Sinnfelder etc.

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Herr K. hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 10:09
Ebensowenig wie eine Erklärung von x x ist, ist ein Gedanke an x x.
So ist es.




Tosa Inu
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Jul 2018, 13:27
Folgendes ist die (ursprüngliche) Problem- bzw. Fragestellung (von Putnam) hier mit der Hand dargestellt (bei Putnam waren es wohl Kreise). Man kann hier schließlich folgende "einfache" Frage stellen: Wieviel Gegenstände sind dort? Wie lautet die Antwort? Dazu kann man die Hände zählen und kommt auf die Antwort 1. Zählt man jedoch die Atome, dann kommt eine andere Antwort heraus. Entscheidend ist dabei, was als Gegenstand gilt, denn das gibt vor, was zu zählen ist. Putnam zog daraus antirealistische Konsequenzen. Gabriels Theorie der Sinnfelder deutet das Szenario anders, nämlich realistisch. Dabei muss man sich keineswegs metaphysisch entscheiden, welches die wahren "an sich seienden" Gegenstände sind, sondern viele verschiedene Antworten auf die Frage sind wahr.
Das sind für mich einfach Perspektiven, von denen es natürlich beliebig viele gibt und dass man sich vorher drauf einigen sollte, worüber man redet, ist ja nun auch klar.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Jul 2018, 13:27
Ich befürchte, dein ganzes Nichtverstehen der Theorie...
Was genau verstehe ich denn Deiner Meinung nach nicht?
Ich glaube ich verstehe das recht gut, mich überzeugt das nur nicht.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Jul 2018, 13:27
... basiert darauf, dass du irgendwo implizit annimmst, eine richtige Ontologie müsse so etwas wie Substanzen postulieren, entweder eine oder zwei oder drei etc. Bei diesen Substanzen - nehmen wir die von Descartes - ergeben sich dann die nämliche Probleme, die du dir nachgerade sehnlichst herbei zu wünschen scheinst.
Da ist ja ein simpler ad hominem Fehlschluss.
Zu Deinen Speklulationen:
Ontologie ist für mich die Lehre vom Sein. Das Sein kann ja verschiedene Erscheinungsformen annehmen, ohne dass daraus bereits ein ontologischer Bruch abzuleiten wäre. Ontologische Positionen sind ein Monismus von oben: letztlich ist alles GEIST oder von unten: letztlich ist alles Materie. Eine andere ist der Dualismus. Den Pluralismus sehe ich entweder als einen erweiterten Dualismus, dann sind ihm die Fragen zu stellen, die auch den Dualismus betreffen, Kernprolem ist dann die wechselseitige Einflussnahme, oder als eine verirrte epistemische Position, die meint Ontologie zu sein.
Ansonsten hatte ich mich zu dem m.E. oszillierenden (mal starken und mal schwachen) Ontologieverständnis der SFO ja bereits geäußert.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Jul 2018, 13:27
Also: wie spielen sie zusammen (sie schließen sich ja im Grunde aus.) Ist man gerade hier oder ist man da (man muss sich ja entscheiden). Aber das Beispielszenario mit der Hand zeigt, dass das gar nicht die grundlegende Problemlage ist.

Übrigens ist es nach meiner Ansicht auch nicht egal, ob man das am Beispiel der Hand oder am Beispiel der drei Quadrate macht. Denn die Frage, wie die Atome oder der Kreidestaub die Quadrate bilden können, ist sicher kein spannendes Forschungsprogramm. Aber die Frage, wie es kommt, dass bei einer Hand (als Teil eines Organismus) das Ganze mehr sein kann als die Summe der Teile, ist durchaus von Interesse. Aber solche Fragen entstehen stets lokal, während du deine Fragen stets metaphysisch - also global - stellst.
Nein.
Ich unterscheide zwischen kann man (noch) nicht (und vielleicht auch nie) erklären und ist ontologisch anders.
Für mich zählt primär die Frage, was ich mit Gabriel nun weiß, was ich vorher (so) nicht wusste.
Wenn Gabriel sagt, ein Gedanke oder eine literarische Figur seien real, dann ist das ja nichts anderes, als ein physikalischer Monist wie Herr K. auch behauptet.
Wenn Gabriel sagt, man müsse die Sinnfelder auch korrekt benennen, ansonsten käme es zu schaurigen Verwechslungen, was ist das anderes, als wenn Herr K. sagt, dass er keine Schwester hat und diese allenfalls ein Phantasieprodukt sein könne.

Bei Gabriel soll es diese Schwester dann geben (d.h. da wird dann drauf bestanden, die Schwester sei real, nicht der Gedanke an eine mögliche, phantasierte, imaginierte Schwester), es wird jede Menge ontologische Heißluft reingeblasen, was mich gar nicht stören würde, doch wo diese Schwester dann 'lebt', existiert ist ja vollkommen unklar. Einseits ist sie so real wie Herr K. es ist, da es keine Existenz zweiter Klasse gibt, aber wenn man sie bittet beim Umzug zu helfen, kann sie nicht erscheinen. Weil die Ebene falsch gewählt ist und man ja geradezu naiv wäre, würde man das fordern. Damit wird die Heißluft gleich wieder abgelassen, der Prozess des Oszillierens.

Wenn ich mich dennoch darauf einlasse und sage, dass die Schwester real als Schwester (nicht als Gedanke) existiert, sie aber nie die physische Welt betreten kann, dann ist die ontologische Kluft zwischen Physis und Gedanke hier ja bereits eingepreist. Und sie muss erklärt werden.
Herr K.s Schwester wir bei keinem Umzug helfen, zu keinem Familientreffen kommen, nie für Herr. K Waffeln backen und Herr K. wird auch nichts von ihr erben, weil diese Schwester auch nach Gabriel in ihrer Welt gefangen ist. Wenn sie nicht raus kann, wie können wir dann rein? Wie gelangen wir an Kentnisse über diese Schwester?
Die monistische Deutung ist, dass der Gedanke an die Schwester so real wie das Auto vor der Tür ist, die Schwester von Herr K. allerdings nicht real ist. Es gibt sie nicht, sie ist eine Erfindung. Darum kann sie auch weder Waffeln backen, noch beim Umzug helfen.
Sollte man ihr das auf literarischer oder phantastischer Ebene dennoch zuschreiben - ich könnte eine Kurzgeschichte schreiben, in der Herr K.s umzieht und seine Schwester beim Umzug hilft und Waffeln für alle mitbringt - dann wären die dort verwendeten Begriffe philosophisch eine Äquivokation, es Fehlschluss.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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So 8. Jul 2018, 11:21

Tosa Inu hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 11:05
Was genau verstehe ich denn Deiner Meinung nach nicht?
Alles.

Der Umstand, dass du etwas weiter oben schreibst "Das sind für mich einfach Perspektiven,, ..." ohne inne zuhalten, einzuhaken, nachzufragen, zeigt, dass du an einem ganz zentralen Thema der Theorie einfach vorbei gehen kannst, ohne es überhaupt zu merken.




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So 8. Jul 2018, 12:03

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 11:21
Tosa Inu hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 11:05
Was genau verstehe ich denn Deiner Meinung nach nicht?
Alles.

Der Umstand, dass du etwas weiter oben schreibst "Das sind für mich einfach Perspektiven,, ..." ohne inne zuhalten, einzuhaken, nachzufragen, zeigt, dass du an einem ganz zentralen Thema der Theorie einfach vorbei gehen kannst, ohne es überhaupt zu merken.
An welchem?
Meine Position hierzu habe ich mehrfach erläutert:
Sinnfelder erscheinen mir wie eine Mischung aus Perspektiven (was Gabriel nicht abstreiten) und, da er sich von Konstruktivismus distanziert, Dingen, die unabhängig davon sind auf Beobachtungen oder Perspektiven angewiesen zu sein zu bestehen, was im wesentlichen Objekte der physischen Welt sind.

Meine Frage dazu war, was diese beiden unterschiedlichen Aspekte wie Naturgesetze und Perspektiven als Sinnfeld zusammenzubringen, rechtfertigen könnte.
Deine Antwort darauf, was Sinnfelder denn nun sind lautet:
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Jul 2018, 11:29
Ein Sinnfeld ist nach meinem Verständnis ein Bereich, der auf eine bestimmte Art und Weise zusammen gehalten wird, nach Prinzipien, Regeln, Gesetzen ...
Darunter kann ich mir nun allerdings nicht so viel oder zu viel Verschiedenes vorstellen.
Nehmen wir an, bestimmte Gesetze halten einen Stern zusammen, andere den Fluss einer Geschichte, wieder andere die Logik eines Arguments und andere den Gesamteindruck eines Bildes. Was ist die Gemeinsamkeit die ein Naturgesetz und ein Modus Ponens hat, so das beides das Zeug hat ein Sinnfeld aufzuspannen?

Wer sagt uns, welches Sinnfeld das jeweils zuständige ist?



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So 8. Jul 2018, 12:10

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 10:48
Wenn aber, wie unter 2., die Regularitäten oder Regelmäßigkeiten der Natur sich erst aus dem Sosein der Materie ergeben können Sinnfelder keine Voraussetzung der Materie sein (oder es muss etwas anderes als die Naturgesetze sein).
Ja doch. Es sind ja keine zeitlichen Voraussetzungen. Die Naturgesetze sind die Anordnungsregelen, die festlegen, welche Gegenstände in dem nämlichen Bereich auf welche Weise vorkommen können. Und das entspricht der Erläuterung des Begriffs Sinnfeld. Das Sinnfeld ist - anders als du es anscheinend glaubst - keine Dose, die schon da sein muss, damit man später etwas in sie hinein tun kann.
Dass Materie die Bedingung dafür ist, dass Naturgesetzmäßigeiten entstehen und dass Naturgesetze die Bedigung dafür sind, dass Materie entsteht sind aber schon unterschiedliche Aussagen, oder siehst Du das anders?



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So 8. Jul 2018, 12:22

Herr K. hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 10:09
Außerdem wird es einen Gläubigen kaum jucken, wenn Du sagst, Gott käme nicht im Universum vor, wenn wir hier Gabriels Definition von "Universum" zugrundelegen, nämlich "Universum = der Gegenstandsbereich der Naturwissenschaften". Und da nach Gabriel z.B. Wohnzimmer nicht zum Gegenstandsbereich der Naturwissenschaften gehören - und ergo nicht im Universum nach Gabrielscher Definition vorkommen, wird wohl Gott auch nicht dazugehören.

Was die Frage auffwirft, wie man überhaupt Atheismus in Gabrielscher Nomenklatur definieren könnte. Oder wie ich den in der Alltagssprache schlichten und allgemeinverständlichen Satz "ich habe keine leibliche Schwester" sinnfeldontologiegemäß ausdrücken könnte.
So isses, das war auch mein Gedanke dabei.
Ein Christ wird sich nicht damit begnügen, dass sein Gott im Sinnfeld Religion erscheint und auch zu bleiben hat, denn Gott hat ja der Bibel folgend immer wieder in die Welt eingegriffen, durchaus auch in die physische.
Der Physikalist wird sich auch nicht damit begnügen, dass die Aussage Gott sei von A bis Z überflüssig aber nur im Bereich des Physischen gilt, da auch er beanspricht, dass es ansonsten nix gibt.
Und die salomonische Lösung, dass jeder hübsch in seinem Sinnfeld bleibt und spielt, ist auch in vielen anderen Bereichen Augenwischerei, denn wieder muss gefragt werden, was wir denn gewonnen haben, wenn wir wissen, dass es Gott einmal gibt, dann wieder nicht, 'Deine' Schwester und Waffen im Irak ebenso.
Wer bestimmt, welchem Sinnfeld gerade die Deutungshoheit zukommt. 'Deiner' Schwester sind die Merkwürdigkeiten schon groß, bei Gott werden sie noch erheblich größer.

Auch das Argument, dass es doch merkwürdig sei, dass man über etwas reden könne, was es gar nicht gibt, ist nicht so gut wie es klingt.
Demnach gibt es nämlich Deine Schwester und Gott und Frau Merkel als Reptil, denn über all das kann man ja reden.



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So 8. Jul 2018, 15:43

Tosa Inu hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 10:03
Die SFO Konsequenz: Für mich bedeutet die theoretische Aussage dass existieren bedeutet in einem Sinnfeld zu erscheinen im logischen Umkehrschluss, dass Existenz ohne Sinnfeld nicht möglich ist. Ich fragte Dich ja mal was Deiner Meinug nach das Sinnfeld der Materie sei und Deine Antwort war: die Naturgesetze.
Wenn aber, wie unter 2., die Regularitäten oder Regelmäßigkeiten der Natur sich erst aus dem Sosein der Materie ergeben können Sinnfelder keine Voraussetzung der Materie sein (oder es muss etwas anderes als die Naturgesetze sein).
Ich werde vielleicht später auf deinen Beitrag an mich eingehen können. Im Moment bin ich noch mit diversen anderen Texten und Lektüren beschäftigt. Und da dies scheinbar ein Dauerbrenner-Thema ist, wird es uns auch nicht so schnell davonspringen.

Zum oben Zitierten:
Ich glaube, dass man Sinnfelder und Seiendes nicht losgelöst betrachten kann, das heisst, man darf sich Sinnfelder nicht als Töpfchen vorstellen, in denen dann einmal etwas vorkommen kann, und sofern es erscheint, existiert es dann. Vielmehr muss man sich die Bereiche (Sinnfelder) als durch die Dinge erzeugt denken, durch die sich die Ordnung des Sinnfelds ergibt. Und gleichzeitig ergibt sich das Seiende als dieses Seiende durch die Erscheinung in diesem Sinnfeld. Es existiert also nur in einem Sinnfeld und zwar in einem bestimmten als dieser bestimmte Gegenstand.

Materie z.B. kommt in der Raumzeit vor, das ist ihr Sinnfeld, aber nicht erst war da ein Raum und eine Zeit, darin sich Materie ergiessen konnte, sondern es entstand das Sinnfeld mit der Materie selbst. (Woher die Materie kam, das kann ich hingegen nicht sagen.)

Zu deinem Beitrag an mich: Natürlich entspringt die Rückseite des Vesuvs nicht einer anderen Welt als die Vorderseite, die Perspektiven sind nicht je verschiedene 'Welten'. Überhaupt ist die SFO nicht als Multi-Welten-Theorie konzipiert.
Die Perspektiven sind lediglich als reale gedacht. Dass der Vesuv von hier oder dort anders aussieht, das kommt dem Vesuv zu als seine reale Perspektiviertheit. Das war der Punkt von Gabriel.

Darauf aufbauend entwickelt sich das Argument, dass allem Seienden einen Platz zugestanden werden kann als dieses Seiende durch die Art seiner Gegebenheit. Ist es gegeben als dieses, dann weil es in der Ordnung jener Seienden vorkommt. Das Messer und die Gabel sind nicht je ontologisch anders gegeben, weil das eine links und das andere rechts vom Teller vorkommt. Das natürlich auch, weil der Bereich rechts des Tellers ontologisch ein anderer Bereich ist. Man kann eine Grenze ziehen und fragen, was es in diesem lokalen Bereich gibt und was nicht. Aber das betrifft ja nur geografische Teilbereiche eines einzigen Raums, weshalb dies nicht die Frage nach dem ontologischen Status berührt. Sie (das Messer und die Gabel) sind vielmehr ontologisch je für sich selbst genommen anders gegeben durch die Frage, was sie sind. Sind sie Atome? Funktionale Gegenstände? Kunstobjekte? Metallobjekte? Sind sie gedachte Objekte oder physisch Seiende?
Das sind die kategorischen Grundfragen nach ihrem ontologischen Status und diese Status sind nicht abhängig voneinander in einem existenzialen Sinn, weshalb es keine schwachen und starken Ontologiebegriffe braucht. Sofern etwas ist, und dieses ist, was es ist, ist es existenzial fundiert durch sein Sosein und dieses Sosein der Dinge wiederum bestimmt die Ordnung in den entsprechenden Sinnfeldern.



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So 8. Jul 2018, 16:06

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 10:51
Herr K. hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 10:09
Ebensowenig wie eine Erklärung von x x ist, ist ein Gedanke an x x.
So ist es.
@'Herr K.' und @'Jörn Budesheim'

Meinen Beitrag kann man tatsächlich so interpretieren, als würde ich Gedanken von x mit x gleichsetzen und diese Ebenen vermischen. Das möchte ich aber nicht so verstanden wissen, ich bin auch kein idealist. Was ich ausdrücken wollte, war, dass die gedachte Hand des Chirurgen sich nun eben auf jene Hand bezieht, die am Unterarm des Chirurgen angewachsen ist, auch wenn ich über sie nachdenke: Es ist über diese Hand, die ich nachdenke.

Sie ist, und da sind wir und einig, als gedachter Gegenstand etwas anderes denn als am Unterarm angewachsener Gegenstand. Aber nicht ist das eine oder andere ontologisch privilegiert. Diese ontologische Unterordnung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass sich der Gedanke auf eine physische Hand bezieht, sowenig der Gedanke an Herrn K.'s Schwester ontologisch minderwertig (oder: schwach) ist, bloss, weil es diese Schwester unter den physischen Dingen nicht gibt. Die Dinge sind alle existent, sofern sie existieren und sie existieren immer als etwas Bestimmtes, d.h. als einen bestimmten Seinsbereich bildende und darin vorkommende Dinge.



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So 8. Jul 2018, 16:16

Wie kommt man eigentlich dazu zu sagen, dass eine Romanfigur erfunden sei und es sie deshalb nicht gebe? Das ist doch sonderbar, dass man über etwas lesen kann, was es gar nicht gibt.

So wie es im Übrigen sehr sonderbar wäre zu sagen, dass man etwas denken könne, was es nicht gibt. Es kann doch nichts gedacht werden, was es nicht gibt, denn sobald es gedacht ist, ist es eben Gedachtes und als solcher Gegenstand und als solcher Gegenstand wiederum Seiendes. Gedanken sind real.
Zuletzt geändert von Alethos am So 8. Jul 2018, 16:26, insgesamt 1-mal geändert.



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Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 15:43
Ich glaube, dass man Sinnfelder und Seiendes nicht losgelöst betrachten kann
Ich würde einfach sagen, es sind relationale Begriffe. Man kann den einen Begriff nicht ohne den anderen haben. Die Gegenstände nicht ohne das Feld und das Feld nicht ohne die Gegenstände.

Atome gibt es nicht ohne Naturgesetze und Naturgesetze gibt es nicht ohne Atome. Die Hexen in Macbeth gibt es eben nicht ohne das Stück und das Stück gibt es eben nicht, ohne die Hexen und das übrige Personal. Bestimmte Formen von Messer und Gabeln gibt es nicht ohne die entsprechenden Tischsitten und die entsprechenden Tischsitten gibt es nicht ohne die entsprechenden Formen von Messern und Gabeln.




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So 8. Jul 2018, 17:07

Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 16:16
Wie kommt man eigentlich dazu zu sagen, dass eine Romanfigur erfunden sei und es sie deshalb nicht gebe?
Je nach Gesprächszusammenhang kann das sowohl sinnvoll, als auch ein simpler Selbstwiderspruch sein.

Sollte jemand glauben, dass James Bond eine historische Figur ist, könnte man ihm entgegenhalten, dass er eine Romanfigur ist und er nur dort (und in den Filmen) sein Wesen treibt.

Würde aber jemand generell meinen, etwas würde deshalb nicht existieren, weil es erfunden ist, dann müsste man sich schon sehr wundern... denn dann würde man einerseits behaupten, es sei durch die Erfindung zur Existenz gebracht und andererseits würde man dem gleichen genau deswegen das Existenzrecht verwehren.




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So 8. Jul 2018, 17:26

Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 16:06
Meinen Beitrag kann man ...
Die Bemerkung von Herr K bezog sich wohl eher auf das hier und meine Erwiderung. Weil er die Philosophie von Gabriel nicht kennt, hat er vermutet, meine Bemerkung stünde irgendwie im Gegensatz zu ihr. Aber zu sagen, dass ein x in diesem Feld nicht ein x in jenem Feld ist, ist kein Widerspruch zur Theorie, sondern einer ihrer Bestandteile.
Alethos hat geschrieben : Und das kann man nur schwer über formallogische Erklärungen ausdrücken, man muss es irgendwie performieren, exerzieren, man muss es fast gar zelebrieren
Jörn hat geschrieben : Die Erklärung von x ist ja nicht x




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Herr K.
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So 8. Jul 2018, 17:52

Mein Punbkt war u.a der: Du sagtest dies ...
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 07:18
Die Antwort muss nicht ja lauten. Das entspricht nicht der SFO, denn die Antwort kann auch problemlos "nein" lauten. Zum Beispiel: "Nein, Gott kommt im Universum nicht vor." Es ist zwar wahr, dass es laut SFO alles gibt, außer der Welt, es ist aber immer zu präzisieren, in welchem Bereich/Sinnfeld es etwas gibt. Die meisten religiösen Menschen werden sich kaum damit zufrieden geben, dass es Gott in ihrem Glauben oder in der Bibel gibt.
... und dem habe ich widersprochen. Es mag zwar Gedanken an Gott geben, aber Gedanken an Gott sind nicht Gott. Du hattest ja nun soweit zugestimmt, dass Gedanken an x nicht x sind, folgerichtig müsstest Du Deine Aussage zurückziehen, es gäbe Gott in einem Glauben oder in der Bibel.




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Jörn Budesheim
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So 8. Jul 2018, 18:03

Nein, ich hab dem nicht zugestimmt. Die Sinnfeld-Ontologie besagt zwar, dass jedes a, dass es gibt in einem Bereich existiert. Aber sie verlangt nicht, dass man in jeder Gesprächssituation, den Bereich angeben muss, zum Beispiel dann nicht, wenn man erwarten kann, auch ohne diese Angaben verstanden zu werden. Es gehört nicht zur SFO missgünstigen Auslegungen vorzubeugen.

Zudem ist x ein Platzhalter. Der kann auch die komplette "Angabe" vorstellen: den Gegenstand und das fragliche Sinnfeld.

Die Aussage lautet also, dass ein x in einer Erklärung ist nicht identisch mit dem fraglichen x, das zu in einem anderen Bereich, zu einer anderen Ordnung zählt. Verschiedene Bereiche sind eben verschieden. Teil einer Erklärung zu sein, ist was anderes als Teil eines Wohnzimmers zu sein. Das ist im Prinzip auch nicht so schwer zu verstehen. Ich weiß nicht, warum das für dich so ein Problem darstellt.

Ich will aber ehrlich sein: ich glaube nicht, dass du ernsthaft versuchst, zu verstehen, was du widerlegen willst. Deswegen ist das Gespräch ohnehin ganz und gar sinnlos. An anderer Stelle hat Scilla ein Buch, das er nie in der Hand hatte, allein mit Blick auf die Inhaltsangabe zu widerlegen versucht. Deine Anmerkungen sind davon nicht weit entfernt.




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So 8. Jul 2018, 18:46

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 17:26
Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 16:06
Meinen Beitrag kann man ...
Die Bemerkung von Herr K bezog sich wohl eher auf das hier und meine Erwiderung. Weil er die Philosophie von Gabriel nicht kennt, hat er vermutet, meine Bemerkung stünde irgendwie im Gegensatz zu ihr. Aber zu sagen, dass ein x in diesem Feld nicht ein x in jenem Feld ist, ist kein Widerspruch zur Theorie, sondern einer ihrer Bestandteile.
Ich weiss nicht genau, worauf sich K. bezog, ich habe es im Zusammenhang mit meinen Überlegungen zur Hand und der Hand selbst gesehen. Und dazu habe ich einiges ausgeführt, z.B. dass die Existenz von beidem, Gedanke zur Hand und die Hand selbst, gleichberechtigt ist.

Auf der anderen Seite, also auf den Zusammenhang mit dem Selbstbewusstein bezogen, sehe ich nun nicht, warum das ein Vermischen sein sollte, wenn man das erlebte Selbstbewusstsein und die Erklärungen, was dieses Selbsbewusstsein ist, in Beziehung setzt. Wir können doch das Erleben des Selbstbewusstseins, das u.a. ein individueller Selbszbezug ist, nicht wegdividieren aus den Erklärungen zu diesem Selbstbewusstsein. Das ist doch gerade die Schwierigkeit bei diesem Thema, gerade, wenn man es formallogisch zu erschliessen versucht. (Eine Schwierigkeit, die unter anderem auch bei Nagels 'objektiven Selbst' thematisch wird)



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Herr K.
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So 8. Jul 2018, 19:41

Na dann.




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Alethos
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So 8. Jul 2018, 22:26

Na dann, was?

Kommst du plötzlich damit klar, dass du in einer bestimmten Weise nun doch eine Schwester hast? ;)



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Mo 9. Jul 2018, 09:06

Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 15:43
Ich glaube, dass man Sinnfelder und Seiendes nicht losgelöst betrachten kann, das heisst, man darf sich Sinnfelder nicht als Töpfchen vorstellen, in denen dann einmal etwas vorkommen kann, und sofern es erscheint, existiert es dann. Vielmehr muss man sich die Bereiche (Sinnfelder) als durch die Dinge erzeugt denken, durch die sich die Ordnung des Sinnfelds ergibt. Und gleichzeitig ergibt sich das Seiende als dieses Seiende durch die Erscheinung in diesem Sinnfeld. Es existiert also nur in einem Sinnfeld und zwar in einem bestimmten als dieser bestimmte Gegenstand.
Das könnte helfen, aber letztlich habe ich das Gefühl, dass die Problem, die der SFO innewohnen, immer nur von links nach rechts geschoben werden und dann wieder zurück.

Aber in der Tat, klingt für mich "Existieren heißt, in einem Sinnfeld zu erscheinen" ein bisschen mehr nach notwendiger Voraussetzung, als nach gleichzeitigem Entstehen. Dass man sich Sinnfelder "als durch die Dinge erzeugt denken" muss, stellt für mein Empfinden eine kleine Umkehrung der Verhältnisse dar, erst das Ding, dann das Sinnfeld oder eben, die vielleicht beste Lösung in dem Kontext, die Gleichursprünglichkeit.
Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 15:43
Materie z.B. kommt in der Raumzeit vor, das ist ihr Sinnfeld, aber nicht erst war da ein Raum und eine Zeit, darin sich Materie ergiessen konnte, sondern es entstand das Sinnfeld mit der Materie selbst. (Woher die Materie kam, das kann ich hingegen nicht sagen.)
Muss man nun auch nicht, von Gabriel oder sonst wem erwarten, gleich alle Probleme oder Fragen auf einmal zu lösen.
Die gleichzeitige Entstehung von Raum und Zeit ist ja auch das Standardmodell der Physik. (An dem passt mir zwar auch etwas nicht, aber das können wir erstmal für die Diskussionen durchwinken.)

Wenn wir nun analog die Gleichursprünglichkeit auf andere Bereiche übertragen, ist es durchaus denkbar, dass mit der Zahl die Mathematik entsteht, mit den Quantoren die Logik, mit der Phantasie eine Phantasiewelt usw..
Dass diese Bereiche je andere Regeln haben, ich den Wagenheber aus dem Roman also nicht für mein Auto benutzen kann, ist klar.
Dass ich das nicht kann, dass es je andere Regeln und Gesetze gibt, könnte ein Indiz für eine echte und robuste ontologische Trennung sein.
Der Wagenheber aus dem Roman ist für mein Auto nicht zu gebrauchn (und umgekehrt), Herr K.s fiktive Schwester wird dem nicht fiktiven Herr K., der hier schreibt, nie bei irgendwas helfen können (und umgekehrt), die Hexen aus dem Faust werden mich nie verhexen können.
Wenn so eine Trennung, samt anderer Regeln vorliegt, wie können diese Bereiche dann überhaupt interagieren, wie sie es ja scheinbar tun, mindestens aber in mir oder uns, die wir ja Zugang zu all diesen Welten haben? Denn wir haben ja Zugang zur Raumzeit, zur Logik, zu Gefühlen, zu Romanen ...
Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 15:43
Zu deinem Beitrag an mich: Natürlich entspringt die Rückseite des Vesuvs nicht einer anderen Welt als die Vorderseite, die Perspektiven sind nicht je verschiedene 'Welten'. Überhaupt ist die SFO nicht als Multi-Welten-Theorie konzipiert.
Die Perspektiven sind lediglich als reale gedacht. Dass der Vesuv von hier oder dort anders aussieht, das kommt dem Vesuv zu als seine reale Perspektiviertheit. Das war der Punkt von Gabriel.
Wer hätte das bestritten?
Wer, außer irgendwelchen Extremisten, glaubt ernsthaft, dass es Gedanken nicht gibt, Perspektiven nicht gibt oder Zahlen nicht gibt?
Aus welcher Not oder Überlegung heraus, muss der reale Status eines Gedankens noch mal betont werden?
Dass ein Gedanke aber vollkommen real ist, heißt nicht, dass dieser reale Gedanke automatisch dem Inhalt dieses Gedankens entspricht.
Das gilt auch für Begriffe. Die Buchstabenfolge "Nudeln mit Soße" auf der Speisekarte macht nicht satt, ein Teller Nudeln mit Soße schon.
Das war es auch, was Herr K. damit meinte, dass ein Gedanke x nicht automatisch x ist.
Jörn stimmte dem zu, um diese Zustimmung dann im nächsten Beitrag gleich wieder zu kassieren, was Herr K. dann mit "Na dann" kommentierte, so ist jedenfalls meine Lesart. (Das "Na dann" galt m.E. nicht Dir.)

Aber unabhängig davon, scheint auch Dir der Unterschied zwischen x und dem Gedanken an x nicht klar zu sein, dazu unten mehr.
Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 15:43

Das Messer und die Gabel sind nicht je ontologisch anders gegeben, weil das eine links und das andere rechts vom Teller vorkommt. Das natürlich auch, weil der Bereich rechts des Tellers ontologisch ein anderer Bereich ist.
Ist eine räumliche Trennung wirklich eine ontologische Trennung?
Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 15:43
Man kann eine Grenze ziehen und fragen, was es in diesem lokalen Bereich gibt und was nicht. Aber das betrifft ja nur geografische Teilbereiche eines einzigen Raums, weshalb dies nicht die Frage nach dem ontologischen Status berührt. Sie (das Messer und die Gabel) sind vielmehr ontologisch je für sich selbst genommen anders gegeben durch die Frage, was sie sind. Sind sie Atome? Funktionale Gegenstände? Kunstobjekte? Metallobjekte? Sind sie gedachte Objekte oder physisch Seiende?
Für mich wäre auch die Frage, wie oder als was ich etwas sehe oder benutze nun keine ontologische Frage.
Und der Gedanke an ein Messer ist eben gerade kein Messer, da der Gedanke an x nicht x ist.
Alethos hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 16:16
Wie kommt man eigentlich dazu zu sagen, dass eine Romanfigur erfunden sei und es sie deshalb nicht gebe? Das ist doch sonderbar, dass man über etwas lesen kann, was es gar nicht gibt.

So wie es im Übrigen sehr sonderbar wäre zu sagen, dass man etwas denken könne, was es nicht gibt. Es kann doch nichts gedacht werden, was es nicht gibt, denn sobald es gedacht ist, ist es eben Gedachtes und als solcher Gegenstand und als solcher Gegenstand wiederum Seiendes. Gedanken sind real.
Denk mal kurz an den absurdesten Mist, den Du in letzter Zeit gehört hast, von mir aus politische Verschwörungstheorie oder was es auch sei.
Ist Frau Merkel ein Reptil? Den Gedanken gibt es, er ist in der Welt. Und muss sie nicht tasächlich ein Reptil sein? Denn wie könnte man über etwas reden, was es nicht gibt? Wäre doch sonderbar.
Führt man den an sich simplen Gedanken, dass der Gedanke an x nicht x ist einfach analog weiter, d.h. setzt man für x etwas ein, ist das im Grunde kein Problem:
Der Gedanke an das Reptil Merkel, ist nicht das Reptil Merkel = heißt nicht, dass Merkel ein Reptil ist.
Der Gedanke an Herr K.s Schwester, ist nicht Herr K.s Schwester.
Der Gedanke an eine Hexe, ist keine Hexe.
Der Gedanke an ein Einhorn, ist kein Einhorn.
Usw.

Und ja, es gibt dennoch Gedanken, auch wenn ihr Inhalt falsch ist. Frau Merkel ist kein Reptil, Herr K. hat keine Schwester.
Gedanken an Herr K.s Schwester und das Mekelreptil sind dennoch real, aber eben falsch. Ein Grund mehr Existenz und Wahrheit nicht zusammen zu führen.

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Zurück zum Anfang: Nun kann ich mir durchaus vorstellen, dass Materie und Raumzeit gleichursprünglich entstehen, ebenso Zahl und Mathematik, sowie Märchen und Phantasiewesen. Dass sie in uns dann locker interagieren und dann wieder kategorisch getrennt sind, sei geschenkt, aber an der Stelle sehe ich dann noch nichts, was den Physikalismus aus ontologischer Sicht in Schwierigkeiten bringt.
Wenn man x und den Gedanken an x nicht verwechselt, kann man Gedanken und Gefühle real sein lassen, denn das sind sie. Ebenso Autos, Bäume und Gabeln.
Hexen wären real in dem Sinne, dass man sie sich als Frauen mit magsichen Fähigkeiten vorstellen kann. Aber da der Gedanke/die Vorstellung/die Fiktion von/die Phantasie von x nicht x ist, kann man immer noch bezweifeln, dass es Hexen als Frauen mit magischen Fähigkeiten gibt.
Und unter "Frau" verstehen wir eine weibliche Vertreterin von Homo sapiens sapiens, mit einer Unzahl bestimmter physischer Attribute ausgestattet, die man zwar auch einer Frau in einem Roman oder Drama zuschreiben kann, aber auch dieser Gedanke an x wäre kein x und der Gebrauch desselben Begriffs im philosophischen Sinne eine Äquivokation = gleiches Wort aber verschiedener Inhalt, verschiedene Bedeutung. Und damit ein Fehlschluss.
Ich würde auf einem Fehlschluss keine Ontologie aufbauen wollen.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Mo 9. Jul 2018, 10:12

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 8. Jul 2018, 18:03
Ich will aber ehrlich sein: ich glaube nicht, dass du ernsthaft versuchst, zu verstehen, was du widerlegen willst. Deswegen ist das Gespräch ohnehin ganz und gar sinnlos. An anderer Stelle hat Scilla ein Buch, das er nie in der Hand hatte, allein mit Blick auf die Inhaltsangabe zu widerlegen versucht. Deine Anmerkungen sind davon nicht weit entfernt.
:shock:
Oh, das habe ich ja eben erst gesehen.
Nur mal fürs Protokoll: Es gibt User, die das sehr deutlich anders sehen.
Ansonsten will ich das nicht weiter kommentieren.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Alethos
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Mo 9. Jul 2018, 13:24

@'Tosa Inu'

Ich kann fast allen Punkten in Beitrag 22336 zustimmen, ich finde den Beitrag sehr gut strukturiert, auch argumentativ. Vielen Dank dafür.

Es wird doch deutlich, dass wir bei einer Existenzangabe die Seinsbedingungen meistens stillschweigend mitdenken, dies nicht nur aus sprachökonomischen Gründen, sondern weil es geradezu eine Umkehr des 'common sense'-Verständnisses bedeuten würde, gäben wir stets an, was wir meinen, wenn wir sagen: 'Es gibt x.' Wenn wir z.B. betonen würden, dass es Frau Merkel als Reptil nicht gibt, dann würden wir je nach Kontext ziemlich schräg angeschaut werden, weil es selbstverständlich ist, dass wir damit die Bundeskanzlerin Deutschlands meinen, also eine reale Frau mit anthropomorphen Zügen und nicht etwa ein Getier im Basler Zoo. Wir würden die gängige Ordnung des üblichen Verständnisses durcheinander bringen, meine ich.

Und so ist es ja auch nicht erstaunlich, dass sich Herr K. relativ vehement gegen eine virtuelle Schwester wehrt, denn es liegt viel näher am üblichen Seinsverständnis zu sagen, es gebe sie nicht, da wir in aller Regel genau diesen Bereich meinen, in welchem sie als dasjenige vorkommt wie Herr K. selbst, also als Mensch aus Fleisch und Blut. Und in diesem Bereich gibt es die nun einmal nicht. Dasselbe gilt für Hexen und rosarote Elefanten auf dem Mars.

Sofern es also diese üblicherweise gemeinten Bereiche gibt, auf die sich unsere Existenzaussagen beziehen, geniessen sie ein epistemologisches Vorrecht gegenüber extravaganteren Interpretationen. Wogegen ich mich aber wehre, ist eine Verabsolutierung dieser Bereiche als einzig möglich Denkbare mit Bezug auf das Sein überhaupt, denn dann droht sozusagen die Wahrheit des spezifisch Seienden als dieses Seiende dem Diktat einer vorherrschenden Meinung zum Opfer zu fallen, weil es ja nicht für alle Fälle gelten kann, dass es etwas überhaupt nicht gibt.
Das ist also meine Fürsprache für einen ontologischen Pluralismus, den es im Licht des allgemeingültigen Verständnisses von Sein zu bewahren gilt.


PS: Die Gabel kommt in Hinblick auf die Frage, ob sie rechts vom Teller existiert, in einem anderen ontologischen Teilbereich vor als das Messer, sofern das eine rechts und das andere links vom Teller vorkommt. Das sind streng genommen keine andersartigen ontologischen Bereiche, sondern nur andere Lokalitäten eines gleichförmigen Sinnfelds, z.B. des Esstisches.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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