eines jeden Seienden der seinige Sinn ist, durch welchen es ist und daher nicht zugleich derselbige Sinn sein kann, in welchem es etwas anderes gibt. Der Existenzsinn eines jeden Dings ist sein eigenes Sein.

Zu sagen, in einem üblichen Sinn von 'Es gibt' gebe es dieses und jenes, aber dieses und jenes nicht, bedeutet eine Engführung des Existenzbegriffs auf diesen jeweiligen Seinssinn, wobei alle anderen Sinne von Sein ausgeblendet bleiben. Die Negation der Existenz von etwas in einem Sinne kann z.B. jeweils nur diesen Sinn bedeuten, in welchem es etwas nicht gibt, durch die Negation dieses Etwas aber wird zugleich ein weiterer Sinn dieses Etwas eingeführt, in welchem es nun eben ist, wobei es keine Kontradiktion ist zu sagen, x gebe es und x gebe es nicht, sofern beide x jeweils nur ihren Sinn betreffen. Es sei zum Beispiel, dass wir die Existenz von etwas negieren, dann wird es dieses Etwas in der Negation geben, nämlich in diesem Satz als Begriff eines Gegenstands, dessen Existenz bestritten wird. Aber es würde in jedem Fall, ob in der Negation oder in der Affirmation, nur die Existenz eines Dings in diesem Sinn behauptet oder bestritten, weil zugleich ist, dass es dieses Ding in einem anderen Sinne geben muss, insofern dieses Ding als Gegenstand in einem affirmativen oder negierenden Satz vorkommt. Es kann doch unmöglich von etwas geredet werden, das nicht wirklich ist in jenem Sinne von wirklich, in welchem dieses Etwas jeweils erscheint? Sei dieses Etwas ein Begriff oder eine Zeichnung oder sch nur eine Idee oder eine Vorstellung: immer wird es dieses geben müssen, und zwar als etwas Wirkliches, sofern es überhaupt vorkommt. Denn wie könnte etwas unwirklich sein im Sinne von inexistent, das in einem Begriff, in einer Vorstellung oder in einem Gefühl vorkommt?

Insofern kann der Seinssinn eines Gegenstandes, den es nicht gibt, zwingend nicht dieser Seinssinn sein, auf den sich die negierende Existenzaussage bezieht, weil es dieses Etwas in jenem Sinne geben muss, in welchem er zur Wirklichkeit der negierenden Aussage gehört.


Die Wirklichkeit, in der alle Seienden je sind, ist also nicht limitiert durch die Üblichkeit der Seinsdefiniton, darunter einige Dinge fallen können und andere nicht, die Wirklichkeit wird vielmehr durch die Pluralität der Dinge an sich bestimmt. Es sind die Dinge, die uns mehrere Sinne von Sein in der ontologischen Reflexion hergeben. Ein konkretes Etwas festzustellen bedeutet demnach, den Seinssinn dieses konkreten Etwas festzustellen, so dass ihm, dem Gegenstand, als was er ist, zu entnehmen ist, was es gibt und was nicht. Das bedeutet, dass ein Etwas nicht durch eine Definiton von Sein zu sein beginnt, sondern dadurch, dass es ist, ist es Seiendes und hiermit existent, weshalb sich von ihm sagen lässt, es gebe es. Und in diesem Sinne ist es, existiert es, weil es in diesem Sinnfeld erscheint.

Die ontologische Pluralität zu würdigen, muss Konsequenz für jeden aufmerksamen Philosophen sein, sofern er sich auf die Realität bezieht, denn durch die Mannigfaltigkeit der Gegenstände hindurch stellt er die ontologischen Bereiche fest, in welchen die Dinge zu ihrem Sein kommen, indem sie Anteile dieser Bereiche sind.



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Sa 10. Mär 2018, 18:36

Was ist denn der übliche Sinn von "es gibt"? Hier ein paar Beispiele:
  • "Es gibt beim Schach zwei weiße und zwei schwarze Springer"
  • "Es gibt zwischen 5 und 7 eine weitere natürliche Zahl"
  • "Es gibt 16 Minister in der GroKo"
  • "Es gibt in unserem Sonnensystem 8 Planeten"
  • "Es gibt in dem Stück Macbeth drei Hexen"
  • "Es gibt Bier im Kühlschrank"
  • "Es gibt Higgs-Bosonen in der mikroskopischen Welt"
  • "Es gibt in der Phantasie die seltsamsten Dinge"
  • "Es gibt im Traum manchmal sogar fliegende Elefanten"
Welche dieser Verwendungen ist unüblich und welche üblich? Und woran erkenne ich das?




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Di 13. Mär 2018, 05:13

EberhardWesche hat geschrieben :
Sa 10. Mär 2018, 10:04
"es gibt" im üblichen Sinne
Und? Wie sieht es aus mit den Beispielen im Beitrag zuvor? Mir scheinen sie alle ziemlich üblich zu sein ...




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EberhardWesche
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Fr 16. Mär 2018, 21:10

@ jörn

Wer nicht existiert, der kann nichts behaupten .... oder?

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Nein, wer etwas behauptet, der existiert auch.




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Ich behaupte, also bin ich.

Ich kann aber auch sein, wenn es die Welt nicht gibt, nämlich als etwas Behauptendes, das neben allem anderen, das existiert, existiert.



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